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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.06.2006
Aktenzeichen: 17 W 5/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 103 f
ZPO § 699 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Beschluss des Rechtspflegers vom 5. Oktober 2004 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an den Rechtspfleger beim Landgericht Köln zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen wird.

Gründe:

I.

Im Mahnantrag machte die Klägerin eine Hauptforderung in Höhe von 26.865,64 € geltend. Nur in Höhe von 8.000,00 € legte die Beklagte Widerspruch ein. Nach Abgabe an das Landgericht kündigte die Klägerin an, im Termin zur mündlichen Verhandlung den Antrag auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 26.865,64 € zu stellen. Dies korrigierte sie auf 8.000,00 €, nachdem die Vorsitzende der Kammer den schriftlichen Hinweis auf die Möglichkeit der Beantragung eines Teil-Vollstreckungsbescheides erteilt hatte. Im Termin erging Versäumnisurteil gegen die Beklagte in Höhe von 8.000,00 €, das rechtskräftig wurde. Die Kostenentscheidung lautet: "Die weiteren Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte."

Zur Festsetzung angemeldet hat die Klägerin, die aus unbekannt gebliebenen Gründen einen Teil-Vollstreckungsbescheid wegen des nicht widersprochenen Teils der Klageforderung nie beantragt hat, eine Prozessgebühr nach einem Streitwert von 26.865,04 € und eine halbe Verhandlungsgebühr nach einem solchen von 8.000,00 €, nebst Auslagenpauschale 984,00 € an außergerichtlichen Kosten zuzüglich der Gerichtskosten 1.606,50 €. Der Rechtspfleger hat lediglich 743,50 € zur Festsetzung gebracht.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthaft und begegnet auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. In der Sache selbst führt das Rechtsmittel gem. § 572 Abs. 3 zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an den Rechtspfleger des Gerichts des ersten Rechtszuges. Über das Kostenfestsetzungsgesuch der Klägerin kann nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen entschieden werden.

1.

Gem. § 699 Abs. 3 S. 1 ZPO sind in den Vollstreckungsbescheid die bisher entstandenen Kosten aufzunehmen. Wird nur teilweise Widerspruch eingelegt, so ist es in Rechtsprechung und Literatur einhellige Meinung, dass in den Teil-Vollstreckungsbescheid nur diejenigen Kosten aufgenommen werden können, die unabhängig vom weiteren Ausgang des Verfahrens vom Antragsgegner in jedem Fall zu tragen sind. Dies folgt aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung. Festzusetzen sind mithin allein diejenigen Kosten, die durch den Erlass des Teil-Vollstreckungsbescheides selbst entstehen bzw. entstanden sind. Bezüglich der bisher entstandenen Kosten des Mahnverfahrens im Übrigen kann erst im streitigen Verfahren wegen des vom Widerspruch erfassten Teils des Einspruchs eine Kostenentscheidung getroffen werden (s. hierzu: LG Stuttgart, Die Justiz, 1987, 350; LG Hagen Rpfleger 1990, 518; LG Coburg JB 2002, 198; LG Fulda JB 2002, 484 f.; AG Coburg JB 2002, 484; AG Euskirchen JB 2002, 197 f.; AG Hagen JB 2002, 198; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 699 Rdn. 15; Holch MK-ZPO, 2. Aufl., Rdn. 44; Musielak/Voit, ZPO, 4. Aufl., Rdn. 6; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl., Rdn. 15; Wieczorek/Schütze/Olzen, ZPO, 3. Aufl., Rdn. 54; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Rdn. 10 a; einschränkend: Fritzsche Rpfleger 2001, 581 ff.). Die Situation ist vergleichbar mit derjenigen bei Erlass eines Teil-Urteils.

Aus alledem folgt, dass es der Klägerin entgegen der vom Rechtspfleger im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss gegebenen Begründung nicht möglich gewesen wäre, die im Mahnverfahren bereits angefallenen Kosten komplett bei Beantragung eines Teil-Vollstreckungsbescheides aufnehmen zu lassen, soweit sie unabhängig von diesem schon entstanden waren.

2.

a)

Der Erfolg ist dem Rechtsmittel auch nicht mit der Begründung zu versagen, dass es an einer Kostengrundentscheidung fehle. Zutreffend im Ausgangspunkt ist es, dass das Kostenfestsetzungsverfahren als Höheverfahren auf einer bindenden Kostengrundentscheidung aufbaut. Der noch unbestimmte Betrag der zu erstattenden Kosten wird erst im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO ermittelt und festgesetzt (Zöller/Herget, § 104 Rdn. 1 m.w.N.). Daher sind die mit der Kostenfestsetzung befassten Instanzen an die Kostengrundentscheidung gebunden (Belz MK-ZPO, § 103 Rdn. 49). Das gilt selbst für den Fall, dass diese unzutreffend ist (OLG Koblenz MDR 2004, 297). Allerdings ist eine Kostenentscheidung, die unklar, missverständlich oder sogar widersprüchlich ist, in engen Grenzen der Auslegung zugänglich. Statthaft ist solches zur Beseitigung von Unklarheiten durch Auslegung entsprechend dem Willen des Gerichts (Belz, a.a.O.; Zöller/Herget, § 104 Rdn. 21 "Auslegung"; Hk-ZPO/Gierl, § 104 Rdn. 6).

b)

Dies vorausgeschickt ist die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung, dass der Beklagte "die weiteren Kosten des Rechtsstreits" zu tragen hat, unklar und missverständlich. Es ist hierbei dem Irrtum unterlegen, dass über alle anderen, zuvor bereits angefallenen Kosten in einem Teil-Vollstreckungsbescheid entschieden werden würde, so dass es nur über "die weiteren Kosten" zu entscheiden habe. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss aber, dass es seine Kostenentscheidung so verstanden wissen wollte, dass über alle Kosten entschieden werden sollte, die nicht in den Teil-Vollstreckungsbescheid aufgenommen worden sind. Damit umfasst die landgerichtliche Kostenentscheidung aber auch die Kosten des Mahnverfahrens, die im Teil-Vollstreckungsbescheid, selbst wenn ein solcher von der Klägerin beantragt worden wäre, wie aufgezeigt nicht hätten tituliert werden können.

c)

Es ergibt sich damit, dass der Rechtspfleger unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen eine Neuberechnung vorzunehmen hat, wobei er lediglich diejenigen Kosten auszusondern hat, die in einen Teil-Vollstreckungsbescheid hätten aufgenommen werden können, wenn die Klägerin einen solchen beantragt hätte. Nur bezüglich dieser Kosten fehlt es an einer Kostengrundentscheidung. An seiner im vorletzten Absatz seines Beschlusses vom 15. Juli 2004 geäußerten gegenteiligen Ansicht hält der Senat nach Überprüfung nicht fest.

3.

Zutreffend sind allerdings die Ausführungen des Rechtspflegers zum Streitwert. Schon mit Eingang des der Höhe nach beschränkten Einspruchs beim Mahngericht ermäßigt sich der Streitwert für das weitere Verfahren (OLG Koblenz JB 1996, 370; OLG München Rpfleger 1994, 433), so dass den nach Abgabe an das Streitgericht entstandenen Gebühren und Kosten nur noch ein Gegenstandswert in Höhe des Betrages zu Grunde zu legen ist, wegen dessen Einspruch eingelegt wurde.

4.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Rechtspfleger vorbehalten, weil sich derzeit noch nicht übersehen lässt, in welchem Umfang das Rechtsmittel der Klägerin letztlich Erfolg haben wird.

Ende der Entscheidung

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