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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 23.05.2006
Aktenzeichen: 3 U 203/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 286 Abs. 3
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 546 a
BGB § 743 Abs. 2
BGB § 921
BGB § 922
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 203/05

Anlage zum Protokoll vom 23.05.2006

Verkündet am 23.05.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2006 durch seine Mitglieder Lampenscherf, Gurba und Schneider

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.11.2005 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 148/05 - in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 13.12.2005 wird zurückgewiesen, soweit nicht die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2006 die Klage teilweise zurückgenommen haben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist - soweit sie nicht zurückgenommen wurde - in vollem Umfang begründet.

1.

Der Anspruch auf Beseitigung der von der Beklagten an der Giebelwand des Grundstücks M-Straße 250 in L angebrachten Werbeeinrichtungen folgt aus dem von den Parteien geschlossenen Mietvertrag in Verbindung mit der Verlängerungsvereinbarung vom 16.12.1998 aus § 546 Abs. 1 BGB sowie aus § 1004 Abs. 1 BGB.

Sowohl aus dem Mietvertrag als auch aus § 546 Abs. 1 BGB ist der Anspruch der Kläger als Vermieter begründet, dass nach der unstreitigen Vertragsbeendigung zum 31.12.2004 der ursprüngliche Zustand des Giebels wiederhergestellt wird. Diesen Anspruch können allein die Kläger geltend machen, da nur sie den bis 31.12.2004 laufenden Vertrag mit der Beklagten geschlossen haben, nicht jedoch die Grundstücksnachbarin, Frau G.

Der Beseitigungsanspruch steht den Klägern auch aus § 1004 Abs. 1 BGB zu, weil ihr Miteigentum an der Giebelwand durch die Werbeeinrichtungen der Beklagten beeinträchtigt wird und sie nicht zur Duldung verpflichtet sind.

Nunmehr ist unstreitig, dass es sich bei der Giebelwand um eine halbscheidig auf gemeinsamer Grundstücksgrenze errichtete Giebelmauer handelt, an die von beiden Seiten angebaut wurde und dass das Grundstück, in dessen Richtung die Giebelwand mit den Werbeeinrichtungen weist, im Eigentum der Kläger steht. Damit sind beide Grundstücksnachbarn Miteigentümer der Giebelwand geworden (vgl. BGHZ 43, 128, 129; BGHZ 78, 397, 398). Hieran hat sich nichts durch die Zerstörung des Hauses auf dem Grundstück der Kläger durch Kriegseinwirkung und den Abriss des Hauses geändert (vgl. BGH, a.a.O.). Die Giebelmauer bleibt auch nach dem Abriss eines der Häuser jedenfalls dann im Miteigentum, wenn ein neuer Anbau an die Giebelmauer beabsichtigt ist oder wenn sie sich in anderer Weise - etwa durch Vermietung zu Reklamezwecken - weiter nutzen lässt (vgl. BGH, a.a.O.).

Unabhängig von dem Nutzungsrecht nach §§ 921, 922 BGB können die Miteigentümer die Giebelmauer nach § 743 Abs. 2 BGB insoweit benutzen, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Miteigentümer beeinträchtigt wird. Eine Giebelmauer ist sowohl nach ihrer objektiven Beschaffenheit wie nach der mit ihr von den Nachbarn (beim Bau und Anbau) verfolgten Zweckrichtung dazu bestimmt, von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück, nicht auch in Richtung auf das Nachbargrundstück benutzt zu werden (BGHZ 43, 127, 133). Es liegt in der Natur der Sache, dass ansonsten der Mitgebrauch des Miteigentümers beeinträchtigt wird. Damit steht auch im Außenverhältnis jedem Miteigentümer die alleinige Nutzung der seinem Grundstück zugewandten Außenfläche zu (vgl. auch OLG Düsseldorf ZMR 1996, 28, 30).

Nichts anderes gilt, wenn man in der Giebelmauer auch nach der Zerstörung des einen Hauses noch eine Grenzeinrichtung im Sinne der §§ 921, 922 BGB sehen will (vgl. BGH 43, 127, 134). Auch dann kann sie jeder nur zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des Anderen beeinträchtigt wird (§ 922 Satz 1 BGB). Auch daraus folgt das alleinige Nutzungsrecht des Miteigentümers an der seinem Grundstück zugewandten Außenfläche der Giebelwand.

