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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 05.05.2006
Aktenzeichen: 19 U 202/05
Rechtsgebiete: HGB, KFZ-GruppenfreistellungsVO


Vorschriften:

HGB § 89 b
KFZ-GruppenfreistellungsVO der EG vom 31.07.2002 (GVO 1400/2002)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 202/05

Anlage zum Protokoll vom 05.05.2006

Verkündet am 05.05.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07.04.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Ketterle, den Richter am Oberlandesgericht Conzen und den Richter am Amtsgericht Heider

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.10.2005 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 10 O 140/04 - abgeändert und, wie folgt, neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Sparkasse H-I, C-Straße 12, ##### H, 100.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.01.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht als früherer Vertragshändler gegen die Beklagte im Wege der Prozessstandschaft einen an die Sparkasse H-I abgetretenen Ausgleichsanspruch geltend. Er begehrt im Rahmen einer Teilklage die Zahlung von 100.000 € nebst Zinsen.

Der Kläger war aufgrund des D-Vertragshändlervertrages vom 24.07.1998 (Anlage K 1) für die Beklagte unter der Firma Autohaus Q am Standort H tätig. Daneben vertrieb er mit Einverständnis der Beklagten Fahrzeuge auch über einen ihm nachgeordneten Händler, das Autohaus S U in L. Darüber verhält sich die Vereinbarung vom 01./14.12.1998 (Anlage K 17 a).

Das Vertragsverhältnis mit dem Kläger ist im Rahmen einer grundlegenden Neustrukturierung der Vertriebsorganisation durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19.01.2001 (Anlage K 2) mit Wirkung zum 31.01.2003 beendet worden. Von dem Angebot der Beklagten, einen neuen Vertragshändlervertrag unter veränderten Konditionen abzuschließen, hat der Kläger im Januar 2003 keinen Gebrauch gemacht. Stattdessen haben die Parteien unter dem 22.01.2003 einen Vertrag über den Betrieb einer D-Vertragswerkstatt geschlossen. Auf dieser Grundlage war der Kläger seit dem 01.02.2003 als autorisierter Werkstattbetreiber für die Beklagte tätig. Die Zusammenarbeit der Parteien im Servicebereich ist durch Kündigung des Werkstattvertrages durch den Kläger, der im Juli 2003 sein 65. Lebensjahr vollendet hat, zum 30.04.2004 endgültig beendet worden (vgl. Anlage K 16 a).

Der Kläger hat mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 23.06.2003 (Anlage K 3) den Ausgleichsanspruch gegenüber der Beklagten angemeldet und die Forderung unter Berücksichtigung der Höchstbetragsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB auf 245.437,79 € beziffert. Mit Schreiben vom 12.09.2003 (Anlage K 4) bat die Beklagte zum Zwecke der näheren Prüfung um Ergänzung der ihr übersandten Unterlagen. Mit Schreiben vom 27.02.2004 lehnte sie nach zwischenzeitlichem geführtem weiterem Schriftverkehr die Zahlung eines Ausgleichsbetrages jedoch ab.

Die Beklagte hat in erster Instanz zunächst eingewandt, dem Kläger stehe schon im Hinblick darauf, dass er im unmittelbaren Anschluss an die Vertragshändlertätigkeit als Betreiber einer Vertragswerkstatt tätig geworden sei, dem Grunde nach kein Ausgleichsanspruch zu. Er habe nämlich weiterhin die Möglichkeit gehabt, den vorhandenen Kundenstamm im Rahmen seiner neuen Tätigkeit zu nutzen. Der Ausgleichsanspruch sei im Übrigen auch nicht hinreichend dargelegt; dies schon deswegen, weil der Kläger trotz entsprechender Aufforderung keine Bilanzen und Steuererklärungen vorgelegt habe. Die Beklagte hat des weiteren Einzelheiten im Hinblick auf die Berechnung des Anspruchs gerügt. So seien etwa Umsätze mit Vorführwagen unzulässigerweise einbezogen worden. Der Kläger könne einen Ausgleich auch nicht für Verkäufe an oder durch seine Untervertragshändlerin, das Autohaus U, verlangen. Insoweit habe es sich um nur "Querbezüge" innerhalb des Vertriebsnetzes gehandelt. Auch seien nicht alle Kundendaten nach Vertragsbeendigung ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt worden, so dass eine Reihe von Kaufgeschäften nicht berücksichtigungsfähig seien.

Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat die Beklagte sodann eingewandt, der Anspruch der Klägers sei auch wegen § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen. Anlass der Kündigung des Händlervertrages sei nämlich die grundlegende Veränderung der Rechtslage im gesamten Vertragshändlerbereich durch die KFZ-Gruppenfreistellungsverordnung der EG vom 31.07.2002 (im Folgenden: GVO 1400/2002) gewesen. Diese habe die Beendigung aller bestehenden Händlerverträge und den Abschluss neuer, der Rechtslage angepasster Verträge zwingend notwendig gemacht. Der Kläger habe den ihm angebotenen Folgevertrag abgelehnt, obgleich ihm dessen Abschluss nach den Umständen zumutbar gewesen wäre. Der Entschluss des Klägers, das Vertragshändlerverhältnis nicht fortzuführen, habe in erster Linie wirtschaftliche Gründe gehabt. Seine Absatzziele seien nämlich schon gegen Ende der Laufzeit des alten Vertrags nicht mehr erreicht worden; es habe zudem Schwierigkeiten hinsichtlich der Verkehrsanbindung des Betriebs des Klägers mit der Stadt H gegeben. Der Kläger sei nach alledem im Ergebnis so zu behandeln, als hätte er den Händlervertrag selbst aus freien Stücken gekündigt.

