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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.05.2006
Aktenzeichen: 23 WLw 14/05
Rechtsgebiete: BGB, HöfeVfO, LwVG, FGG, HöfeO


Vorschriften:

BGB § 2312
BGB § 2325
HöfeVfO § 11
HöfeVfO § 11 Abs. 1 lit. a
HöfeVfO § 12 Abs. 1
LwVG § 9
LwVG § 22 Abs. 1
FGG § 20
HöfeO § 1 Abs. 1
HöfeO § 12
HöfeO § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 14.Dezember 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bergisch Gladbach vom 8.Dezember 2005 - 2 Lw 3/05 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerinnen zu tragen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerinnen sind Geschwister. Sie sind Kinder aus der ersten Ehe des R. V. mit A. V. geborene K.. A. V. und deren Schwester E. K. waren je zur Hälfte Miteigentümerinnen des im Grundbuch des Amtsgerichts Leverkusen von T. Blatt 151 eingetragenen, landwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes. Nach dem Tod der A. V. am 19. September 1955 ging deren hälftiger Eigentumsanteil auf R. V. über. Im Jahre 1979 erwarb der Antragsteller von E. K. deren Hälfteanteil. Mit notariellem Vertrag vom 23. Juli 1990 übertrug auch R. V. seinen Anteil auf den Antragsteller, der daraufhin am 18. August 1990 als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Am 13. Januar 1996 verstarb R. V.. Inzwischen hat der Antragsteller den Grundbesitz seinem Sohn M. übereignet. Dieser hat erklärt, dass das Anwesen ein Hof im Sinne der Höfeordnung sein soll; ein entsprechender Hofvermerk ist am 6. April 2005 im Grundbuch eingetragen worden.

Vor dem Landgericht Köln sind drei Prozesse anhängig (28 O 5/99, 28 O 17/99 und 757/03), in denen die Antragsgegnerinnen den Antragsteller jeweils auf eine Pflichtteilsergänzung wegen der Zuwendung der Grundstückshälfte im Jahre 1990 in Anspruch nehmen. In diesen Verfahren streiten die Parteien über den Wert des dem Antragsteller übertragenen Grundbesitzes und insbesondere darüber, ob ein Landgut im Sinne des § 2312 BGB vorliegt. Das Landgericht hat hierzu ein Sachverständigengutachten eingeholt, das vom Antragsteller angegriffen wird.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Feststellung nach § 11 Abs.1 lit.a) HöfeVfO, dass der streitige Grundbesitz am 18. September 1990 ein Hof im Sinne der Höfeordnung war. Er vertritt den Standpunkt, mit der Eigentumsumschreibung an jenem Tag sei die Hofeigenschaft des Anwesens entstanden. Nach einem Einheitswertsbescheid des Finanzamtes M. vom 12. Oktober 1989 habe der Wirtschaftswert des Betriebs 21.173,- DM betragen. Sei der Grundbesitz aber nach der Höfeordnung ein Hof, so könne das Landgericht Köln in den dort anhängigen Prozessen nicht davon ausgehen, dass kein schützenswerter landwirtschaftlicher Betrieb vorliege. Für die Entscheidungen des Landgerichts habe die Feststellung der Hofeigenschaft nach § 11 Abs.1 lit.a) HöfeVfO Präjudizwirkung.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen mit der Begründung, für das Feststellungsverfahren fehle es an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Vorrangig seien die beim Landgericht anhängigen Prozesse, in welchen die Frage. ob ein Hof vorliege, zu prüfen sei. Die Leistungsklage habe vor der Feststellung grundsätzlich den Vorrang.

Gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, die Entscheidung gemäß § 11 Abs.1 lit.a) HöfeVfO erwachse in materielle Rechtskraft und binde das Zivilgericht; dieses sei auch gehalten, den Rechtsstreit bis zur Rechtskraft des Verfahrens vor dem Landwirtschaftsgericht auszusetzen, weil es nach dem sogenannten Niedrigstwertprinzip auf den Todestag des Erblassers ankomme und zu diesem Zeitpunkt der Zuwendungsgegenstand Hofesbestandteil gewesen sei, der deshalb den Abfindungsregeln des Höferechts unterliege.

