Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 11.08.2008
Aktenzeichen: 6 W 1380/08
Rechtsgebiete: ZPO, GG


Vorschriften:

ZPO § 485
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht der Partei zu, nicht ihren patent- oder rechtsanwaltlichen Vertretern.

2. Ob eine Partei grundsätzlich auf diesen Anspruch ganz oder teilweise verzichten kann, erscheint zweifelhaft.

De facto hilft ein teilweiser Verzicht (nur die Anwälte bzw. die Patentanwälte erhalten Einsicht in ein Sachverständigengutachten) nicht weiter, da die Vertreter der (im Patentverletzungsstreit regelmäßig sehr) sachkundigen Partei deren Interessen nicht ohne deren Mitwirkung wahrnehmen können.

3. Dem Antragsgegner steht das Recht auf Eigentum, Art. 14/I GG, zu in Bezug auf seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, welches auch den Schutz von Betriebsgeheimnissen beinhaltet.

4. Geeignete Maßnahmen, mit welchen den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung getragen werden soll, können nur vor Erlaß eines Beweissicherungsbeschlusses getroffen werden.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

Aktenzeichen: 6 W 1380/08

In dem Rechtsstreit

wegen selbständigem Beweisverfahren

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter ohne mündliche Verhandlung am 11.8.2008 folgenden Beschluss:

Tenor:

1) Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 31.3.2008 i.d.F. des Berichtigungsbeschlusses vom 4.4.2008 wird als unbegründet kostenfällig zurückgewiesen.

2) Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000,- € festgesetzt.

3) Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe:

I.

1) Die Antragstellerin ist Inhaberin des deutschen Patents DE 44 46 560 C 1 betreffend ein Verfahren zum Schweißen von Werkstücken mit Laserstrahlung.

Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

1. Verfahren zum Schweißen von Werkstücken (10) mit Laserstrahlung, die auf das relativbewegte Werkstück (10) fokussiert wird und eine Verdampfung von Werkstoff bewirkt, wobei außer der Laserstrahlung (11) ein im Laserstrahlschweißbereich (14) des Werkstücks (10) fußender Lichtbogen (12) eingesetzt wird, dadurch gekennzeichnet, dass ein Werkstück (10) mit einer den Lichtbogen (12) im durch den Strahlfleck der Laserstrahlung (11) bestimmten Schweißbereich (14) führenden und dabei zusammenschnürenden dielektrikumsfreien Oberflächenspur (13) in einer den übrigen Schweißbereich (14) durchweg bedeckenden dielektrischen Schicht (15) verwendet wird.

Hierzu hat die Antragstellerin eine Merkmalsanalyse wie folgt vorgelegt:

Merkmalsanalyse DE 44 46 560 C1

(1) Verfahren zum Schweißen von Werkstücken mit Laserstrahlung

(2) die Laserstrahlung wird auf das relativbewegte Werkstück fokussiert

(3) durch die Laserstrahlung wird eine Verdampfung von Werkstoff bewirkt

(4) außer der Laserstrahlung wird ein im Laserstrahlschweißbereich des Werkstücks fußender Lichtbogen eingesetzt

- Oberbegriff -

(5) Verwendung eines Werkstücks mit einer Oberflächenspur, die den Lichtbogen im durch den Strahlfleck der Laserstrahlung bestimmten Schweißbereich führt

(6) die Oberflächenspur schnürt den Lichtbogen zusammen

(7) die Oberflächenspur ist dielektrikumfrei

(8) der übrige Schweißbereich ist durchweg mit einer dielektrischen Schicht bedeckt;

- Kennzeichen -

Für den weiteren Inhalt der Patentschrift wird auf die Anlage ASt 1 verwiesen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die Antragsgegnerin mache jedenfalls bei der Herstellung ihres (= der Antragsgegnerin) Top-Modells Audi A 8 vom geschützten Verfahren Gebrauch.

Dies ergebe sich - Merkmal für Merkmal - aus einer Dissertation eines Herrn ..., welche als Anlage ASt 3 vorgelegt ist.

Da die Beklagte aber die Verwirklichung einiger Merkmale des Patentanspruchs leugne, sei die Besichtigung der in den Räumen der Antragsgegnerin in ... befindlichen Laserstrahl-MIG-Hybrid-Schweißstationen erforderlich.