Hilfsweise hat die Beklagte mit einer Gegenforderung in Höhe von zuletzt insgesamt 8.456,84 € aufgerechnet. Dabei handelt es sich um den Sollsaldo auf dem Debitorenkonto des Klägers zum Zeitpunkt der Beendigung des Werkstattvertrages.

Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagten entgegengetreten. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 21.10.2005 (Bl. 173 ff. d.A.), auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Die Kammer hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Ausgleichsanspruch sei in Analogie zu § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen. Die Kündigung der Beklagten sei aufgrund der durch die GVO 1400/2002 notwendig gewordenen Umstrukturierungen gerechtfertigt gewesen. Der Kläger habe dagegen die Weiterführung des Betriebs, die ihm von der Beklagten unter zumutbaren Bedingungen angeboten worden sei, abgelehnt. Er müsse sich daher so behandeln lassen, als ob er das Vertragsverhältnis ohne begründeten Anlass gekündigt hätte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Ausgleichsanspruch in Höhe des in erster Instanz geltend gemachten Teilbetrages weiterverfolgt. Der Kläger rügt die rechtsfehlerhafte Anwendung des § 89 b Abs. 3 HGB durch das Landgericht. Die in der Vorschrift aufgeführten Ausschlusstatbestände seien nach der ständigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung eng auszulegen. Von diesem Grundsatz sei auch aufgrund des von der Kammer herangezogenen sog. "Kettenvertragsurteils" des Bundesgerichtshofs (NJW 1996, 848) keine Ausnahme zu machen. Für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB fehle es im Übrigen an einer der Eigenkündigung des Handelsvertreters vergleichbaren Interessenlage. Es sei auch nicht zutreffend, dass die Kündigung der Beklagten vor dem Hintergrund der GVO 1400/2002 erfolgt sei. Ausschlaggebend seien vielmehr die beabsichtigte Umstrukturierung des Händlernetzes und die Veränderung des Margensystems gewesen.

Der Kläger beanstandet weiter, dass die Frage der Zumutbarkeit des Abschlusses des Folgevertrages nicht hinreichend geprüft worden seien. Die Kammer habe sich insoweit über sämtliche Einzelheiten seines Vortrags hinweggesetzt. Er ist ferner der Auffassung, dass, selbst wenn man von einem Fall der Eigenkündigung ausgehen würde, er begründeten Anlass gehabt habe, keinen neuen Händlervertrag abzuschließen. Der Folgevertrag hätte nämlich nach seiner Auffassung sehr wohl deutlich verschlechterte Konditionen, namentlich eine um 3% reduzierte Marge, mit sich gebracht. Im Übrigen habe der Kläger die qualitativen Voraussetzungen als Vertragshändler nach den geänderten Anforderungen der Beklagten nicht erfüllen können. Diese hätten durch die von der Kammer zu Unrecht angenommenen Verbesserungen (wie etwa die grundsätzliche Möglichkeit des Mehrmarkenvertriebs) auch in keiner Weise ausgeglichen werden können. In diesem Zusammenhang sei der vom Kläger zu investierende Aufwand, um nach den vorgesehen leistungsbezogenen Margen einen in etwa gleichen Gewinn wie zuvor zu erzielen, überhaupt nicht in Rechnung gestellt worden. Ebenso sei nicht berücksichtigt worden, dass die Beklagte mit ihrem neuen Vertragshändlerverträgen gegen die GVO 1400/2002 verstoße, denn eine Reihe von Klauseln sei bereits durch den Bundesgerichtshof für nichtig erklärt worden. Schließlich weist die Kläger nochmals darauf hin, dass er bereits wegen seines Alters berechtigt gewesen wäre, das Vertragsverhältnis zu beenden, ohne dadurch seinen Ausgleichsanspruch zu verlieren.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 21.10.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln (90 O 140/04) die Beklagte zu verurteilen, an die Sparkasse H-I 100.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor, sie habe den Kläger im Vertriebsnetz behalten wollen, dieser sei aber aus freien Stücken ausgeschieden. Daher sei es im Ergebnis richtig, dass er keinen Ausgleichsanspruch erhalte. Bei der Bewertung könne es keinen Unterschied machen, dass - anders als im sog. "Kettenvertragsfall" des BGH - zunächst von ihr eine ordentliche Kündigung erklärt worden sei. Die Beendigung des Vertragsverhältnisses sei vor dem Hintergrund des Inkrafttretens der GVO 1400/2002 unumgänglich gewesen, wie dies zwischenzeitlich auch in mehreren obergerichtlichen Entscheidungen sowie durch den Beschluss des BGH vom 26.07.2005 in der Sache KZR 14/04 bestätigt worden sei. Der Kläger habe seinerseits - wie das Landgericht zu Recht festgestellt habe - keinen begründeten Anlass zu einer Eigenkündigung gehabt. Für ihn, der in Wirklichkeit die Vertragsbeendigung aus den bereits in erster Instanz angeführten wirtschaftlichen Gründen gewollt habe, wäre es auch nicht unzumutbar gewesen, sich auf den angebotenen Folgevertrag einzulassen. Dieser hätte ihm aufgrund der Ausdünnung des Händlernetzes und der Stärkung der Händlerposition nach neuem EG-Recht ganz überwiegend Vorteile verschafft. Die Veränderung des Margensystems auf einen Durchschnittssatz von jetzt 14,56 % stelle dagegen keinen wirklichen Nachteil dar, denn dieser könne im Rahmen der sog. "CITOP"-Bestandteile (D Organisationsprämie) der Marge, die den Händlern im ersten und zweiten Quartal 2003 sogar "geschenkt" worden sei, leistungsbezogen auf 17,56 % aufgestockt werden. Die Einführung dieses Teils der Provision habe sehr wohl mit der GVO 1400/2002 zu tun, denn diese diene ja in erster Linie der Herbeiführung der Zufriedenheit der Verbraucher. Schließlich sei es die selbstverständliche Pflicht eines jeden Vertragshändlers, sich um den Absatz der Fahrzeuge seines Herstellers nach Kräften zu bemühen. Schließlich weist die Beklagte darauf hin, dass nach ihrer Auffassung selbst bei Bestehen eines Ausgleichsanspruchs dem Grunde nach erhebliche Abzüge aus Billigkeitserwägungen vorzunehmen wären. Diese beruhten insbesondere auf der Ablehnung des Folgevertrages und der Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers im Rahmen des Werkstattbetriebs.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist in der Sache auch in vollem Umfang begründet.

