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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.10.2008
Aktenzeichen: 2 W 100/08
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 115 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
ZPO § 115 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 117 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 127 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 329 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 572 Abs. 3
GKG § 21 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 1) vom 6. Oktober 2008 wird der Beschluß der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10. Oktober 2008 - 14 O 271/07 - aufgehoben, soweit in ihm die Anordnung getroffen worden ist, daß die Antragstellerin zu 1) Raten auf die Prozeßkosten zu leisten hat. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Frage, ob die Antragstellerin zu 1) Zahlungen nach § 115 ZPO auf die Prozeßkosten zu leisten hat, an das Landgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht werden nicht erhoben.

Gründe:

1. Mit einem am 13. Juni 2007 bei dem Landgericht Köln eingegangenen Schriftsatz vom 4. Juni 2007 haben die Antragsteller um Gewährung von Prozeßkostenhilfe für eine Klage gegen die Antragsgegnerin nachgesucht. Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2007 haben die Antragsteller einzelne ihrer im Schriftsatz vom 4. Juni 2007 angekündigten Anträge neu gefaßt. Durch Beschluß vom 25. September 2007 hat das Landgericht dem Antragsteller zu 2) ratenfreie Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt und im zur Wahrnehmung seiner Rechte in der ersten Instanz Frau Rechtsanwältin C beigeordnet. Nach Erteilung von Auflagen betreffend die Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin zu 1), in deren Rahmen eine Richterin des Landgerichts ihr durch Verfügung vom 8. August 2008 eine Frist zur letztmaligen Stellungnahme von drei Wochen gesetzt und angekündigt hatte, daß auf der Grundlage der "unvollständigen und unklaren" Angaben der Antragstellerin zu 1) Raten von monatlich EUR 200,-- zu zahlen wären, hat das Landgericht der Antragstellerin zu 1) durch Beschluß vom 3. September 2008 mit Wirkung von diesem Tage Prozeßkostenhilfe für die Anträge zu 1), 2), 4), 5) und 6) aus dem Schriftsatz vom 4. Juni 2007 sowie zu 3), 7) und 8) aus dem Schriftsatz vom 23. Juli 2007 bewilligt und ihr zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte in der ersten Instanz ebenfalls Frau Rechtsanwältin C beigeordnet. Zugleich hat das Landgericht "im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" der Antragstellerin zu 1) "die ratenweise Zahlung der Prozesskosten, zahlbar in maximal 48 Monatsraten in Höhe von 300,00 Euro, beginnend mit dem 01.10.2008, angeordnet". Durch Verfügung vom selben Tage hat eine Richterin der Zivilkammer die (formlose) Bekanntgabe des Beschlusses an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zu 1) angeordnet. Ihnen ist der Beschluß vom 3. September 2008 am 12. September 2008 zugegangen.

Gegen die Anordnung der Zahlung monatlicher Raten in Höhe von EUR 300,-- hat die Antragstellerin zu 2) mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 6. Oktober 2008, der am Folgetage bei dem Landgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluß vom 10. Oktober 2008 "aus den Gründen ... (des angefochtenen) Beschlusses nicht abgeholfen, ... weil weiterhin andere als die zuletzt zugrunde gelegten Einkommensverhältnisse nicht glaubhaft gemacht" seien.

2. Die gegen die Anordnung von Ratenzahlungen aus dem Einkommen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 127, Rdn. 10 a und 14). Die Beschwerdefrist der §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist gewahrt. Die nach § 329 Abs. 2 Satz 2 ZPO - in Verbindung mit den §§ 127 Abs. 3 Satz 3, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO - gebotene Zustellung des Beschlusses vom 3. September 2008 hat das Landgericht versäumt.

In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedenfalls vorläufig Erfolg. Da das Landgericht der Antragstellerin zu 1) Prozeßkostenhilfe gewährt hat und sie allein die Anordnung einer Ratenzahlung angreift, ist Gegenstand der Prüfung des Beschwerdegerichts nur diese Anordnung (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 127, Rdn. 36 mit weit. Nachw.). Sie hat das Landgericht nicht hinreichend begründet. Das Verfahren des Landgerichts leidet damit an einem wesentlichen Mangel, der insoweit zur Aufhebung angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht führt.

Wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, müssen Beschlüsse jedenfalls dann begründet werden, wenn sie einem Rechtsmittel unterliegen und eine Partei beschweren (vgl. Senat, NJW-RR 1987, 1152; OLG Köln [19. Zivilsenat] NJW-RR 1991, 1280; OLG Köln [4. Zivilsenat], OLGR 2007, 570; OLG Brandenburg, FamRZ 2004, 389; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 329, Rdn. 24 mit zahlr. weit. Nachw.). Dies gilt auch für die einen Antragsteller beschwerende Anordnung von Ratenzahlungen bei Gewährung von Prozeßkostenhilfe (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.). Fehlt dem angefochtenen Beschluß die gebotene Begründung und wird diese auch nicht im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung nachgeholt (vgl. dazu Zöller/Gummer, a.a.O., § 572, Rdn. 17), so liegt darin ein Verfahrensmangel, der die Zurückverweisung der Sache nach § 572 Abs. 3 ZPO an die Vorinstanz rechtfertigt.

So liegt es hier. In dem angefochtenen Beschluß vom 3. September 2008 werden die Anordnung von Ratenzahlungen und die Höhe der Raten allein mit den Worten "im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin zu 1)" sowie durch Angabe der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 114, 115 Abs. 1 und 2 ZPO begründet. Dies ist völlig unzureichend. Der floskelhafte Hinweis auf die - in jedem Fall maßgeblichen - persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die Angabe der gesetzlichen Bestimmungen vermögen die konkrete, fallbezogene Begründung, von welchen für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Antragstellerin zu 1) zu berücksichtigenden tatsächlichen Umständen das Landgericht ausgegangen ist und wie sich auf der Grundlage dieser Umstände eine Ratenhöhe von EUR 300,-- errechnet, nicht zu ersetzen. Bei der Abfassung des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kammer mutmaßlich eines ihr von der Justizverwaltung zur Verfügung gestellten Textprogramms bedient. Sie hat dabei aber übersehen, daß die Verwendung abstrakter, notwendig nicht fallbezogener Textbausteine eines solchen Programmes allein nicht zur nachvollziehbaren Begründung des im konkreten Einzelfalls gefundenen Ergebnisses genügen kann.

Auch die Nichtabhilfeentscheidung vom 10. Oktober 2008 enthält die erforderliche Begründung dieses Ergebnisses nicht. Daß "andere als die zuletzt zugrunde gelegten Einkommensverhältnisse nicht glaubhaft gemacht" seien, besagt ebenfalls nicht, von welchen Einkommensverhältnissen der Antragstellerin zu 1) das Landgericht ausgegangen ist und wie es daraus die festgesetzte Monatsrate von EUR 300,-- errechnet hat. Eine solche Monatsrate ergibt sich nach § 115 Abs. 2 ZPO erst bei einem einzusetzenden Einkommen von EUR 700,-- bis EUR 750,--. Es wird ermittelt, indem von dem Gesamtbetrag der Einkünfte die in § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO bezeichneten Positionen, also insbesondere auch die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) ZPO für die Partei selbst und nach § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b ZPO für ihr ihr gegenüber unterhaltsberechtigtes Kind sowie nach § 115 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZPO die Kosten der Unterkunft abgesetzt werden. Wie sich auf der Grundlage der Angaben der (jüngsten) Erklärung der Antragstellerin zu 1) vom 26. August 2008 über ihre Einkünfte ein einzusetzendes Einkommen von EUR 700,-- bis EUR 750,-- pro Monat ergeben soll, ist nicht nachzuvollziehen. Möglicherweise - mangels jeglicher konkreten Begründung der Ratenanordnung durch das Landgericht kann der Senat hier nur mutmaßen - hat das Landgericht die in jener Erklärung in der Rubrik Mutterschaftsgeld genannte Summe von EUR 1.391,-- als Monatsbetrag angesetzt, aber übersehen, daß es sich bei dieser Summe ausweislich der von der Antragstellerin zu 1) in Kopie vorgelegten Bescheinigung der BPL S/I vom 14. August 2008 um den Gesamtbetrag des für die gesamte Zeit vom 21. Mai bis zum 4. September 2008 gezahlten Mutterschaftsgeldes handelt, dem nach jener Bescheinigung ein kalendertäglicher Zahlbetrag von EUR 13,-- und somit ein Monatsbetrag von EUR 390,-- entsprechen. Dafür, daß das Ergebnis des Landgerichts auf diesem Fehler, nämlich auf der fehlerhaften Annahme beruht, bei dem Betrag von EUR 1.391,-- handele es sich um den Monatsbetrag der Einkünfte, könnte es sprechen, daß sich in dem - nicht mit Blattzahlen versehenen - Sonderheft Prozeßkostenhilfe zur Prozeßakte vor der Urschrift des Beschlusses vom 3. September 2008 eine offenbar mittels eines Rechenprogramms erstellte, handschriftlich mit dem Wort "AKTUELL" überschriebene Berechnung findet, die in der ersten Zeile von einem "Bruttoeinkommen" von "1.391,00" und, hieran anknüpfend, einschließlich des in der zweiten Zeile angeführten Kindergeldes dann in der dritten Zeile von einer "Summe der Einkünfte" von "1.559,00" ausgeht und von diesem Ausgangspunkt schließlich zu einem anrechenbaren Einkommen von "710,00" und zu einer "PKH-Rate" von "300,00" kommt. Abgesehen davon, daß diese Berechnung schon deshalb zu einem unzutreffenden Ergebnis gelangt, weil sie auf einem fehlerhaften, aktenwidrig angenommenen Ausgangspunkt beruht, vermag eine derartige, irgendwo in der Akte abgeheftete, aber der betroffenen Partei nicht bekannt gegebene und insbesondere nicht zum Inhalt der - von den Mitgliedern der Kammer unterzeichneten - richterlichen Entscheidung gemachte Berechnung die erforderliche Begründung dieser Entscheidung nicht zu ersetzen.