Die Antragstellerin hat daher unter dem 24.9.2007 einen entsprechenden Antrag im selbständigen Beweisverfahren auf Sachverständigenbegutachtung und Duldungsanordnung gestellt. Auf den weiteren Inhalt der Antragsschrift wird Bezug genommen.

Im Verfahren 21 O 17788/07 hat die Antragstellerin denselben Antrag nochmals gestellt.

2) Das Landgericht München i hat im Verfahren 21 O 17788/07 unter dem 25.9.2007 folgende einstweilige Verfügung erlassen:

a) Die Antragsgegnerinnen haben es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollstrecken am gesetzlichen Vertreter der Antragsgegnerinnen, zu dulden, dass der Sachverständige, Prof. Dr. Ing. ... im Zuge der mit Beschluss von heute im Verfahren 21 OH 17787/07 angeordneten Begutachtung, ob die in der Betriebsstätte der Antragsgegnerin (...) befindlichen Laserstrahl-MIG-Hybrid-Schweissstationen, ausgestattet mit Schweissköpfen der Fa. ... das Verfahren nach Anspruch 1 des Deutschen Patents DE 44 46 560 C 1 ausführen, welches durch die Kombination folgender Merkmale gekennzeichnet ist:

(1) Verfahren zum Schweißen von Werkstücken mit Laserstrahlung

(2) die Laserstrahlung wird auf das relativbewegte Werkstück fokussiert

(3) durch die Laserstrahlung wird eine Verdampfung von Werkstoff bewirkt

(4) außer der Laserstrahlung wird ein im Laserstrahlschweißbereich des Werkstücks fußender Lichtbogen eingesetzt

(5) Verwendung eines Werkstücks mit einer Oberflächenspur, die den Lichtbogen im durch den Strahlfleck der Laserstrahlung bestimmten Schweißbereich führt

(6) die Oberflächenspur schnürt den Lichtbogen zusammen

(7) die Oberflächenspur ist dielektrikumfrei

(8) der übrige Schweißbereich ist durchweg mit einer dielektrischen Schicht bedeckt;

eine Besichtigung und Untersuchung der Schweißanlagen unter Einbezug der an den Anlagen eingestellten sowie an der Steuerung der Anlagen einstellbaren Verfahrensparameter, welche die Arbeitsweise der Anlagen beeinflussen können, vornimmt sowie dem Sachverständigen die Bedienungsanleitungen der Laser-Hybrid-Schweißköpfe sowie die Verfahrensanweisungen, in denen der Ablauf des Laser-Hybrid-Schweißprozesses bei der Antragsgegnerin beschrieben wird, auszuhändigen, außerdem dem gerichtlichen Sachverständigen die Möglichkeit einzuräumen, das Vorhandensein einer dielektrischen Schicht bei zu verarbeitenden und/oder verarbeiteten Werkstücken zu überprüfen sowie den Ablauf des Schweißprozesses unter Heranziehung technischer Hilfsmittel, wie einer Hochgeschwindigkeitskamera, und über betriebliche Überwachungseinrichtungen, beispielsweise über die Monitore der Überwachungskameras in den Schweißstationen, im laufenden Betrieb zu beobachten.

Der Gerichtsvollzieher wird darauf hingewiesen, dass er im Falle des Widerstands der Schuldnerin gem. § 892, 758 Abs. 3 ZPO zur Durchsetzung der Duldungsverpflichtung mit unmittelbarem Zwang befugt ist und dass der Gläubiger die Wahl zwischen der Durchsetzung der Duldungsverpflichtung nach § 890 oder § 892 ZPO hat,

b) zu unterlassen, ohne Zustimmung der Antragstellerin und/oder des gerichtlich bestellten Sachverständigen Änderungen an den vorstehend zu 1. a. bezeichneten Laserhybrid-Schweißanlagen vorzunehmen, insbesondere an der Anlage einstellbare Verfahrensparameter gegenüber demjenigen Zustand abzuändern, in dem die Vorrichtung im normalem Betrieb läuft, und

c) neben dem gerichtlichen Sachverständigen die Anwesenheit folgender Personen bei den Untersuchungen des gerichtlichen Sachverständigen zu dulden:

a) Patentanwalt ...

b) Rechtsanwältin ...

c) Rechtsanwalt ...

d) Assistent des Sachverständigen (vom Sachverständigen zu benennen).

