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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 26.03.2009
Aktenzeichen: 7 U 188/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 12. August 2008 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 22 O 507/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt vom Beklagten zu 2) (künftig: der Beklagte) Schadensersatz im Zusammenhang mit einer (fehlgeschlagenen) Kapitalanlage.

Der Kläger hat sich wie eine Vielzahl weiterer Kapitalanleger an dem N T Fund E Vermögensfonds I (NTX) beteiligt. Bei diesem Unternehmen handelte es sich um eine im Jahre 2003 gegründete Publikums-KG, die über die Beteiligung treuhänderischer Kommanditisten ein Platzierungsvolumen von insgesamt ca. 200 Mio. € anlegen wollte. Unternehmensgegenstand waren der Erwerb, das Halten und die Veräußerung von Wertpapieren, Fonds- und Unternehmensbeteiligungen. Allein vertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschaftern der NTX war die E Q Management AG (EQO), hinter der wiederum die E Anlagen AG als Alleinaktionärin stand.

Die Beteiligung an der NTX erfolgte über die Firma H Beteiligungs TreuhandGmbH (H). Als deren Geschäftsführer wie auch als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Alleingesellschafterin der H, nämlich der UV U Treuhand Vermögensverwaltung GmbH, fungierte der Beklagte. Zu ihrem Aufgabenbereich gehörte weder die Vermittlung der Beteiligungen, die der G Finanz AG oblag, noch die Mittelverwendungskontrolle, mit der die E & W GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betraut war, die auch den Prospekt geprüft hatte.

Anlässlich eines Hausbesuches durch einen Vermittler - der in keinem Verhältnis zur H stand - unterzeichnete der Kläger am 30.09.2004 u.a. eine Beitrittserklärung, mit der er sich per 01.01.2005 zur Zahlung eines Einmalbetrages von 8.925,00 € verpflichtete und diesbezüglich eine Einziehungsermächtigung erteilte. Angenommen wurde das Beitrittsangebot des Klägers am 01.11.2004 unter Hinweis darauf, dass maßgebend für die Beteiligung der Treuhandvertrag neben dem Gesellschaftsvertrag von NTX sei. Die Offerte zum Abschluss eines Treuhandvertrages wurde durch die EQO als (auch) Abwicklungsbeauftragte der H in deren Vertretung angenommen. Erst danach sind die Vertragsunterlagen in die unmittelbare Sphäre der Treuhandkommanditistin bzw. des Beklagten gelangt.

Im September/Oktober 2004 war es zur Schließung zweier Fondsgesellschaften durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (künftig: BaFin) gekommen; ob diese von ihrer Konzeption her vergleichbar ausgestaltet waren wie NTX, ist zwischen den Parteien streitig. In zeitlicher Nähe dazu schloss NTX am 12./22.10.2004 einen Treuhandvertrag mit der österreichischen F Bank AG betreffend die Eröffnung eines Depots für zu erwerbende Wertpapiere; zu dem beabsichtigten Zusammenwirken dieser beiden Beteiligten ist es letztlich nicht gekommen. Zudem wurde auf den 27.10.2004 eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen, noch bevor das als Schließungsandrohung interpretierbare Schreiben der BaFin vom 26.10.2004 NTX am 28.10.2004 zuging. Ein inhaltlich davon abweichendes Schreiben selbigen Datums hat auch die H erhalten, in dem u.a. um die Beantwortung von Fragen und die Vorlage im einzelnen bezeichneter Unterlagen gebeten wurde. Wegen der in der Folgezeit gewechselten Korrespondenz und der Darstellung der weiteren Geschehensabläufe wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger hat sein an den Beklagten gestelltes Schadensersatzverlangen im wesentlichen damit begründet, dass er es versäumt habe, seinen auf dem Inhalt des Schreibens der BaFin vom 26.10.2004 basierenden Kenntnisstand an die beitrittswilligen Anleger weiterzugeben, dass er diese nicht an der Eingehung der Vertragsbeziehung, etwa durch Widerruf der der EQO erteilten Abschlussvollmacht, gehindert, diese vielmehr "ins offene Messer" laufen gelassen habe, obwohl absehbar gewesen sei, dass das Konzept, das unter Einschaltung der Treuhandkommanditistin habe realisiert werden sollen, in dieser Form nicht mehr umsetzbar gewesen sei. Zudem wird ihm vorgeworfen, die auf das von der H eingerichtete Treuhandkonto geleisteten Einlagen noch an NTX weitergeleitet zu haben, obwohl er habe erkennen können und müssen, dass diese für die Anleger verloren sein würden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 8.925,00 € nebst 5% Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 10.01.2008 zu zahlen Zug-um-Zug gegen Übertragung der Beteiligung Nr. 7214285 sowie Abtretung sämtlicher Ansprüche, die dem Kläger gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der H Beteiligungstreuhand GmbH und die N T Fund E Vermögensfonds I AG & Co. KG, Herrn RA K-Y Z, wegen Forderungsanmeldungen und aus dem Treuhandvertrag Nr. 7214285 zustehen,

2. festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme der Übertragungs- und Abtretungserklärung gemäß Ziffer 1. in Annahmeverzug befinden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist dem anspruchsbegründenden Prozessvorbringen mit Sach- und Rechtsausführungen entgegengetreten.

Das Landgericht hat durch das angefochtene Teilurteil, das wegen aller Einzelheiten in Bezug genommen wird, die gegen den Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Einen auf § 826 BGB gestützten Anspruch hat es verneint, weil der Beklagte nicht vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe. Das lasse auch den für die Verwirklichung des Betrugstatbestandes (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) erforderlichen Vorsatz entfallen. Die Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht sei ihm nicht vorzuwerfen. Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Vorschriften des Kreditwesengesetzes komme ebenfalls nicht in Betracht, weil diese eine persönliche Inanspruchnahme des Beklagten nicht zu rechtfertigen vermöchten.

Gegen diese ihm am 14.08.2008 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit einem am 08.09.2008 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 14.10.2008 eingereichten Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Prozessvortrages verfolgt der Kläger sein bisheriges Klageziel weiter. Er hält an seiner Auffassung fest, dass der Beklagte sowohl das Tatbestandsmerkmal der Sittenwidrigkeit verwirklicht als auch vorsätzlich im Sinne des § 826 BGB gehandelt habe.

Der Beklagte, der auf Zurückweisung der Berufung anträgt, verteidigt die angefochtene Entscheidung, wozu auch er seine erstinstanzlichen Sach- und Rechtsausführungen wiederholt und ergänzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und der von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die gegen den Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Die dagegen geführten Rechtsmittelangriffe geben zu einer dem Kläger günstigeren Beurteilung keine Veranlassung. Dieser Bewertung liegen maßgeblich die nachfolgend zusammengefassten Erwägungen zu Grunde :

Vorab gilt es zu konstatieren, dass sich das Schadensersatzverlangen gegen den Beklagten persönlich in seiner Eigenschaft als des damaligen Geschäftsführers der Treuhandkommanditistin richtet, zu dem keinerlei vorvertragliche Kontakte bestanden und mit dem auch keine Vertragsbeziehung eingegangen worden ist. Deswegen besteht nicht ohne weiteres eine Vergleichbarkeit mit dem der herangezogenen BGH-Entscheidung vom 29.05.2008 - III ZR 59/07 - zugrunde liegenden Sachverhalt, der Anlass gab, sich mit den die Treuhandkommanditistin selbst treffenden Pflichten zu befassen. Deren Erfüllung mag zwar dem Geschäftsführer obliegen, indes kann sein Pflichtenkreis nicht über den der Gesellschaft hinausgehen. Deren Aufgabengebiet ist im Treuhandvertrag umrissen. Sie hatte keine eigenständige Pflicht zur Überprüfung der sachgerechten Prospektierung, erst recht war sie nicht Prospektverantwortliche. Sie war nicht in die Vermittlung der Beteiligungen eingebunden, ebenso wenig hatte sie eine Mittelverwendungskontrolle auszuüben. Zu ihren Aufgaben gehörte es, eine Kommanditbeteiligung des Treugebers zu verwalten, die geleistete Einlage bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen weiterzuleiten und so auch mit schriftlichen Informationen zu verfahren, die sie in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin der Gesellschaft erhielt. Diese in § 4 Abs. 1 des Treuhandvertrages formulierte Verpflichtung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die H ihre Treugeber über dasjenige zu unterrichten hatte, was ihr in ihrer Position als Sachwalterin stellvertretend für die Vielzahl der Kommanditisten an schriftlichen Informationen zugeleitet wurde, sofern diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit deren Gesellschaftsbeteiligung standen. Nicht hingegen lässt sich diese Vertragsbestimmung ausdehnend dahin interpretieren, die H habe jedwede Korrespondenz zur Kenntnis bringen müssen, die nicht für die Kommanditisten, vertreten durch ihre Treuhänderin, bestimmt war. Eine solche "schriftliche Information" aber stellte das Schreiben der BaFin vom 26.10.2004 dar, das seinem Inhalt nach die H als eine der Aufsicht der BaFin unterstehende eigenständige Rechtspersönlichkeit betraf, nicht hingegen an diese als Statthalterin/Zustellungsbevollmächtigte der Gesamtheit der hinter ihr stehenden Kommanditisten gerichtet war. Diese Zielrichtung des Schreibens lässt eine aus § 4 Abs. 1 des Treuhandvertrages abzuleitende Informationspflicht entfallen. Scheidet aber schon ein der H diesbezüglich vorwerfbares Verhalten aus, kann für den Beklagten persönlich nichts Gegenteiliges angenommen werden.

Ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklich im Vertrag festgehaltenen Pflichtenbindung kann sich eine solche aus dem einer Vertragsbeziehung immanenten bzw. einem dem tatsächlichen Vertragsabschluss vorgelagerten Treueverhältnis herleiten lassen, das es gebietet, nicht einen Wissensvorsprung auszunutzen, um sich selbst Vorteile zu verschaffen, oder der deswegen weitergegeben werden muss, weil ansonsten dem anderen erkennbar ein Schaden droht, der bei sachgerechter Information abzuwenden wäre. Daraus folgt, dass eine Treuhandkommanditistin grundsätzlich gehalten ist, künftige Treugeber über alle wesentlichen Punkte, insbesondere über regelwidrige Auffälligkeiten, aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind (BGH a.a.O.). Da aber hier die persönliche Einstandspflicht des Beklagten in Rede steht, der nicht selbst Vertragspartner geworden ist, ließe sich eine solche nur bejahen, wenn ihm eine Pflichtverletzung unter gleichzeitiger Verwirklichung der Merkmale eines deliktischen Haftungstatbestandes vorzuwerfen wäre. Dazu jedoch reicht die Tatsachengrundlage nicht aus.

Gemäß § 826 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. Um diese Merkmale auszufüllen, genügt allein die Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Pflichten nicht. Vielmehr muss hinzutreten, dass - sofern das Unterlassen einer Aufklärung oder Belehrung den Vorwurf ausmacht - der Aufklärungspflichtige eine Schädigung des Anlegers zumindest bedingt vorsätzlich in Kauf genommen hat und sein Verhalten als besonders verwerflich zu qualifizieren ist.

Weil es nach Auffassung des erkennenden Senates jedenfalls an der Verwirklichung dieser beiden Tatbestandsmerkmale fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten überhaupt eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann. Als eine solche kommt verständiger Weise lediglich in Betracht, dass er es unterlassen hat, die Anlageinteressenten vor Abgabe/Annahme des Treuhandvertragsangebotes über die von der BaFin mit ihren Schreiben vom 26.10.2004 angemeldeten Bedenken gegen eine erlaubnisfreie Geschäftstätigkeit von NTX zeitnah zu unterrichten.

Verneint man nämlich eine derartige ihn treffende Obliegenheit, hatte er keine vertragskonforme Möglichkeit, die Weiterleitung von auf das Treuhandkonto gezahlter Einlagegelder an NTX zu verhindern. Dies geschah in Erfüllung der der Treuhandkommanditistin übertragenen Aufgaben, die nach § 2 Abs. 1 S. 2 des Treuhandvertrages die Anlegergelder unverzüglich weiterzuleiten hatte, sofern entweder ein steuerliches Gutachten oder ein Prospektprüfungsgutachten vorlag. Letztgenannte Voraussetzung war unstreitig gegeben, so dass die Anlegergelder nicht länger auf dem Treuhandkonto verwahrt werden durften. Die Wahrnehmung einer vertraglichen Aufgabenstellung aber ist den Vorwurf eines zur Schadensersatzleistung verpflichtenden Verhaltens nicht zu tragen geeignet.

