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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.04.2006
Aktenzeichen: 82 Ss OWi 18/06
Rechtsgebiete: ABMG, MautHV, OWiG


Vorschriften:

ABMG § 2
ABMG § 2 S. 1 Nr. 3
ABMG § 2 S. 2
ABMG § 3 Abs. 2 Satz 1
ABMG § 4 Abs. 1
ABMG § 4 Abs. 1 Satz 1
ABMG § 4 Abs. 1 Satz 2
ABMG § 10 Abs. 1 Nr. 1
MautHV § 1
OWiG § 80 Abs. 1
OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 1
OWiG § 80 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Der Zulassungsantrag wird als unbegründet verworfen.

II. Die Rechtsbeschwerde gilt damit als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 S. 4 OWiG).

III. Die Kosten des Verfahrens vor dem Beschwerdegericht trägt der Betroffene.

Gründe:

Die Entscheidung entspricht dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, der wie folgt begründet worden ist:

"I.

Mit Urteil vom 07.02.2006 901d OWi 313/05 (Bl. 19 ff d. A.) hat das Amtsgericht Köln den Betroffenen wegen einer fahrlässiger Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 ABMG in Verbindung mit § 1 MautHV in seiner Abwesenheit und der seines Verteidigers (Bl. 15 d. A.) zu einer Geldbuße in Höhe von 75,00 Euro verurteilt.

Das Urteil ist dem Betroffenen am 14.02.2006 zugestellt worden (Bl. 25, 25 R d. A.).

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 15.02.2006, beim Amtgericht Köln eingegangen am 18.02.2006, hat der Betroffene gegen das Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt und beantragt, dieselbe zuzulassen (Bl. 27 f. d. A.).

Mit Telefax seines Verteidigers vom 09.03.2006 hat der Betroffene den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde sowie die Rechtsbeschwerde begründet (Bl. 29 ff. d. A.).

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist in formeller Hinsicht (unter Berücksichtigung der §§ 80 Abs. 3, 79 Abs. 3 OWiG, § 341 Abs. 2 StPO) nicht zu beanstanden, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

In dem angefochtenen Urteil ist lediglich eine Geldbuße in Höhe von 75,00 Euro festgesetzt worden.

Gemäß § 80 Abs. 1 OWiG kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden kann, wenn dies entweder zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (Nr. 1) oder wenn die Aufhebung des Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs geboten ist (Nr. 2).

Beträgt wie im vorliegenden Fall die festgesetzte Geldbuße nicht mehr als 100,00 Euro, so ist die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Falle des § 80 Abs. 1 Nr. 1 durch § 80 Abs. 2 OWiG noch weiter, nämlich in der Weise eingeschränkt, dass in den Fällen des § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nur noch die Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung bezogen auf das sachliche Recht die Zulassung rechtfertigt.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wird nicht gerügt.

Der vorliegende Fall bietet darüber hinaus auch keinen Grund, allgemeine Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen.

Die Rüge des Betroffenen, die Bußgeldvorschriften der §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1, 2 Autobahnmautgesetz (ABMG) in Verbindung mit der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ABMG seien verfassungswidrig, da die Frage, wer Mautschuldner sei, sich aus § 2 ABMG nicht hinreichend bestimmt ergebe (Bl. 31 f. d. A.), führt nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Der Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es vorliegend nämlich nicht, weil sowohl der Wortlaut als auch der Sinn des § 2 ABMG derart offensichtlich ist, dass eine Auslegung der Norm im Sinne der Rechtsfortbildung nicht erforderlich ist.

Entgegen der Auffassung des Betroffenen ist der Regelung des § 2 ABMG unmissverständlich zu entnehmen, dass sowohl der Eigentümer oder Halter des Fahrzeuges als auch der Führer desselben sowie die Person, welche über den Gebrauch des Fahrzeuges bestimmt, Mautschuldner sind.

§ 2 Satz 2 ABMG bestimmt ergänzend, dass, mehrere Mautschuldner als Gesamtschuldner haften. Damit ist durch den Gesetzgeber ausreichend deutlich mitgeteilt, dass eine "Rangfolge" unter den Mautschuldnern nicht existiert. Anderenfalls wäre die gesetzlich bestimmte Gesamtschuldnerschaft kaum denkbar."

Dem ist zuzustimmen.

Dass § 2 ABMG - ebenso wie die Vorgängerbestimmung in Art. 5 des Übereinkommens vom 09.02.1994 (über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen; BGBl II 1768) - als Bestandteil des Bußgeldtatbestandes dem Bestimmtheitsgebot genügt, kann ernstlich nicht in Frage gestellt werden. Nach dem Wortlaut der Norm ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - gerade nicht eindeutig, "dass nur ein Mautschuldner existieren kann". Eindeutig ist vielmehr, dass mehrere Tatbestände alternativ und damit auch nebeneinander die Mautschuldnerschaft begründen sollen, dass mithin auch mehrere Mautschuldner existieren können. Die Bestimmung des § 2 S. 2 ABMG über die Gesamtschuldnerschaft mehrerer Mautschuldner begründet daher keine Widersprüchlichkeit der Bestimmung, wie der Beschwerdeführer meint, sondern bildet die notwendige Ergänzung zur Regelung des Satzes 1. Mautschuldner ist danach jeder, der die eine oder andere der dort aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. Das Wort "oder" drückt im Rahmen einer Aufzählung der Voraussetzungen für eine Rechtsfolge aus, dass diese nicht kumulativ, sondern lediglich alternativ erfüllt sein müssen. Durch eine Verbindung mit "und" wäre zum Ausdruck gebracht worden, dass die Mautschuldnerschaft nur bei kumulativer Erfüllung der genannten Voraussetzungen begründet wäre.

Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 2 ABMG erklären sich von selbst und bedürfen keiner Ausdeutung (vgl. Uechtritz/Deutsch DVBl. 2003, 575 [580]). Soweit in Frage gestellt worden ist, ob der zivilrechtliche Eigentümerbegriff auch hier uneingeschränkt Geltung haben soll, knüpfen diese Erwägungen an eine besondere Fallgestaltung an, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der Transporteur nicht Eigentümer des Fahrzeugs ist, sondern - als Mieter oder Leasingnehmer - lediglich über das Nutzungsrecht verfügt, während der Eigentümer das Fahrzeug nicht nutzt und keinen Einfluss auf die konkrete Verwendung des Fahrzeugs hat (vgl. dazu Lüdemann NZV 2004, 381 [382]). Nach den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Urteils besteht kein Anlass, diese Frage hier aufzugreifen. Abgesehen davon ist eine Norm nicht bereits dann wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG verfassungswidrig, wenn sie der Auslegung bedarf. Der erforderlichen Bestimmtheit steht es nicht entgegen, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber Begriffe verwendet, die in besonderem Maße der Deutung durch den Richter bedürfen. Es ist ihm von Verfassungs wegen nicht verwehrt, Generalklauseln oder unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe zu verwenden (vgl. BVerfGE 37, 201 [208]; BVerfGE 75, 341 = NJW 1987, 3175; BGH NStZ 1982, 206; Rogall, in: Karlsruher Kommentar, OWiG, 2. Aufl., § 3 Rdnr. 33 m. w. Nachw.; Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 3 Rdnr. 5).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO, 46 OWiG.

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