Dem Kläger steht nach Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses analog § 89 b Abs. 1 HGB ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu. Der Anspruch besteht jedenfalls in Höhe des im Wege der Teilklage geltend gemachten Betrages von 100.000 €, so dass es im Ergebnis auf die diesbezüglichen Einwände der Beklagten ebenso wie auf die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nicht ankommt. Der Kläger ist, obwohl er den Ausgleichsanspruch zwischenzeitlich abgetreten hat, aufgrund der wirksam erteilten Einziehungsermächtigung der Zedentin, der Sparkasse H-I, auch berechtigt, diesen im eigenen Namen geltend zu machen.

1.

Der Ausgleichanspruch des Klägers ist entgegen der Ansicht der Beklagten weder unmittelbar noch in entsprechender Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB noch unter Billigkeitsgesichtspunkten ausgeschlossen, weil der Kläger das Angebot auf Abschluss eines neuen Vertragshändlervertrages nicht angenommen hat.

a)

Die unmittelbare Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB scheidet bereits deswegen aus, weil die Regelung nach ihrem Wortlaut eine Eigenkündigung des Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers voraussetzt. Das ist hier nicht der Fall, da die Kündigung vom 19.01.2001 seitens der Beklagten erklärt worden ist.

b)

Die Ablehnung des Abschlusses eines neuen Vertragshändlervertrages mit der Beklagten ab dem 01.02.2003 ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB dem Fall einer Eigenkündigung gleichzusetzen.

Nach einhelliger und auch vom Senat geteilter Auffassung ist die Vorschrift des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB zugunsten des Handelsvertreters bzw. Vertragshändlers restriktiv auszulegen. Eine Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB auf andere als die im Gesetz geregelten Tatbestände kommt grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. BGHZ 52, 12 ff.; BGH BB 2000, 736, 738; Ebenroth/Joost/Boujong-Löwisch, HGB, § 89 b Rn. 47 ff.; Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 89 b Rn. 69); die Belange des Unternehmers können vielmehr im Rahmen der nach § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB zugelassenen Billigkeitserwägungen ausreichend gewahrt werden (vgl. BGH NJW 1989, 35 ff.; BGH BB 2000, 736 ff.).

