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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 14.08.2008
Aktenzeichen: 25 U 2326/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 808 Abs. 1
1. Ein Versicherungsschein legitimiert den Inhaber gegenüber der Versicherung nach § 808 I BGB lediglich insoweit, dass die Versicherung durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit ist. Dieser ist jedoch nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.

2. Einer Versicherung ist es nicht verwehrt, sich auf Beweisschwierigkeiten zu berufen, die auf die Vernichtung des Originals einer Abtretungsanzeige zurückzuführen sind.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 25 U 2326/08

verkündet am: 14.08.2008

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellung

erlässt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Billner und die Richter am Oberlandesgericht Fuchs und Richterin am Oberlandesgericht Sonnabend-Sies aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2008 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie alleinige Versicherungsnehmerin der bei der Beklagten zu 1) bestehenden Lebensversicherung Nr. 122965321 ist. Der Beklagte zu 2) war mit der Klägerin verheiratet. Er hat die streitgegenständliche Lebensversicherung für den Erlebens- und Todesfall mit der Beklagten zu 1) abgeschlossen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie durch Übertragung des Versicherungsvertrags auf Grund der vom Beklagten zu 2) unterzeichneten Veränderungsanzeige vom 22.03.2004 (Anlage K 1), der die Beklagte zu 1) zugestimmt habe, Versicherungsnehmerin geworden sei.

Da der Beklagte zu 2) bestreitet, die Veränderungsanzeige vom 22.03.2004 unterzeichnet zu haben, hat die Beklagte zu 1) die Umschreibung des Versicherungsvertrages rückgängig gemacht.

Das Landgericht München I hat durch Beweisbeschluss vom 31.12.2007 die Erhebung des Sachverständigenbeweises zu der Behauptung der Klägerin, dass die auf der Veränderungsanzeige vom 22.03.2004 enthaltene Unterschrift des Beklagten zu 2) echt sei, angeordnet. Die Veränderungsanzeige (Anlage K 1) liegt nur in Ablichtung vor. In ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 10.08.2007 hat die beauftragte Sachverständige dargelegt, dass sich die Echtheit einer Unterschrift anhand von Kopien grundsätzlich nicht nachweisen lasse. Auf die Stellungnahme der Sachverständigen vom 10.08.2007 (Blatt 51 - 53) wird Bezug genommen.

Durch Urteil vom 29.01.2008 hat das Landgericht München I die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Nachweis, dass der Beklagte zu 2) einer Vertragsübernahme zugestimmt habe, nicht geführt werden könne.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts München I vom 29.01.2008 wird Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Sie begründet diese im Wesentlichen wie folgt:

Die Beklagten seien beweispflichtig für die behauptete Unterschriftsfälschung. Der ihr nach Eingang der Veränderungsanzeige erteilte Versicherungsschein stelle eine Urkunde dar, für die die Vermutung der Vollständigkeit und der Richtigkeit gelte. Der Versicherer dürfe ohne Prüfung der Unterschrift des bisherigen Versicherungsnehmers keinen neuen Versicherungsschein ausstellen. Wenn er einen solchen Schein ausstelle, gelte die Vermutung seiner Richtigkeit, solange das Gegenteil nicht bewiesen sei. Im Falle irrtümlicher Ausstellung hätte der Versicherer die Erteilung des Versicherungsscheines anfechten müssen. Eine Anfechtung sei nicht erklärt worden. Der Versicherer sei zudem nach Treu und Glauben verpflichtet, entweder die Urkunde im Original aufzuheben oder dem Versicherungsnehmer im Original zurückzugeben. Wenn er die Urkunde vernichte, die für die Prüfung von Ansprüchen von Bedeutung sein könne, könne er nach Treu und Glauben die dadurch bedingten Beweisnachteile nicht auf den Versicherer abwälzen. Die Beklagte habe durch Vernichtung des Originals der Übertragungsanzeige Vertragspflichten verletzt. Ebenso bestehe ein Anspruch wegen Eigentumsverletzung aus § 823 I BGB. Es errechne sich ein Schaden von 48.938,80 Euro ausgehend von der garantierten Versicherungsleistung zum Ablauf des 30.09.2014 in Höhe von 60.781,-- Euro. Von dieser Leistung seien die bis zum Ablauf des Vertrags fälligen Prämien von insgesamt 11.842,20 Euro abzuziehen. Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs im Wege des Hilfsantrags sei zulässig, da er ausschließlich auf die bereits in erster Instanz genannten Tatsachen gestützt sei. Die Zulassung der Revision zur Weiterbildung des Rechts werde beantragt im Hinblick auf die Frage der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit des bei Wechsel des Versicherungsnehmers erteilten Versicherungsscheins und zur Klärung der Frage der Verpflichtung des Versicherers, die Versicherungserklärungen im Original aufzubewahren.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 29.01.2008 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin alleinige Versicherungsnehmerin bei der bei der Beklagten zu 1) bestehenden Lebensversicherung Nr. 122965321 auf das Leben des Beklagten zu 2) ist.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von einer Forderung ihres Prozessbevollmächtigten für vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.953,47 € freizustellen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