Patentanwalt Dr. ... und die Rechtsanwälte ... und ... werden verpflichtet, Tatsachen, die im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens zu ihrer Kenntnis gelangen und den Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin betreffen, geheim zu halten, und zwar auch gegenüber der Antragstellerin und deren Mitarbeitern. Der Sachverständige und sein gem. oben 3 von ihm zu benennender Assistent werden zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass sie ebenfalls gegenüber Dritten wie der Antragstellerin zur Verschwiegenheit verpflichtet sind; der Sachverständige hat den Assistenten hierauf hinzuweisen.

Im Verfahren 21 OH 17787/07 hat es unter dem 25.9.2007 folgenden Beweissicherungsbeschluss erlassen:

1. Es soll durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben werden, ob die in der Betriebsstätte der Antragsgegnerin (...) befindlichen Laserstrahl-MIG-Hybrid-Schweissstationen, ausgestattet mit Schweißköpfen der Firma ... das Verfahren nach Anspruch 1 des Deutschen Patents DE 44 46 560 Cl ausführen, welches durch die Kombination folgender Merkmale gekennzeichnet ist:

(1) Verfahren zum Schweißen von Werkstücken mit Laserstrahlung

(2) die Laserstrahlung wird auf das relativbewegte Werkstück fokussiert

(3) durch die Laserstrahlung wird eine Verdampfung von Werkstoff bewirkt

(4) außer der Laserstrahlung wird ein im Laserstrahlschweißbereich des Werkstücks fußender Lichtbogen eingesetzt

(5) Verwendung eines Werkstücks mit einer Oberflächenspur, die den Lichtbogen im durch den Strahlfleck der Laserstrahlung bestimmten Schweißbereich führt

(6) die Oberflächenspur schnürt den Lichtbogen zusammen

(7) die Oberflächenspur ist dielektrikumfrei

(8) der übrige Schweißbereich ist durchweg mit einer dielektrischen Schicht bedeckt;

2. Zum gerichtlichen Sachverständigen wird ... bestellt.

Im weiteren Verlauf wurde an Stelle des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. ... zum Gutachter bestellt Prof. Dr.-Ing. ...

3) Prof. Dr.-Ing. ... hat am 31.11. (richtig wohl 30.11.) 2007 ein Gutachten erstellt, welches am 6.12.2007 beim Landgericht eingegangen ist.

Mit Verfügung vom 6.12.2007 (Bl. 71 d.A.) hat der Vorsitzende der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I die Antragsgegnerin um Stellungnahme gebeten, ob eine Herausgabe des Gutachtens an die Antragstellerin und/oder die Antragstellervertreter mit oder ohne Auflagen erfolgen könne. Auf den weiteren Inhalt der Verfügung wird Bezug genommen. Die Antragsgegnerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 20.12.2007 (Bl. 73/74 d.A.) mitgeteilt, sie sei damit einverstanden, "wenn der Antragstellerin (nur) die Zusammenfassung des Gutachtens (Gliederungspunkt 5) mitgeteilt" werde. Mit der Weitergabe der übrigen Teile sei sie nicht einverstanden, da das Gutachten zahlreiche Angaben über geheimes technisches Know-how der Antragsgegnerin enthalte, insbesondere in den Abschnitten 2 und 4 und in den Anlagen zum Gutachten. Im Einzelnen weist die Antragsgegnerin auf folgende Punkte hin, die ihrer Meinung nach auch für die Beurteilung der Patentverletzung irrelevant seien:

- räumliche Anordnung der besichtigten Anlage (mehrere Textstellen sowie Bild 2 und Bild 3);

- Prozessüberwachung (z.B. unter Gliederungspunkt 2.3);

- Steuerung (z.B. unter Gliederungspunkt 2.3 sowie Bild 5 und Bild 6);

- Schweißparameter (z.B. unter Gliederungspunkt 2.4 sowie in sämtlichen Anlagen);

- konkrete Ausführung der Laserlichtzuführung in Kombination mit dem Schweißkopf (z.B. unter Gliederungspunkt 4);

- Abstand zwischen Laserstrahl und Drahtspitze (Gliederungspunkt 4.4 sowie Bild 9);

- Blech-Vorbehandlung (z.B. Gliederungspunkt 4.7).

