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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 26.05.2002
Aktenzeichen: 1 U 13/02
Rechtsgebiete: EGZPO, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 2
EGZPO § 26 Nr. 5
ZPO § 523 a. F.
ZPO § 278 a. F.
ZPO § 278 Abs. 6
ZPO § 278 Abs. 6 Satz 2 n. F.
1. Der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO in der seit dem 01. Januar 2002 geltenden Fassung ist insbesondere nach dem Sinn der Neuregelung auch in denjenigen Berufungsverfahren zulässig, in denen nach § 26 Nr. 5 EGZPO grundsätzlich die zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften weiter anzuwenden sind.

2. Die Voraussetzungen des § 278 Abs. 6 ZPO n. F. sind auch dann gegeben, wenn die Parteien des Rechtsstreits zwar den Vorschlage des Gerichts modifizieren, aber beide den abweichenden Vergleichstext unterzeichnen. Es wäre - durch nichts zu rechtfertigender - Formalismus, wenn auf einen von deiden Seiten gebilligten und unterschriebenen schriftlichen Vergleich zunächst noch einmal ein Vorschlag des Gerichts ergehen müsste, um dies in der Form des Beschlusses feststellen zu können.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

1 U 13/02 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

...

stellt der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 26. Mai 2002 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Zink und die Richter am Oberlandesgericht Geib und Wiedemann fest:

Tenor:

Das Verfahren ist durch das Zustandekommen eines schriftlichen Vergleiches folgenden Inhalts beendet:

1. Die Beklagten zahlen an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.646,79 EUR.

2. Den Beklagten bleibt nachgelassen, den unter Ziffer 1) genannten Betrag in drei Raten á 1.650,00 EUR und einer Schlussrate á 1.696,79 EUR, erstmalig zum 15.06.2002 und sodann nachfolgend zum 15.07., 15.08. und 15.09.2002 an die Klägerin auf deren Konto, Konto-Nr. ... (Kontoinhaber H. und R. G. ) bei der Sparkasse L. , Bankleitzahl ... , zu zahlen.

3. Sollten die Beklagten mit einer Zahlung mehr als 5 Tage in Rückstand geraten, wird der dann noch offene Restbetrag in einer Summe fällig.

4. Mit Abschluss dieses Vergleiches sind sämtliche Ansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten, insbesondere aus der Liposuktionsbehandlung im Juli 1999 erledigt.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 1/4 und die Beklagten 3/4.

6. Der Streitwert für das Verfahren und den Vergleich wird auf 8.464,15 EUR (16.564,44 DM) festgesetzt.

Gründe:

Der Senat war befugt, das Zustandekommen eines Vergleiches durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO in der seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung (künftig: n.F.) festzustellen. Zwar sind für das Berufungsverfahren gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften (künftig: a.F.) weiter anzuwenden, da die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil ergangen ist, vor dem 01. Januar 2002 geschlossen worden ist. Dies führt gemäß § 523 ZPO a. F. zur ergänzenden Anwendbarkeit der Vorschriften für das erstinstanzliche Verfahren, wobei insoweit nach § 26 Nr. 2 EGZPO zu entscheiden ist, ob "altes" oder "neues" Prozessrecht anwendbar ist. Für am 01. Januar 2002 anhängige Verfahren ordnet diese Vorschrift grundsätzlich die Geltung der neuen Fassung der ZPO an; nur hinsichtlich einzelner, ausdrücklich aufgeführter Paragrafen gilt das alte Recht. Da diese Vorschriften jedoch Ausnahmen von dem Grundsatz der allgemeinen Anwendbarkeit des neuen Rechts darstellen, sind sie in ihrem Anwendungsbereich einschränkend auszulegen (Zöller-Gummer, Zivilprozessordnung, 23. Aufl., § 26 EGZPO Rn. 2). Dies gilt auch für § 278 ZPO a. F., der in § 26 Nr. 2 EGZPO ausdrücklich genannt ist. § 278 n. F. modifiziert und ergänzt die alte Fassung dieser Vorschrift. Modifizierend regelt das neue Recht, dass in der ersten vor Gericht durchzuführende Verhandlung statt eines Haupttermins (§ 278 a. F.) nunmehr eine Güteverhandlung stattfinden soll. (Nur) dieser Regelungsunterschied ist der Anwendungsbereich der kollisionsrechtlichen Vorschrift des § 26 Nr. 2 EGZPO. Dagegen soll - nach Sinn und Zweck der Übergangsvorschrift - die erleichterte Protokollierungsmöglichkeit, die § 278 Abs. 6 ZPO in der neuen Fassung ergänzend enthält, auch im Hinblick auf die Altverfahren gelten (so im Ergebnis auch Foerster, NJW 2001, 3103, 3105; a.A. Zöller-Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 278 Rn.24).

Die Voraussetzungen des § 278 Abs. 6 ZPO liegen hier vor. Allerdings haben sich die Parteien auf einen Vergleich geeinigt, der den gerichtlich zunächst vorgeschlagenen Vergleich modifiziert. Trotz des Wortlautes des § 278 Abs. 6 ZPO n.F., der lediglich vorsieht, dass die Parteien "einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts ... annehmen", steht dies einem Beschluss § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO n. F. nicht entgegen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, sicherzustellen dass der Wortlaut des Vergleiches eindeutig feststellbar ist und durch die Mitwirkung des erkennenden Gerichts eine gewisse Gewähr für die Angemessenheit des Vergleiches namentlich am Maßstabe des "ordre public" zu gewährleisten (vgl. etwa § 796a Abs. 3 ZPO). Dem wird auch dadurch genüge getan, dass die Prozessbevollmächtigten beider Parteien einen Schriftsatz, in dem der - vom gerichtlichen Vorschlag abweichende - Vergleich wörtlich wiedergegeben ist, unterzeichnen. Hierfür spricht folgende Überlegung: Soweit eine der Parteien einen abweichenden Vorschlag unterbreitet, reicht es für § 278 Abs. 6 n. F. ZPO aus, wenn dieser an den Gegner zur Stellungnahme übermittelt wird (so ausdrücklich Foerster, NJW 2001, 3103, 3105). Es wäre daher reiner - durch nichts zu rechtfertigender - Formalismus, wenn auf einen von beiden Seiten gebilligten und unterschriebenen schriftlichen Vergleich zunächst noch einmal ein Vorschlag des Gerichts ergehen müsste, um dies in der Form des Beschlusses feststellen zu können. Soweit das Gericht trotz der beiderseitigen Unterzeichnung des Schriftsatzes Bedenken gegen den Inhalt des Vergleiches haben sollte (beispielsweise im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit, wegen einer möglichen Übervorteilung einer der Parteien u.s.w.), hat es nach wie vor die Möglichkeit, von einem Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO abzusehen und stattdessen einen Verhandlungstermin zu bestimmen. Vorliegend bestehen derartige Bedenken nicht.

Ende der Entscheidung

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