Es erscheint daher angezeigt, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es erneut die Frage prüft, ob die Antragstellerin zu 1) Zahlungen aus dem Einkommen zu leisten hat und sein insoweit gefundenes Ergebnis - soweit es dem Begehren der Antragstellerin zu 1) nicht in vollem Umfang entspricht - nachvollziehbar begründet. Entscheidungsreif ist die Sache insoweit schon deshalb nicht, weil die Antragstellerin zu 1) in ihrer Erklärung vom 26. August 2008 eine neuerliche, mit Wirkung zum 1. Oktober 2008 eintretende Veränderung ihrer Einkommensverhältnisse ("Elterngeld ca. 700 Euro") ankündigt, diese Angabe indes nicht belegt hat, was jedoch inzwischen möglich sein müßte.

Für das weitere Verfahren weist der Senat die Antragstellerin zu 1) darauf hin, daß die von ihr geltend gemachten Zahlungen für Kreditverbindlichkeiten, soweit diese als bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens nach § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Berücksichtigung finden sollen, ordnungsgemäß zu belegen sind. Es obliegt dem Antragsteller, der um Prozeßkostenhilfe nachsucht, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu belegen, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Das Anerbieten der Eingabe der Antragstellerin vom 20. September 2008, das Gericht könne sich "bei der Kreissparkasse" erkundigen, genügt hierfür nicht. Auch hat die Antragstellerin zu 1) bei der Abgabe ihrer Erklärung vom 26. August 2008, nicht anders als bei früheren Erklärungen, den Erklärungsvordruck nur unvollständig ausgefüllt.

Der Senat hält es ferner für sachdienlich, das Landgericht darauf hinzuweisen, daß die Aktenführung seiner Geschäftsstelle zu beanstanden ist. Nach § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO dürfen die Erklärung einer Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die zugehörigen Belege dem Prozeßgegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden. Deshalb sieht die Aktenordnung vor, daß die entsprechenden Schriftstücke nicht zur Hauptakte, sondern zu einem Sonderheft (Beiheft) Prozeßkostenhilfe zu nehmen sind. Die Aktenführung des Landgerichts entspricht dieser Vorgabe nicht. Vielmehr sind einige Schriftstücke, welche die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin zu 1) betreffen, derzeit in der Hauptakte abgeheftet.

Die Feststellung, daß der angefochtenen Entscheidung und dem Nichtabhilfebeschluß des Landgerichts die erforderliche Begründung fehlt und sie deshalb auch keine hinreichende Grundlage für eine Überprüfung durch das Beschwerdegericht bilden, ist gleichbedeutend mit der Bejahung einer unrichtigen Sachbehandlung des Landgerichts im Sinne von § 21 Abs. 1 GKG. Etwa angefallene Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht sind deshalb nicht zu erheben.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den vorliegenden Beschluß sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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