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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.09.2000
Aktenzeichen: 2 W 244/99
Rechtsgebiete: InsO, HGB, AO, UStG, ZPO, GVG, StGB


Vorschriften:

InsO §§ 11 ff
InsO §§ 304 ff
InsO § 287
InsO § 304
InsO § 304 Abs. 1
InsO § 7 Abs. 3 Satz 1
InsO § 7 Abs. 1
InsO § 34 Abs. 1
InsO § 306 Abs. 3
InsO § 34 Abs. 2
InsO § 7 Abs. 2 Satz 1
InsO § 304 Abs. 2
HGB § 4 a.F.
AO § 141
UStG § 19 Abs. 1
ZPO § 575
GVG § 17 a Abs. 2
StGB § 203
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 244/99 3 T 399/99

Landgericht Hagen 101 IK 36/99 Amtsgericht Hagen

In der Beschwerdesache betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

über das Vermögen des Herrn Dr. G. G. F. aus I.,

an der hier beteiligt sind

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger sowie der Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn und Sternal

am 11. September 2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 11. September 1999 - 3 T 399/99 - wird zugelassen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners wird der Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 11. September 1999 - 3 T 399/99 - geändert und wie folgt neu gefaßt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluß des Amtsgerichts Hagen vom 25. Juli 1999 - 101 IK 36/99 - aufgehoben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde wird dem Amtsgericht Hagen übertragen.

Gründe

I.

Der Schuldner betreibt in H. eine Praxis als selbständiger Facharzt für Nuklearmedizin. Bis zum 31. Dezember 1997 betrieb er die Praxis gemeinsam mit Dr. A., seither führt er sie allein. Er beschäftigt als Angestellte drei Vollzeitkräfte, eine Teilzeitkraft, eine Auszubildende sowie zwei Mitarbeiter auf der Basis der DM 630,-- - Regelung.

Im ersten Quartal 1999 hatte der Schuldner etwa 1.100 Kassenpatienten, deren Krankenscheine zur Abrechnung eingereicht wurden. Je Krankenschein wird nach seinen Angaben ein Honorar von DM 128,-- gezahlt. Als Abschlagszahlung erhält er von der Kassenärztlichen Vereinigung DM 34.000,-- pro Monat. Darüber hinaus erwirtschaftet er aus Privatliquidationen monatlich DM 6.000,-- bis DM 7.000,--. Der Schuldner unterhält Konten bei der D. Bank AG in H. sowie bei der C.- und V. eG W.. Die Ansprüche aus seiner Tätigkeit als Kassenarzt und aus seinen Privatliquidationen hat er sicherungshalber an die D. B. abgetreten; die Betriebs- und Geschäftsausstattung ist an die Bank sicherungsübereignet worden. Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen hat der Schuldner mindestens 9 Gläubiger, die Forderungen von zusammen DM 820.652,48 geltend machen.

Mit Antrag vom 5. März 1999 hat der Beteiligte zu 2) beantragt, über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren gemäß den §§ 11 ff InsO zu eröffnen und vorgetragen, der Schuldner schulde nach dem Stand vom 3. März 1999 Einkommensteuer und steuerliche Nebenleistungen von zusammen DM 338.344,67. Die durchgeführten Vollstreckungsverfahren seien erfolglos geblieben. Der Schuldner sei nicht in der Lage, die Steuerrückstände zu begleichen, und habe seine Zahlungsunfähigkeit auch eingeräumt.