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 16.1.2008 (Bi. 76/77 d.A.) beantragt, vor einer Entscheidung, das Gutachten nicht der Antragstellerin auszuhändigen, dieses den (namentlich benannten) rechts- und patentanwaltlichen Vertretern der Antragstellerin zur Stellungnahme auszuhändigen.

Mit Verfügung vom 5.2.2008 gab der Vorsitzende der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I bekannt (Bl. 82/83 d.A.), dass nach Auffassung der Kammer "bei einer Bekanntgabe der von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 20.12.2007 ... bezeichneten Teile des Gutachtens tatsächlich kein Rechtsschutzbedürfnis" bestehe.

Auf die Begründung der Verfügung wird Bezug genommen. Der mit der Bitte um Stellungnahme hierzu befasste Sachverständige Prof. Dr.-Ing.. ... erklärte mit Schreiben vom 19.3.2008 (Bl. 86 d.A.), dass er mit den Inhalten der Verfügung übereinstimme.

Auf den weiteren Inhalt seiner Stellungnahme wird verwiesen.

4) Mit Beschluss vom 31.3.2008 (Bl. 87/90 d.A.), berichtigt mit Beschluss vom 4.4.2008, ordnete das Landgericht die Herausgabe der Abschnitte Ziff. 2.2 und 4.6 des Beweissicherungsgutachtens an die Antragstellervertreter ohne weitere Verschwiegenheitsverpflichtung an und lehnte im Übrigen die Herausgabe weiterer Teile an die Antragstellervertreter auch unter Anordnung einer Verschwiegenheitsverpflichtung ab.

Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Herausgabe der Abschnitte 2.2 und 4.6 berühren keine erkennbaren Geheimhaltungsinteressen der Antragsgegnerin.

Im Übrigen fehle es für die Herausgabe der übrigen Teile am Rechtsschutzbedürfnis.

Auf die weitere Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

5) Gegen diesen, der Antragstellerin am 4.4.2008 zugestellten Beschluss, legte sie mit Schriftsatz vom 16.4.2008 (Bl. 94/97 d.A.) - bei Gericht eingegangen am 18.4.2008 - sofortige Beschwerde ein mit dem Antrag, den Beschluss des Landgerichts München vom 31.3.2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4.4.2008 dahingehend abzuändern, dass die Herausgabe des Beweissicherungsgutachtens vom 31.11.2007 an die Antragstellervertreter - abgesehen von Ziff. 2.2 und 4.6 des Beweissicherungsgutachtens jedoch nur unter Anordnung der Verpflichtung der Verschwiegenheit gegenüber der eigenen Partei - angeordnet wird.

Sie ist der Auffassung, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, da sie ohne dass wenigstens ihre Vertreter Zugang zum Gutachten bekämen, nicht dazu Stellung nehmen könne, ob die vom Landgericht angenommenen Gründe für das mangelnde Rechtsschutzbedürfnis bestünden.

Auf die Begründung im Einzelnen wird verwiesen.

Die Antragsgegnerin ist der sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 6.6.2008 (Bl. 102/106 d.A.) entgegengetreten.

Auf den Inhalt des Schriftsatzes wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 2.7.2008 (Bl. 109/115 d.A.) hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag dahin abgeändert, dass nunmehr beantragt wird, den Beschluss des Landgerichts München vom 31.3.2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 4.4.2008 dahingehend abzuändern, dass die Herausgabe des Beweissicherungsgutachtens vom 31.11.2007 an die rechts-und patentanwaltlichen Vertreter der Antragstellerin, ... abgesehen von Ziffer 2.2 und 4.6 des Beweissicherungsgutachtens jedoch nur unter Anordnung der Verpflichtung der Verschwiegenheit gegenüber der eigenen Partei - angeordnet wird.

6) Auf das gesamte schriftsätzliche Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen, soweit dies nicht schon im Einzelnen geschehen ist.

II.

