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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 13.12.2002
Aktenzeichen: 21 U 1938/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138
1. Miet- und Pachtverträge sind sittenwidrig und nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten, Ausnutzung der Unerfahrenheit des Partners u.a. Bei Miet- und Pachtverhältnissen ist grundsätzlich die ortsübliche Marktmiete/der ortsübliche Pachtzins zum Vergleich heranzuziehen.

2. Bei gewerblichen Miet- und Pachtverhältnissen wird ab einer Überschreitung von knapp 100 % des ortsüblichen Miet- oder Pachtzinses aus den objektiven Umständen auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen. Ein Prozentsatz von 88 % reicht hierfür nicht aus, wenn es sich hierbei um einen Höchstwert handelt, bei dessen Berechnung alle Umstände zu Lasten des Verpächters berücksichtigt sind.


Oberlandesgericht München 21. Zivilsenat IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 21 U 1938/02

Verkündet am 13. Dezember 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Seitz und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Klemm und Schmidt nach Lage der Akten am 22. November 2002 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München II, 5. Zivilkammer, vom 17.12.2001 in Ziffer I dahingehend abgeändert, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin 67.113,13 Euro nebst jeweils 7,5 % Zinsen aus 2.575,38 Euro für die Zeit vom 5.6.1997 bis 18.7.1997, 1.552,79 Euro seit 19.7.1997, jeweils 2.575,38 Euro seit 4.7.1997, 5.8.1997, 4.9.1997, 6.10.1997, 6.11.1997, 4.12.1997, 6.1.1998, 5.2.1998 und 5.3.1998, jeweils 2.597,77 Euro seit 5.4.1998, 6.5.1998, 5.6.1998, 4.7.1998, 5.8.1998, 4.9.1998, 6.10.1998, 5.11.1998, 4.12.1998, 7.1.1999, 4.2.1999, 4.3.1999, 7.4.1999, 6.5.1999, 5.6.1999 und 5.7.1999, 6.094,05 Euro seit 25.7.1997, 264,64 Euro seit 8.11.1999 und 3.773,31 Euro seit 2.2.2001, sowie 7,67 Euro vorgerichtliche Mahnauslagen zu bezahlen.

II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung restlicher Pachtzinsen und abgerechneter Nebenkosten aus einem beendeten Pachtverhältnis, sowie die Bezahlung von Getränkelieferungen.

Die Klägerin mietete in dem zu errichtenden Gebäudekomplex "An der Riviera" in M mit Vertrag vom 20.2.1995 die zu errichtenden Ladenlokale Nr. 106 und 107. Mit Vertrag vom 18.729.3.1996 verpachtete die Klägerin das Ladenlokal Nr. 106 zur erstmaligen Nutzung an den Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 2) trat dem Vertrag als Mithaftende bei. Die Vertragslaufzeit war bis zum 31.10.2005 befristet. Zur vertraglich vorgesehenen Nutzung als Bistro stellte die Klägerin dem Beklagten u.a. ein Getränkeschankbuffet, eine Getränkekühlzelle, eine Lüftungsanlage, sowie die zum Betrieb erforderlichen Tische, Stühle und Sonnenschirme zur Verfügung.

Die Klägerin zahlte an den Vermieter für die Ladeneinheit Nr. 106 eine monatliche Bruttomiete von DM 4.290,08. Im Pachtvertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten wurde ein monatlicher Pachtzins von DM 4.380.- zuzüglich MWSt und eine Nebenkostenvorauszahlung von monatlich DM 410,20 zuzüglich MWSt vereinbart.

Der Beklagte zu 1) eröffnete das Lokal am 7.6.1996 als "E Bistro". Anfang September 1996 wurde im benachbarten Ladenlokal Nr. 107 eine Pizzeria eröffnet.

Der Pachtzins wurde bis einschließlich Mai 1997 beglichen. Für den Monat Juni 1997 zahlten die Beklagten nur einen Teilbetrag von DM 2.000.- und stellten dann die Zahlungen insgesamt ein.

Mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 10.6.1997 erklärte der Beklagte zu 1) die außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses und die Anfechtung des Pachtvertrages. Er bot den Abschluss eines Aufhebungsvertrages und die Räumung zum 30.6.1997 an. Auf dieses Angebot ging die Klägerin nicht ein.

