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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.10.2008
Aktenzeichen: 18 U 21/08
Rechtsgebiete: BAT, GmbHG, BGB


Vorschriften:

BAT § 17
BAT § 35
BAT § 43
BAT § 53 Abs. 3
GmbHG § 38 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 17.01.2008 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis nicht durch die Kündigung datierend vom 25./27.06.2007 zum 31.12.2007 beendet wurde.

Die Beklagte wird verurteilt,

a) den Kläger zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen in einer seiner früheren Tätigkeit als Direktor und Intendant der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland ähnlichen leitenden Stellung über den 31.12.2007 hinaus weiter zu beschäftigen,

b) an den Kläger 67.584,60 € brutto sowie weitere 2.052,81 € netto sowie weitere 130,23 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 7.509,40 € brutto sowie 228,09 € netto sowie 14,47 € netto jeweils seit dem 15.01.2008, 15.02.2008, 15.03.2008, 15.04.2008, 15.05.2008, 15.06.2008, 15.07.2008, 15.08.2008, 15.09.2008 zu zahlen,

c) an den Kläger 7.509,40 € brutto zuzüglich 228,09 € Zuschuss Krankenversicherung sowie 14,47 € Zuschuss Pflegeversicherung ab dem 15.10.2008 jeweils monatlich zum 15. eines Monats zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu einem Sechstel und die Beklagte zu fünf Sechsteln.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollsteckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beklagte betreibt in C. die Bundeskunsthalle. Als Gesellschafter gehören ihr die Bundesrepublik Deutschland und die 16 Bundesländer an.

Der Kläger wurde von der Beklagten im Jahre 1989 zum Geschäftsführer bestellt. Daneben gab es bis 1995 auch noch einen weiteren, künstlerischen Geschäftsführer, den Intendanten. Nachdem der erste Inhaber dieses Amtes ausgeschieden war, wurde die Stelle zunächst nicht neu besetzt.

Die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien gestalteten sich wie folgt:

In dem ursprünglichen bis zum 30.12.1994 befristeten Vertrag wurde in § 1 Abs. 3 auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) verwiesen, soweit der Anstellungsvertrag keine abweichenden Bestimmungen enthielt. Dieser Vertrag wurde mit Wirkung vom 01.01.1992 durch einen Arbeitsvertrag vom 19.12.1991 ersetzt. In dessen § 2 hieß es:

"1.

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich, soweit in diesem Vertrag nichts Abweichendes bestimmt ist, nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden Tarifverträgen.

2.

Die §§ 17, 35 und 43 BAT finden keine Anwendung. Überstunden sind durch die Vergütung abgegolten."

Dieser Vertrag wurde durch Vertrag vom 20.07.1995 bis zum 31.12.2001 verlängert. Darüber hinaus enthielt der Vertrag in § 1 S. 2 die Regelung:

"Nach diesem Zeitpunkt geht dieser Vertrag in einen Vertrag auf unbestimmte Zeit über, falls die Gesellschafterversammlung nicht spätestens bis zum 31.Dezember 1999 einen Beschluss über die Nichtfortsetzung fasst."

Der weitere Text des Vertrages ist mit demjenigen des Vertrages vom 19.12.1991 identisch. Am selben Tag wurde auch noch eine Zusatzvereinbarung geschlossen. Diese gilt gemäß den Einleitungssätzen "für die Zeit vom Januar 1996 bis zur etwaigen Wiederbestellung eines Intendanten". Darin wurde dem Kläger "für die Dauer der Geltung des Zusatzvertrages eine zusätzliche Vergütung (Zulage) in Höhe von 1.500,- DM" zugesagt. In § 1 Nr. 2 S. 2 behielt sich die Beklagte vor, "jederzeit einen weiteren Geschäftsführer mit dem Aufgabenkreis inhaltliche Koordination und Ausgestaltung des Programms (Ausstellungen und sonstige Veranstaltungen) zu bestellen".

Am 25.06.2007 wurde der Anstellungsvertrag mit dem Kläger von der Beklagten aufgrund eines entsprechenden Beschlusses der Gesellschafterversammlung zum 31.12.2007 gekündigt. Am selben Tag wurde ein neuer Intendant als künstlerischer Geschäftsführer bestellt. Daraufhin wurde die Zahlung der Zulage an den Kläger mit Wirkung vom Juli 2007 eingestellt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte zur ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages gem. § 53 Abs. 3 BAT nicht berechtigt gewesen sei. Er begehrt eine entsprechende Feststellung sowie Fortbeschäftigung. Außerdem habe er auch weiterhin Anspruch auf Zahlung der Zulage, weil die Beklagte ihr Recht auf Bestellung eines Intendanten ihm gegenüber verwirkt habe.