Die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin und Berufungsklägerin Schadensersatz in Höhe von 48.938,80 € zu zahlen.

Weiter beantragt sie, die Revision zuzulassen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass die BGH-Rechtsprechung zur Beweislastumkehr bei Vernichtung von Urkunden durch den Versicherer deshalb nicht greifen könne, weil die Klägerin nicht als Versicherungsnehmerin im Sinne dieser Rechtsprechung zu behandeln sei. Eine Sonderbeziehung, die ein Treueverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) begründen könne, liege nicht vor. Ihre Beweisnot betreffe auch nicht Erklärungen gegen den Versicherer, sondern die Vereinbarung über den Vertragsübergang zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2). Jedenfalls gelte die Beweislastumkehr nicht gegenüber dem Beklagten zu 2). Gegenüber der Beklagten zu 1) könne keine andere Beweislastverteilung gelten. Denn die Beklagten zu 1) und zu 2) seien notwendige Streitgenossen, da die Identität des Streitgegenstandes zu einer einheitlichen Sachentscheidung zwinge. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Legitimationswirkung des Versicherungsscheins berufen. Vorsorglich bietet die Beklagte zu 1) Sachverständigenbeweis an, dass die Unterschrift auf der Veränderungsanzeige vom 22.03.2004 gefälscht sei, sowie die Vernehmung des Beklagten zu 2) hierzu. Die Beklagte zu 1) bietet zudem - wie erstinstanzlich der Beklagte zu 2) - den Versicherungsvertreter Köpf zum Beweis dafür an, dass der Beklagte zu 2), als er im September 2004 von diesem von der Übertragung der Lebensversicherung erfahren habe, völlig überrascht reagiert und erklärt habe, dass er solche Unterschriften niemals abgegeben habe. Die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz sei unzulässig, weil die zugrunde gelegten Tatsachen nach §§ 529 I, 531 II ZPO nicht mehr eingeführt werden könnten. Zudem bestehe der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht. Die Beklagte zu 1) habe gegenüber der Klägerin keine Verpflichtung zur Aufbewahrung der Urkunde und zur Überprüfung der Echtheit der Unterschrift. Nicht nachvollziehbar sei auch die Berechnung des Schadensersatzanspruchs. Es könne nicht die gesamte nicht abgezinste garantierte Versicherungsleistung abzüglich noch zu zahlender Prämien zugrunde gelegt werden.