Soweit es darum geht, dass der Beklagte nichts unternommen hat, um Beitrittswillige davon abzuhalten, sich für diese Kapitalanlage zu entscheiden, sei es etwa durch unverzüglichen Widerruf der der EQO erteilten Abschlussvollmacht, sei es durch Versendung von Informationsbroschüren an eine von ihm erst noch zu ermittelnde, für ihn bis dahin anonyme Personenmehrheit, trifft ihn wegen dieses Untätigbleibens nicht das Verdikt einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung, das ein schwerwiegendes Unwerturteil beinhaltet.

Selbst unterstellt, der Beklagte hätte vom Inhalt des an NTX adressierten Schreibens der BaFin seinem exakten Wortlaut nach Kenntnis gehabt, erhellt daraus nicht ohne weiteres, dass er allein aufgrund dessen mindestens billigend in Kauf genommen hat, den Neu-Anlegern werde ein Schaden in Form des vorhersehbaren Verlustes ihrer Einlagegelder entstehen. Bis zu der sich erst mit Schreiben der BaFin vom 27.05.2005 an die H abzeichnenden Zuspitzung der Situation, die sodann in die Untersagungsverfügung vom 15.06.2005 einmündete, hatte es über Monate hinweg Schriftwechsel und Verhandlungen gegeben, in denen über die rechtliche Bewertung des Geschäftsmodells als eines unerlaubten Finanzkommissionsgeschäftes durch die BaFin gestritten worden war - und die einer späteren gerichtlichen Überprüfung nicht standgehalten hat - und während deren in wechselseitiger Abstimmung Lösungswege erörtert worden waren, mit deren Hilfe die jedenfalls seitens der BaFin gesehenen Zweifel an einer erlaubnisfreien Tätigkeit sollten überwunden werden können. In diese Korrespondenz/Gespräche war der Beklagte als Geschäftsführer der Treuhandkommanditistin nicht funktional eingebunden, somit selbst auf ihm zufließende Informationen angewiesen. Gesicherte Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund dieser Fremdinformationen einen Kenntnisstand erlangt hatte, der ihn nicht mehr darauf vertrauen lassen durfte, die - ohnedies rechtlich nicht zweifelsfreie - Sichtweise der BaFin werde noch im Sinne von NTX und entsprechend der Interessenlage der Anleger verändert werden können, lassen sich dem klägerischen Sachvortrag nicht entnehmen.

Die Berufung darauf, dass im September/Oktober 2004 zwei anderen Fondsgesellschaften die Fortführung des Betriebs durch die BaFin untersagt worden sei, liefert kein aussagekräftiges Indiz für eine gegenteilige Annahme. Dies mag bei weiteren Fondsgesellschaften Unruhe ausgelöst und Anlass gegeben haben, vorsorglich über Umstrukturierungsmöglichkeiten nachzudenken, gibt aber keinen Aufschluss darüber, mit welchem Grad an Gewissheit davon ausgegangen werden musste, dass den vorangegangenen Untersagungsverfügungen eine Signalwirkung auch für das von NTX betriebene Geschäftsmodell beizumessen war, dies schon deswegen nicht, weil es an Vortrag dazu fehlt, dass und wieso die zur Beurteilung anstehenden Sachverhalte als vergleichbar zu bewerten sein sollten, erst recht dazu, aus welchen Gründen dies dem Beklagten hätte bekannt sein müssen.

Bei dieser Sachlage aber lässt sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Beklagte damit rechnete oder zumindest damit hätte rechnen müssen, das Geschäftskonzept von NTX sei in seiner bisher praktizierten Form endgültig zum Scheitern verurteilt, künftig noch geleistete Einlagen würden zwangsläufig "verloren" sein. Dies lässt einen ihm anzulastenden Schädigungsvorsatz entfallen.

