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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 22.02.2008
Aktenzeichen: 31 Wx 79/07
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 18 Abs. 1
FGG § 20a Abs. 2
1. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann eine in der Beschwerdeinstanz unterbliebene Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten nur in entsprechender Anwendung von § 321 ZPO nachgeholt werden; denn die Bestimmung des § 18 FGG gestattet nur dem Gericht erster Instanz, nicht aber dem Beschwerdegericht die Abänderung seiner Entscheidung.

2. Wird die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten, die grundsätzlich nicht selbständig anfechtbar ist, erst nach formeller Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung nachgeholt, ist entsprechend § 20 a Abs. 2 FGG die sofortige Beschwerde statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 EUR übersteigt.


Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 2 erstrebt mit seinem Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 8.10.2007 die Abänderung der mit Beschluss vom 6.6.2006 nachträglich angeordneten Kostenerstattung im Verfahren der Beschwerde über die Anordnung der Nachlasspflegschaft.

Der Beteiligte zu 2 hatte gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft durch das Amtsgericht Beschwerde eingelegt, die mit Beschluss des Landgerichts vom 1.2.2006 zurückgewiesen worden war. Dieser Beschluss enthielt keine Entscheidung über die Erstattung von Kosten. Nach Zurückweisung der weiteren Beschwerde durch Beschluss des Senats vom 15.3.2006 holte das Landgericht die unterbliebene Kostenentscheidung nach und ordnete an, dass der Beteiligte zu 2 die dem Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten habe. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 4.9.2006 wurden diese auf 113,40 EUR festgesetzt (diejenigen für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf denselben Betrag, insgesamt also 226,80 EUR).

Mit seinem an das Landgericht gerichteten Schriftsatz vom 24.8.2007 beantragte der Beteiligte zu 2, den "Kostenergänzungsbeschluss vom 6.6.2006" (Ziffer 1 des Antrags) und den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.9.2006 (Ziffer 3 des Antrags) aufzuheben. Mit Beschluss vom 8.10.2007 wies das Landgericht den "Antrag des Beschwerdeführers vom 24.8.2007" zurück und führte aus, dieser sei nach § 18 Abs. 1 FGG zulässig, aber nicht begründet, weil die Kostenerstattung zu Recht angeordnet worden sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 2 mit seiner "sofortigen Beschwerde" vom 12.10.2007.

II.

Das Rechtsmittel ist als unbefristete Beschwerde zulässig (§ 19 Abs. 1 FGG), denn es richtet sich gegen eine Entscheidung, die das Landgericht als Gericht erster Instanz getroffen hat. In der Sache hat es keinen Erfolg, wenngleich der angegriffene Beschluss vom 8.10.2007 aus formellen Gründen aufzuheben ist.

1. Das Landgericht war nicht zur Entscheidung über den "Antrag" des Beteiligten zu 2 auf Aufhebung des Beschlusses vom 6.6.2006 berufen.

a) Das Landgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 2 vom 24.8.2007 als Anregung auf Änderung seiner Entscheidung nach § 18 Abs. 1 FGG aufgefasst. Nach dieser Vorschrift ist aber nur das Gericht erster Instanz zur Abänderung seiner Verfügungen befugt, nicht jedoch das Beschwerdegericht. Letzteres darf die vom ihm erlassenen Entscheidungen nicht, auch nicht auf Antrag, ändern; denn es kann nur wieder tätig werden, wenn es etwa im Instanzenzug erneut mit der Sache befasst wird (BayObLG JurBüro 1989, 212; Keidel/ Schmidt FGG 15. Aufl. § 18 Rn. 7, 8; Jansen/Briesemeister FGG 3. Aufl. § 18 Rn. 23; Bassenge/Roth FGG/RPflG 11. Aufl. § 18 FGG Rn. 13). Den Beschluss vom 6.6.2006 hat das Landgericht aber als Beschwerdegericht erlassen, nämlich in Ergänzung seines Beschlusses vom 1.2.2006, mit dem es die Beschwerde gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft und die Bestellung des Nachlasspflegers zurückgewiesen hatte. Die vom Beteiligten zu 2 mit seinem Antrag vom 24.8.2007 begehrte Aufhebung dieses Beschlusses durch das Landgericht selbst kam deshalb nicht in Betracht.

Auch die Nachholung einer in der Beschwerdeentscheidung unterbliebenen Kostenentscheidung kann im Übrigen nicht nach § 18 Abs. 1 FGG erfolgen (missverständlich insoweit Keidel/Zimmermann § 13 a Rn. 51), sondern nur in entsprechender Anwendung von § 321 ZPO (BayObLG JurBüro 1989, 212 m.w.N.; Jansen/von König FGG 3. Auflage § 13 a Rn. 28; zur Nachholung der Kostenentscheidung erster Instanz vgl. OLG Zweibrücken OLGR 2001, 351).

b) Der Sache nach ist der Antrag vom 24.8.2007 (Ziffer 1) als Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 6.6.2006 anzusehen. Gegen diese nach formeller Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung nachgeholte Kostenentscheidung ist entsprechend § 20a Abs. 2, § 27 Abs. 2 FGG die sofortige weitere Beschwerde statthaft.

Zwar handelt es sich nicht um eine isolierte Kostenentscheidung im eigentlichen Sinn, weil auch - allerdings vorher - eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist. Wegen der bereits eingetretenen formellen Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung scheidet jedoch auch in einem solchen Fall eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Hauptsache aus. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in einem derartigen Fall die nachgeholte Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 20 a Abs. 2 FGG für sich allein angefochten werden kann (BayObLGZ 1973, 90/93 f.; OLG Zweibrücken OLGR 2001, 351/352 m.w.N.; Keidel/Meyer-Holz § 27 Rn. 9; Keidel/Zimmermann § 20a Rn. 14; Bassenge/Roth § 20 a FGG Rn. 6). Die danach statthafte sofortige Beschwerde ist folglich nur zulässig, wenn sie innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung (§ 22 Abs. 1 FGG) eingelegt wird und der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 EUR übersteigt.

Hier ist die Frist von zwei Wochen nicht gewahrt. Der Schriftsatz vom 24.8.2007 ging erst mehr als ein Jahr nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung bei Gericht ein. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 6.6.2006 ist deshalb zu verwerfen.

c) Für die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nach Inkrafttreten des § 29 a FGG auch außerhalb des dort geregelten Bereichs der Gehörsverletzung kein Raum mehr (OLG Thüringen Rpfleger 2006, 400 m.w.N.)

2. Soweit mit Schriftsatz vom 24.8.2007 auch die Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 4.9.2006 beantragt wird, hat über diese - wohl ebenfalls verfristete - sofortige Beschwerde (vgl. § 13a Abs. 3 FGG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO) nach Durchführung des Abhilfeverfahrens das Landgericht als Beschwerdegericht zu entscheiden, sofern dieses Rechtsmittel aufrechterhalten wird.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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