Soweit im Einzelfall eine erweiternde Auslegung des Ausnahmetatbestandes des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB angenommen wird, wenn ein einer Eigenkündigung gleichzusetzender Sachverhalt vorliegt, ist im hier zu entscheidenden Fall auch unter diesem Aspekt eine entsprechende Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB nicht gerechtfertigt. Hier liegt kein einer Eigenkündigung des Handelsvertreters/Vertragshändlers vergleichbarer Sachverhalt vor. Insbesondere folgt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den so genannten "Kettenvertragsfällen" (NJW 1996, 848 ff.; NJW 1999, 2668 ff.). Aus diesen Entscheidungen lässt sich bereits nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz ableiten, dass ein Handelsvertreter, der den Abschluss eines Neuvertrages ablehnt, zu behandeln ist, als habe er selbst gekündigt (vgl. BGH WM 1981, 817 ff.; BGHZ 142, 358 ff. für den Fall der Änderungskündigung; Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. II, 7. Auflage 2003, Rn. 285, Rn. 1360 m.w.N.). Der Grund für die Analogie in den "Kettenvertragsfällen" wurde - nach den vom Bundesgerichtshof unbeanstandet gebliebenen Ausführungen des Berufungsgerichts - vielmehr darin gesehen, dass durch die Kettenverträge zwischen den dort Beteiligten ein einheitliches und unbefristetes Handelsvertreterverhältnis zustande gekommen sei, welches der Handelsvertreter durch die Ablehnung des Vertragsangebotes für das fragliche Geschäftsjahr beendet habe. Diese Fallkonstellation ist mit der vorliegenden aber nicht annähernd vergleichbar. Es ist hier von der Beklagten eine Kündigung ausgesprochen worden, wohingegen die Befristung der Handelsvertreterverhältnisse in jenen Fällen auf einer einvernehmlichen gemeinsamen Regelung durch die Vertragspartner beruhte, entgegen der Auffassung der Beklagten also keine einseitige Befristung durch den Prinzipal vorlag. Weder im Hinblick auf den angebotenen Folgevertrag noch aus dem durch die Kündigung beendeten Vertrag sind demgegenüber Gesichtspunkte ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, das Vertragshändlerverhältnis zwischen den Parteien als einheitliches und unbefristetes Vertragsverhältnis zu qualifizieren. Im vorliegenden Fall ging es gerade nicht um die - formale - Verlängerung eines bestehenden Vertragsverhältnisses, sondern um die Begründung eines neuen Vertrages, dessen Annahme oder Ablehnung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen in der Dispositionsfreiheit des potentiellen Vertragspartners steht.

Die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des OLG München vom 26.02.2004 - U (K) 5664/03 - (BB 2004, 798 ff.), des OLG Saarbrücken vom 15.09.2004 - 1 U 632/03 (OLGR 2004, 643 ff.) und des OLG Frankfurt vom 08.03.2005 - 11 U (Kart) 36/04 - (n.V.) sowie der Vorlagebeschluss des BGH vom 26.07.2005 - KZR 14/04 - (BB 2005, 2208 ff.) sind für die hier zu entscheidende Streitfrage ebenfalls ohne Bedeutung. Gegenstand dieser Entscheidungen war nur die Frage der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit einjähriger Kündigungsfrist wegen Umstrukturierung. Zu den Möglichkeiten einer ordentlichen Kündigung mit dem Angebot, einen neuen Vertrag abzuschließen, und den Folgen für den Ausgleichsanspruch treffen die Entscheidungen keine Aussagen.

Eine andere Beurteilung ist ferner nicht veranlasst unter Berücksichtigung der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt vom 20.10.2004 (WRP 2004, 1506). Ungeachtet der Frage, ob der Auffassung des Landgerichts Frankfurt überhaupt zu folgen ist, ist diese Entscheidung ebenfalls unergiebig für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes, weil die vom Landgericht Frankfurt aufgestellten Voraussetzungen für die Wertung des Verhaltens des Vertragshändlers als Eigenkündigung i.S.d. § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB hier aus tatsächlichen Gründen schon nicht erfüllt sind. Im Gegensatz zu dem vom Landgericht Frankfurt zu entscheidenden Fall hatte die Beklagte den Vertragshändlervertrag mit dem Kläger gerade nicht wegen der - im Übrigen erst 1 1/2 Jahre später beschlossenen - GVO Nr. 1400/2002 gekündigt. Ihr Kündigungsschreiben vom 19.01.2001 enthält keine Begründung, so dass die Motive für die Kündigung sich nur aus den von der Beklagten zuvor versandten Rundschreiben vom 04.01.2001 an alle Vertragshändler (Anlage K 35, Bl. 355 ff. Anlagenheft) erschließen. Danach waren indes offensichtlich in erster Linie wirtschaftliche Erwägungen ausschlaggebend für die Beendigung sämtlicher Vertragshändlerverträge. Auszugsweise heißt es nämlich in dem Schreiben an den Kläger:

"Wir haben Sie bereits darüber informiert, dass unser Ziel eine schnelle Steigerung des Marktanteils in Deutschland ist, um damit der Marke D auch in Deutschland einen Platz zu geben, welcher der Stellung der Marke in der Gesamtheit der europäischen Länder entspricht.

Zu diesem Zweck haben wir den Plan Allemagne erarbeitet, der ihnen bereits Anfang 2000 präsentiert wurde.

....

Wir müssen nun die anderen im Plan Allemagne vorgesehenen Aktionen durchsetzen. Hier vor allem:

- Umstrukturierung des Händlernetzes, um für das Erreichen des Marktanteilsziels besser gerüstet zu sein.

- Modifizierung des Margensystems, um eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der Marke zu ermöglichen und um besser auf die aktuellen und künftigen Gegebenheiten des immer härter umkämpften Automobilmarktes reagieren zu können.