Zudem setzt eine Anwendbarkeit von § 826 BGB, der einzigen hier ernstlich ins Auge zu fassenden Anspruchsnorm, ein sittenwidriges Verhalten, das ist ein Handeln, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, voraus. Die insoweit zu fordernde besondere Verwerflichkeit muss sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben (vgl. nur BGH NJW 2004, 2668, 2670). Misst man das hier behandelte Untätigbleiben des Beklagten trotz - unterstellter - Kenntnis vom Inhalt beider Schreiben der BaFin vom 26.10.2004 an diesen Bewertungskriterien, darf zu seinen Gunsten nicht unberücksichtigt bleiben, dass er sich in einem Interessenkonflikt befand. Er bzw. die durch ihn vertretene Treuhandkommanditistin hatte nicht allein das Wohl und Wehe der noch nicht beigetretenen Anlageinteressenten im Auge zu behalten, sondern es galt für alle Kommanditisten treuhänderisch zu handeln. Von daher musste sie auch darauf bedacht sein, die Realisierung des Anlageprojektes nicht leichtfertig dadurch zu gefährden, dass sie vorschnell und ohne eine ausreichend gefestigte Tatsachengrundlage Bedenken gegen eine erfolgreiche Umsetzbarkeit publizierte, die dazu geeignet waren, Nervosität in den für "schlechte Nachrichten" überaus sensiblen Kapitalanlagemarkt hineinzutragen. Die zu befürchtende Folge davon wäre gewesen, dass der Fonds nicht mehr hätte geschlossen werden können, was das endgültige Scheitern des Projektes zwangsläufig nach sich gezogen hätte. Dann aber wäre der Verlust der Anlagegelder bei den schon beigetretenen Kommanditisten zu verzeichnen gewesen, auf deren Interessenwahrung die H gleichermaßen Bedacht zu nehmen hatte. Diese Pflichtenkollision war zu einem Zeitpunkt nicht mehr zu vermeiden, als Beitritte schon erfolgt waren, bevor die BaFin erst mit den von ihr geäußerten Bedenken hervorgetreten ist. In dieser Situation einseitig die Belange der Neu-Anleger als höher schutzwürdig in den Vordergrund zu rücken, wäre gleichbedeutend damit gewesen, das Gleichbehandlungsgebot zum Nachteil der bereits beigetretenen Kommanditisten zu verletzen. Erstere mussten ihr aber nicht unbedingt bevorzugungswürdig erscheinen, weil - wie schon früher dargelegt - die Dinge "im Fluss" waren und das endgültige Scheitern des Geschäftsmodells noch keineswegs als sicher prognostiziert werden konnte. Übertragen auf das persönliche Verhalten des Beklagten, lässt sich nach alledem nicht sagen, dass wegen des verfolgten Ziels, der eingesetzten Mittel, der zutage getretenen Gesinnung oder der eingetretenen Folgen sein Schweigen gegenüber den Anlageinteressenten das Unwerturteil der besonderen Verwerflichkeit verdient. Er hat sich nicht zum eigenen Nutzen so verhalten, sondern ist einem Spannungsfeld, einem Interessenwiderstreit ausgesetzt gewesen, den er nicht durch aktives Tun herbeigeführt, sondern der sich durch das Dazwischentreten der BaFin sozusagen "ergeben" hat. Hätte er unter den obwaltenden Umständen dem Schutz der Interessen der noch Außenstehenden den Vorrang eingeräumt, wäre es später aber zu keinem endgültigen Einschreiten der BaFin gekommen, die Realisierung des Anlagemodells dann aus ex-post-Sicht "umsonst" verhindert worden, hätte er Schadensersatzforderungen der Alt-Anleger oder auch der in die Insolvenz geratenen Gesellschaften mit vergleichbarer Wahrscheinlichkeit zu gewärtigen gehabt wie sie dafür bestand, dass die Neu-Anleger wegen ihrer fehlgeschlagenen Kapitalanlage an ihn herantreten würden. Eine in einem unausweichlichen, nicht selbst verursachten Interessenwiderstreit getroffene Entscheidung ist - mindestens bei der hier gegebenen unsicheren Tatsachengrundlage - kein Ausdruck einer verwerflichen Gesinnung.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Klagebegehren auch auf keine andere Anspruchsnorm als § 826 BGB stützen lässt. Dies wird von der Berufung nicht dezidiert angegriffen und ist so zu bestätigen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da die Vielzahl gleichgelagerter Verfahren vor diversen Gerichten in verschiedenen OLG-Bezirken nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts verlangt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf den Betrag der bezifferten Klageforderung festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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