1) Die sofortige Beschwerde ist statthaft, § 567/I Nr. 2 ZPO, und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

2) Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 485/II ZPO überhaupt gegeben sind; denn der Auftrag an den Sachverständigen richtete sich auf die Feststellung einer Patentverletzung.

Ob ein solcher Gutachtensauftrag angesichts der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2006, 131 ff. - Seitenspiegel) überhaupt statthaft ist, da es ja nur um Rechtsfragen geht, deren Beantwortung nicht einem Sachverständigen überlassen werden darf, mag ebenfalls dahinstehen.

Schließlich könnte die Notwendigkeit eines Beweissicherungsverfahrens auch deshalb fragwürdig erscheinen, da die Antragstellerin den Beweis auch mit der von ihr vorgelegten Dissertation und deren Verfasser als sachkundigen Zeugen führen könnte.

3) Die Beschwerde scheitert am gemäß Art. 14/I/1 GG geschützten Recht der Antragsgegnerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, vgl. Papier in Maunz/Dürig, GG, Art. 14 RN 95. Dazu gehört auch das im Betrieb der Antragsgegnerin praktizierte geheime Know-how.

Das Erstgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 20.12.2007 angesprochenen Punkte

a) tatsächlich geheimes Know-how darstellen und ob sie

b) im Gutachten des Sachverständigen offen gelegt werden.

Für das Beschwerdeverfahren ist somit davon auszugehen, dem sei so.

Sie können im zweiten Rechtszug schon deshalb nicht nachgeholt werden, weil dies nicht ohne Offenlegung des gesamten Inhalts des Gutachtens geschehen könnte.

4) Eine Abwägung der Interessen der Antragsgegnerin an der Geheimhaltung aus Art. 14/I/1 GG mit dem Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör gem. Art. 103/I GG führt zu keinem anderen Ergebnis.

Dabei ist vorweg klarzustellen, dass dieser Anspruch der Partei zusteht, nicht ihren rechts- oder patentanwaltlichen Vertretern, vgl. Leibholz-Rinck, GG, Art. 103 RZ 46, 47.

Das bedeutet, dass das Gutachten ohne jede Einschränkung der Antragstellerin, nicht nur ausgewählten Vertretern zugänglich gemacht werden müsste.

5) Ob die Partei auf dieses Recht insoweit verzichten könnte, dass sie mit einer Unterrichtung (nur) ihrer rechts- und patentanwaltlichen Vertreter einverstanden ist, erscheint fraglich, ist doch der Anspruch auf rechtliches Gehör einer der Grundpfeiler (nicht nur) des ordentlichen Verfahrens.

Dagegen spricht aber insbesondere, dass damit ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse der Gegenseite ausgehebelt werden würde. Auch wenn die Vertreter einer Partei diese nicht über den Inhalt eines Gutachtens explizit unterrichten, werden sie eine Stellungnahme zum Gutachten nicht vollständig ohne Beteiligung ihrer Partei abgeben können.

Allein schon aus solchen Besprechungen kann eine sachkundige Partei Schlüsse auf das begutachtete Verfahren und sein technisches Umfeld ziehen.

Schließlich gibt es keine Gewähr dafür, dass die Partei auf Dauer bei einem Verzicht auf eigene Kenntnisnahme bleibt.

Rechtliche Handhaben dagegen existieren nicht.

Gleiches gilt, wenn die Partei ihre rechts- und patentanwaltlichen Vertreter wechselt, was nicht ganz selten der Fall ist.

6) Daraus erhellt, dass nachträgliche geeignete Maßnahmen, wie sie das Gesetz den Gerichten überlässt, nicht zum Ziel führen können.

Es gilt vielmehr auch hier der Vorherigkeitsgrundsatz, vgl. z.B. Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, Art. 103 RN 92.

Wie den berechtigten Interessen beider Parteien am besten gerecht werden kann, ist - ggf. unter Einbeziehung des Sachverständigen - vor Formulierung und Erlass eines Beweisbeschlusses sei es in mündlicher Verhandlung, sei es schriftsätzlich, zu klären.

7) Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 574/I/1 Nr. 2, § 574/II Nr. 1 ZPO.

8) Kosten: § 97/I ZPO.

Streitwert: §§ 3 ZPO, 47 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück