Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 01.04.2003
Aktenzeichen: 9 U 175/01
Rechtsgebiete: VHB 92, VVG, BGB


Vorschriften:

VHB 92 § 1
VHB 92 § 1 Nr. 1
VHB 92 § 1 Nr. 4 a
VHB 92 § 7 Nr. 1
VVG § 49
BGB §§ 93 ff.
BGB § 94 Abs. 2
BGB § 95 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 04.10.2001 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 106/01 - wird zurückgewiesen

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Hausratversicherer wegen eines behaupteten Wasserschadens vom 26.09.1998 an einem Teppichboden auf Entschädigung in Anspruch. Die Beklagte hat vorgetragen, bei dem Teppichboden handele es sich um einen Gebäudebestandteil, der nach § 1 Nr. 4 a VHB 92 nicht versichert sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen. Der Kläger macht mit der Berufung unter anderem geltend, es handele sich um einen auf Parkett mit einem "Wiederaufnahmekleber" angehefteten Teppichboden, der von der Hausratversicherung umfasst sei.

II. Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

1. Ein Anspruch auf Entschädigung nach den §§ 1, 49 VVG, 1 Nr. 1, 7 Nr. 1 VHB 92 auf Grund des Schadenereignisses vom 26.09.1998 steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu.

Bei dem Teppichboden im Hause des Klägers handelt es sich nicht um versicherten Hausrat, sondern um einen Gebäudebestandteil im Sinne von § 1 Nr. 4 a VHB 92, der in der Hausratversicherung nicht versichert ist.

Für die Abgrenzung zwischen Hausrat und Gebäudebestandteilen können die §§ 94 Abs. 2 und 95 Abs. 2 BGB herangezogen werden. Danach ist Teppichboden dann (wesentlicher) Gebäudebestandteil, wenn er zur Herstellung des Gebäudes eingefügt wurde. Ein Scheinbestandteil nach § 95 Abs. 2 BGB liegt demgegenüber vor, wenn der Teppich nach dem Willen des Verlegenden nur vorübergehend eingebracht werden soll. Die Tatsache allein, dass ein Teppichboden generell eine geringere Lebensdauer hat als ein Gebäude, begründet allerdings noch nicht die Eigenschaft als Scheinbestandteil.

Allein eine sachenrechtliche Betrachtung nach den §§ 93 ff. BGB reicht in der Vielzahl der Fälle nicht aus, sondern es ist ein "versicherungsrechtlicher" Begriff des Gebäudebestandteils zugrunde zu legen (vgl. Senat in r + s 1999, 383). Dieser orientiert sich an dem Regelungszweck, der Abgrenzungsfunktion zwischen den Sparten Hausrat- und Gebäudeversicherung. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird diesen Gesichtspunkt bei der Auslegung in den Vordergrund stellen. Mit der Gebäudeversicherung soll typischerweise das Risiko von Substanzschäden des Gebäudes abgedeckt werden, während eine Hausratversicherung gegen die Beschädigung im Wesentlichen der Einrichtung oder der zum Gebrauch oder Verbrauch dienenden Sachen abgeschlossen wird.

Das Zuschneiden des Bodenbelages spricht eher für die Annahme eines Gebäudebestandteils (vgl. Martin, SVR 3.Aufl. , H II 70, 71 ). In der Regel wird der Teppichboden dadurch nicht wiederverwendbar. Dieser Umstand ist aber allein nicht maßgeblich. Ein Teppichboden kann zudem dann Gebäudebestandteil sein, wenn das Gebäude ohne den Teppichboden nicht bezugsfertig ist. Der Teppichboden wird dann zur Herstellung des Gebäudes eingefügt, um es bewohnbar zu machen. Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Teppichboden direkt auf dem Estrich liegt (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, 26. Aufl., § 1 VHB 84, Rn 10). Befindet sich unter dem Teppichboden jedoch bereits ein bewohnbarer Untergrund, zum Beispiel Parkett oder Fliesen, wird regelmäßig nach der Art der Befestigung zu differenzieren sein: Liegt der Teppichboden nur lose auf dem Untergrund oder ist er so fixiert, dass ein Ablösen ohne Schäden am Untergrund jederzeit möglich und auch beabsichtigt ist, so handelt es sich eher um einen Einrichtungsgegenstand, also Hausrat. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine bloß vorübergehende Einbringung handelt (vgl. OLG München, VersR 1997, 999 - LS -). Ist der Teppichboden hingegen derart fest mit dem Untergrund verklebt, dass dieser bei einer Entfernung des Teppichbodens zwangsläufig - wenn auch nur in Teilen - beschädigt würde, muss von einem Gebäudebestandteil ausgegangen werden. So liegt der Fall hier.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lag der Teppichboden zwar auf einem - mehr oder weniger abgenutzten - Parkettfußboden, war jedoch mit diesem fest verklebt. Dies ergibt sich aus der glaubhaften Bekundung des sachverständigen Zeugen N. Der Zeuge war am Tage nach dem Schadensereignis und zwei bis drei Wochen danach im Hause des Klägers. Er hat den Teppichboden im Wohnzimmer aufgenommen und die Verklebung festgestellt. Er hat ausgesagt, dass bei einer Entfernung des Teppichbodens durch maschinelles Abschaben Klebereste auf dem Parkett verbleiben würden. Diese könne man wie üblich abschleifen. Nach Art des vorgefundenen Klebers würden immer Rückstände verbleiben. Der Zeuge erwies sich als besonders sachkundig, so dass der Senat seinen Angaben gefolgt ist. Der Zeuge T konnte aus eigener Anschauung zum Bodenbelag nichts sagen. Er hat bekundet, man habe ihm erklärt, der Teppichboden sei verklebt gewesen. Der Zeuge I2, der seinerzeit vor Ort war, hat bekundet, dass er den Teppichboden nicht aufgenommen habe und deshalb zum Aufbau nicht sagen könne. Demgegenüber war die Aussage der Zeugin Q dadurch gekennzeichnet, den Teppichboden nur als punktuell "angeheftet" zu beschreiben. Sie hat aber auch bekundet, bei der Beseitigung wären sicherlich hier und da Reste auf dem Parkett verblieben. Ihre Darstellung war insgesamt jedoch zu ungenau, so dass der Senat den Angaben des sachverständigen Zeugen N gefolgt ist. Danach war eine feste Verbindung des Teppichbodens zum Parkett anzunehmen, die den Belag als Gebäudebestandteil erscheinen lässt.

Die Frage, in welchem Umfang überhaupt Leitungswasser ausgetreten ist und ob frühere Schäden vorlagen, konnte offen bleiben.

Auf den Umstand, ob und in welcher Weise die vom Gebäudeversicherer auf den Teppichbodenschaden gezahlten Beträge von 5.528,18 DM (vgl. Gutachten W. (Bl. 102 GA) und 539,00 DM (Liefern und Verlegen) sowie 165,00 DM (Aufnehmen und Entfernen, vgl. Gutachten H, Bl. 110) zu berücksichtigen sind, kam es nicht mehr an.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor.

2. Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.473,96 EUR (10.719,66 DM).

Ende der Entscheidung

Zurück