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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.02.2009
Aktenzeichen: 17 W 28/09
Rechtsgebiete: BGB, AKB, ZPO, RpflG


Vorschriften:

BGB § 247
AKB § 7 Abs. 2 Nr. 5
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
RpflG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Kostenfestsetzungsbeschluss II des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 18. April 2008 - 5 O 281/07 - wird unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des Beschlusses der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23. Oktober 2007 sind von der Klägerin 888,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 25. Oktober 2007 an den Beklagten zu 1) zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 54 % und der Beklagte zu 1) zu 46 %.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1.635,66 €

Gründe:

I.

Der Beklagte zu 1) befand sich für die Beklagte zu 2) auf einer Dienstfahrt. Dabei kam es zu einer Kollision mit dem von der Klägerin gesteuerten Fahrzeug. Mit ihrer Klage hat die Klägerin Schadenersatz gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend gemacht. Mit Schriftsätzen vom 20. Juli 2007 bestellten sich L.-er Rechtsanwälte für beide Beklagte sowie ein C.-er Rechtsanwalt für den Beklagten zu 1). Im Termin zur mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nach mehrfach schon zuvor erteilten Hinweisen des Landgerichts auf Artikel 34 GG die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage zurück mit der entsprechenden Kostenfolge. Die Klägerin und die Beklagte zu 2) schlossen im Termin einen Vergleich, der eine Kostenquote vorsieht.

Sowohl die Prozessbevollmächtigten, die sich allein für den Beklagten zu 1) bestellt hatten als auch diejenigen, die sich für beide Beklagte gemeldet hatten, haben Kosten zur Festsetzung angemeldet. Der Rechtspfleger hat zugunsten des Beklagten zu 1) die Kostenfestsetzung antragsgemäß durchgeführt, im Verhältnis der Klägerin und der Beklagten zu 2) entsprechend der im Vergleich vereinbarten Kostenquote.

Die Klägerin rügt mit ihrem Rechtsmittel die Festsetzung zugunsten des Beklagten zu 1) und ist der Ansicht, die Verursachung entsprechender Kosten sei nicht notwendig gewesen, da sich die beiden Beklagten durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt hätten vertreten lassen können und müssen. Hierzu verweist sie auf eine Entscheidung des BGH.

Der Beklagte zu 1) meint dagegen, die angeführte Entscheidung sei nicht vergleichbar, weil vorliegend keine Versicherung am Rechtsstreit beteiligt sei und von daher § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB, wonach der Versicherungsnehmer der Versicherung die Führung des Rechtsstreites zu überlassen hat, nicht einschlägig sei bzw. eine vergleichbare Vorschrift, die hier zur Anwendung kommen könnte, nicht existiere. Schließlich sei die Interessenlage der beiden Beklagten wegen eines im Raume stehenden Regresses nicht absolut gleichgerichtet gewesen.

Der Rechtspfleger hat sich die Ansicht des Beklagten zu 1) zu eigen gemacht, dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Dem Beklagten zu 1) steht lediglich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 888,22 € zu.

1.

a)

Mit seinen beiden Grundsatzentscheidungen hat sich der BGH (NJW-RR 2004, 536 = JB 2004, 323 = Rpfleger 2004, 314; MDR 2007, 1160 = NJW 2007, 2257) der u.a. vom erkennenden Senat schon von jeher vertretenen Ansicht (zuletzt: Beschluss vom 17. Juni 2008 - 17 W 130/08 -) angeschlossen, dass die Frage, ob Streitgenossen gehalten sind, sich von einem gemeinsamen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, nur aufgrund der Umstände im jeweiligen Einzelfall entschieden werden kann. Rechtsmissbräuchliches Verhalten ist nur dann zu bejahen, wenn es ausnahmsweise keinen sachlichen Grund für die Einschaltung mehrerer Anwälte gibt und ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter uneingeschränkt zu einer interessengerechten Rechtsberatung und Prozessführung in der Lage ist (ausführlich: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 1008 VV RVG Rdnr. 321 ff. m. w. N.). Die Begründung des Rechtspflegers in seinem Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss, die erstgenannte Entscheidung des BGH sei nicht maßgeblich, weil vorliegend keine Versicherung am Rechtsstreit beteiligt sei, liegt gänzlich neben der Sache, da der zweiten Entscheidung ein Fall aus dem Mietrecht zugrunde lag.

Die Mandatierung verschiedener Anwälte ist etwa dann gerechtfertigt, wenn der Halter eines Kraftfahrzeuges zusammen mit seiner Haftpflichtversicherung verklagt wird, letztere ihren Versicherungsnehmer aber verdächtigt, den Unfall zusammen mit dem Unfallgegner gestellt zu haben (Senat, Beschluss vom 26. September 2005 - 17 W 200/05 - = MDR 2006, 896; Beschluss vom 6. September 2004 - 17 W 165/04 - = MDR 2005, 106; Belz MK-ZPO, 3. Aufl., § 91 Rdnr. 89 m. w. N.). Werden zwei Rechtsanwälte als Streitgenossen verklagt, die sich sodann selbst vertreten oder sich jeweils durch einen dritten Rechtsanwalt vertreten lassen, so liegt etwa in einem Regressprozess ein sachlicher Grund hierfür jedenfalls dann vor, wenn nur einer der verklagten Rechtsanwälte das Mandat seinerzeit betreut hat und der andere nach Beendigung des Mandates aus der gemeinsamen Sozietät ausgeschieden ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31. August 1994 - 11 W 86/94 -).

