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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 27.03.2009
Aktenzeichen: 2 W 28/09
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 93
ZPO § 99 Abs. 2 S. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569 Abs. 1 S. 1
GKG § 44
GKG § 63 Abs. 2
GKG § 63 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 19. November 2008 wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Kostenentscheidung in dem Urteil des Einzelrichters der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. November 2008 - 27 O 397/07 - teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Beklagte 11 %, die Klägerin zu 1) 24 %, die Klägerin zu 2) 31 % und die Klägerin zu 3) 34 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) haben die Klägerin zu 1) in Höhe von 75 % und die Beklagte in Höhe von 25 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) haben die Klägerin zu 2) in Höhe von 90 % und die Beklagte in Höhe von 10 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3) trägt diese selbst.

2. Unter Abänderung der Festsetzung des Streitwerts in dem Teilanerkenntnis- und Kostenschlussurteil des Einzelrichters der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. November 2008 - 27 O 397/07 - wird der für die Berechnung der Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen auf 59.032,00 € festgesetzt.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerinnen zu 1) bis 3) in Höhe von 85 % und die Beklagte in Höhe von 15 %.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO i. V. m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, insbesondere innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt worden. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache ganz überwiegend Erfolg, weil das Landgericht die Beklagte zu Unrecht mit einer Kostenquote in Höhe von 75 % belastet hat.

1. Das Landgericht hätte im Hinblick auf die Zahlungsanträge die Anwendung des § 93 ZPO nicht insgesamt verneinen dürfen.

a) Die Beklagte hat in dem Schriftsatz vom 19. Mai 2008 die in dem vorangegangenen Schriftsatz der Klägerinnen vom 28. April 2008 gestellten Zahlungsanträge jedenfalls teilweise sofort anerkannt i. S. d. § 93 ZPO. Hinsichtlich des von der Klägerin zu 1) beanspruchten Betrages i. H. v. 18.484,00 € belief sich das Anerkenntnis der Beklagten auf einen Betrag i. H. v. 12.428,00 €, hinsichtlich des von der Klägerin zu 2) geltend gemachten Betrages in Höhe von 20.274,00 € liegt ein Anerkenntnis in Höhe von 17.774,00 € vor. Den von der Klägerin zu 3) geltend gemachten Betrag i. H. v. 20.274,00 € hat die Beklagte in dem Schriftsatz vom 19. Mai 2008 - abgesehen von dem kostenrechtlich zu vernachlässigenden Zinsanspruch - in vollem Umfang anerkannt.

b) Hinsichtlich dieser - sofort - anerkannten Zahlungsbeträge hatte die Beklagte entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Es hätte den Klägerinnen nach Auskunftserteilung durch die Beklagte oblegen, den Zahlungsanspruch, der ihnen nach ihrer Auffassung zustand, zu beziffern und zunächst die Beklagte außerprozessual zur Zahlung aufzufordern. Dass die Beklagte nur im gerichtlichen Wege bereit gewesen wäre, den den Klägerinnen zustehenden Pflichtteilsanspruch zu erfüllen, ist nicht dargetan. Die Beklagte hat bereits unmittelbar nach Zustellung der Stufenklage sowohl den Auskunftsantrag als auch den - noch nicht bezifferten - Leistungsanspruch anerkannt und damit hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, grundsätzlich zu einer Zahlung bereit zu sein. Dass die Beklagte - wie das Landgericht in der angegriffenen Kostenentscheidung bzw. den Nichtabhilfebeschluss ausführt - selbst in der Lage war, den ihrer Ansicht nach zutreffenden Pflichtteilsbetrag zu berechnen, entband die Klägerinnen nicht vor einer außerprozessualen Zahlungsaufforderung. Die Beklagte hatte auch die von ihr erbetene Auskunft nicht verweigert, sondern - im Gegenteil - den Auskunftsanspruch nach Zustellung der Klage sofort anerkannt, so dass zumindest im Hinblick auf die Auskunftsstufe auch das Landgericht die Voraussetzung des § 93 ZPO bejaht. Bei dieser Sachlage hätten die Klägerinnen aber vor dem Übergehen auf die Leistungsstufe die Beklagte zur Zahlung auffordern müssen, wollten sie die Kostenfolge des § 93 ZPO vermeiden.