Der Schuldner hat mit Schriftsatz vom 31. März 1999 beantragt, den Antrag des Beteiligten zu 2) als unzulässig zurückzuweisen. Zugleich hat er hilfsweise beantragt, das Verbraucherinsolvenzverfahren gemäß den §§ 304 ff InsO zu eröffnen und ihm Restschuldbefreiung gemäß § 287 InsO zu gewähren. Der Schuldner hat geltend gemacht, der Beteiligte zu 2) verfolge mit dem Insolvenzantrag insolvenzfremde Zwecke. Wenn das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten zu 2) indes für zulässig halte, so komme nur eine Verfahrenseröffnung nach den §§ 304 ff InsO in Betracht. Er sei als Arzt Freiberufler und benötige keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Er unterhalte keine Finanz- und Lohnbuchhaltung und bilanziere nicht. Er beschäftige kein kaufmännisches Hilfspersonal. Vielmehr erledige eine der Sprechstundenhilfen die Abrechnungen. Er entspreche daher trotz des Honorarumsatzes von rund DM 640.000,-- pro Jahr dem gesetzlichen Bild des Minderkaufmanns. Da am Insolvenzverfahren nur 9 Gläubiger beteiligt seien, könne das Verbraucherinsolvenzverfahren vermutlich schriftlich abgewickelt werden. Zudem stehe keine Masse für ein betriebliches Insolvenzverfahren zur Verfügung, weil seine Honoraransprüche abgetreten seien und die Einrichtung der Praxis unpfändbar sei.

Der Beteiligte zu 2) ist den Anträgen des Schuldners entgegen getreten.

Durch Beschluß vom 17. Mai 1999 hat das Amtsgericht die Einholung eines schriftlichen Gutachtens darüber angeordnet, ob Tatsachen vorliegen, die den Schluß rechtfertigen, daß der Schuldner zahlungsunfähig ist, und ob eine kostendeckende Masse vorhanden ist. Zugleich ist der Sachverständige um Mitteilung gebeten worden, ob der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und ob sie als geringfügig anzusehen ist. In seinem Gutachten vom 5. Juli 1999 ist der von dem Amtsgericht beauftragte Sachverständige S. zu dem Ergebnis gelangt, der Schuldner übe "keine geringfügige wirtschaftlich selbständige Tätigkeit aus", so daß auf ihn nicht die Bestimmungen des Verbraucher-, sondern diejenigen des Regelinsolvenzverfahrens anzuwenden seien. Der Schuldner sei zahlungsunfähig. Eine die Kosten des Verfahrens deckende Vermögensmasse sei derzeit nicht vorhanden.

Durch Beschluß vom 25. Juli 1999 hat das Amtsgericht den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, da der Schuldner regelmäßig 6 Arbeitnehmer beschäftige und ein Jahresumsatz von DM 640.000,-- zu erwarten sei, könne seine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit nicht als geringfügig angesehen werden, so daß für ein Insolvenzverfahren nach den §§ 304 ff InsO kein Raum sei.

Gegen diesen Beschluß des Amtsgerichts, dessen den Beteiligten übermittelte Ausfertigungen das von der Urschrift abweichende Datum des 26. Juli 1999 tragen, hat der Schuldner mit einem am 2. August 1999 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, nach den von der Rechtsprechung zu § 4 HGB a.F. entwickelten Kriterien sei er als Minderkaufmann anzusehen. Ausschlaggebend für die Abgrenzung gemäß § 304 InsO sei ferner, daß es wegen seiner überschaubaren Vermögensverhältnisse und der geringen Zahl seiner Gläubiger hier zweckmäßig sei, ein vereinfachtes Verfahren nach den §§ 304 ff InsO durchzuführen. Der Einziehung seines Honorars durch einen Insolvenzverwalter stehe auch die ärztliche Schweigepflicht entgegen.

Durch Beschluß vom 21. September 1999 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und ausgeführt, das Amtsgericht habe den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß den §§ 304 ff InsO zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Vorliegend ergebe sich das Gesamtbild einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht als geringfügig anzusehen sei.

Der Beschluß vom 21. September 1999 ist dem Schuldner am 12. Oktober 1999 zugestellt worden. Mit einem am 21. Oktober 1999 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 18. Oktober 1999, in dem der angefochtene Beschluß des Landgerichts als "Entscheidung des Landgerichts Hagen vom 02. August 1999" bezeichnet wird, beantragt er, die weitere Beschwerde zuzulassen. Er ist der Auffassung, die Entscheidung des Landgerichts beruhe auf einer Verletzung des Gesetzes. Klärungsbedürftig seien die Fragen, ob alle Freiberufler grundsätzlich unter § 304 InsO fielen, weil sie keine Kaufleute seien, und ob die Weiterführung einer ärztlichen Praxis durch den Insolvenzverwalter im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens zulässig sei.

