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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.04.2000
Aktenzeichen: 2 Wx 17/00
Rechtsgebiete: BGB, HGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 181
HGB § 161 Abs.
HGB § 108 Abs. 2
HGB § 29 2. Halbsatz a.F
FGG § 27 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 16/00 2 Wx 17/00 89 T 4/00 89 T 5/00 Landgericht Köln HR A 555 AG Wermelskirchen

In der Handelsregistersache

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger sowie der Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn und Sternal am 7. April 2000

beschlossen:

Tenor:

1.

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 10. März 2000 wird der Beschluß der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 25. Februar 2000 - 89 T 4/00 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 11. Februar 2000 wird der ihn betreffende Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Wermelskirchen vom 2. Februar 2000 - HR A 555 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Einspruch des Beteiligten zu 1) gegen die Verfügung vom 7. Dezember 1999 wird für begründet erklärt.

Die Festsetzung eines Zwangsgelds von 200,00 DM sowie die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 500,00 DM werden aufgehoben

2.

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 10. März 2000 wird der Beschluß der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 25. Februar 2000 - 89 T 5/00 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 11. Februar 2000 wird der ihn betreffende Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Wermelskirchen vom 2. Februar 2000 - HR A 555 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Der Einspruch des Beteiligten zu 2) gegen die Verfügung vom 7. Dezember 1999 wird für begründet erklärt.

Die Festsetzung eines Zwangsgelds von 200,00 DM sowie die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 500,00 DM werden aufgehoben

Gründe

1.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 9. Februar 1999 haben die Beteiligten die "Tischlerei G.H. GmbH & Co. KG" zur Eintragung ins Handelsregister des Amtsgerichts Wermelskirchen angemeldet. Beteiligt an dieser Gesellschaft sind die "G.H. Verwaltungs GmbH", vertreten durch die Geschäftsführer G.H. und T.G., als persönlich haftende Gesellschafterin, und die Herren G.H. und T.G. als jeweilige Kommanditisten.

In dem notariell beglaubigen Eintragungsantrag vom 29. Januar 1999 heißt es:

"Die Geschäftsführer der oben genannten GmbH zeichnen ihre Namensunterschriften wie folgt:"

Es folgen anschließend die Unterschriften der beiden Beteiligten.

Weiter heißt es:

"Bei der Unterzeichnung dieser Handelsregisteranmeldung handeln Herr G.H. und Herr T.G. jeweils im eigenen Namen als Kommanditisten und als einzelvertretungsberechtigte, von den Beschränkungen des § 181 BGB allgemein befreite Geschäftsführer für die oben genannte GmbH.

..... "

Anschließend folgen wiederum die Unterschriften der beiden Beteiligten ohne jeden Namenszusatz.

Das Registergericht hat die Kommanditgesellschaft am 12. April 1999 in das Handelsregister eingetragen. Mit Verfügung vom 5. Oktober 1999 hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Wermelskirchen die Beteiligten zur Vervollständigung der Zeichnung mit der Begründung aufgefordert, die Geschäftsführer der GmbH hätten als persönlich haftende Gesellschafterin der KG sowohl die Firma der KG, die Firma der GmbH sowie ihre Namensunterschrift zu zeichnen. Nachdem die Beteiligten eine Ergänzung der Zeichnung abgelehnt hatten, hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 7. Dezember 1999 die Aufforderung wiederholt und zugleich die Verhängung eines Zwangsgeldes angedroht. Auf den hiergegen von dem Bevollmächtigten der Beteiligten mit Schriftsatz jeweils eingelegten Einspruch vom 14. Dezember 1999 hat die Rechtspflegerin einen Erörterungstermin bestimmt, zu dem weder die Beteiligten noch ihr Bevollmächtigter erschienen sind.

Im Anschluß an den Erörterungstermin hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Einsprüche durch Beschlüsse vom 2. Februar 2000 verworfen und gegen die Beteiligten jeweils ein Zwangsgeld von 200,00 DM festgesetzt und zugleich durch Verfügung den Beteiligten unter jeweiliger Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 500,00 DM aufgegeben, innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung dieser Verfügung eine ordnungsgemäße Firmenzeichnung einzureichen oder die Unterlassung mittels Einspruch zu rechtfertigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach §§ 161 Abs. 2 108 Abs. 2 HGB hätten die Gesellschafter, die die Gesellschaft vertreten sollen, ihre Namensunterschriften unter Angabe der Firma zur Aufbewahrung bei Gericht zu zeichnen. Die Zeichnung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, da über der Unterschrift nicht die vertretene Firma bezeichnet sei.

Die gegen die Beschlüsse von den Beteiligten eingelegten sofortigen Beschwerden vom 11. Februar 2000 hat die 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln durch Beschlüsse vom 23. Februar 2000 - 89 T 4/00 und 89 T 5/00 - zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit den am 14. März bei Gericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerden vom 10. März 2000. Sie berufen sich darauf, daß es seit der Neuregelung des § 108 Abs. 2 HGB nicht mehr erforderlich sei, bei der Anmeldung unmittelbar über den Unterschriften die Firma der Kommanditgesellschaft anzugeben. Es reiche, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebe, welche Firma durch den jeweiligen Unterzeichner vertreten wird.

