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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 12.06.2006
Aktenzeichen: 2 W 49/06
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, KostO


Vorschriften:

ZPO § 3
GKG § 41
KostO § 24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 49/06

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Richter am Oberlandesgericht Sternal als Einzelrichter

am 12. Juni 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 4. Mai 2006 wird die Wertfestsetzung des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln in dem Urteil vom 9. Februar 2006 - 17 O 352/04 - geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird auf 63.065,44 € festgesetzt. Hiervon entfallen auf Klage 52.800,00 € und auf die Widerklage 10.256,44 €.

Gründe:

1.

Das Landgericht hat den Streitwert für die Klage, ausgehend von dem monatlichen Mietwert des Hauses von 400,00 €, auf 5.000,00 € und für die Widerklage auf 10.256,44 € festgesetzt. Gegen die Wertfestsetzung für die Klage wenden sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit ihrer Beschwerde vom 4. Mai 2005, mit der sie eine Erhöhung des (Gebühren-)Streitwertes erstreben.

2.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Streitwert der Klage auf Bestellung eines lebenslänglichen Wohnrechts bestimmt sich nicht nach dem einjährigen Nutzungsentgelt. Die von dem Landgericht zugrunde gelegte Bestimmung des § 41 Abs. 1 GKG, wonach dann, wenn das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig ist, höchstens der einjährige Zins für die Wertberechnung maßgebend ist, ist hier nicht, auch nicht entsprechend anwendbar.

Der dieser Vorschrift zugrunde liegende Gedanke, nämlich die Privilegierung von Gegenstandswerten betreffend Miet- oder mietähnliche Verhältnisse zur Vermeidung von wirtschaftlichen Barrieren für Streitigkeiten um entgeltlich überlassenen Wohnraum (vgl. Schneider, Streitwertkommentar, 11. Auflage 1996, Rn. 5104), passt nicht für das vorliegend verfolgte Begehren des Klägers. Es handelt sich hier nicht um ein mit Gegenleistungspflichten des Mieters oder eines sonstigen Wohnungsinhabers verbundenen Recht. Die vorliegende Klage war auf die Einräumung eines lebenslänglichen Wohnrechts gerichtet: Die Erblasserin, Frau J X, hatte dem Kläger durch handschriftliches Testament vom 5. Juli 2001 ein lebenslanges Wohnrecht in dem Haus in B eingeräumt. Ein solches Vermächtnis begründet lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Bedachten (Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Auflage 206, § 2174 Rn. 1). Zur Bestellung des dinglichen Rechts bedarf es gemäß § 873 Abs. 1 BGB der dinglichen Einigung und der Eintragung des Rechts im Grundbuch. Auf diese Einigung zielte der Sache nach die Klage, die auf die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung und Eintragung des Rechts in das Grundbuch gerichtet war. Bei einem Streit um solche Wohnrechte ist der Wert nach § 3 ZPO zu bestimmen (Senat, Beschluss vom 31. Juli 2002, 2 W 84/02; Senat, Beschluss vom 28. August 2003, 2 W 129/02; OLG Köln [9. Zivilsenat], JMBl. 1968, 177; OLG Frankfurt, OLGR 1995, 132; Schneider, aaO, Rn. 5108 m.w.N.).

Im Rahmen des § 3 ZPO ist hinsichtlich des Interesses des Klägers einerseits zu berücksichtigen, dass er an der grundbuchlichen Sicherung eines unentgeltlichen Wohnrechts ein höheres Interesse hat als an der eines entgeltlichen, denn es bringt ihm größere wirtschaftliche Vorteile, weshalb der Gegenstandswert den als untere Grenze zu betrachtende einfache Jahresmietwert im Regelfall deutlich überschreiten muss (OLG Frankfurt, OLGR 1995, 132). Diese Auffassung wird auch von dem OLG Naumburg in der von Beschwerdeerwiderung herangezogene Entscheidung (OLGR 2001, 131) vertreten. Nur für den dort entschiedenen Sonderfall hat es im Rahmen des § 3 ZPO den Rechtsgedanken des § 16 GKG a.F. (= nunmehr § 41 GKG) entsprechend herangezogen, da nach der Auffassung des dortigen Gerichts eine besondere Fallgestaltung vorlag, auf die der soziale Schutzzweck dieser Norm heranzuziehen war.

Anhaltspunkte für den Rahmen der Ausübung des Ermessens bietet die Vorschrift des § 24 KostO (OLG Köln [9. Zivilsenat], JMBl. 1968, 177; Anders/Gehle, Streitwert-Lexikon, 4. Auflage 2002, Stichwort "Wohnrecht" Rn. 1; Stichwort "Dienstbarkeit" Rn. 4). Die dort vorgenommenen Differenzen können auf jeden Fall dann herangezogen werden, wenn - wie hier - nicht nur die Erteilung der Eintragungsbewilligung, sondern die Einräumung des Rechts insgesamt im Streit ist.

Bei der Bewertung ist damit vom Wert des Wohnrechts auszugehen, welches der Kläger mit 400,00 € pro Monat beziffert. Zur Ermittlung des Gesamtwertes des Rechts ist sein Jahreswert mit einem Faktor zu vervielfältigen, der aus einer entsprechenden Anwendung der Tabelle des § 24 Abs. 2 KostO zu entnehmen ist. Der Kläger war in dem für die Bewertung maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs der Klage (§§ 4 Abs. 1 ZPO, 12 Abs. 1 GKG) 64 Jahre alt. Bei einem hier anzusetzenden Lebensalter von über 55 bis zu 65 Jahren ist nach der genannten Tabelle der 11-fache Betrag des Wertes der einjährigen Nutzung in Ansatz zu bringen. Hieraus errechnet sich der Wert des Nießbrauchs mit (4.800,00 € x 11) 52.800,00 €.

Die Privilegierung des § 24 Abs. 3 KostO, wonach bei den Rechten für Angehörigen der Wert höchstens das Fünffache des einjährigen Bezugs beträgt, ist hier nicht entsprechend heranzuziehen. Diese Vergünstigung greift nur ein, wenn zwischen allen Berechtigten und allen Verpflichteten das in Abs. 3 vorausgesetzte besondere persönliche Verhältnis besteht (vgl. nur Schwarz in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Auflage 2005, § 24 Rn. 70), was hier indes nicht der Fall ist.

Zusammen mit dem Wert für die Widerklage ergibt dies den vom Senat festgesetzten Gesamtstreitwert.

2.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die Regelung des § 68 Abs. 3 GKG nicht veranlasst. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt gemäß den §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 4 GKG nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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