Der Beteiligte zu 2) tritt der weiteren Beschwerde entgegen. Er ist der Auffassung, auf den von § 304 Abs. 1 InsO erfaßten Bereich freiberuflicher Tätigkeit lasse sich das Leitbild des Minderkaufmanns nicht übertragen. Abgrenzungskriterien für diesen Bereich ergäben sich vielmehr aus den Regelungen des § 141 AO und des § 19 Abs. 1 UStG.

II.

1. Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 InsO in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6. November 1998 (GVBl. 1998, 550 = NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das von dem Schuldner eingelegte Rechtsmittel gegen den Beschluß des Landgerichts Hagen vom 21. September 1999 berufen.

2. Der Senat läßt das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO zu.

Das von dem Schuldner angebrachte Rechtsmittel ist statthaft. Es liegt eine dem Rechtsmittel der weiteren Beschwerde grundsätzlich zugängliche Ausgangsentscheidung des Landgerichts im Sinne von § 7 InsO vor (vgl. zu diesem Erfordernis BGH NJW 2000, 1869; Senat, NZI 1999, 198 [199]; Senat, NZI 2000, 130; Senat, NZI 2000, 367; BayObLG NZI 1999, 412 [413]; OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1999, 1653; Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 7, Rdn. 5). Der Schuldner wendet sich mit der weiteren Beschwerde - auch wenn die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz in seinem Schriftsatz vom 18. Oktober 1999 infolge eines offensichtlichen Schreibfehlers unzutreffend bezeichnet ist - gegen den Beschluß des Landgerichts vom 21. September 1999. Durch diesen Beschluß hat das Landgericht über die Erstbeschwerde des Schuldners gegen den - in seinen Ausfertigungen und im angefochtenen Beschluß des Landgerichts allerdings infolge eines weiteren Schreibfehlers mit einem abweichenden, unzutreffenden Datum bezeichneten - Beschluß des Amtsgerichts vom 25. Juli 1999 entschieden. Da durch diesen Beschluß der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens abgelehnt worden war, war gegen ihn gemäß § 34 Abs. 1 InsO für den Schuldner die sofortige Beschwerde gegeben (vgl. auch OLG Schleswig, NZI 2000, 164, das in einem solchen Fall eine sofortige Beschwerde "gemäß § 34 Abs. 1 InsO analog" für gegeben ansieht).

Die weitere Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden. In dem Antrag des Schuldners, dieses Rechtsmittel zuzulassen, und in seinem Ausführungen dazu, daß die angefochtene Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe, kommt zugleich der Wille zum Ausdruck, die Entscheidung des Landgerichts über die Erstbeschwerde mit der weiteren Beschwerde anzufechten.

Auch die übrigen Voraussetzungen der Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO sind der erfüllt. Der Schuldner macht geltend, daß die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe (§ 7 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Nachprüfung dieser Entscheidung ist auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die durch die weitere Beschwerde aufgeworfenen Fragen nach der Abgrenzung des Regel- von dem Verbraucherinsolvenzverfahrens sowie nach der Verfahrensweise, wenn der Gläubiger einen - auf die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens zielenden - Insolvenzantrag stellt und der Schuldner zusammen mit dem Antrag auf Zurückweisung des Eröffnungsantrages lediglich hilfsweise beantragt, das Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen, haben grundsätzliche Bedeutung.