2.

Die gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthaften, in rechter Form (§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 FGG) und Frist (§§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 2, 139 Abs. 1 FGG) eingelegten weiteren Beschwerden sind begründet.

Die landgerichtlichen Entscheidungen (89 T 4/00 und 89 T 5/00) halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 FGG, 550 ZPO). Das Landgericht hätte die Beschlüsse des Amtsgerichts über die Festsetzung von Zwangsgeld nicht bestätigen dürfen. Entgegen der Ansicht der Rechtspflegerin beim Registergericht ist es nicht erforderlich, daß die zu hinterlegende Unterschrift in der Weise gezeichnet wird, daß der Namensunterschrift die Firma hinzuzufügen ist.

Für den Anwendungsbereich des §§ 161 Abs. 2, 108 Abs. 2 HGB a.F. wurde von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur für erforderlich gehalten, daß bei einer Handelsregisteranmeldung der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH zunächst die Firma der GmbH & Co. KG, dann die Firma der Komplementär-GmbH und zuletzt seine eigene Unterschrift zu zeichnen hätte (vgl. z.B.: BayObLG, BB 1972, 1525; BayObLG, NJW 1988, 2051 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; OLG Hamm, OLGZ 1983, 257 [264 f.]; OLG Saarbrücken, OLGZ 1977, 294 [295 f.]; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, Teil B, 13. Auflage 1997, § 41 BeurkG Rdnr. 10; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Auflage 1995, Anh. § 177a Anm. II 1B; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Auflage 1996, § 108 Rdnr. 13; a.A.: OLG Celle, OLGZ 1979, 310 [311 f.]; OLG Celle, OLGR 1994, 237 [238]).

Begründet wurde dieses Erfordernis damit, daß die Rechtsprechung die eindeutige gesetzliche Regelung nicht abändern könne (OLG Frankfurt, BB 1974, 59) und die herrschende Auffassung dem Grundsatz der Rechtssicherheit entspreche. Die Einsicht in das Handelsregister sowie in die zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke sei jedem gestattet (§ 9 Abs. 1 HGB). Diese ermögliche demnach auch die Nachprüfung der Firmenzeichnung. Die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH könnten aber im Handelsverkehr wahlweise mit der Firma der GmbH & Co. KG und mit derjenigen der GmbH zeichnen. Durch die beim Registergericht hinterlegte Firmenzeichnung müsse die Nachprüfung gewährleistet sein, daß Auskunft über sämtliche Möglichkeiten der Firmenzeichnung durch die dazu berufenen Personen erlangt werden könne (BayObLG, NJW 1988, 2051; Hennerkes/Binz, Die GmbH & Co., 7. Auflage 1984, S. 181).

Gegen diese Auffassung ist wegen der Wandlung der Gepflogenheiten im Geschäftsverkehr in der Literatur vermehrt Kritik geäußert worden (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Auflage 1995, § 53 Rdnr. 5; Heymann/Sonnenschein, HGB, 2. Auflage 1995, § 53 Rdnr. 9; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, Teil B, 13. Auflage 1997, § 41 BeurkG, Rdnr. 1 FN. 1). Die gemäß §§ 29 2. Halbsatz HGB a.F., 53 Abs. 2 bzw. 108 Abs. 2 HGB a.F. notwendige Zeichnung der Firma wurde als sinnlos gewordener Zopf (Jansen, FGG, 2. Auflage 1971, § 41 BeurkG Rdnr. 1) bzw. überflüssige Erschwerung (Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Auflage 1973, § 53 Rdnr. 8) bezeichnet; sie sei seit langem bloßer Selbstzweck (Huhn/von Schuckmann, BeurkG, 3. Aufalge 1995, § 41 Rdnr. 1). Im heutigen Geschäftsverkehr finde fast keine handschriftliche Zeichnung der Firma mehr Anwendung. Sie werde vielmehr im Briefkopf aufgedruckt, maschinenschriftlich auf Dokumenten verzeichnet oder aufgestempelt. Deshalb komme ein Vergleich mit der handschriftlichen Firmenzeichnung, die im Handelsregister aufbewahrt wird, nicht in Betracht. In der Rechtsprechung wurde daher teilweise im Hinblick auf eine praxisgerechte Ausgestaltung des Anmeldeverfahrens die in §§ 29 2. Halbsatz bzw. 108 Abs. 2 HGB für die Personengesellschaften des Handelsrechts enthaltene Regelung eher restriktiv als extensiv angewendet (z.B. OLG Celle, OLGZ 310 [311 f.]; OLG Celle, OLGR 1994, 237 [238]; LG Frankfurt, NJW 1973, 806 [807]; zustimmend Baumgart, DNotZ 1979, 761).