b)

Im vorliegend zu entscheidenden Fall ist für eine derartige Ausnahme nichts ersichtlich. Wenn auch ein möglicherweiser drohender Regress grundsätzlich geeignet wäre, die Vertretung durch einen eigenen Rechtsanwalt wegen denkbarer Interessenskonflikte auch in erstattungsrechtlicher Hinsicht zu billigen, so reicht eine rein theoretisch bestehende Möglichkeit hierfür nicht aus (OLG Hamm OLGR 2007, 771 = AGS 2007, 476; Müller-Rabe, a.a.O., Rdnr. 323). Der Vortrag des Beklagten zu 1), aufgrund eines im Raume stehenden Regresses seien die Interessen der beiden Beklagten nicht absolut gleich gerichtet gewesen, ist substanzlos und wird durch keinerlei Tatsachen erhärtet. Die gemeinsame Rechtsverteidigung beider Beklagten war vielmehr darauf gerichtet, dass die Klägerin den Unfall allein verursacht hat.

Nach Treu und Glauben ist jede Partei verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie bei erfolgreichem Ausgang vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig als möglich zu halten, so lange ihre berechtigten Interessen nicht tangiert werden (BGH MDR 2007, 1160, 1161; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdnr. 12 m. w. N.). Hiergegen hat der Beklagte zu 1) verstoßen. Er befand sich auf Dienstfahrt, so dass er gehalten gewesen wäre, spätestens nach Zustellung der Klageschrift seinen Dienstherrn zu kontaktieren. Anlässlich dessen hätte das weitere Vorgehen abgesprochen werden können und müssen, insbesondere im Hinblick darauf, in welcher Art und Weise die Rechtsverteidigung gestaltet werden soll. Angesichts dessen, dass sich die Rechtsanwälte D. & Partner für beide Beklagten bestellt hatten, zeigt sich, dass der Dienstherr des Beklagten zu 1), die Beklagte zu 2), bereit war, dessen Rechtsverteidigung zu übernehmen.

2.

Die vorstehend aufgezeigten Grundsätze, die typischerweise den Fall betreffen, dass die gegen zwei Streitgenossen, die von unterschiedlichen Anwälten vertreten werden, klagende Partei den Prozess verliert, dürfen allerdings andererseits auch nicht zu einer Begünstigung einer Partei im Rahmen der Kostenfestsetzung führen.

Hier hat nach der Kostengrundentscheidung des Landgerichts die Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) in voller Höhe und nach dem Vergleich diejenigen der Beklagten zu 2) zu 20 % zu tragen. Auf eine solche, durch nichts gerechtfertigte Bevorteilung des Beklagten zu 1) läuft jedoch die vom Rechtspfleger vorgenommene Kostenfestsetzung zu dessen Gunsten hinaus.

a)

Wenn Streitgenossen, von denen einer obsiegt und der andere teilweise verliert, von dem selben Rechtsanwalt vertreten werden, so kann nur der der Beteiligung des obsiegenden Streitgenossen am Prozess entsprechende Bruchteil der Anwaltskosten gegen die Gegenpartei festgesetzt werden (BGH NJW-RR 2006, 215; 1508; 2003, 1507; MDR 2003, 1140; Senat, Beschluss vom 11. Februar 2004 - 17 W 239/03 -). Handelt es sich um zwei Beklagte, von denen der eine Beklagte in vollem Umfang obsiegt und der andere nur teilweise, dann kann der obsiegende Streitgenosse die Hälfte der auf Beklagtenseite insgesamt angefallenen außergerichtlichen Kosten in voller Höhe gegen die klagende Partei geltend machen und der andere Streitgenosse von der zweiten Hälfte nur den Bruchteil, der seinem Obsiegen entspricht. Nichts anderes kann im vorliegenden Fall unter der Annahme gelten, dass sich die beiden Beklagten von dem selben Prozessbevollmächtigten hätten vertreten lassen. Zu beachten ist jedoch, dass bei dieser Berechnung nur solche außergerichtlichen Kosten Berücksichtigung finden können, die infolge des Prozessverlaufs für beide Streitgenossen entstanden wären.

b)

Dies führt zu folgender Berechnung (s.: Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 1008 VV RVG Rdnr. 283 ff.) unter Beachtung des Umstandes, dass der Beklagte zu 1) am Vergleich und damit an der Entstehung der Einigungsgebühr nicht beteiligt ist:

 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG 683,80 €
0,3 Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG 157,80 €
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG 631,20 €
Auslagenpauschale 20,00 €
 1.492,80 €
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer 283,63 €
 1.776,43 €

50 %, die hiervon auf den Beklagten zu 1) entfallen, betragen 888,22 €, die dieser von der Klägerin erstattet verlangen kann.

3.

Soweit der Rechtspfleger in Verkennung der Rechtslage die der Beklagten zu 2) zustehenden 20 % zu Unrecht auf der Basis der vollen Anwaltsgebühren berechnet hat und nicht aufgrund der der Beklagten zu 2) lediglich zustehenden Hälfte, ist der Senat an einer Abänderung gehindert, da der Kostenfestsetzungsbeschluss, der die Ausgleichung zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) betrifft, rechtskräftig geworden ist.

4.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, Nr. 1812 KV-GKG.

Ende der Entscheidung

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