3. Die weitere Beschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 7 Abs. 1 InsO, 550 ZPO). Das Landgericht hätte die Erstbeschwerde nicht zurückweisen dürfen, sondern den mit diesem Rechtsmittel angefochtenen Beschluß des Amtsgerichts aufheben müssen, weil die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, unter denen über den lediglich hilfsweise gestellten Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zu entscheiden ist, noch nicht eingetreten sind.

a) Die Insolvenzordnung regelt nicht ausdrücklich, wie zu verfahren ist, wenn ein Schuldner ausdrücklich einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens stellt, der nach der Auffassung des Insolvenzgerichts dem Anwendungsbereich des Regelinsolvenzverfahrens zuzuordnen ist, oder wenn umgekehrt das Insolvenzgericht die Anwendung der Bestimmungen über das Verbraucherinsolvenzverfahren für geboten hält, während der Schuldner die Durchführung des Verfahrens nach den Vorschriften über das Regelinsolvenzverfahren erstrebt. In Rechtsprechung und Schrifttum wird diese Frage nicht einheitlich beantwortet. Einer Auffassung zufolge hat eine Abgabe von Amts wegen in entsprechender Anwendung von § 17 a Abs. 2 GVG in die jeweils nach der Auffassung des Gerichts gegebene Verfahrensart zu erfolgen (vgl. AG Frankfurt, InVo 1999, 313; Bork, ZIP 1999, 301 [303]; Kögel, DZWiR 2000, 83 [85]). Nach anderer Meinung setzt diese Abgabe einen Antrag des Schuldners voraus (vgl. Kothe in Wimmer, Frankfurter Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 1999, § 304, Rdn. 29). Nach einer dritten Ansicht ist der Antrag in einem solchen Fall - nach Anhörung des Schuldners - als unzulässig zurückzuweisen, sofern nicht der Schuldner seinen Antrag durch Wahl der zutreffenden Verfahrensart umstellt (vgl. OLG Schleswig, NZI 2000, 164; AG Köln, NZI 1999, 241 [242]; Vallender/Fuchs/Rey, NZI 1999, 218 [219]; Wenzel in Kübler/Prütting, InsO, Stand: Februar 2000; § 304, Rdn. 2 d).

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an (so auch OLG Schleswig, a.a.O.). Eine analoge Anwendung des § 17 a Abs. 2 GVG kommt bei der hier gegebenen Fallgestaltung nicht in Betracht, weil nicht die Zuständigkeit verschiedener Gerichte oder - wenigstens - die funktionelle Zuständigkeit verschiedener Abteilungen desselben Gerichts betroffen ist, sondern die Unzulässigkeit eines in der falschen Verfahrensart gestellten Eigenantrages des Schuldners lediglich auf dem Fehlen einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung für das jeweilige Verfahren beruht (vgl. AG Köln und Wenzel, jeweils a.a.O.). Dadurch wird der Rechtsschutz des Schuldners nicht verkürzt. Vielmehr bleibt ihm die Möglichkeit, gegebenenfalls seine von der Auffassung des Insolvenzgerichts abweichende Ansicht zur Frage der richtigen Verfahrensart im Beschwerdeverfahren geltend zu machen.

Schließt sich der Schuldner der zunächst die Durchführung des Verfahrens in einer bestimmten Verfahrensart - als Regel- oder als Verbraucherinsolvenzverfahren - beantragt hatte, nach einem Hinweis des Gerichts auf die dessen Auffassung zufolge richtige Verfahrensart der Auffassung des Gerichts an und stellt er seinen Antrag entsprechend - ausdrücklich oder konkludent - um, so wird das Verfahren in der in dem Hinweis bezeichneten Verfahrensart fortgeführt (vgl. OLG Schleswig, a.a.O.; Wenzel, a.a.O.). Andernfalls ist der Antrag des Schuldners als unzulässig zurückzuweisen. Die auf die Wahl einer unzutreffenden Verfahrensart gestützte Ablehnung seines Insolvenzantrages kann der Schuldner nach § 34 Abs. 1 InsO mit der sofortigen Beschwerde anfechten und auf diese Weise zur Überprüfung durch das Landgericht und gegebenenfalls - nach § 7 Abs. 1 InsO - durch das Gericht der weiteren Beschwerde stellen, ob das Insolvenzgericht die von ihm gewählte Verfahrensart zu Recht als nicht einschlägig angesehen hat.

