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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.09.2000
Aktenzeichen: 22 U 94/00
Rechtsgebiete: BGB, VOB/B, ZPO


Vorschriften:

BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 191
BGB § 201
VOB/B § 16
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

22 U 94/00 5 O 12/99 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 12.09.2000

Verkündet am 12.09.2000

Reisenauer, JAng. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller, die Richterin am Oberlandesgericht Eickmann-Pohl und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Törl

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14. März 2000 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 12/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit kann auch geleistet werden durch Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes mit Sitz in Deutschland.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung restlichen Werklohns aus einem VOB-Bauvertrag in Anspruch.

Sie führte bis 1993 im Auftrag des Beklagten Isolier- und Wärmedämmarbeiten an einer Schule für Körperbehinderte in B.-H. durch. Ihre Schlußrechnung vom 08.08.1995 beläuft sich auf 167.026,56 DM. Der Beklagte leistete eine Abschlagszahlung von 38.157,85 DM, Schlußzahlung von 30.142,72 DM und nach Widerspruch der Klägerin und weiterer Überprüfung eine letzte Zahlung von 16.133,42 DM.

Im vorliegenden Prozeß begehrt die Klägerin Zahlung weiterer 82.592,58 DM nebst Zinsen.

Auf Antrag der Klägerin vom 30.12.1996 ist am 03.01.1997 ein Mahnbescheid über 65.977,13 DM gegen den Beklagten ergangen. Darin ist die Hauptforderung bezeichnet mit "Lagerkosten gemäß Aufstellung vom 08.08.1995". Der Beklagte hat hiergegen Widerspruch eingelegt. Die Einzahlung der vom Mahngericht angeforderten weiteren Kostenvorschüsse ist Ende 1998 erfolgt. Daraufhin ist die Sache an das Landgericht Köln abgegeben worden.

Im Verhandlungstermin vom 14.09.1999 vor der Kammer hat die Klägerin einen Klageantrag nicht gestellt. Daraufhin ist auf Antrag des Beklagten Versäumnisurteil ergangen, gegen das die Klägerin fristgerecht Einspruch erhoben hat. Die Klägerin hat geltend gemacht, aus dem vorerwähnten Werkvertrag stünden ihr die eingeklagten Ansprüche zu. Der Beklagte habe zu Unrecht Kürzungen vorgenommen.

Sie hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von 82.592,58 DM nebst 10,75 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Er hat die Einrede der Verjährung erhoben und hat in der Sache selbst geltend gemacht, der Klägerin stehe ein weiterer Zahlungsanspruch nicht zu.

Mit dem angefochtenen Urteil hat die Kammer das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Zur Begründung ihrer Entscheidung, auf die wegen aller weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Kammer im wesentlichen ausgeführt:

Ein eventueller Werklohnanspruch der Klägerin sei verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist sei Ende 1997 abgelaufen. Sie sei durch den Mahnbescheid von Anfang 1997 nicht unterbrochen worden, weil dieser eine andere als die Klageforderung betroffen habe.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel auch rechtzeitig begründet. Sie macht geltend:

Der eingeklagte Anspruch sei nicht verjährt. Die Verjährungsfrist sei durch den Mahnbescheid unterbrochen worden. Es sei unerheblich, daß in dem Mahnbescheid die Forderung "falsch" bezeichnet worden sei. Denn zwischen den Parteien habe es außer dem vorliegenden Bauvertrag keine sonstigen Rechtsbeziehungen gegeben. Damit habe für den Beklagten klar sein müssen, welcher konkrete Anspruch streitbefangen sei.

Dies ergebe sich zwanglos auch aus der Höhe der geltend gemachten Forderung.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zur Zahlung von 82.592,58 DM nebst 10,75 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Er beruft sich weiterhin auf Verjährung. Die Zustellung des Mahnbescheides habe den Lauf der Verjährungsfrist nicht unterbrochen, da dieser auf Zahlung von Lagerkosten gelautet habe. Der jetzt geltend gemachte Werklohnanspruch aus den Dämm-/Isolierarbeiten habe mit Lagerkosten nichts zu tun. Auch die Erwägung der Berufung, es habe zwischen den Parteien nur einen einzigen Vertrag gegeben und durch das Datum des 08.08.1995 sei die Forderung hinreichend individualisiert, könne nicht überzeugen. Der Beklagte sei eine große Behörde mit Tausenden von Rechtsbeziehungen. Ein Mahnbescheid, der unter Bezugnahme auf Lagerkosten eingehe, könne beim Beklagten nicht den Arbeiten beim Schulbau in B.-H. zugeordnet werden. Weder sei die Auftragsnummer des Beklagten angegeben gewesen, noch der Gegenstand, um den es wirklich gegangen sei. Auch fehle eine zutreffende Bezeichnung des Beleges vom 08.08.1995 als "Schlußrechnung". Auch die Summe im Mahnbescheid habe nicht derjenigen aus der Schlußrechnung entsprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, greift die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durch.

1.

Die Verjährungsfrist hat nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB 2 Jahre betragen. Nach den §§ 191, 201 BGB i.V.m. § 16 VOB/B hat sie Ende 1995 begonnen, da im Sommer dieses Jahres die Schlußrechnung erteilt worden ist. Danach ist sie ohne Hinzutreten weiterer Umstände Ende 1997 abgelaufen. Dies zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel.

2.

