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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.08.2009
Aktenzeichen: 17 W 181/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 104
1. Die Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfordert nicht, dass der im Betrieb des Zustellungsadressaten beschäftigten Person dort eine leitende Funktion zukommt.

2. Zur inländischen Ersatzzustellung an eine ausländische Gesellschaft.


Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 5.326,22 €

Gründe:

Das gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Rechtsmittel der Klägerin ist nicht begründet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss der Beklagten am 14.01.2009 gemäß § 177, § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO durch Übergabe an die Marketing Managerin T B auf dem Messestand der Möbelmesse Köln wirksam zugestellt worden.

Soweit die Beschwerde auf die Zustellungsvorschriften für den förmlichen Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland verweist, geht dieser Hinweis schon deshalb fehl, weil vorliegend keine Auslandszustellung (§ 183 ZPO) an die Beklagte, sondern eine im Inland vollzogene Zustellung an eine Auslandsgesellschaft in Rede steht. Für eine solche Inlandszustellung gelten, da fremde Hoheitsrechte unberührt bleiben, nicht die Bestimmungen über den bilateralen Rechtsverkehr mit anderen Staaten. Ihre Wirksamkeit richtet sich vielmehr in Ermangelung eines Auslandssachverhalts allein nach den Zustellungsvorschriften der §§ 166 ff. ZPO als der maßgeblichen - deutschen - lex fori (vgl. Strasser, ZIP 2008, 2111, 2113). Der Umstand, dass vorliegend bereits eine förmliche Auslandszustellung jedenfalls des dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugrunde liegenden Versäumnisurteils des Landgerichts Köln vom 03.03.2008 (gl.Az.) in die Wege geleitetet worden war, zu deren Ergebnis bislang über die Zwischennachricht der Deutschen Botschaft in L M vom 17.10.2008 hinaus nichts weiter bekannt ist, stand der Durchführung einer parallelen Inlandszustellung nach Bekanntwerden der Mitwirkung der Beklagten auf der Kölner Möbelmesse Anfang 2009 nicht entgegen. Es ist kein rechtlicher Gesichtspunkt erkennbar, weshalb die Klägerin bzw. das Landgericht gehindert gewesen sein sollten, zusätzlich zu der bereits veranlassten Auslandszustellung eine Inlandszustellung vorzunehmen, nachdem sich die Möglichkeit hierzu ergab. Denn die Beklagte hat keinen Anspruch darauf, dass Zustellungen ihr gegenüber nur im - regelmäßig sehr viel umständlicheren und langwierigeren - internationalen Rechtshilfeverkehr durch Auslandszustellung bewirkt werden.

Die am 14.01.2009 auf dem Stand F x1, Halle x2 der Möbelmesse Köln bewirkte Zustellung, bei der ausweislich der hierüber errichteten Zustellungsurkunde (§ 415 Abs. 1 ZPO) sowohl der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss als auch der zugrunde liegende Titel, das Versäumnisurteil vom 03.03.2008, an die Marketing Managerin der Beklagten, Frau T B, übergeben wurde, war als Inlandszustellung formwirksam:

Da es sich bei der Beklagten nicht um eine natürliche Person handelt, können Zustellungen ihr gegenüber nach § 170 ZPO grundsätzlich nur an den gesetzlichen Vertreter bewirkt werden, und zwar entweder gemäß § 177 ZPO an jedem Ort direkt oder unter den Voraussetzungen des § 178 ZPO im Wege der Ersatzzustellung. Im Streitfall ist die Zustellung wirksam als Ersatzzustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfolgt. Danach kann, sofern die Person der zugestellt werden soll, im Geschäftsraum nicht angetroffen wird, das zuzustellende Schriftstück auch einer dort beschäftigten Person übergeben werden. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurden die zuzustellenden Schriftstücke vorliegend, da der Zustellungsadressat bzw. ein Vertretungsberechtigter im Geschäftsraum nicht erreicht werden konnte, der dort beschäftigten Frau T B übergeben, bei der es sich ausweislich der der Zustellungsurkunde beigefügten Visitenkarte um die/eine Marketing Managerin der Beklagten handelt. Dass die beschäftigte Person im Betrieb des Zustellungsadressaten eine bestimmte, insbesondere eine leitende Funktion zukommt, wird in § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht vorausgesetzt. Es ist daher ohne Belang, wenn die Beschwerde - hinsichtlich einer "Marketing Managerin" ohnehin in sachlich fragwürdiger Weise - geltend macht, das zuzustellende Schriftstück sei "einem subalternen und nicht befugten Mitarbeiter" der Beklagten übergeben worden. Dass der Messestand für die Dauer der Möbelmesse ein Geschäftslokal im Sinne von § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO war, steht im Übrigen außer Zweifel (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1082; Zöller/Stöber ZPO 27. Aufl. § 178 Rn. 15).