Im Ergebnis nichts anderes gilt in dem - hier gegebenen - Fall, daß der Insolvenzantrag von einem Gläubiger gestellt worden ist. Wird das Verfahren in diesem Fall von dem Insolvenzgericht nach den Bestimmungen über das Regelinsolvenzverfahren durchgeführt und deshalb dem Schuldner nicht Gelegenheit gegeben, den Antrag nach § 306 Abs. 3 InsO zu stellen, so kann er seine Auffassung, das Verfahren sei entsprechend den Bestimmungen über die Verbraucherinsolvenz durchzuführen, mit der Beschwerde nach § 34 Abs. 2 InsO gegen den Eröffnungsbeschluß geltend machen und diese Beschwerde darauf stützen, daß die Eröffnungsvoraussetzungen mangels Durchführung des Schuldenbereinigungsplanverfahrens nach den §§ 306 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 InsO (noch) nicht erfüllt seien.

b) Im Streitfall folgt aus der Bindung des Gerichts an den gestellten Antrag (vgl. OLG Schleswig und Wenzel, jeweils a.a.O.) indes, daß die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag des Schuldners vom 31. März 1999 noch nicht gegeben waren und sind. Der Schuldner hat diesen Antrag lediglich hilfsweise, nämlich lediglich für den Fall gestellt, daß dem Antrag des Beteiligten zu 2) auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens überhaupt entsprochen wird. Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist zwar - als das Verfahren in der Instanz einleitender Antrag - bedingungsfeindlich (vgl. LG Kassel, NJW-RR 1999, 1654; Kirchhof in Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 13, Rdn. 3). Er kann indes - allgemeiner Regel entsprechend - an eine innerprozessuale Bedingung geknüpft werden und deshalb hilfsweise für den Fall zur Entscheidung gestellt werden, daß dem die Durchführung des Insolvenzverfahrens betreffenden Hauptantrag nicht entsprochen werden sollte. Ebenso, wie der Schuldner deshalb den Antrag stellen kann, das Verbraucherinsolvenzverfahren, hilfsweise das Regelinsolvenzverfahren über sein Vermögen durchzuführen - oder umgekehrt -, kann er auch den Antrag auf Zurückweisung des Antrages eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens - wie im Streitfall - mit dem Hilfsantrag auf Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens verbinden.

Über einen unter eine solche innerprozessuale Bedingung gestellten Antrag kann indes nicht entschieden werden, ehe die Bedingung nicht eingetreten ist. Eine Entscheidung über einen derartigen Hilfsantrag kann daher nicht - wie hier indes geschehen - vor der Entscheidung über dem Hauptantrag getroffen werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 300, Rdn. 5), sondern nur gleichzeitig mit der Entscheidung über den Hauptantrag oder gegebenenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt.

Die Entscheidung des Amtsgerichts über den Hilfsantrag des Schuldners auf Durchführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens muß daher unter entsprechender Abänderung der angefochtenen Entscheidung aufgehoben werden. Eine Entscheidung in der Sache selbst kann der Senat aus den genannten Gründen noch nicht treffen, da die Voraussetzungen für die Entscheidung über diesen Antrag noch nicht eingetreten sind. Aus diesem Grunde muß auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde gemäß den §§ 575 ZPO, 4 InsO dem Amtsgericht übertragen werden, weil noch nicht feststeht, welche Seite im Ergebnis obsiegt.

c) Eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof nach § 7 Abs. 2 Satz 1 InsO ist nicht veranlaßt. Zwar vermag der Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig (a.a.O.) nicht beizupflichten, in den Fällen, in denen ein Antrag auf Eröffnung des Regel- oder Verbraucherinsolvenzverfahrens wegen Wahl der unzutreffenden Verfahrensart zurückgewiesen werde, sei eine sofortige Beschwerde analog § 34 Abs. 1 InsO gegeben. Vielmehr ist in derartigen Fällen § 34 Abs. 1 InsO seinem eindeutigen Wortlaut zufolge unmittelbar anwendbar. Einer analogen Anwendung dieser Bestimmung stände auch entgegen, daß § 6 Abs. 1 InsO die sofortige Beschwerde nur in den Fällen zuläßt, in denen das Gesetz sie ausdrücklich vorsieht (vgl. auch Senat, NZI 2000, 130 [131]). Diese Abweichung von der Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig veranlaßt indes deshalb keine Vorlage nach § 7 Abs. 2 Satz 1 InsO, weil die vorliegende Entscheidung nicht auf ihr beruht: Am Ergebnis, daß die Beschwerde in derartigen Fällen zulässig ist, ändert es nichts, ob dies aus einer unmittelbaren oder auf einer entsprechenden Anwendung des § 34 Abs. 1 InsO folgt. Eine Vorlage nach § 7 Abs. 2 Satz 1 InsO setzt jedoch voraus, daß die Entscheidung auf der Abweichung beruht (vgl. Senat, NZI 1999, 497 [499] mit weit. Nachw.; Kirchhof, a.a.O., § 7, Rdn. 37).