Aus diesem Grunde sehen wir keine Möglichkeit, eine Kündigung alee D-Händlerverträge zum 31.01.2003 zu vermeiden.

...."

Angesichts des klaren Wortlautes dieses Schreibens ist die Behauptung der Beklagten, das Vertragswerk habe allein mit Rücksicht auf die Neuregelung der Kraftfahrzeug-Freistellungsverordnung gekündigt werden müssen, nicht nachvollziehbar. Gegen die Richtigkeit dieser Behauptung der Beklagten spricht im Übrigen der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung zum 31.01.2003, der - anders als in dem der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt zugrunde liegenden Fall - mit den nach der GVO Nr. 1400/2002 relevanten Zeitpunkten nicht in Einklang zu bringen ist. Das Regelwerk ist mit dem 01.10.2002 in Kraft getreten, räumt aber für die in Art. 5 Abs. 1 geregelten Wettbewerbsverbote für Altverträge einen Übergangszeitraum bis zum 30.09.2003 ein und gilt für die freie Standortwahl des Vertragshändlers in Art. 5 Abs. 2 erst seit dem 01.10.2005 (Art. 12 Abs. 2 GVO Nr. 1400/2002). Für Kündigungen, die bereits vor dem 30.09.2003 wirksam werden sollten, bestand daher keine zwingende Veranlassung. Das gilt um so mehr als im Zeitpunkt der Kündigung am 19.01.2001 die GVO Nr. 1400/2002 noch nicht einmal im Entwurf existierte und damit keineswegs sicher war, ob die Neuregelungen überhaupt den Abschluss neuer Verträge erfordern würden. Für den von ihr gewählten Zeitpunkt der Beendigung des alten Vertragshändlervertrages zum 31.01.2003 hat die Beklagte dementsprechend vor dem angeblichen Hintergrund einer geplanten Umsetzung der GVO Nr. 1400/2002 keine plausible Erklärung geben können.

Schließlich stellte der von der Beklagten mit Schreiben vom 16.01.2003 angebotene neue Vertragshändlervertrag - wiederum anders als im Falle der Entscheidung des Landgerichts Frankfurt - nicht lediglich eine Anpassung an die neuen Regelungen der GVO Nr. 1400/2002 dar. Der Inhalt des angebotenen Vertragshändlervertrages enthielt nämlich über sachlich und möglicherweise auch zwingend durch die Neuregelung der GVO gebotene Vertragsänderungen hinaus weitere Regelungen, die - wie unten näher darzulegen sein wird - den Vertragsstatus des Händlers nachhaltig berührten und etwa auch Eingriffe in die Marge beinhalteten. Die Beklagte selbst stellt nicht in Abrede, dass nach der neuen Rabattstruktur der den Händlern gewährte Grundrabatt im Vergleich zu den Altverträgen um 3 %-Punkte reduziert werden und dieser Teil der Vergütung über das sogenannte "CITOP"-Programm nur noch leistungsabhängig zu verdienen sein sollte. Nach alledem fehlt es an den tatsächlichen Voraussetzungen für ein Gleichsetzung des Verhaltens des Klägers mit einer Eigenkündigung i.S.d. § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB.

Allein die Frage der Zumutbarkeit eines Folgevertrages vermag nach dem oben dargestellten Grundsatz der restriktiven Anwendung der Vorschrift die Gleichstellung des Verhaltens des Klägers mit einer Eigenkündigung im Sinne des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB nicht zu rechtfertigen; dadurch ist allenfalls die Frage der Billigkeit der Ausgleichszahlung gemäß § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB tangiert (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 01.02.2006 - 21 U 21/05 -).

c)

Ein vollständiger oder auch nur teilweiser Ausschluss des Ausgleichsanspruches aus Billigkeitserwägungen entsprechend § 89 b Abs.1 Nr. 3 HGB deshalb, weil der Kläger den Abschluss des Folgevertrages abgelehnt hat, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Das setzte voraus, dass der Kläger nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, nach der Kündigung der Beklagten auf deren neues Vertragsangebot für die Zeit ab dem 01.02.2003 einzugehen (vgl. BGH WM 1981, 817 ff. m.w.N; OLG Frankfurt, Urteil vom 01.02.2006 - 21 U 21/05 -).