Mit Schreiben vom 1.9.1997 kündigte der Beklagte zu 1) nochmals das Pachtverhältnis fristlos und erklärte "wegen Sittenwidrigkeit und aus jedem weiteren erdenklichen Rechtsgrund" die Anfechtung. Entsprechend der in diesem Schreiben gemachten Ankündigung wurde noch am gleichen Tag der Geschäftsbetrieb eingestellt.

Mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 8.9.1997 boten die Beklagten nochmals den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Erstattung der Investitionen an. Auch diesmal kam eine Vereinbarung nicht zustande.

Mit Schreiben vom 25.3.1998 stellten die anwaltlichen Vertreter der Klägerin eine Beendigung des Pachtverhältnisses in Aussicht, falls ein Nachpächter gefunden und eine Einigung über die Ablöse erzielt werden könne.

Im Verlauf des Rechtsstreits kündigte die Klägerin den Pachtvertrag mit Schriftsatz ihrer anwaltlichen Vertreter vom 15.6.1998. Die Beklagten verweigerten zunächst die Räumung, übersandten der Klägerin aber schließlich am 21.1.1999 die Schlüssel des Pachtobjekts, die es ab August 1999 wieder verpachten konnte.

Ab Eröffnung des Lokals hatten die Beklagten Getränke bezogen. Die ab 16.1.1997 gelieferten Getränke wurden von ihnen nicht mehr bezahlt. Unter Berücksichtung von Leergutrückgaben und Abschlagszahlungen belief sich der Zahlungsrückstand auf DM 11.918,92.

Aus den Nebenkostenabrechnungen für die Zeit bis Juli 1999 ergab sich eine Nachforderung der Klägerin in Höhe von DM 7.897.55.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe sich bei der Höhe des Pachtzinses an der selbst zu entrichtenden Miete orientiert. Eine von den Beklagten eingeholte Auskunft der H H- und G-Beratungsgesellschaft mbH über die Angemessenheit des Pachtzinses sein nicht verwertbar, da die zugrunde gelegten Zahlen nicht repräsentativ seien. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestehe nicht. Ein Konkurrenzschutz bezüglich des Nachbarlokals sei nicht vereinbart worden.

Die Klägerin hat die Meinung vertreten, der Pachtvertrag sei erst durch die eigene Kündigung beendet worden. Die Beklagten seien verpflichtet, die rückständigen Pachtzinsen und die entgangenen Pachtzinsen bis zur Neuverpachtung zu bezahlen, ebenso die abgerechneten Nebenkosten und die offenen Getränkerechnungen, unter Abzug des Kautionsguthabens. Aufrechenbare Gegenansprüche würden den Beklagten nicht zustehen.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, an die Klägerin DM 131.261,88 nebst jeweils 7,5 % Zinsen aus DM 5.037,00 für die Zeit vom 5.6. bis 18.7.1997, DM 3.037,00 seit 19.7.1997, jeweils DM 5.037,00 seit 4.7., 5.8., 4.9., 6.10., 6.11. und 4.12.1997, jeweils DM 5,037,00 seit 6.1., 5.2. und 5.3.1998, jeweils DM 5.080,80 seit 5.4., 6.5., 5.6., 4.7., 5.8., 4.9., 6.10., 5.11. und 4.12.1998, jeweils DM 5.080,80 seit 7.1 " 4.2., 4.3., 7.4., 6.5., 5.6. und 5.7.1999, DM 11.918,92 seit 25.7.1997, DM 7.897,55 seit Zustellung, sowie DM 15.- vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im übrigen erledigt ist.

Die Beklagen haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, der von der Klägerin verlangte Pachtzins sei sittenwidrig überhöht gewesen. Das gleiche gelte für den mit dem Pachtvertrag zusammenhängenden Getränkebezugsvertrag.

Die Klägerin habe die Beklagten auch arglistig getäuscht, da sie behauptet hätte, sie würde das Ladenlokal Nr. 107 an einen asiatischen Gastwirt verpachten. Durch die benachbarte Pizzeria sei aber eine Konkurrenz entstanden, die den Betrieb des Bistros unmöglich gemacht habe. Die Klägerin habe auch verschwiegen, dass die Heiztechnik des Lokals nicht mehr den Regeln der Technik entspreche, was zu einem absurd hohen Stromverbrauch geführt habe. Möglichen Forderungen der Klägerin würde ohnehin eine Gegenforderung für die getätigten Investitionen in Höhe von ca. DM 300.000.- gegenüber stehen.

Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von Pachtzinsen und Nutzungsentschädigung bis einschließlich Januar 1999, Nebenkostennachzahlungen bis einschließlich Januar 1999 und zur Bezahlung der Getränkelieferungen unter Anrechnung des Kautionsguthabens verurteilt. Die über den Januar 1999 hinausgehenden Ansprüche auf Zahlung von Nutzungsentschädigung und Nebenkosten wurden abgewiesen.

Nach Auffassung des Landgerichts ist der Pachtvertrag nicht sittenwidrig. Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liege nicht vor, aus dem auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin geschlossen werden könne. Den Beklagten sei auch von Anfang an bekannt gewesen, dass im benachbarten Ladenlokal Nr. 107 ein Gaststättenbetrieb eröffnet werden sollte. Gemäss Ziffer XI des Pachtvertrages seien mündliche Nebenabreden zwischen den Parteien nicht getroffen worden. Die von den Beklagten erklärte Aufrechnung greife nicht durch, da die angebliche Forderung von DM 300.000.- nicht substantiiert dargelegt worden sei.

Für Ansprüche der Klägerin, die den Zeitraum zwischen Herausgabe der Schlüssel bis zur Neuverpachtung betreffen, fehle eine Rechtsgrundlage.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagten hätten durch ihren Zahlungsverzug die außerordentliche Kündigung des bis zum Jahre 2005 befristeten Pachtvertrages veranlasst. Eine Neuverpachtung sei erst zum 1.8.1999 möglich gewesen. Bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Vertragspflichten durch die Beklagten hätten auch in der Zeit von Februar bis Juli 1999 Einnahmen in der eingeklagten Höhe erzielt werden können.

Die Klägerin ist der Ansicht, diese Ansprüche seinen auf der Grundlage der positiven Forderungsverletzung oder der Verzugshaftung begründet. Soweit der Klage stattgegeben wurde, schließt sich die Klägerin der Auffassung des Erstgerichts an und ist der Meinung, weitere Beweiserhebungen seien nicht veranlasst gewesen.

Die Klägerin beantragt:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 17.12.2001, Aktenzeichen 5 O 6378/97, wird zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München II vom 17.12.2001, Aktenzeichen 5 O 6378/97 in Ziffer I dahingehend abgeändert, dass die Beklagten verurteilt werden, als Gesamtschuldner an die Klägerin € 67.113,13 nebst jeweils 7,5 % Zinsen aus € 2.575,38 (DM 5.037,00) für die Zeit vom 5.6.1997 bis 18.7.1997, € 1.552,79 (DM 3.037,00) seit 19.7.1997, jeweils € 2.575,38 (DM 5.037,00) seit 4.7.1997, 5.8.1997, 4.9.1997, 6.10.1997, 6.11.1997, 4.12.1997, 6.1.1998, 5.2.1998 und 5.3.1998, jeweils € 2.597,77 (DM 5.080,80) seit 5.4.1998, 6.5.1998, 5.6.1998, 4.7.1998, 5.8.1998, 4.9.1998, 6.10.1998, 5.11.1998, 4.12.1998, 7.1.1999, 4.2.1999, 4.3.1999, 7.4.1999, 6.5.1999, 5.6.1999 sowie 5.7.1999, € 6.094,05 (DM 11.918,92) seit 25.7.1997, € 264,64 (DM 517,60) seit 8.11.1999, € 3.773,31 (DM 7.379,95) seit 2.2.2001 sowie € 7,67 (DM 15,00) vorgerichtliche Mahnkosten zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen:

I. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

II. Das am 17.12.2001 verkündete Urteil des Landgerichts München II, Az: 5 O 6378/97 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Sie sind der Ansicht, das vom Erstgericht eingeholte Gutachten zur Angemessenheit des Pachtzinses sei unrichtig und erläuterungsbedürftig gewesen. Der Sachverständige habe es versäumt, bei der fachkompetenten Stelle des Landratsamtes M weitere Informationen einzuholen. Auch daraus hätte sich ergeben, dass der vereinbarte Pachtzins sittenwidrig überhöht gewesen sei. Der Vortrag zur Verletzung der Treuepflicht wegen der Verpachtung des Ladenlokals Nr. 107 und zur übermäßigen Energiekostenbelastung wird von den Beklagten wiederholt und vertieft.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Landratsamtes M.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2002 war die beklagte Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Auf Antrag der Klägerin wurde beschlossen, nach Lage der Akten zu entscheiden.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die angefochtene Entscheidung, die Schriftsätze der Parteienvertreter, die vorgelegten Urkunden, das Gutachten des Sachverständigen E (Bl. 215/233 d.A.) und die amtliche Auskunft des Landratsamtes M (Bl. 364/365 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig (§§ 511 ff ZPO), aber nur die Berufung der Klägerin erweist sich als begründet.