Durch Beschluss vom 24.06.2008 hat der Senat der Klägerin nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist und die versäumte Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Im Termin vom 01.07.2008 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Legitimationswirkung des Versicherungsscheines lediglich zu Gunsten des Versicherers wirke und dass die von der Rechtsprechung angenommene Beweislastumkehr bei Vernichtung der Urkunde wohl lediglich im Verhältnis zum Versicherer Wirkung erhalte, nicht aber im Verhältnis zu einem Dritten, hier dem Beklagten zu 2). Dem Versicherer sei jedenfalls nicht verwehrt, den Gegenbeweis der Fälschung durch ein Sachverständigengutachten zu führen. Es sei zu prüfen, ob die genannte BGH-Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation überhaupt anwendbar sei. Die Klage sei jedenfalls in Richtung auf den Beklagten zu 2) unbegründet. In Bezug auf die Beklagte zu 1) sei ein Schadensersatzanspruch sicherlich nicht gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.07.2008, die Schriftsätze der Klägervertreter vom 26.05.2008 und 23.06.2008, die Schriftsätze der Beklagtenvertreter zu 1) vom 04.06.2008 und 29.07.2008 sowie die Schriftsätze der Beklagtenvertreter zu 2) vom 04.06.2008 und 24.07.2008 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Am Feststellungsantrag gegen die Beklagten zu 1) und 2), dass die Klägerin alleinige Versicherungsnehmerin der streitgegenständlichen Versicherung ist, besteht ein rechtliches Interesse nach § 256 ZPO. Die von der Klägerin behauptete Rechtsposition aus dem Versicherungsvertrag wird ihr von Beklagten zu1) verweigert, sodass sie gehalten ist, die beanspruchte Rechtsstellung als Versicherungsnehmerin gegenüber der Beklagten zu 1) gerichtlich feststellen zu lassen. Ein Feststellungsinteresse besteht auch gegenüber dem Beklagten zu 2), da dieser für sich selbst beansprucht, Vertragspartner des Versicherungsvertrags zu sein, und seine behaupteten Rechte aus dem Vertrag zum Nachteil der Klägerin geltend macht, insbesondere die Beklagte zu 1) zur Rückumschreibung des Vertrags auf ihn veranlasst hat.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Es lässt sich nicht feststellen, dass der Klägerin der vom Beklagten zu 2) mit der Beklagten zu 1) geschlossene Versicherungsvertrag wirksam worden übertragen ist. Das Landgericht München I ist aufgrund der eingeholten gutachterlichen Stellungnahme zu Recht davon ausgegangen, dass durch Sachverständigengutachten nicht festgestellt werden kann, dass der Lebensversicherungsvertrag der Klägerin wirksam übertragen wurde. Die Klägerin konnte einen Nachweis dafür, dass die Unterschrift auf der Veränderungsanzeige vom 22.03.2004 vom Beklagten stammt, nicht erbringen. Nach der in erster Instanz eingeholten gutachterlichen Stellungnahme der Sachverständigen F lässt sich die Echtheit einer Unterschrift anhand von Kopien grundsätzlich nicht nachweisen, da urkundentechnische Prüfverfahren zur Feststellung evtl. vorhandener Manipulationen nicht einsetzbar sind und sich auch die im Rahmen der Echtheitsprüfung stets besonders relevanten Merkmale des feinmotorischen Bereichs nicht bzw. nicht zuverlässig erfassen lassen. Weitere Beweismittel hat die Klägerin nicht angeboten.

Der Klägerin stehen auch keine Beweiserleichterungen zu.

a) Der Nachtrag der Beklagten zu 1) vom August 2004 zum Versicherungsschein (Anlage K 3) legitimiert den Inhaber gegenüber der Versicherung nach § 808 I BGB lediglich insoweit, dass die Versicherung durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit ist. Dieser ist jedoch nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen (Satz 2). Die Versicherung muss von der Legitimationswirkung des Papiers keinen Gebrauch machen. Die Legitimation des Versicherungsscheins wirkt nur zu Gunsten der Versicherung (OLG Düsseldorf, VersR 2006, 1391).

b) Die Übertragung des Versicherungsvertrags an die Klägerin wird auch durch den Nachtrag (Anlage K 3) nicht vermutet. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde gilt grundsätzlich für einen Versicherungsschein, sie gilt auch für den Nachtrag hierzu und betrifft auch die Person des Versicherungsnehmers (Prölss/Martin, 27. Aufl., § 3 VVG, Rn. 45, 46). Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung ist dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt (BGH NJW 2002, 3164, 3165). Der Versicherungsschein begründet somit die widerlegbare Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der aus ihm ersichtlichen Erklärungen des Versicherers (Terbille, Münchner Anwaltshandbuch, VersR, § 2 Rn. 24).

In dem als Anlage K 3 vorgelegten Schreiben der Beklagten zu 1) vom August 2004 sind nur Vertragserklärungen der Versicherung zur Höhe der zu zahlenden Beiträge und zu der Überschussbeteiligung vorhanden. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut und dem Zweck der Mitteilung. Das Schreiben lautet:

"Sehr geehrte Frau B

Sie haben sich für eine Versicherung mit Zuwachs von Leistung und Beitrag bei ihrer Allianz entschieden. Damit haben Sie sichergestellt, dass Ihre Altervorsorge kontinuierlich ausgebaut wird.

Wie vereinbart, wird der Betrag Ihrer Versicherung jährlich an die Entwicklung des Höchstbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. Dadurch erhöhen sich Ihre versicherten Leistungen entsprechend.