Eine solche Verpflichtung, die nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, unabhängig davon, ob der Kläger sich seinerzeit auf die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte berufen hatte, bestand hier nach Abwägung aller Umstände nicht.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger das Angebot auf Abschluss eines Folgevertrages annehmen musste, ist zu seinen Gunsten zunächst der vom Landgericht nicht hinreichend gewürdigte Umstand zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses bereits 63 1/2 Jahre alt war. Für die Annahme einer ausgleichserhaltenden Kündigung des Handelsvertreters gem. § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB geht die Rechtsprechung zwar in der Regel vom Erreichen des allgemeinen Renten- und Pensionsalters aus (vgl. OLG Düsseldorf HVR Nr. 1078), jedoch handelt es sich dabei nicht um eine starre Grenze. Vielmehr kann im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände auch die Beendigung der Vertragstätigkeit vor diesem Zeitpunkt gerechtfertigt sein (vgl. Löwisch in Ebenroth/Joost/Löwisch HGB, § 89 b, Rdnr. 59); dabei ist der Handelsvertreter nicht gezwungen, seinen Beruf gänzlich aufzugeben (OLG Düsseldorf a.a.O.). Jedenfalls in Verbindung mit den nachgenannten Umständen ist der Entschluss des Klägers, das Vertragshändlerverhältnis zu den angebotenen Bedingungen nicht fortzusetzen und stattdessen vorübergehend eine Vertragswerkstatt zu betreiben, nicht zu beanstanden, während es auf der anderen Seite nicht gerechtfertigt erscheint, dass der Hersteller den Anlass des Inkrafttretens der GVO als Vehikel für eine ansonsten jedenfalls nicht ohne Ausgleich durchzusetzende Reduzierung des Margensystems benutzt (vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl, BB 2005, 1749, 1754).

Über den im Hinblick auf die GVO Nr. 1400/2002 sachlich und möglicherweise auch zwingend zu verändernden Regelungsgehalt hinaus enthielt der von der Beklagten angebotene neue Vertragshändlervertrag Regelungen, die über das Maß des Zumutbaren hinaus Eingriffe beinhalteten und den Status des Händlers nachteilig berührten. Die Beklagte selbst stellt nicht in Abrede, dass nach der neuen Rabattstruktur der den Händlern gewährte Grundrabatt im Vergleich zu den Altverträgen um 3 %-Punkte reduziert werden sollte. Soweit dieser Teil der Vergütung über das sogenannte "CITOP"-Programm leistungsabhängig verdient werden konnte, wäre eine vollständige Kompensation für den Kläger aber schon nicht möglich gewesen. Er hat unwidersprochen vorgetragen, dass das Erreichen der leistungsbezogenen Kriterien der Marge mit ganz erheblichen Investitionen in den Betrieb verbunden gewesen wäre. Sein Autohaus erfüllte zudem nicht die Anforderungen an die Größe der Verkaufsraumes. Der Kläger wäre bei Fortführung des Vertragsverhältnisses ferner gezwungen gewesen, zusätzliches Personal einzustellen und Verkäuferschulungen durchzuführen. Er verfügte schließlich nicht über die sog. "ISO-Zertifizierung". Die Vorhalte der Beklagten, dass die neuen Regelungen, insbesondere zum Vergütungssystem, für den Kläger letztlich Vorteile gebracht hätten, überzeugen dagegen nicht. Schon im Ansatz nicht nachvollziehbar ist der Einwand, der Kläger hätte ohne weiteres eine höhere Durchschnittsvergütung erzielen können, als er zuvor erzielt habe; es ist inkonsequent, wenn die Beklagte dabei einerseits auf die durchschnittlich erzielbare Vergütung abstellt, andererseits dem Vergleich dann aber die vom Kläger - gemessen an seinem Umsatz - tatsächlich erzielte Durchschnittsvergütung zugrunde legt. Unerheblich ist auch, dass die Beklagte den Händlern die "CITOP" ein halbes Jahr lang ohne Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Prämie vorliegen, "geschenkt" hätte, wenn sich diese Regelung danach indes nur negativ für den Händler auswirken würde, weil er die Anforderungen nicht erfüllen kann.

Schließlich lässt sich das neue Margensystem auch nicht mit der der GVO Nr. 1400/2002 entsprechenden Verpflichtung zur Leistung und zum Wettbewerb rechtfertigen, wenn das letztlich nur einseitig mit höheren Anstrengungen durch den Händler bei gleichbleibender Gegenleistung verbunden ist; diesen angeblichen Verpflichtungen aus der neuen GVO hätte die Beklagte nämlich auch damit genüge tun können, dass sie als Ansporn für besondere Leistung und Wettbewerb ihren Händler die "CITOP" über die bisherige Provision hinaus versprochen hätte. Ob 93 % der Händler den neuen Vertrag akzeptiert haben, was das Landgericht, obwohl vom Kläger bestritten, angenommen hat, ist ebenfalls unerheblich; entscheidend sind allein die Umstände des Einzelfalls.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass, auch wenn die Beklagte wegen der Neufassung der GVO und den damit verbundenen Folgen für den Handel zu einer Änderung ihrer Verträge durch Kündigung und Neuabschluss gezwungen gewesen wäre, dies den Kläger letztlich nicht verpflichten konnte, sich dem bei weitergehenden nachteiligen Änderungen zu beugen, wenn er nicht seinen Ausgleichsanspruch verlieren wollte. Der Kläger hätte damit nur die Wahl zwischen zwei nachteiligen Konstellationen gehabt, nämlich entweder die Änderungen hinzunehmen oder den Verlust seines Ausgleichsanspruchs in Kauf zu nehmen. Entsprechende vertragliche Regelungen, die zu solchen Alternativen führen würden, sind aber von vornherein unwirksam (vgl. BGHZ 142, 358 ff.). Zudem berechtigt das Ansinnen des Prinzipals an den Handelsvertreter, einen Folgevertrag zu wesentlich ungünstigeren Konditionen abzuschließen, diesen sogar zur eigenen, ausgleichserhaltenden Kündigung (vgl. BGH NJW 1996, 848; Küstner/Thume, a.a.O., Rn. 1421). Auch bei einer Änderung der Händler-Vertriebsstruktur, die mit erheblichen Veränderungen statusrechtlicher Art für den Vertragshändler und einer wirtschaftlichen Schlechterstellung verbunden sind, sind die Voraussetzungen für eine berechtigte, d.h. ausgleicherhaltende Eigenkündigung des Vertragshändlers gegeben (Senat, Urteil v. 07.01.2005, - 19 U 82/04 -; die gegen diese Entscheidung erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der dortigen Beklagten ist durch Beschluss des BGH vom 28.03.2006 - VIII ZR 35/05 - zurückgewiesen worden).