I.

Der zwischen den Parteien abgeschlossene Pachtvertrag war wirksam. Erst die Kündigung durch die Klägerin gem. §§ 581 Abs. 2, 554 Abs. 1 BGB a.F. hat das Pachtverhältnis beendet.

1. Miet- und Pachtverträge sind, wie sonstige Rechtsgeschäfte, gem. § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten, Ausnutzung der Unerfahrenheit des Partners u.a. Bei Miet- oder Pachtverhältnissen ist grundsätzlich der Verkehrswert und damit die ortsübliche Marktmiete bzw. der ortsübliche Pachtzins zum Vergleich heranzuziehen (BGH NJW 1999, 3187/3189 f. m.w.N.).

Bei gewerblichen Miet- und Nutzungsverhältnissen wird ab einer Überschreitung von knapp 100 % des ortsüblichen Miet- oder Pachtzinses aus den objektiven Umständen auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten geschlossen (BGH aaO; BGH NZM 2002, 69; Senat ZMR 2001, 708/709; KG ZMR 2001, 614).

Die vom Erstgericht und vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat gezeigt, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Pachtzins um maximal 88 % über dem ortsüblichen Niveau des Jahres 1996 liegt. Dieser Prozentsatz ergibt sich, wenn die von der Klägerin getätigten Investitionen (Schankbuffet, Kühlanlage, Lüftungsanlage, Bestuhlung etc.) unberücksichtigt bleiben, der unterste Bereich der vom Sachverständigen E ermittelten ortsüblichen Preisspanne von DM 25.- bis DM 27.- zugrundegelegt und die Fläche der Kellerräume lediglich mit 25 % des ansonsten ortsüblichen Quadratmeterpreises - bei einer vom Sachverständigen dafür ermittelten Spanne von 25 - 50 % - berechnet wird.

Dem Sachverständigen E standen bei seinem Gutachten sieben Vergleichsobjekte im selben Gebäudekomplex zur Verfügung, in dem sich auch das Streitgegenstand liehe Ladenlokal befindet. Dies reicht für einen repräsentativen Überblick aus, zumal andere Möglichkeiten nicht zur Verfügung standen.

Dies wurde bestätigt durch die amtliche Auskunft des Landratsamtes M, die der Senat erholt hat. Der vom Sachverständigen E ermittelte Durchschnittspreis von 25.- DM bis DM 27.- pro Quadratmeter entspricht dem Quadratmeterpreis von DM 27,18 (DM 1.200.- bei 44,15 qm) der im Jahre 1996 nach Auskunft des Landratsamtes bei Abschluß eines Pachtvertrages über eine Eisdiele vereinbart wurde. Auch der Pachtzins, der nach dem aktuellen Pachtvertrag für das streitgegenständliche Objekt zu zahlen ist liegt bei 27,69 DM pro Quadratmeter, wenn die vom Sachverständigen E errechneten Flächen zugrundegelegt werden. Für eine Pizzeria weist nach Auskunft des Landratsamtes ein Pachtvertrag aus dem Jahre 2000 sogar einen Pachtzins von ca. DM 49.- pro Quadratmeter (DM 1.800.- bei einem Gastraum von 35 qm und einem Lagerraum von 7 qm) aus.

Die Feststellungen des Sachverständigen E, die auf der Vergleichswertmethode beruhen, sind nicht dadurch in Zweifel zu ziehen, dass nach dem Privatgutachten der H H- und G-Beratungsgesellschaft mbH der von den Parteien vereinbarte Pachtzins weit mehr als 100 % über dem Durchschnittswert liegt. Dieses Privatgutachten wurde unter Anwendung der EOP-Methode (an der Ertragskraft orientierte Pachtwertfindung) erstellt, die nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht geeignet ist, ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei der Bewertung einer Gaststättenpacht zu bestimmen (BGH NJW 1999, 3187/3189).