Mit diesem Schreiben erhalten Sie einen Nachtrag mit den neuen Daten und aktuellen Informationen zur Überschussbeteiligung; er ergänzt Ihre Versicherungsunterlagen. ..."

Aus dem Wortlaut und Zweck des Schreibens ergibt sich eindeutig, dass die Urkunde nur insoweit einen Nachtrag zum Versicherungsschein darstellt, als die erhöhten Beiträge festgelegt werden und die erreichte Überschussbeteiligung mitgeteilt wird. Der Umstand, dass die Klägerin Versicherungsnehmerin geworden sei, wird zwar erwähnt, hierauf bezieht sich der Nachtrag nach seinem eindeutigen Inhalt jedoch nicht. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Mitteilung vom August 2004 (Anlage K 3) die Zustimmung der Versicherung zur Veränderungsanzeige und insoweit eine rechtsverbindliche Erklärung des Versicherers enthält, würde die Urkunde nur die Zustimmungserklärung des Versicherers zur Übertragung des Lebensversicherungsvertrages vom Beklagten zu 2) auf die Klägerin bestätigen. Dass die Beklagte zu 1 ) eine Erklärung zur Bestätigung der Wirksamkeit der Abtretungsanzeige vom 22.03.2004, die die Übertragung im Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 2) und der Klägerin zum Gegenstand hat, abgeben wollte, kann dem Schreiben nicht entnommen werden, weil die Beklagte zu 1) von diesem Vorgang keinerlei Kenntnis hatte und auch keinen Anlass hatte, eine solche Erklärung abzugeben. Eine Bestätigung des Einverständnisses der Beklagten zu 1) mit der Vertragsübernahme bestätigt nicht auch ihre Wirksamkeit. Denn eine Vertragsübernahme kann nur im Wege eines dreiseitigen Vertrages zwischen der ausscheidenden, der übernehmenden und der verbleibenden Partei vereinbart werden oder durch Vertrag zwischen der ursprünglichen und der neuen Partei, wenn der verbleibende Teil zustimmt (BGH NJW 1985, 2528, 2530).

Gleiches gilt für das Schreiben vom 16.04.2004 (Anlage K 2). Dieses bestätigt lediglich, dass die Klägerin auf Grund der eingereichten Erklärung Versicherungsnehmerin mit allen Rechten und Pflichten aus dem Vertrag sei. Auch dieses Schreiben bestätigt lediglich, dass die Beklagte zu 1) der eingereichten Veränderungsanzeige Rechnung trägt. Eine aus der Urkunde ersichtliche Erklärung des Versicherers enthält das Schreiben darüber hinaus nicht. Es kann allenfalls als konkludente Zustimmung der Beklagten zu 1) zu der vorgelegten Veränderungsanzeige betreffend die Übertragung des Versicherungsvertrags gesehen werden. Dagegen, dass mit dem Schreiben ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis abgegeben werden sollte, spricht, dass damals keinerlei Streit oder Ungewissheit über die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags bestand (BGH NJW 1998, 1492; Palandt, 67. Aufl., § 781 BGB, Rn. 3). Auch ein Beweisanzeichen für die Wirksamkeit der Übertragung ergibt sich hieraus nicht, da die Erklärung erkennbar keinerlei Tatsachen betreffend die Echtheit der Unterschrift auf der Veränderungsanzeige bestätigt.

c) Der Beklagten zu 1) ist es auch nicht verwehrt, sich auf Beweisschwierigkeiten zu berufen, die auf die Vernichtung des Originals der Abtretungsanzeige zurückzuführen sind. Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass sich der Versicherer, wenn er aus Gründen der bürotechnischen Rationalisierung die Originale der Versicherungsanträge vernichtet, nicht auf die durch die Vernichtung entstandene Unmöglichkeit des Beweises für die Echtheit der Unterschrift des Versicherungsnehmers berufen kann. Es stelle ein unzulässiges, widersprüchliches Verhalten dar (§ 242 BGB), wenn der Versicherer, der das Verfahren der Verfilmung und Vernichtung von Urkunden zu seinem (Rationalisierungs-) Vorteil eingeführt habe, die durch dieses Verfahren erzeugten Beweisnachteile auf die Versicherungsnehmer abwälzen wolle. Auf Beweisschwierigkeiten des Versicherungsnehmers, die aus dem Fehlen des Originals herrührten, dürfe sich der Versicherer deshalb nicht berufen. Wenn er seinerseits den Beweis der Fälschung nicht erbringen könne, sei der Versicherungsnehmer im Ergebnis so zu stellen, als sei ihm der Beweis der Echtheit gelungen (BGH ZIP 2000, 2329, 2330; BGH VersR 2008, 659).