Die Beklagte meint, insbesondere aus der Streichung des § 6 Abs. 3 ihres Gesellschaftsvertrages infolge einer Empfehlung ihres Kuratoriums vom 23.05.1995 ergebe sich, dass ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung entsprechend § 53 Abs. 3 BAT nicht vereinbart werden sollte. Die gestrichene Satz des Gesellschaftsvertrages lautete:

"Die Bestellung (des Geschäftsführers) kann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes widerrufen werden."

Gerade wegen der Beendigung der Befristung des Anstellungsvertrages sei der Gesellschaftsvertrag dahin geändert worden, dass die Beschränkung der Möglichkeit zur Abberufung weggefallen sei, was aber nur Sinn macht, wenn auch eine ordentliche Kündigung möglich ist.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe nicht bewiesen, dass der Ausschluss der ordentlichen Kündigung zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei. Der hierzu von beiden Parteien benannte Zeuge, Bundesminister a. D. Dr. T., habe den Vortrag des Klägers nicht bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien, der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit seiner hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt und vertieft dabei seinen erstinstanzlichen Vortrag und stützt sich insbesondere darauf, dass sein Anstellungsvertrag auch auf § 53 Abs. 3 BAT Bezug nehme; eine hiervon abweichende Sonderregelung gebe es nicht. Er habe auch darauf vertrauen dürfen, dass ihm die seit 1996 gewährte Zulage dauerhaft erhalten bleibe, weil keine Anstalten unternommen worden seien, einen neuen Intendanten zu bestellen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Bonn vom 17.01.2008 - 12 O 116/07 -abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis nicht durch die Kündigung, datierend vom 25./28.06.2007 zum 31.12.2007 sein Ende gefunden hat, sondern über diesen Termin hinaus fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen vertraglichen Bedingungen als Direktor und Intendant der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, hilfsweise in einer ähnlich leitenden Stellung auch über den 31.12.2007 hinaus weiter zu beschäftigen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.067,76 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins aus jeweils 766,94 € brutto seit dem 01.08., 01.09., 01.10. und 01.11.2007 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 766,94 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.12.2007 sowie 74.487,06 € brutto sowie weitere 2.052,81 € netto sowie weitere 130,23 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 8.276,34 € brutto sowie 228,09 € netto sowie 14,47 € netto jeweils seit dem 15.01.2008, 15.02.2008, 15.03.2008, 15.04.2008, 15.05.2008,m 15.06.2008, 15.07.2008, 15.08.2008, 15.09.2008 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.276,34 € brutto zuzüglich 228,09 € Zuschuss Krankenversicherung sowie 14,47 € Zuschuss Pflegeversicherung ab dem 15.10.2008 jeweils monatlich zum 15. eines Monats zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.

1. Das Dienstverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25.06.2007 und die hierauf beruhende Kündigungserklärung vom 27.06.2007 beendet worden. Formal bestehen gegen die Kündigung keine Bedenken. Die Gesellschafterversammlung war gemäß § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages hierfür zuständig. Sie hat hierbei wie auch im Rahmen dieses Rechtsstreits mit Zustimmung des Kuratoriums gehandelt, wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten auf Nachfrage des Senats bestätigt hat. Es fehlte jedoch ein Kündigungsrecht.

a) Ein Recht zur ordentlichen Kündigung des Vertrages stand der Beklagten im Jahre 2007 nicht mehr zu. Dies ergibt sich aus § 53 Abs. 3 BAT, wonach eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, wenn der Angestellte das 40. Lebensjahr vollendet hat und seit 15 Jahren beschäftigt war. Diese Voraussetzungen sind für den 1952 geborenen Kläger seit dem Jahre 2004 erfüllt. Der Senat teilt im Gegensatz zum Landgericht die Auffassung der Beklagten nicht, dass § 53 Abs. 3 BAT für den Anstellungsvertrag des Klägers keine Geltung hätte. Diese Auffassung ist mit allgemeinen Auslegungsgrundsätzen nicht vereinbar.

Der Wortlaut des Anstellungsvertrages ist eindeutig. Danach gilt der gesamte BAT mit Ausnahme von drei ausdrücklich zitierten Bestimmungen, nämlich §§ 17, 35 und 43 BAT. Dies spricht dafür, dass auch § 53 Abs. 3 BAT in den Vertrag zwischen den Parteien einbezogen worden ist.