Die Antragsgegnerinnen wenden ein, ein Feststellungsinteresse sei schon deswegen nicht gegeben, weil das Landgericht zutreffend davon ausgehe, dass die dort streitbefangene Fläche mangels Eintragung in die Höferolle kein Hof im Sinne der Höfeordnung sei. Die Sonderregelung über landwirtschaftliche Höfe finde im Hinblick auf den Zeitpunkt der Schenkung auch keine Anwendung.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 9, 22 Abs.1 LwVG, 20 FGG zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Antragstellers ergibt sich daraus, dass das Landwirtschaftsgericht seinem Begehren nicht entsprochen hat.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag im Ergebnis mit Recht zurückgewiesen, weil es an dem dafür erforderlichen Rechtsschutzinteresse fehlt.

Gemäß § 11 Abs.1 lit. a) HöfeVfO hat ein Beteiligter, der die Feststellung beantragt, dass ein Hof im Sinne der höferechtlichen Vorschriften vorliegt oder vorgelegen hat, ein rechtliches Interesse an dieser Entscheidung glaubhaft zu machen. Ein solches Interesse setzt voraus, dass durch die begehrte Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts die Rechtsstellung des Antragstellers beeinflusst wird (BGH MDR 1952,419; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7.Aufl., § 14 Rn.159; Fassbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3.Aufl., § 11 HöfeVfO Rn.1). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Sein Interesse an der begehrten Feststellung begründet der Antragsteller mit einer Auswirkung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts nach § 11 Abs.1 lit.a) HöfeVfO auf die vor dem Landgericht Köln anhängigen Prozesse. Fraglich ist aber bereits, ob das Landgericht an die etwaige Feststellung der Hofeigenschaft überhaupt gebunden wäre. Zwar erwächst nach § 12 Abs.1 HöfeVfO eine solche Entscheidung in Rechtskraft. Umstritten ist aber, ob Beschlüsse, die im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ergehen, grundsätzlich der materiellen Rechtskraft fähig sind (vgl. BGH AgrarR 1980,161 m.w.N. - vom BGH ausdrücklich offen gelassen). Allerdings wird die Ansicht vertreten, eine gemäß § 11 HöfeVfO getroffene Feststellungsentscheidung werde formell und materiell rechtskräftig (Fassbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo § 12 HöfeVfO Rn.1); werde im Feststellungsverfahren rechtskräftig entschieden, dass es sich bei dem Grundbesitz um einen Hof im Sinne des § 1 Abs.1 HöfeO handele, so könne künftig nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, ein Hof liege nicht vor (OLG Hamm RdL 2004,153).

Unabhängig von der Frage nach der Bindung des Zivilgerichts an eine Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts gemäß § 11 Abs.1 HöfeVfO scheidet ein rechtliches Interesse des Antragstellers jedenfalls deshalb aus, weil die begehrte Feststellung für die vor dem Landgericht geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche keine Bedeutung haben würde. Für die vom Landgericht zu treffenden Entscheidungen kann es allenfalls darauf ankommen, ob die Übertragung des Hälfteanteils des Vaters der Parteien an dem Grundbesitz auf den Antragsteller als Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nach § 17 HöfeO zu werten und deshalb möglicherweise die Anwendung des § 2325 BGB ausgeschlossen oder zumindest der Wert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes nach den Maßstäben des § 12 HöfeO zu berechnen ist. Dagegen kommt es auf die Frage, ob mit der Eintragung des Antragstellers als Alleineigentümer im Grundbuch am 18. September 1990 ein Hof im Sinne des § 1 Abs.1 HöfeO entstanden ist, für die Entscheidung über die geltend gemachten Pflichtteilsansprüche nicht an. Die erbrechtlichen Folgen der Zuwendung an den Antragsteller sind von einer Feststellung zur Hofeigenschaft des Grundbesitzes am 18. September 1990 nicht abhängig. Ein rechtliches Interesse im Sinne des § 11 Abs.1 lit.a) HöfeVfO liegt daher nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs.1, 45 Abs.1 Satz 2 LwVG.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 53.378,87 € (das Vierfache des Einheitswertes von 26.100,- DM; § 20 HöfeVfO i.V.m. § 19 Abs.4 KostO)

Ende der Entscheidung

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