Auch eine indirekte Vergleichwertmethode ist nach Auffassung des BGH aus Rechtsgründen nicht geeignet, den zum Vergleich heranzuziehenden objektiven Mietwert zu ermitteln (BGH NJW-RR 2002, 1521/1522).

Nachdem schon aus der Höhe des Pachtzinses und damit aus den objektiven Umständen nicht auf eine verwerfliche Gesinnung der Klägerin geschlossen werden kann, ist die Tatsache, dass die Klägerin selbst einen ähnlich hohen Mietzins zu zahlen hat, ohne Bedeutung.

2. Der Pachtvertrag wurde von den Beklagten auch nicht wirksam gern! § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten.

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin nach der von ihr bestrittenen Behauptung der Beklagten erklärt hatte, das benachbarte Ladenlokal Nr. 107 werde an einen asiatischen Gastwirt verpachtet.

Selbst wenn eine solche Äußerung gefallen sein sollte, ergibt sich daraus nicht, dass der für den Tatbestand des § 123 BGB erforderliche Täuschungswille (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 123 Rn. 11) bei Abschluss des Pachtvertrages mit den Beklagten vorhanden war und bereits damals das benachbarte Lokal zum Betrieb einer Pizzeria verpachtet werden sollte. Dies wird von den Beklagten nicht behauptet, auch die Beweislast für einen entsprechende Täuschungswillen liegt bei der beklagten Partei (Palandt/Heinrichs aaO, Rn. 30). Die Umstände lassen ebenfalls nicht auf einen solchen Täuschungswillen schließen, da das Ladenlokal Nr. 107 erst 3 Monate nach dem streitgegenständlichen Lokal eröffnet wurde.

b) Ein Anfechtungsrecht gem. § 123 BGB ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach der Behauptung der beklagten Partei das Heizungs- und Lüftungssystem nicht dem Stand der Technik entspricht. Ein Täuschungswille wird weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Da die Beklagten die ersten Nutzer der Räumlichkeiten waren, standen der Klägerin keine Vergleichszahlen zur Verfügung, die sie gegebenenfalls verpflichtet hätten, vor Abschluss des Vertrages auf außergewöhnlich hohe Stromkosten hinzuweisen.

3. Das Pachtverhältnis wurde von den Beklagten auch nicht gem. §§ 581 Abs. 2, 554 a BGB a.F. wirksam gekündigt.

a) Die Verpachtung des benachbarten Ladenlokals zum Betrieb einer Pizzeria stellte keine Pflichtverletzung im Sinne des § 554 a BGB a.F. dar. Zwar besteht auch ohne ausdrückliche Vereinbarung grundsätzlich eine Verpflichtung des Verpächters, seinen Vertragspartner vor Wettbewerbern zu schützen (vgl. BGH NJW 1979, 1404; Düsseldorf NZM 2001, 1033), doch waren die Beklagten vor Abschluss des Pachtvertrages darüber informiert worden, dass das benachbarte Objekt ebenfalls zum Betrieb einer Gastwirtschaft verpachtet werden sollte. Die im Rahmen der Leistungstreupflicht bestehende Verpflichtung der Verpachtend zum Wettbewerbsschutz wurde hier konkludent abbedungen.

b) Auch wenn nach der bestrittenen Behauptung der beklagten Partei vor Abschluss des Pachtvertrages die Klägerin geäußert haben sollte, das benachbarte Ladenlokal werde an einen asiatischen Gastwirt verpachtet, berechtigte dies die Beklagten nicht zur Kündigung mit Schreiben vom 10.6.1997.

Die Kündigung des Pachtverhältnisses wegen schuldhafter Vertragsstörung ist zwar an keine Frist gebunden, ein langes Zuwarten berechtigt indessen zu der Feststellung, dass die Fortsetzung des Vertrages zumutbar ist (BGH WM 1983, 660). Hier hatten die Beklagten seit spätestens Anfang September 1996, als das benachbarte Lokal eröffnet wurde, Kenntnis davon, dass nicht ein asiatisches Restaurant, sondern eine Pizzeria in Konkurrenz zum eigenen Gewerbetrieb treten wird. Auch wenn man den Beklagten eine Frist von drei Monaten zum Vergleich des Umsatzes während dieser Zeit zu den Umsätzen von Juni bis August 1996 zubilligt, zeigt die Tatsache, dass bis einschließlich Mai 1997 der vereinbarte Pachtzins gezahlt und erst mit Schreiben vom 10.6.1997 die Kündigung erklärt wurde, dass die Fortsetzung des Pachtverhältnisses den Beklagten zumutbar war.