Der Senat kann auch nicht feststellen, dass zwischen den Parteien eine hiervon abweichende Regelung getroffen worden wäre. Dies geht nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu Lasten der Beklagten, die sich auf eine solche Regelung beruft.

Allerdings bestand eine solche abweichende Bestimmung solange der Vertrag des Klägers befristet war, denn in dieser Zeit war eine ordentliche Kündigung des Klägers schon aufgrund der Befristung des Vertrages ausgeschlossen. Seitdem das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien unbefristet ist, fehlt eine solche, dem § 53 Abs. 3 BAT vorgehende Sonderregelung jedoch. Ausdrücklich ist eine solche abweichende Vereinbarung zwischen den Parteien selbst nach dem Vortrag der Beklagten nicht geschlossen worden. Insbesondere gibt es keine schriftliche Vereinbarung hierzu, wie dies aufgrund der Schriftformklausel in § 5 des Anstellungsvertrages zu erwarten wäre. Aber auch aus den Umständen lässt sich nicht entnehmen, dass die Parteien darüber einig waren, die Regelung des § 53 Abs. 3 BAT nicht auf das Anstellungsverhältnis des Klägers anzuwenden.

Eine Einigung der Parteien über die Nichtanwendbarkeit des § 53 Abs. 3 BAT lässt sich entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung insbesondere nicht aus der im Jahre 1995 erfolgten Streichung des § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ableiten. Es ist zwar richtig, dass die Gesellschafter der Beklagten die in dieser Regelung enthaltene Beschränkung der Abberufung des Geschäftsführers auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes gerade im Hinblick darauf aufgegeben haben, dass die Befristung des Anstellungsverhältnisses des Klägers Ende des Jahres 2001 auslaufen sollte. Dies ergibt sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Protokoll der Gesellschafterversammlung (Anlage B 8, Bl. 161 ff. d. A.). Das spricht aber lediglich dafür, dass die Möglichkeit der Abberufung des Geschäftsführers nicht hinter der Möglichkeit der Beendigung des Dienstverhältnisses zurückbleiben sollte. Bestand mit Auslaufen der Befristung die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages, sollte auch die Abberufung ohne wichtigen Grund möglich sein. Diese Möglichkeit hatte immerhin zwischen dem Auslaufen der Befristung Ende 2001 und der Vollendung der 15-Jahresfrist im Jahre 2004 auch praktische Relevanz.

Der von der Beklagten gezogene Schluss, wenn durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer auch ohne wichtigen Grund ermöglicht wurde, müsse auch - dauerhaft - seine ordentliche Kündbarkeit gewollt gewesen sein, ist aus verschiedenen Gründen nicht tragfähig. Es ist sinnvoll, dass eine Bestellung zum Geschäftsführer mit der Beendigung des Anstellungsverhältnisses beendet wird, die Stellung des Geschäftsführers also der Anstellung folgt. Dies gilt umgekehrt aber nicht im gleichen Maße: Es ist auch nach der Erfahrung des Senats keineswegs ungewöhnlich, dass die Abberufung eines Geschäftsführers nicht zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses führt. Dies gilt insbesondere für solche Personen, die vor ihrer Bestellung zum Geschäftsführer als Arbeitnehmer für eine Gesellschaft tätig waren und denen der in dieser Zeit erworbene soziale Status auch über die Zeit hinaus erhalten bleiben soll, die sie Geschäftsführer sind. Gerade dies kommt nach der Aussage des Zeugen T. vor dem Landgericht auch für den Kläger in Betracht. Danach sollte der Kläger letztlich so gestellt sein wie der Direktor des benachbarten "Haus der Geschichte", der zwar von seiner Funktion als Direktor abberufen werden konnte, aber aufgrund seines Status als Beamter nur unter Wahrung seines sozialen Besitzstandes. Es ist - insbesondere auch vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen T., des früheren Vorsitzenden des Kuratoriums - nicht nur möglich, sondern durchaus naheliegend, dass dem Kläger ein vergleichbarer sozialer Besitzstand garantiert werden sollte. Der Zeuge hat in seiner Aussage mehrfach darauf abgestellt, dass für die Beklagte lediglich aus politischen Gründen die Rechtsform der GmbH - statt einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform - gewählt worden sei, die Tätigkeit des Klägers aber auf Dauer angelegt sein sollte. Auch seine Vergütung orientierte sich an öffentlich-rechtlichen Besoldungsbestimmungen. Sie enthielt damit insbesondere auch keinen "Risikozuschlag" wegen des Risikos jederzeitiger Kündbarkeit.