Diesem Wandel der Gepflogenheiten im geschäftlichen Verkehr und der in Schrifttum und teilweise auch in der Rechtsprechung gegen die bisherige Praxis erhobenen Bedenken hat der Gesetzgeber durch die Neuregelung der §§ 29 2. Halbsatz, 108 Abs. 2 HGB durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 (BGBl. I, S. 1474) Rechnung getragen (vgl. BT-Drs 13/8444, S. 57 zu Nummer 16 [§ 29 Halbsatz 2 HGB]; S. 64 zu Nummer 26 [108 Abs. 2 HGB]; Keidel/Kuntze/Winkler, BeurkG, 14. Auflage 1999, § 41 Rdnr. 1). Auf die Hinterlegung der handschriftlichen Firmenzeichnung beim Registergericht soll künftig verzichtet werden, um in der Praxis "überflüssige Schreibübungen" (so BT-Drs 13/8444, S. 57 zu Nummer 16 [§ 29 Halbsatz 2 HGB] zu vermeiden. Das Gesetz verlangt nicht mehr, daß die Gesellschafter die Firma nebst ihrer Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gericht zu zeichnen haben (so § 108 Abs. 2 HGB a.F.); vielmehr reicht die Zeichnung der Namensunterschrift unter Angaben der Firma aus (§ 108 Abs. 2 HGB n.F.).

Der vom Registergericht geforderte Zusatz der Firma in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Zeichnung der Namensunterschrift ist nicht erforderlich. Eine entsprechende Notwendigkeit ergibt sich weder aus dem Wortlaut des neugefaßten § 108 Abs. 2 HGB noch aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs 13/8444, S. 64, zu Nummer 26 [§ 108 Abs. 2 HGB]). Der Gesetzgeber hat vielmehr ausdrücklich offen gelassen, wie die Angabe der Firma zu erfolgen hat. Der nach allgemeiner Ansicht mit der Zeichnungspflicht verfolgte Zweck, eine möglichst sichere Grundlage für eine etwaige Prüfung der Echtheit der Unterschriften im Geschäftsverkehr zu schaffen (vgl. hierzu: Ensthaler/Nickel, GK-HGB, 6. Auflage 1999, § 12 Rdnr. 6, § 29 Rdnr. 3; § 53 Rdnr. 4; § 108 Rdnr. 5), macht es ebensowenig notwendig, die Angabe der Firma unmittelbar bei der Unterschriftszeichnung zu verlangen. Es genügt die eindeutige Bezeichnung der Firma in der Handelsregisteranmeldung. Hierdurch ist gewährleistet, daß aus dem beim Handelsregister hinterlegten Schriftstück eine eindeutige Zuordnung der Namensunterschrift zu der Firma möglich ist, für die der Unterzeichner vertretungsberechtigt sein soll (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, BeurkG, 14. Auflage 1999, § 41 Rdnr. 12a).

Diesen Grundsätzen wird die von den Beteiligten mit Schriftsatz vom 9. Februar 1999 beim Registergericht eingereichte Anmeldung vom 29. Januar 1999 gerecht. Die Beteiligungs- und Vertretungsverhältnisse der angemeldeten Firma werden im einzelnen aufgeführt. Zugleich enthält die Handelsregisteranmeldung den ausdrücklichen Hinweis darauf, daß die Beteiligten bei der Unterzeichnung jeweils im eigenen Namen als Kommanditisten und als einzelvertretungsberechtigte, von den Beschränkungen des § 181 BGB allgemein befreite Geschäftsführer der GmbH handeln.

3.

Eine Vorlage der weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2 FGG ist nicht veranlaßt. Der Senat weicht bei der Auslegung des 108 Abs. 2 HGB n.F. weder von einer auf eine weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts noch von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab. Der Umfanges der Zeichnungspflicht einschließlich des Erfordernisses der "Angabe der Firma" bei der Anmeldung einer GmbH & Co. KG ist nach der Neufassung des § 108 Abs. 2 HGB - soweit erkennbar - bisher nicht Gegenstand einer ober- oder höchstrichterlichen Entscheidung gewesen. Die vorstehend angesprochenen Rechtsauffassungen anderer Oberlandesgerichte sind zu der Rechtslage vor der Änderung des § 108 Abs. 2 HGB durch das Handelsregisterreformgesetz vom 22. Juni 1998 (BGBl. I, S. 1474) ergangen. Gerade durch die Neufassung dieser Bestimmung sollten die von der Rechtsprechung gestellten, indes nicht mehr praxisgerechten Anforderungen geändert werden (BT-Drs 13/8444, S. 57 zu Nummer 16 [§ 29 Halbsatz 2) HGB).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, weil dem jeweiligen Beteiligten in dem jeweiligen Beschwerdeverfahren kein Gegner gegenübersteht.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerden: jeweils 200,00 DM



Ende der Entscheidung

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