2.

Die Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 HGB liegen entgegen der Ansicht der Beklagten ebenfalls vor.

Der Kläger hat - was von der Beklagten jedenfalls im Grundsatz nicht in Abrede gestellt wird - nach Vertragsbeendigung seinen Kundenstamm zur Verfügung gestellt und keine Neuwagen mehr verkauft. Er hat damit infolge der Vertragsbeendigung Provisionsverluste erlitten, während die Beklagte in der Lage war, einen anderen Vertraghändler im bisherigen Gebiet des Klägers einzusetzen. Damit hat sie sich die in der Überlassung des Kundenstamms liegenden Vorteile zunutze gemacht. Ob der Ausgleichsanspruch des Klägers im Hinblick auf seine Servicetätigkeit und die dadurch vorübergehend (auch) mit dem bisherigen Kundenstamm erzielten Umsätze möglicherweise zu reduzieren wäre (vgl. OLG Celle, OLGR 2001, 318 ff.), muss hier nicht entschieden werden. Ein anzurechnender Vorteil des Klägers aus der Werkstatttätigkeit könnte allenfalls in geringem Umfang in Betracht kommen (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O., UA Seite 9). Jedenfalls würde dies keine Minderung des Anspruchs in einem Umfang rechtfertigen, dass dadurch der im Wege der Teilklage geltend gemachte Betrag von 100.000 € unterschritten würde. Das gilt selbst dann, wenn der Senat entgegen der Auffassung des Klägers, der hierfür nur 10% ansetzen will, den Billigkeitsabschlag unter dem Gesichtspunkt der "Sogwirkung" der Marke auf 25 % schätzt.

3.

Bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs geht der Senat entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung (VersR 2002, 437 ff; VersR 2003,106) von der so genannten "Rohertragsmethode" aus. Dabei ist zur Ermittlung des Rohgewinns auf die UPE des Herstellers abzustellen. Der diesbezüglich erhobene Einwand der Beklagten geht fehl, wie bereits in der mündlichen Verhandlung in der Parallelsache Autohaus C ./. D (19 U 170/05) erläutert.

Entgegen der Ansicht der Beklagten reichten auch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen zur Begründung seines Anspruches aus, ohne dass zusätzlich die Vorlage von Bilanzen und Steuererklärungen notwendig war. Insbesondere die vom Kläger vorgelegte Liste der Mehrfachkundenumsätze gibt grundsätzlich ein verlässliches Bild, auch bezüglich der Umsatzquoten aus den Vorjahren. Soweit deshalb keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das letzte Vertragsjahr außergewöhnliche Ereignisse gebracht hat, kann der Mehrfachkundenumsatz als repräsentativ für die vorangegangenen Jahre angesehen werden. Der Gefahr, dass möglicherweise zu Gunsten des Händlers ein falsches Bild gezeichnet wird, kann durch kritische Betrachtung der Mehrfachkundenumsätze des letzten Vertragsjahres vorgebeugt werden. Einer Vorlage von Bilanzen und Steuererklärungen bedarf es ohne jegliche Anhaltspunkte für Manipulationen und Unrichtigkeiten nicht. Der Ausgleichsanspruch des Klägers erstreckt sich entgegen der Auffassung der Beklagten grundsätzlich auch auf die Umsätze, die der Kläger über die nachgeordnete Händlerin, das Autohaus U, erzielt hat. Der Kläger hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass die Fahrzeuge, die er an die Firma U verkauft hat, von dieser an Endkunden weiterveräußert worden sind. Dies wird zudem belegt durch den Auszug aus dem Dialogsystem (Anlage B 2); dort sind für alle diesbezüglichen Verkäufe Endkunden aufgeführt worden. Damit erweisen sich die Beanstandungen der Beklagten bezüglich der Verkäufe 2/02, 4/02, 15/02, 20/02, 53/02, 54/02, 103 - 106/02, 138/02, 147/02, 171/02, 177 - 179/02, 189 - 190/02 an das Autohaus U (vgl. die Auflistung Bl. 46 - 50 d.A.) im Ergebnis als unberechtigt.

Auch soweit die Beklagte im Hinblick auf mehrere Fahrzeugverkäufe beanstandet, dass der Kläger insoweit seine Verpflichtung zur Überlassung der Kundendaten nicht hinreichend erfüllt habe (vgl. ebenfalls die Auflistung Bl. 46 ff. d.A.), greift dieser Einwand nicht. Dabei geht es teilweise um angeblich jeweils fehlende vollständige Anschriften der betreffenden Kunden. Der Kläger hat demgegenüber aber vorgetragen, dass er sämtliche Kundendaten vollständig in das EDV-Programm "Dialog" eingegeben habe. Dafür spricht auch, dass die betreffenden Verkaufsfälle sämtlich von der Beklagten bearbeitet worden sind, d.h. die darauf entfallenden Prämien und Boni ausgekehrt worden sind. Im Übrigen wäre es nicht gerechtfertigt, wenn der Kläger wegen einer Reihe von fehlenden Straßennamen seinen Ausgleichsanspruch verlieren sollte. Zwar waren nach dem Vertrag die Kundendaten bei Vertragsbeendigung zur Verfügung zu stellen. Wenn aber tatsächlich Angaben gefehlt haben sollten, so hätte die Beklagte diese auf entsprechende Nachfrage nachgeliefert bekommen können. Soweit Verkäufe über die Firma U gelaufen sind, ist zwar unstreitig, dass die Unterhändlerin über das Dialogsystem nicht verfügte und daher die Kundendaten nicht eingeben konnte. Der Kläger hat aber vorgetragen, dass er seinerseits jeweils für die Eingabe gesorgt hat. Auch das wird belegt durch den von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Dialogsystem (Anlage B 2, Bl. 92 ff. AH). Dort sind, soweit ersichtlich, Lücken bei den Daten nicht vorhanden. Auch diese Geschäfte sind im Übrigen, was die Prämien und Boni anbetrifft, nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers vollständig und ordnungsgemäß abgewickelt worden. Das war aber nur möglich, wenn die Beklagte auch über die Kundendaten verfügte.

Soweit die Beklagte bezüglich zweier weiterer Verkäufe unter den laufenden Nummern 14/02 und 143/02 fehlende Unterlagen bemängelt, handelt es sich jeweils nicht um Mehrfachkunden. Sie sind vom Kläger bereits nicht berücksichtigt worden.

Auf der Basis der - bis auf die Sogwirkung der Marke - im Grundsatz zutreffenden Berechnung des Klägers in der Klageschrift (Bl. 21 - 23 d.A.) ergibt sich ein Betrag, der deutlich über der Höchstbetragsgrenze des § 89 b Abs. 2 HGB von 245.437,79 € liegt. Selbst wenn man den Bedenken der Beklagten Rechnung tragen würde, dass im Hinblick auf die Aufnahme der Werkstatttätigkeit durch den Kläger und die Ablehnung des Folgevertrages eine Reduzierung vorzunehmen wäre, würde damit keinesfalls der vom Kläger geltend gemachte Teilbetrag von 100.000 € unterschritten. Dazu bedarf es keiner näheren Darstellung der Berechnung.

4.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich in Höhe von 5 % aus §§ 286 Abs. 1 BGB, 352 HGB, da der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 22.12.2003 mit Fristsetzung zum 10.01.2004 vergeblich zur Zahlung aufgefordert hat.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Beklagten: 100.000 €

7.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Gegenstand des Rechtsstreits waren überwiegend Tatsachenfragen, die im konkreten Fall im Hinblick auf einen möglichen Ausschluss des Ausgleichsanspruchs des Klägers zu werten waren. Der Entscheidung kommt deshalb weder symptomatische oder allgemeine Bedeutung zu noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts in Hinblick auf die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Senat weicht mit der Entscheidung nicht von anderen höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Entscheidungen ab. Sie steht vielmehr im Grundsatz im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. etwa BGHZ 52, 12 ff.; BGH WM 1988, 817 ff.; BGH BB 2000, 736, 738) und mit der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 01.02.2006 (- 21 U 21/05 -) zu einer restriktiven Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB und der Wertung einzelner Billigkeitsaspekte im Rahmen des § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den so genannten "Kettenvertragsfällen" (NJW 1996, 848 ff.; NJW 1999, 2668 ff.) steht dem nicht entgegen, da diese Entscheidungen - wie ausgeführt - auf nicht vergleichbaren Sachverhalten beruhten. Das gilt auch in Hinblick auf die von der Beklagten angeführten Entscheidung des OLG Saarbrücken (OLGR 2005, 873 ff.). Die vom OLG Saarbrücken in dieser Entscheidung erwähnte Auffassung, dass der Händler bei einer nicht provozierten ordentlichen Kündigung oder der Weigerung einen zumutbaren Folgevertrag abzuschließen seinen Ausgleichsanspruch verliert, war dort nicht entscheidungserheblich und beruhte zudem auf einen mit dem vorliegenden Fall ebenfalls nicht vergleichbaren Sachverhalt.

Ende der Entscheidung

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