Auch das eigene Verhalten der Beklagten spricht gegen eine Vereinbarung zwischen den Parteien, dass § 53 Abs. 3 BAT nicht gelten soll. Wenn tatsächlich mit der Änderung des Gesellschaftsvertrages im Jahre 1995 beabsichtigt gewesen wäre, die Möglichkeit zu eröffnen, den Kläger nicht nur ohne wichtigen Grund aus seiner Stellung als Geschäftsführer abzuberufen, sondern ihn auch ordentlich kündigen zu können, hätte es sich - schon wegen der Schriftformklausel in § 5 des Anstellungsvertrages - aufgedrängt, eine entsprechende Regelung in den Anstellungsvertrag aufzunehmen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Geht man davon aus, dass den Mitgliedern der Gesellschafterversammlung - Bund und Ländern - die Regelungen des Anstellungsvertrages und des BAT bekannt waren, lässt sich das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung nur damit erklären, dass eine Abweichung von § 53 Abs. 3 BAT nicht gewollt war. Geht man dagegen - was allerdings nicht nahe liegt - davon aus, dass die Gesellschafter der Beklagten die Bedeutung des § 53 Abs. 3 BAT übersehen haben und deshalb keine schriftliche Vereinbarung mit dem Kläger hierüber getroffen haben, dann kann hierüber auch keine konkludente Einigung zustande gekommen sein. In diesem Fall fehlte es nämlich bereits an einem entsprechenden - konkludenten - Angebot der Beklagten, das der Kläger hätte annehmen können. Schließlich ist auch nicht erkennbar, wodurch der Kläger ein etwaiges Angebot der Beklagten angenommen haben sollte. Das bloße Schweigen des Klägers zu etwa ihm bekannt gewordenen diesbezüglichen Vorstellungen der Beklagten reicht hierfür nicht aus. Schweigen stellt grundsätzlich keine Willenserklärung dar. Dies gilt aber insbesondere dann, wenn - wie hier - mit einer Zustimmung auch nicht ohne weiteres gerechnet werden kann, weil es sich um eine Regelung zu Lasten des Schweigenden handelt.

Schließlich ist auch die Interessenlage der Parteien nicht so eindeutig, dass schon deswegen davon ausgegangen werden müsste, § 53 Abs. 3 BAT sei von ihnen abbedungen worden. Aus heutiger Sicht - nach der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer - mag das Interesse der Beklagten eindeutig dahin gehen, den Kläger auch nach mehr als fünfzehnjähriger Tätigkeit ordentlich kündigen zu können. Die Interessenlage kann 1995, als der Gesellschaftsvertrag geändert und das Auslaufen der Befristung des Anstellungsverhältnisses vereinbart worden ist, aber durchaus anders gewesen sein. Damals hatte man den Kläger bereits seit mehr als fünf Jahren erprobt, war mit seinen Leistungen zufrieden und wollte diesen auf unbefristete Zeit an sich binden. In dieser Situation konnte es auch aus Sicht der Beklagten durchaus Sinn machen, die Vertragsverlängerung nicht mit der Erklärung zu verknüpfen, dass mit dem Auslaufen der Befristung allerdings verbunden sei, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt dauerhaft ordentlich kündbar sein würde. Dies hätte dem Kläger nachdrücklich vor Augen geführt, dass das Auslaufen der Befristung seine Absicherung keineswegs verbessert. Unabhängig davon kann es für die Beantwortung der Frage, ob die Parteien sich geeinigt, auch nicht allein auf die Interessenlage der Beklagten ankommen. Ebenso bedeutsam ist die Interessenlage des Klägers. Für diesen wäre ein Verzicht auf die Geltung des § 53 Abs. 3 BAT offensichtlich nachteilig. Gründe, warum der Kläger sich hierauf hätte einlassen sollen, sind aber nicht ersichtlich.

b) Konsequenz der Unwirksamkeit der ordentliche Kündigung vom 25./27.06.2007 ist, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers hierdurch nicht beendet worden ist. Dementsprechend hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf weitere Beschäftigung in einer seiner früheren Tätigkeit vergleichbaren leitenden Funktion. Der vom Kläger darüber hinaus geltend gemachte Anspruch auf weitere Beschäftigung in seiner früheren Funktion als Geschäftsführer und Intendant besteht dagegen nicht. Die rechtliche Trennung zwischen Anstellungsverhältnis auf der einen Seite und Bestellung zum Geschäftsführer auf der anderen Seite bringt es mit sich, dass der Kläger aus der Fortdauer des Anstellungsverhältnisses nicht den Anspruch ableiten kann, auch weiterhin als Organ der Beklagten tätig werden zu können. Insoweit gilt der Vorrang der gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Sowohl § 38 Abs. 1 GmbHG als auch der Gesellschaftsvertrag der Beklagten in seiner derzeitigen Fassung lassen die jederzeitige Abberufung eines Geschäftsführers zu.

