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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 24.10.2008
Aktenzeichen: 4 WF 118/08
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 2
RVG § 2 Abs. 2
RVG § 33 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 4. (Landeskasse O) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 29.08.2008 - 46 F 213/07 -, mit welchem der - Beschwerde des Beschwerdeführers - abgeholfen worden und der zu zahlende Vorschuss antragsgemäß unter Einbeziehung der Einigungsgebühr festzusetzen ist, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 567 Abs. 2 ZPO, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Staatskasse hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht Bonn mit dem angefochtenen Beschluss auf die Erinnerung des Verfahrensbeteiligten des Antragstellers den Urkundsbeamten angewiesen, die beantragte Einigungsgebühr festzusetzen.

Gemäß Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors (Erinnerungsgegner und Beschwerdeführer) ist zwischen den verfahrensbeteiligten Kindeseltern eine solche Einigung über das streitgegenständliche Umgangsrecht des Antragstellers zustande gekommen. Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien in der nichtöffentlichen Sitzung vom 28.05.2008 (vgl. Sitzungsprotokoll Bl. 49 - 51 GA) das Verfahren für erledigt erklärt haben, nachdem sich in der nichtöffentlichen Sitzung des Familiengerichts vom 14.12.2007 (vgl. Sitzungsniederschrift Bl. 34 - 36 GA) die beteiligten Kindeseltern "im Hinblick auf die bisher durchaus funktionierende Umgangsregelung für die zunächst nähere Zukunft zur Ausgestaltung des Umgangsrechtes" auf eine vorläufige Regelung verständig hatten, deren Praktikabilität in einem Termin im Mai 2008 auch im Hinblick auf eine eventuelle Ferienregelung nochmals erörtert werden sollte und das Familiengericht im Termin am 28.05.2008 sodann "dankbar" festgestellt hatte, "dass eine solche nicht mit Zeiten fixierte Regelung offenbar für die Zukunft funktionieren werde. Zusammenfassend könne also damit gesagt werden, dass der Vater Q im Rahmen des Umgangsrechts bei sich haben kann, entsprechend der Regelung vom 14. Dezember 2007 zuzüglich einer zwischen den Eltern zu vereinbarenden Ferienregelung dergestalt, dass Q von den Ferien NRW jeweils eine Woche beim Vater verbringe."

Bei dieser Sachlage kann es keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass sich die Parteien jedenfalls im Termin am 28.05.2008 umfassend und einvernehmlich über die Ausübung des Umgangsrechtes des Antragstellers verständigt haben und diese Regelung die Festsetzung einer Einigungsgebühr rechtfertigt. Der Umstand, dass die Parteien am Ende der Sitzung durch das Familiengericht haben feststellen lassen, dass sich das Verfahren damit erledigt habe, stellte nur klar, dass das Verfahren einvernehmlich zwischen den Kindeseltern beendet worden ist und dass diese keiner Entscheidung des Familiengerichtes hierüber bedurften.

Dabei kommt der Regelung im Termin am 14.12.2007 nicht lediglich die Funktion eines "bloßen Zwischenvergleiches" zu. Vielmehr war diese erste Einigung im Rahmen des streitigen Umgangsrechtsverfahrens die erste Grundlage für die spätere abschließende Regelung des zu praktizierenden Umgangsrechtes im Sinne des Kindeswohls.

Dem steht - wie zuvor bereits erläutert - nicht entgegen, dass die Parteien letztendlich das Umgangsrechtsverfahren sodann für erledigt erklären ließen (vgl. Protokoll Niederschrift vom 28.05.2008, Bl. 51 GA). Zwar ist anerkannt, dass dann, wenn die Parteien lediglich nach ausgiebiger Erörterung der Sach- und Rechtslage den Rechtsstreit in der Hauptsache gemäß § 91 a ZPO übereinstimmend für erledigt erklärt haben, darin allein noch keine vertragliche Regelung der Parteien zu sehen ist, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt worden ist. Denn die übereinstimmenden wirksamen Erledigungserklärungen der Parteien als solche sind bloße Prozesshandlungen und beenden - jedenfalls im streitigen Erkenntnisverfahren - lediglich die Rechtshängigkeit der bisher streitigen Ansprüche unmittelbar. Sie besagen in diesem Zusammenhang nur, dass die Parteien an einer Sachentscheidung durch das Gericht kein Interesse mehr haben. Sofern also die Parteien nicht gleichzeitig in einem sachlich-rechtlichen Streitpunkt eine Einigung erzielen, liegt nach unstreitiger Erledigung in den bloßen übereinstimmenden Erledigungserklärungen kein Vertrag im Sinne von Nr. 1000 VV (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage 2006, RVG VV 1000, Rn. 27).

Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich aber grundlegend hiervon. Die beteiligten Kindeseltern des vorliegenden Umgangsrechtsverfahrens stritten über den Umfang eines dem Antragsteller zuzubilligenden Umgangsrechtes. Insoweit besteht schon ein wesentlicher Unterschied zu den Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit. Denn vorliegend finden die Regeln über das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung. In diesem Verfahren ist der Verfahrensgegenstand gerade nicht für die Beteiligten frei disponierbar. Vielmehr ist gerade im Verfahren betreffend die Personensorge bzw. das Umgangsrecht von Amts wegen auch immer auf die Kindeswohlinteressen abzustellen. So hat im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit sowohl im Amts- wie im Antragsverfahren das Gericht die Erledigung der Hauptsache gegebenenfalls schon von Amts wegen formlos festzustellen. Dabei kann im Antragsverfahren die Erledigung auch durch Antragsrücknahme eintreten, die in jeder Lage des Verfahrens durch die Erklärung gegenüber dem Gericht erfolgen kann (vgl. Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 8. Auflage 2006, § 12 FGG Rn. 33 m. w. N.). Ähnlich liegt der Sachverhalt hier. Zunächst haben sich die Kindeseltern auf eine Umgangsregelung im Dezember 2007 geeinigt. Diese Umgangsregelung wurde sodann auf ihre Praktikabilität unter Kindeswohlgesichtspunkten überprüft und sodann im Termin am 28.05.2008 - wie von Anfang an geplant - modifiziert festgeschrieben. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die "Erledigung des Verfahrens" nur deswegen eingetreten ist, weil die Parteien an einer Sachentscheidung durch das Gericht kein Interesse mehr hatten. Das Gegenteil ist gerade der Fall. Man hatte sich geeinigt und diese Einigung hatte auf dem Prüfstand der Realität Bestand. Damit hatte man eine im Sinne der beteiligten Eltern interessengerechte endgültige Regelung gefunden, so dass eine gerichtliche Entscheidung nicht mehr zu treffen war. Das Gericht hatte nur noch die Erledigung festzustellen.

So ist im konkreten Fall davon auszugehen, dass bei Streitigkeiten über den Umgang mit einem Kind die Eltern relativ frei disponieren konnten und das Familiengericht hätte einen Vergleich protokollieren können, weil dieser dem Wohl des Kindes nicht widersprach (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Auflage 2007, § 621 a Rn. 6, § 621 Rn. 23).

Spätestens mit ihren übereinstimmenden Erklärungen gemäß Terminsprotokoll vom 28.05.2008 hatten die Kindeseltern eine materiell-rechtliche Einigung über den Umfang des Umgangsrechtes getroffen. Hierfür spricht bereits der Text der Protokollniederschrift Bl. 49 unten, 50 oben GA, wo es heißt:

"Die Situation wurde mit den Beteiligten erörtert. Dabei konnte erfreulicherweise festgestellt werden, dass die Vereinbarung vom Dezember 2007 funktioniert hat und alle Beteiligten mit der so vereinbarten Umgangsregelung gute Erfahrungen gemacht haben. Auch Q scheint diese Regelung, wie sie damals vereinbart worden ist, gut zu tun. ..."

Auch die weiteren Formulierungen in der Protokollniederschrift wie z. B. "der Vater akzeptierte diese Haltung der Mutter" oder "die Mutter bereit ist" wie auch "die Parteien erklären sich in der Lage, diese Termine eigenständig abzustimmen" zeigen, dass zwischen den beteiligten Eltern über die entscheidenden Punkte Einigkeit erzielt worden ist. Damit waren aber nicht bloße unverbindliche Absichtserklärungen abgegeben worden. Die getroffenen Regelungen haben verbindlichen Charakter, an die sich die beteiligten Kindeseltern zu halten haben und von denen sie sich nicht ohne weiteres lösen können, auch wenn formal kein "Vergleich" protokolliert wurde.

Damit liegt aber in der Erledigungserklärung aller Beteiligten weder eine bloße Rücknahme des ursprünglich gestellten Umgangsrechtsantrages, noch ein reiner Verzicht oder eine reine Erledigungserklärung der Parteien vor. Vielmehr ist eine materiell-rechtliche Einigung über den Umfang des derzeitigen Umgangsrechts des Antragstellers getroffen worden. Die Einigungsgebühr ist damit entstanden.

Im Hinblick auf § 56 Abs. 2 S. 2 RVG ist eine Kostenentscheidung entbehrlich.

Der Beschwerdewert beträgt 224,91 € (Höhe der Einigungsgebühr einschließlich Mehrwertsteuer).

Ende der Entscheidung

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