Gegenstand der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs waren jeweils behauptete Fälschungen auf Versicherungsanträgen des Versicherungsnehmers. Die Vernichtung der Originalurkunden hatte Auswirkung auf die Beweislage innerhalb einer Vertragsbeziehung zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer bzw. im Rahmen der dem Vertragsschluss vorangegangenen Verhandlungen. Dass die aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) für diese Sonderbeziehung hergeleitete Beweiserleichterung über das Verhältnis der Vertragsparteien hinaus auch auf Dritte auszudehnen ist, ist den Entscheidungen nicht zu entnehmen. Eine Beweiserleichterung ist hier deshalb nicht gerechtfertigt, weil es nicht um den Nachweis eines Rechtsgeschäfts zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer geht, sondern um außerhalb des Einflussbereichs der Versicherung vorgenommene Erklärungen des Versicherungsnehmers und eines Dritten. Den Parteien, die die Veränderungsanzeige (Anlage K 1) unterzeichneten, oblag es, selbst für erforderliche Nachweise zu sorgen. Da vom Beklagten zu 2) als Versicherungsnehmer der Vorwurf der Fälschung erhoben wurde, kann die Beklagte zu 1) mit Rücksicht auf das zwischen den Beklagten zu 1) und 2) bestehende Versicherungsverhältnis nicht zu Lasten des Beklagten zu 2) gehalten sein, die Klägerin als Versicherungsnehmerin anzuerkennen und sich nicht auf den fehlenden Nachweis der Übertragung des Versicherungsvertrags zu berufen.

d) Auch die Grundsätze der Beweisvereitelung greifen nicht ein. Voraussetzung ist, dass eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, obwohl die spätere Notwendigkeit einer Beweisführung dem Aufklärungspflichtigen erkennbar sein musste (BGH NJW 2006, 434, 436; Reichold in Thomas/Putzo, 28. Aufl., § 286 ZPO Rn. 17). Allein die Tatsache, dass die Beklagte zu 1) aus Gründen der bürotechnischen Rationalisierung die Originale der Versicherungsanträge nach Mikroverfilmung vernichtet, lässt nicht auf eine Beweisvereitelung schließen. Dies geschieht nicht mit Blickpunkt auf einen möglichen Prozess mit einem Übernehmer des Versicherungsvertrages, sondern aus Gründen der Rationalisierung. Insbesondere ist deshalb nicht davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1) die Beweislage der Klägerin zumindest fahrlässig erschwerte, weil keinerlei Anhalt bestand, dass die der Beklagten zu 1) vorgelegten Veränderungsanzeige, die die Übertragung eines Versicherungsvertrages zwischen Ehegatten beinhaltete, von ihrem Versicherungsnehmer, dem Beklagten zu 2), als Fälschung in Abrede gestellt werden würde.

2. Der im Berufungsverfahren erstmals gestellte Hilfsantrag ist als Klageänderung im Berufungsverfahren nach § 533 Nr. 2 ZPO unzulässig, da er nicht auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat. Aus dem zugrunde zu legenden erstinstanzlichen Vorbringen lässt sich weder entnehmen, welche vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien - sofern die Klägerin nicht Versicherungsnehmerin geworden ist - bestanden, noch - bezüglich des geltend gemachten Anspruchs wegen Eigentumsverletzung -, aus welchen Umständen darauf zu schließen ist, dass die Klägerin Eigentümerin der der Beklagten zu 1) übergebenen Urkunde war und auch nach Übergabe an die Beklagte zu 1) bleiben sollte. Auch die Berechnungsgrundlagen des Schadensersatzanspruchs ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Vortrag nicht. Insbesondere wendet sich die Beklagte zu 1) gegen die Berechnung der Klägerin, als diese die nicht abgezinste Versicherungssumme zugrunde legt.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägervertreters vom 13.08.2008 enthält kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO war nicht veranlasst.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Höchstrichterlich zu klärende Rechtsfragen standen nicht an.

Ende der Entscheidung

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