2. Ebenfalls nicht begründet ist der Anspruch des Klägers auf Fortzahlung der ihm durch Vereinbarung vom 20.07.1995 gewährten Zulage. Diese wurde nur gewährt, weil der Kläger zusätzlich die Aufgabe des Intendanten übernommen hatte. Die Beklagte hatte sich aber ausdrücklich vorbehalten, jederzeit einen anderen Intendanten zu bestellen, mit der Folge, dass die Zulage dann entfiele. Genau dies hat die Beklagte im Juni 2007 getan, so dass der Kläger diese zusätzliche Aufgabe ab diesem Zeitpunkt nicht mehr wahrnehmen musste und dementsprechend auch die zusätzliche Vergütung nicht mehr verlangen konnte.

Die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe ihr Recht zur Bestellung eines anderen Intendanten verwirkt, sei jedenfalls nicht berechtigt, ihm die Zulage zu entziehen, teilt der Senat nicht. Allein der Umstand, dass die Beklagte über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren von ihrem Recht zur Bestellung eines anderen Intendanten keinen Gebrauch gemacht hat, reicht für eine Verwirkung noch nicht aus. Zu diesem Zeitmoment müsste ein sog. Umstandstandsmoment hinzukommen, aufgrund dessen das Vertrauen des Klägers, es würde kein anderer Intendant bestellt werden und er würde dauerhaft die Zulage erhalten, schutzwürdig wäre. Ein solcher Umstand liegt jedoch nicht vor. Weder hat die Beklagte dem Kläger gegenüber zu verstehen gegeben, dass es dauerhaft keinen anderen Intendanten geben werde noch ist erkennbar, dass der Beklagte im Vertrauen auf den dauerhaften Bezug der Zulage irgendwelche Dispositionen getroffen hätte, die es rechtfertigen und erfordern würden, sein Vertrauen zu schützen.

3. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich für die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche Folgendes:

- Der Anspruch auf Zahlung von 3.067,76 € (Klageantrag zu 3)) nebst Zinsen besteht nicht. Es handelt sich hierbei um die Summe der Zulagen für die Monate August bis Dezember 2007, auf die der Kläger aus den zuvor dargestellten Gründen aber keinen Anspruch mehr hatte, nachdem ein neuer Intendant bestellt worden war.

- Im Hinblick darauf, dass dem Kläger aus den vorstehend dargestellten Gründen die Zulage in Höhe von 766,94 €/Monat nicht mehr zusteht, schuldete die Beklagte ihm ab Januar 2008 lediglich ein Brutto-Gehalt in Höhe von (8.276,34 € - 766,94 € =) 7.509,40 €/Monat zuzüglich 228,09 € Zuschuss zur Krankenversicherung und 14,47 € Zuschuss zur Pflegeversicherung. Bis zum Tag der mündlichen Verhandlung befindet sich die Beklagte damit für die Monate Januar bis September 2008 (Klageantrag zu 4)) mit Brutto-Gehaltszahlungen in Höhe von (9 x 7.509,40 € =) 67.584,60 € sowie der Zahlung weiterer 2.052,81 € (Zuschuss Krankengeld) und 130,23 (Zuschuss Pflegeversicherung) in Verzug. Hinsichtlich der einzelnen monatlich zu zahlenden Beträge ergibt sich der geltend gemachte Zinsanspruch aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

- Für die Zukunft besteht dementsprechend lediglich ein Anspruch auf Zahlung von monatlich 7.509,40 € zuzüglich 228,09 € Zuschuss zur Krankenversicherung und 14,47 € Zuschuss zur Pflegeversicherung (Klageantrag zu 5)).

Soweit die Anträge des Klägers darüber hinausgehen, war die Klage deshalb abzuweisen.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht. Die Entscheidung beruht allein auf der Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages. Die Entscheidung in diesem Rechtsstreit hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 383.350,50 € festgesetzt. Maßgeblich hierfür ist zum einen der dreifache Jahresbetrag des vom Kläger geltend gemachten Gehaltsanspruchs einschließlich Zulage und Zuschüssen zu Kranken- und Pflegeversicherung (306.680,40 €). Hinzu kommen gemäß § 42 Abs. 5 GKG die im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bereits fälligen Zahlungsbeträge (76.670,10 €).

Ende der Entscheidung

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