2. Der Umstand, dass das Landgericht hiernach das Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 ZPO im Hinblick auf die Zahlungsanträge zu Unrecht verneint hat, bedeutet allerdings nicht, dass die Klägerinnen die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hätten, wie dies dem mit der Beschwerde geltend machten Begehren der Beklagten entspricht. Die Klageansprüche der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) hat die Beklagte in dem bereits erwähnten Schriftsatz vom 19. Mai 2008 nur teilweise, nämlich in Höhe eines Betrages von 12.428,00 € bzw. i. H. v. 17.774,00 € anerkannt. Die Differenzbeträge i. H. v. 6.056,00 € bezüglich der Klägerin zu 1) sowie i. H. v. 2.500,00 € bezüglich der Klägerin zu 2) hat die Beklagte erst in dem Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 4. November 2008 anerkannt, während sie insoweit in dem Schriftsatz vom 19. Mai 2008 noch Klageabweisung beantragt hatte. Damit erweist sich ihr Anerkenntnis in diesem Umfang nicht als "sofortiges" i. S. d. § 93 ZPO. In diesem Umfang hat sie deshalb auch gemäß § 91 ZPO die Kosten zu tragen.

3. Bei der hiernach neu zu treffenden Kostenentscheidung ist nach den Grundsätzen der Baumbach'schen Kostenformel zwischen den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Parteien zu differenzieren. Wegen der unterschiedlichen Obsiegens- bzw. Unterliegensquote der Klägerinnen ist darüber hinaus zwischen den einzelnen Streitverhältnissen zu unterscheiden. Dies führt zu der im Tenor aufgeführten Kostenentscheidung, die auf folgenden Gesichtspunkten beruht:

a) Bezogen auf den (fiktiven) Gesamtstreitwert unterliegt die Beklagte i. H. v. 11 %, so dass sie 11 % der Gerichtskosten und ebenfalls 11 % ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat. Die Beklagte unterliegt in kostenmäßiger Hinsicht nur insoweit, als sie bezüglich der Klage der Klägerin zu 1) in Höhe eines Betrages von 6.056,00 € und bezüglich der Klägerin zu 2) in Höhe eines Betrages von 2.500,00 € das Anerkenntnis verspätet abgegeben hat. Dies ergibt einen Verlustbetrag in Höhe von 8.556,00 €. Demgegenüber ist hinsichtlich der übrigen Anträge von einem Obsiegen der Beklagten auszugehen. Dies gilt auch für die ersten beiden Stufen der Stufenklage, die das Landgericht - isoliert betrachtet - in dem angegriffenen Urteil zutreffend mit 15.000,00 € (Auskunft) bzw. 1.500,00 € (eidesstattliche Versicherung) bewertet hat. Auch wenn diese Stufen gemäß § 44 GKG für die Berechnung der Gerichtsgebühren keine Rolle spielen, sind sie im Rahmen der Kostenentscheidung durch Bildung eines sogenannten fiktiven Streitwertes zu berücksichtigen. Addiert man hiernach die Einzelstreitwerte i. H. v. 15.000,00 €, 1.500,00 €, 18.484,00 €, 20.274,00 € sowie 20.274,00 €, ergibt sich ein fiktiver Streitwert i. H. v. 75.532,00 €. Bei einem Verlust i. H. v. 8.556,00 € trägt die Beklagte deshalb 11 % der Gerichtskosten und ihrer außergerichtlichen Kosten.