c) Schließlich stellt auch die von den Beklagten gerügte stromabhängige Beheizung und Belüftung auch dann keine schuldhafte Vertragsverletzung im Sinne des § 554 a BGB a.F. dar, die zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen würde, wenn - wie von den Beklagten behauptet- dies nicht dem Stand der Technik entsprechen sollte.

Da das Pachtobjekt neu errichtet wurde, verfügten weder die Klägerin noch die Beklagten über Erfahrungswert hinsichtlich der anfallenden Stromkosten. Im Rahmen der Gesamtwürdigung aller für die Vertragsfortsetzung wesentlichen Umstände stellt dies einen Gesichtpunkt dar, der dafür spricht, dass den Beklagten die Fortsetzung des Pachtverhältnisses zumutbar war. Auch die Tatsache, dass der Geschäftsbetrieb von den Beklagten noch bis 1.9.1997 fortgeführt wurde, obwohl die Abrechnung der Isar-Amperwerke vom 14.31997 datiert und der geschuldete Betrag zum 1.4.1997 abgebucht wurde, zeigt, dass die Beklagten diesem Umstand keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hatten. Schließlich liegen die Stromkosten von DM 12.012,04 für den Zeitraum 1.4.1996 bis 18.2.1997 (vgl. Anlage B 2) auch in einem Bereich, der nicht zu einer außergewöhnlichen, untragbaren Belastung der Beklagten führen konnte.

4. Erst die Kündigung der Klägerin vom 15.6.1998 hat das Pachtverhältnis beendet. Dafür lagen die Voraussetzungen der §§ 581 Abs. 2, 554 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB a.F. vor, nachdem die Beklagten ab Juli 1997 die Zahlungen vollständig eingestellt hatten.

II.

Die Beklagten sind - wie vom Landgericht zutreffend festgestellt - gem. §§ 581 Abs. 1 Satz 2, 584 b BGB verpflichtet, den Pachtzins bis zur Kündigung des Pachtverhältnisses und die Nutzungsentschädigung in Höhe des Pachtzinses bis zur Rückgabe des Pachtobjekts im Januar 1999 zu bezahlen. Hinsichtlich der Getränkelieferungen ergibt sich der vom Erstgericht zugesprochene Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB. Eine -isolierte- Sittenwidrigkeit des Getränkebezugsvertrages wird von den Beklagten nicht behauptet. Sie hatten lediglich die Auffassung vertreten, die Sittenwidrigkeit des Pachtvertrages erfasse auch den Getränkebezugsvertrag.

III.

Die Beklagten sind entgegen der Auffassung des Erstgerichts aber auch verpflichtet der Klägerin auf der Grundlage der positiven Vertragsverletzung den Schaden zu ersetzen, der ihr durch den Pachtzinsausfall bis zur Neuvermietung und die bis dahin angefallenen Nebenkosten entstanden ist (vgl. Grapentin in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV 142, 142 a; Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 543 Rn. 61). Die Neuverpachtung war der Klägerin erst August 1999 möglich, so dass der Pachtzinsausfall vom Zeitpunkt der Rückgabe durch die Beklagten bis zur Weiterverpachtung und die bis einschließlich Juli 1999 angefallenen und abgerechneten Nebenkosten als S9hadensersatz geschuldet werden.

IV.

Hinsichtlich der Verzinsung wird auf die zutreffende Begründung des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Die Verpflichtung zum Ersatz der vorgerichtlichen Mahnauslagen ergibt sich aus § 286 BGB a.F. Das Landgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass der Zahlungsanspruch der Klägerin nicht durch Aufrechnung erloschen ist. Der bestrittene Investitionsaufwand von ca. DM 300.000.- wurde auch im Berufungsverfahren nicht näher erläutert.

Das Kautionsguthaben wurde von der Klägerin bei der Berechnung der Klageforderung bereits in Abzug gebracht.

V.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die weder der Rechtsfortbildung noch der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen kann.

Ende der Entscheidung

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