Damit sind die Kläger nicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung der Werbeeinrichtungen aufgrund des von der Beklagten mit der Grundstücksnachbarin geschlossenen Mietvertrages verpflichtet. Frau G war nicht berechtigt, die Außenfläche zu Werbezwecken an die Beklagte zu vermieten, da ihr aus den oben genannten Gründen an dieser Außenfläche kein Nutzungsrecht zusteht. Daraus folgt zugleich, dass der Beseitigungsanspruch allein von den Klägern geltend gemacht werden kann.

Das Gebrauchsrecht nach § 743 Abs. 2 BGB und § 922 BGB gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch im Außenverhältnis zu Dritten. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem Wortlaut des § 922 BGB.

2.

Der Anspruch auf Entschädigung wegen Nichtrückgabe der Mietsache für die Monate Januar bis September 2005 in Höhe von 2.296,80 € ist gemäß § 546 a Abs. 1 BGB begründet. Die Parteien habe sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht auf den Betrag von monatlich 255,20 € einschließlich Mehrwertsteuer geeinigt. Der im Urteilstenor irrtümlich mit 2.996,80 € angegebene Betrag ist durch Berichtigungsbeschluss des Landgerichts vom 13.12.2005 auf 2.296,80 € korrigiert worden. Der Anspruch steht aus den unter 1. genannten Gründen nur den Klägern und nicht etwa auch der Grundstücksnachbarin zu.

Der Zinsanspruch ist gemäß §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB gerechtfertigt.

Der Entschädigungsbetrag wird gemäß § 579 BGB jeweils am Monatsende fällig, so dass Verzug jeweils am ersten des Folgemonats eintritt. Das der Beklagten gemäß § 273 BGB zuerkannte Zurückbehaltungsrecht wegen eines fälligen Gegenanspruchs auf Ausstellung einer Rechnung gemäß § 14 UStG schließt den Verzug nicht aus. Das wäre nur der Fall, wenn es vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt worden wäre, da der Gläubiger Gelegenheit haben muss, von seiner Abwendungsbefugnis (§ 273 Abs. 3 BGB) Gebrauch zu machen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 170). Da die Beklagte das Zurückbehaltungsrecht erstmals in diesem Rechtsstreit geltend macht, ändert sich der Verzugsbeginn nicht. Der Verzug war auch nicht mit Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts beendet, da die Beklagte ihre Leistung nicht Zug um Zug gegen Ausstellung einer Rechnung angeboten hat (vgl. BGH NJW 1971, 421).

Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 2 BGB, da die Beklagte sich mit einer Entgeltforderung im Sinne der Vorschrift in Verzug befindet. Entgeltforderungen im Sinne von §§ 286 Abs. 3 und 288 Abs. 2 BGB sind Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind (vgl. Palandt/Heinrichs, § 286 BGB Rdz. 27). Hierunter fällt auch der Anspruch gemäß § 546 a BGB, der ein vertraglicher Anspruch eigener Art, kein Schadensersatzanspruch ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, § 546 a BGB Rdz. 7). Die Entschädigung ist Äquivalent für die erfolgte Nutzung der Giebelwand durch die Beklagte. Auch die Beklagte, die eine Rechnung gemäß § 14 UStG verlangt, sieht die Nutzungsentschädigung als Gegenleistung für erbrachte Leistungen und damit als Entgeltforderung an (vgl. auch OLG Rostock MDR 2005, 139).

3.

Auch dem Feststellungsbegehren betreffend die Nutzungsentschädigung für die Zeit ab 01.10.2005 hat das Landgericht aus den oben genannten Gründen zu Recht stattgegeben.

4.

Dies gilt auch für den (nach Teilklagerücknahme noch rechtshängigen) Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 196,00 € nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB entsprechend dem von den Klägern zuletzt gestellten Antrag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; dies gilt auch hinsichtlich der in der Berufungsinstanz teilweise zurückgenommenen Klage, die keine weiteren Kosten verursacht hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 8.015,12 € (Beseitigungsantrag: 3.062,40 €, Antrag auf Zahlung der Nutzungsentschädigung 2.296,80 €, Feststellungsantrag 2.449,92 €, Antrag auf Erstattung der Anwaltskosten 206,00 €)

Ende der Entscheidung

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