Die Klägerin meint, die Verjährung sei durch die Zustellung des Anfang 1997 erlassenen Mahnbescheides unterbrochen worden (§ 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Damit vermag sie nicht durchzudringen.

a)

Der Mahnbescheid bezieht sich zunächst auf einen Betrag von 64.977,13 DM. Der darüber hinausgehende Teil der Klageforderung wird also von vornherein nicht von ihm erfaßt.

b)

Aber auch im vorerwähnten Umfange hat der Mahnbescheid nicht die Unterbrechung der Verjährung zur Folge haben können. Denn die in ihm ausgewiesene Forderung ist nicht die Klageforderung.

Ein Mahnbescheid unterbricht die Verjährung eines Anspruchs nur dann, wenn der in ihm bezeichnete Anspruch durch eine hinreichend individualisierte Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so abgegrenzt werden kann, daß er über einen Vollstreckungsbescheid Gegenstand eines Vollstreckungstitels sein kann und wenn dem Schuldner die Beurteilung möglich ist, ob er sich gegen diesen Anspruch zur Wehr setzen will oder nicht. Das Maß der hier zu setzenden Anforderungen bestimmt der jeweilige Einzelfall (st. Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 88, 1964, 1965 l. Sp.; 92, 1111 - r. Sp.; 93, 862, 863 1. Sp.; 95, 2230, 2231, 1. Sp.; 96, 2152 f.).

Danach tritt die Unterbrechung der Verjährung u.a. dann nicht ein, wenn sich der Mahnbescheid auf einen Schadensersatzanspruch bezogen hat, während im späteren Verfahren ein Werklohnanspruch geltend gemacht wird (BGH NJW 92, a.a.O.), oder wenn eine aus einer Vielzahl von Einzelposten bestehende Forderung nur durch eine Aufstellung verständlich wird, die der zugestellten Ausfertigung des Mahnbescheides nicht beigefügt gewesen ist (BGH NJW 93, a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen hat auch im Streitfall der Mahnbescheid nicht zur Unterbrechung der Verjährung der streitgegenständlichen Werklohnforderung der Klägerin aus dem Bauvorhaben in B.-H. geführt. Wie der Beklagte mit Recht geltend macht, betreffen die im Mahnbescheid aufgeführten "Lagerkosten" einen anderen Lebenssachverhalt und damit einen anderen Streitgegenstand als den jetzt von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Werklohn wegen der Ausführung von Dämm- und Isolierarbeiten.

Zu Unrecht hält die Klägerin entgegen, dies sei im Ergebnis unschädlich, weil es zwischen den Parteien nur ein einziges Vertragsverhältnis, nämlich den Auftrag zur Erbringung der oben angeführten Arbeiten an der Schule in B.-H. gegeben habe.

Wie der Beklagte mit Recht geltend macht, kann einer großen Behörde wie dem Landschaftsverband R., die jährlich eine Vielzahl von Bauarbeiten in Auftrag gibt, nicht angesonnen werden, bei Zustellung eines Mahnbescheides den Bestand ihrer früheren Aufträge daraufhin zu überprüfen, auf welchen von diesen sich der Mahnbescheid beziehen könnte. Im übrigen macht der Beklagte mit Recht geltend, daß sich die Schlußrechnung der Klägerin vom 08.08.1995 in keinem Einzelposten auf Lagerkosten bezogen hat. Hinzu kommt, daß der Beklagte nicht aufgrund dieser Schlußrechnung abgerechnet hat, sondern aufgrund der von ihm in Auftrag gegebenen und der von der Firma H. erstellten Schlußrechnung vom 29.08.1995 (AH BL. 42 ff.). Daß die im Mahnbescheid erwähnte "Aufstellung" das gleiche Datum trägt wie die vorerwähnte Schlußrechnung der Klägerin, macht demgegenüber nichts aus.

Soweit die Klägerin schließlich noch die Auffassung vertritt, aus der im Mahnbescheid aufgeführten Summe ergebe sich ebenfalls, daß der Auftrag in B.-H. gemeint gewesen sei, ist dies gänzlich unverständlich. Der Mahnbescheid beläuft sich - wie bereits erwähnt - auf knapp 65.000,00 DM, während die von der Klägerin geltend gemachte Forderung sich auf über 82.000,00 DM beläuft. Bei Erstellung des Mahnbescheidsantrages hat die Klägerin ersichtlich eine Zwischensumme eingesetzt, nämlich die Nettokosten für Stundenlöhne (vgl. das letzte Blatt ihrer Schlußrechnung, Bl. 35 im AH). Dies läßt sich nur durch eine ganz gezielte Suche herausfinden. Eine solche war aber - wie bereits ausgeführt - dem Beklagten nicht anzusinnen.

Der Schriftsatz der Klägerin vom 28.08.2000 gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Für die Frage der Verjährungsunterbrechung ist die Fassung des dem Beklagten zugestellten Mahnbescheides maßgeblich, nicht dagegen der (dem Beklagten notwendigerweise unbekannte) Antrag auf Erlaß eines Mahnbescheides. Wenn dieser, wie jetzt geltend gemacht wird, eine andere Fassung gehabt hat als der daraufhin erlassene Mahnbescheid, dann wäre es Sache der Klägerin gewesen, eine Berichtigung des Mahnbescheides zu erwirken.

Der Berufung der Klägerin hat deshalb Erfolg nicht beschieden sein können. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Klägerin: 82.592,58 DM.

Ende der Entscheidung

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