Ohne Erfolg macht die Beschwerde zudem geltend, die Zustellungsurkunde sei "unzutreffend". Richtig ist zwar, dass auf der Urkunde - vorgedruckt - angegeben ist, der Zusteller habe in seiner Eigenschaft als "Postbediensteter" gehandelt. Ausweislich der Unterschrift des Zustellers und dessen eigenhändiger Angabe, wonach es sich bei ihm um den EJHW G N handelte, kann indes kein Zweifel bestehen, dass die Zustellung tatsächlich durch einen hierzu befugten (§ 168 Abs.1 Satz 2 ZPO) Justizbediensteten erfolgte.

Im Ergebnis erfolglos beruft sich die Beschwerde ferner auf die vorgenannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, aus der sich auch über den eigentlichen Zustellungsvorgang hinaus nichts zugunsten der Beklagten herleiten lässt:

Allerdings kann vorliegend zweifelhaft sein, ob der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss, als er am 14.01.2009 vom Rechtspfleger auf Antrag der Klägerin erlassen wurde, tatsächlich schon ergehen durfte. Denn der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses setzt nach § 104 ZPO eine wirksame Kostengrundentscheidung voraus. Als solche kommen insbesondere alle rechtskräftigen und vorläufig vollsteckbaren (End-)Urteile (§ 704 Abs. 1 ZPO) in Betracht. Zwar war vorliegend das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 03.03.2008 für vorläufig vollstreckbar erklärt. Es war aber am 14.01.2009, als der hierauf beruhende Kostenfestsetzungsbeschluss erging, im Rechtssinne noch gar nicht "in der Welt". Denn ein - wie hier - ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO ergangenes Versäumnisurteil ist existent und damit wirksam erst dann, wenn es beiden Parteien ordnungsgemäß zugestellt worden ist (vgl. BGH NJW 1953, 622; NJW 1960, 1763; NJW 1996, 1969, 1970; LG Kiel NJW-RR 1997, 1021, 1022; zum Zustellungserfordernis in Bezug auf das Vorliegen einer wirksamen Kostengrundentscheidung vgl. auch BGH NJW-RR 2008, 1082); eine (Auslands-)Zustellung an die Beklagte war aber nach Aktenlage am 14.01.2009 noch nicht erfolgt. Das landgerichtliche Versäumnisurteil vom 03.03.2008 als Kostengrundentscheidung ist daher überhaupt erst durch seine ebenfalls am 22.01.2009 - gemeinsam mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14.01.2009 - erfolgte Zustellung an die Beklagte wirksam geworden.

Etwa hieran anknüpfenden Bedenken in Bezug auf den Kostenfestsetzungsbeschluss steht aber jedenfalls die Tatsache entgegen, dass zumindest aufgrund der am 22.01.2009 erfolgten Zustellung des Versäumnisurteils und daher mindestens gleichzeitig mit der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses eine wirksame Kostengrundentscheidung vorlag. Dass das Versäumnisurteil selbst zu diesem Zeitpunkt noch unter dem Vorbehalt eines - von der Beklagten in der Folgezeit nicht eingelegten - Einspruchs stand, ist unerheblich. Der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses setzt lediglich das Vorliegen einer wirksamen, nicht aber - wie sich bereits aus § 104 Abs. 3 Satz 2 ZPO ergibt - einer rechtskräftigen Kostengrundentscheidung voraus.

Inhaltliche Bedenken gegen den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss werden nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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