4. Der Senat hält es für sachdienlich, für das weitere Verfahren auf Folgendes hinzuweisen:

Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen seine Auffassung, daß die Bestimmungen der §§ 304 ff InsO über das Verbraucherinsolvenzverfahren vorliegend nicht anwendbar sind. Die Regelung des § 304 Abs. 2 InsO knüpft zwar an die Definition des Minderkaufmanns in § 4 HGB a.F. an. Damit wird indes weder der Anwendungsbereich des § 304 Abs. 2 InsO auf Minderkaufleute beschränkt (vgl. Fuchs, ZInsO 1999, 185; Scholz, DB 1996, 765), noch sind Freiberufler, wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Steuerberater allein deshalb, weil sie keine Kaufleute sind, stets und unabhängig von den wirtschaftlichen Gegebenheiten im Insolvenzfall stets nach den Regeln über die Verbraucherinsolvenz zu behandeln. Vielmehr können in größerem Umfang freiberuflich tätige Schuldner das Verfahren nach den §§ 304 ff nicht für sich in Anspruch nehmen (vgl. Döbereiner, JA 1996, 603 [604]; Fuchs, ZInsO 1999, 185 [186]). Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, können dabei die für den Bereich des Handelsrechts entwickelten Abgrenzungskriterien für diesen Personenkreis nur mit Einschränkungen herangezogen werden (vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl. 1998, Rdn. 29.15). In Betracht kommt hier insbesondere eine Abgrenzung nach den Regeln des § 141 AO (vgl. Fuchs, ZInsO 1999, 185 [186]; Klaas, ZInsO 1999, 545). In Anwendung dieser Kriterien ist das Landgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß hier die Bestimmungen der §§ 304 ff InsO nicht anwendbar sind.

Der Hinweis der weiteren Beschwerde auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 1991 und auf die Bestimmung des § 203 StGB veranlaßt keine andere Beurteilung. Daraus, daß nach dieser Entscheidung (BGHZ 116, 268 ff = VersR 1992, 448 ff) eine Bestimmung in einem Vertrag über die Veräußerung einer Arztpraxis, die den Veräußerer auch ohne Einwilligung des Patienten zur Übergabe der Patientenkartei an den Nachfolger verpflichtet, wegen Verstoßes gegen § 203 StGB und das Recht des Patienten auf informationelle Selbstbestimmung nichtig ist, folgt nichts gegen die Anwendung der Bestimmungen des Regelinsolvenzverfahrens im Fall der Insolvenz eines Arztes. Vielmehr sind Honorarforderungen von - gemäß § 203 StGB - zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen nach der Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NZI 1999, 191 [193]; vgl. auch Zöller/Stöber, a.a.O., § 829, Rdn. 33, Stichwort "Arzt") grundsätzlich pfändbar und unterliegen deshalb auch dem Insolvenzbeschlag. § 203 I StGB steht nämlich nur der "unbefugten" Offenbarung fremder Geheimnisse entgegen. Unbefugt handelt indes nicht, wer aufgrund besonderer Gesetze zur Offenbarung berechtigt oder verpflichtet ist (vgl. Senat, OLGR Köln 1993, 278 [281]; OLG Schleswig NJW 1985, 1090, 1092; Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, 24. Aufl. 1991, § 203 Rdn. 28).

Beschwerdewert : DM 5.000,--

Ende der Entscheidung

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