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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 16 Wx 91/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1906
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

16 Wx 91/06

In dem Betreuungsverfahren (Unterbringungsverfahren)

hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Jennissen, Dr. Ahn-Roth und Appel-Hamm

am 26.04.2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 31.03.2006 - 4 T 113/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.

Zwar hat sich die Unterbringungsmaßnahme durch Ablauf der durch das Landgericht angeordneten Freiheitsentziehung (längstens bis zum 14.04.2006) erledigt. Die Betroffene hat jedoch nach Beendigung der zeitlich eng befristeten freiheitsentziehenden Maßnahme ein schutzwürdiges Interesse an der Überprüfung des Grundrechtseingriffs. Eines ausdrücklichen Feststellungsantrages hierzu bedurfte es nicht.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel aber ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

Die Ausführungen des Landgerichts, dass die Voraussetzungen für eine Zwangsbehandlung der Betroffenen im Rahmen der nach § 1906 Abs.1 Nr.2 BGB genehmigten medizinischen Unterbringung vorlagen, sind nicht zu beanstanden.

Im Bereich der Anlasskrankheit, also der psychischen Krankheit, die zur Betreuerbestellung geführt hat, ist eine Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung zur Heilbehandlung eines Betroffenen, der auf Grund der Erkrankung seinen Willen nicht mehr frei bestimmen kann, nur zulässig, wenn die beabsichtigte Behandlungsmaßnahme geeignet ist, den gewünschten Behandlungserfolg herbeizuführen und die Nachteile, die ohne die Behandlung entstehen würden, die Schwere der Freiheitsentziehung überwiegen. Für den Bereich einer neuroleptischen Medikation als notwendige Heilbehandlung muss in jedem Einzelfall eine therapeutische Indikation bestehen und der mögliche therapeutische Nutzen der Behandlung gegen die Gesundheitsschäden abgewogen werden, die ohne die Behandlung entstehen würden. Die Erforderlichkeit der Zwangsmaßnahme ist der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen, da die Freiheit der Person ein so hohes Rechtsgut darstellt, dass sie nur aus besonders wichtigem Grund angetastet werden darf. Wenn die Unterbringung mit einer Zwangsbehandlung verbunden werden soll, sind in die Güterabwägung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur die Unterbringung und ihre Dauer sondern auch der mit der Zwangsbehandlung verbundene Eingriff und dessen Folgen einzubeziehen (vgl. BGH Beschluss vom 01.02.2006 - XII ZB 236/05).

Diese Grundsätze hat das Landgericht bei seiner Entscheidung beachtet.

Es hat auf der Grundlage des psychiatrischen Gutachtens vom 01.03.2006, der Anhörung der Betroffenen vom 30.03.2006 sowie der Angaben des der Anhörung beiwohnenden behandelnden Arztes konkrete Umstände festgestellt, die die Annahme rechtfertigten, dass die Fixierung der Betroffenen zur Verabreichung neuroleptischer Medikamente (oral oder mittels einer Spritze) für ihre Heilbehandlung unumgänglich war, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von ihr abzuwenden und dass die Betroffene sich krankheitsbedingt nicht zu dieser Behandlung entschließen konnte. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Gründe der Beschwerdeentscheidung verwiesen. Des weiteren hat das Landgericht die gebotene Güterabwägung vorgenommen und die Verhältnismäßigkeit der für die Betroffene anstehenden Grundrechtseinschränkungen im Hinblick auf die ohne die Zwangsbehandlung zu erwartenden Folgen besonders geprüft. Es ist aufgrund seiner Ermittlungen ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass der der Betroffenen ohne die neuroleptische Medikation drohende Gesundheitsschaden erheblich ist, die Gefahr einer Chronifizierung der Psychose bei Durchführung der vorgesehenen Behandlung deutlich vermindert werden kann und die Chance einer guten Symptomrückbildung verbunden mit einer Wiederherstellung der Einsichtsfähigkeit der Betroffenen besteht. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts rechtfertigte der therapeutische Nutzen der Behandlung im Hinblick auf den ohne die Behandlung drohenden Gesundheitsschaden die angeordneten Zwangsmaßnahmen, die das Landgericht auf das Ende der Genehmigung der Unterbringung (14.04.2006) befristet und auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens und der Angaben des behandelnden Arztes im Anhörungstermin ausreichend präzise angegeben hat.

Bei noch zu treffenden Verlängerungsentscheidungen wird aber weiter zu prüfen sein, welche negativen psychischen Auswirkungen die unter Zwang durchgeführte Medikation bei der Betroffenen zur Folge haben kann, wobei diese sodann in die gebotene Güterabwägung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ebenso einzubeziehen sind wie etwaige negative Nebenwirkungen der Medikation. Auch sollte eine von der Betroffenen weiter zu duldende Medikation so präzise wie möglich gefasst werden. Dazu gehören in der Regel außer der Verabreichungshäufigkeit auch die möglichst genaue Angabe des Arzneimittels oder des Wirkstoffes und deren (Höchst-) Dosierung und eventuell auch die Nennung alternativer Medikationen für den Fall, dass das in erster Linie vorgesehene Medikament nicht die erhoffte Wirkung hat oder von der Betroffenen nicht vertragen wird (vgl. BGH aaO.)

Ende der Entscheidung

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