b) Von den übrigen Gerichtskosten sowie den übrigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Klägerin zu 1) 24 %, die Klägerin zu 2) 31 % und die Klägerin zu 3) 34 % zu tragen. Die Klägerin zu 1) unterliegt nämlich bezüglich des Auskunftsantrages und der eidesstattlichen Versicherung (anteilige Beträge von 5.000,00 € und 500,00 €) sowie hinsichtlich des Zahlungsantrages in Höhe eines Betrages von 12.428,00 €. In Höhe des zuletzt genannten Betrages liegt ein sofortiges Anerkenntnis der Beklagten vor. Addiert man diese Beträge, ergibt sich eine Summe i. H. v. 17.928,00 €, die in Bezug gesetzt zu dem fiktiven Gesamtstreitwert die Quote von 24 % ergibt. Die Klägerin zu 2) unterliegt i. H. v. 5.000,00 €, 500,00 € sowie - auch insoweit wegen des sofortigen Anerkenntnisses der Beklagten - i. H. v. weiteren 17.774,00 €. Dies ergibt einen Gesamtunterliegensbetrag i. H. v. 23.274,00 €, so dass in Bezug auf den fiktiven Gesamtstreitwert 31 % verbleiben. Die Klägerin zu 3) unterliegt in Höhe eines Gesamtbetrages von 25.774,00 € (5.000,00 € + 500,00 € + 20.274,00 € sofortiges Anerkenntnis). Dies ergibt die angegebene Quote in Höhe von 34 %.

c) Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen zu 1) bis 3) ist auf ihr jeweiliges Verhältnis zu der Beklagten abzustellen. Da die Klägerin zu 1) im Verhältnis zur Beklagten streitwertmäßig mit 23.984,00 € beteiligt ist (5.000,00 € + 500,00 € + 18.484,00 €), beträgt ihr Verlust 75 % (17.928,00 : 23.984,00). Im Verhältnis der Beklagten zur Klägerin zu 2) steht ein Betrag i. H. v. 25.774,00 € in Rede (20.274,00 + 5.000,00 + 500,00). Setzt man den Unterliegensbetrag der Klägerin zu 2) i. H. v. 23.274,00 € zu diesem Betrag in Bezug, ergibt sich ihre Verlustquote i. H. v. 90 %. Schließlich steht zwischen der Klägerin zu 3) und der Beklagten ebenfalls ein Betrag i. H. v. 25.774,00 € im Streit. Da die Klägerin zu 3) insoweit in vollem Umfang unterliegt, hat sie konsequenterweise ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, wobei das geringfügige Obsiegen hinsichtlich des Zinsanspruches gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unberücksichtigt zu bleiben hat.

4. Die von dem Senat gemäß § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen vorgenommene Festsetzung des Streitwertes der ersten Instanz ist deshalb geboten, weil die Streitwertbestimmung in dem Urteil zumindest missverständlich ist und auch bereits zu einer unzutreffenden Gerichtskostenrechnung geführt hat. Das Landgericht weist zwar zutreffend auf die hier einschlägige Vorschrift des § 44 GKG hin, wonach nur der höchste Streitwert, nämlich der Leistungsstufe, für die Streitwertberechnung maßgeblich ist. Es fehlt jedoch an der konkreten Angabe, wie hoch der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert - nur darum geht es im Rahmen einer Streitwertfestsetzung gem. § 63 Abs. 2 GKG - tatsächlich sein soll. Der Kostenbeamte legt ausweislich der Kostenrechnung vom 18. März 2009 einen Betrag i. H. v. - lediglich - 20.274,00 € der Kostenrechnung zugrunde. Geboten ist demgegenüber eine Addition der jeweiligen Leistungsanträge. Addiert man die Zahlungsanträge der Klägerin zu 1) in Höhe von 18.484,00 € , der Klägerin zu 2) in Höhe von 20.274,00 € sowie der Klägerin zu 3) in Höhe von 20.274,00 €, errechnet sich der von dem Senat festgesetzte Streitwert i. H. v. 59.032,00 €.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor.

Beschwerdewert: Kosteninteresse

Ende der Entscheidung

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