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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 29.04.2002
Aktenzeichen: 1 U 150/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 267
ZPO § 256 Abs. 1
1. Ein Mandant, der in Folge fehlerhafter Beratung durch den Steuerberater eine nachteilige Vermögensanlageentscheidung getroffen hat, kann grundsätzlich nur den Schaden ersetzt verlangen, der ihm durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Beratung entstanden ist. Dies ist auf die in steuerlicher Hinsicht eingetretenen Schäden begrenzt.

2. Dass Anlagegüter bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs überteuert waren und ihr Wert zwischenzeitlich weiter verfallen ist, ist grundsätzlich nur eine Verwirklichung des vom Mandanten selbst zu tragenden Investitionsrisikos. Nur soweit der Steuerberater gerade auch insoweit über die steuerliche Beratung hinaus "wirtschaftsberatend" tätig gewesen wäre, müsste er für die ihm dabei unterlaufenen Fehler einstehen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 150/01 OLG Naumburg

verkündet am: 29.04.2002

In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2002 durch den Vizeprädidenten des Oberlandesgerichts Zink und die Richter am Oberlandesgericht Geib und Wiedemann

für Recht erkannt:

Tenor:

Das am 25. 02. 2002 verkündete Versäumnisurteil des Senats wird aufrechterhalten.

Der Kläger hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000,00 Euro abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat. Dem Kläger wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder Sparkasse zu erbringen.

Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes des Klägers übersteigt 20.000,00 Euro.

und beschlossen:

Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren beträgt 493.754,01 Euro.

Tatbestand:

Der Beklagte ist Steuerberater und war in dieser Eigenschaft bis Anfang des Jahres 1996 im Rahmen eines Dauermandates für den Kläger, seine Ehefrau sowie Gesellschaften der Eheleute K. , unter anderem die T. GmbH, tätig. Die T. GmbH wurde gegründet, um das operative Geschäft des vorher vom Kläger als Einzelunternehmen betriebenen Gewerbes, insbesondere die Vermietung von Toilettenhäuschen, zu übernehmen.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadenersatz aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau in Anspruch, da der Beklagte ihm als Steuerberater obliegende Pflichten schuldhaft verletzt habe.

Der Kläger hat gemeinsam mit seiner Ehefrau, für insgesamt 906.019,00 DM zwei Eigentumswohnungen in M. erworben.

Hierzu wurde von Klägerseite wie folgt schriftsätzlich vorgetragen:

Der Erwerb der Wohnungen sei auf Grund einer dringenden Empfehlung des Beklagten erfolgt, der dem Kläger mitgeteilt habe, dass die Einkünfte von ihm und seiner Frau im Jahr 1995 über 400.000,00 DM lägen. Da aus diesem Grunde die Einsparung von Steuern notwendig sei, habe der Beklagte dem Kläger ein Prospekt der Firma "B. KG" über die später angekauften Eigentumswohnungen übergeben. Der Beklagte habe im Rahmen seiner Beratung die Gewinnerwartung der T. GmbH falsch prognostiziert, was auf diverse Mängel der vom Beklagten geführten Buchhaltung zurückzuführen sei. Tatsächlich sei der erwirtschaftete Gewinn weit geringer als prognostiziert ausgefallen. Zudem habe der Beklagte verkannt, dass Abschreibungspotentiale im Hinblick auf die gewerblich genutzten Immobilien vorhanden gewesen seien, so dass der Erwerb von Eigentumswohnungen zum Zwecke der Steuersenkung nicht notwendig gewesen sei. Der Kläger hat behauptet, dass er die Eigentumswohnungen nicht erworben hätte, wenn er über die tatsächliche Situation im Frühjahr 1995 zutreffend von dem Beklagten beraten worden wäre. In Folge der fehlerhaften Beratung seien ihm und seiner Frau Schäden entstanden, die zum einen aus dem Wertverlust der Eigentumswohnungen in Folge des zwischenzeitlich eingetretenen Preisverfalls, zum anderen aus einer monatlichen Unterdeckung in Höhe von 4.000,00 DM resultierten.

Der Beklagte erhebt - was unstreitig ist - die Einrede der Verjährung und weist darauf hin, dass er dem Kläger den Ankauf der Eigentumswohnungen nicht angeraten habe. Es sei der Kläger gewesen, der sich über die zu hohen Steuern beschwert und nach Möglichkeiten gefragt habe, diese durch Vornahme von Investitionen zu senken.

Der Beklagte hat die fehlende Substantiierung des klägerischen Vortrages mehrfach gerügt und dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass nicht allein der Gewinn der Firma T. GmbH zu berücksichtigen sei, sondern alle Einkünfte der Eheleute K. . Diese hätten im Jahr 1995 tatsächlich 400.000,00 DM überstiegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages sowie hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat am 05.10.1999 ein Versäumnisurteil erlassen (GA Bd. 1 Bl. 157), in welchem festgestellt wurde, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen Schaden zu ersetzen,

"der diesem und dessen Ehefrau dadurch entstanden ist und entstehen wird, dass sie am 05.07.1997 gemäß Urkunde der Notarin G. mit dem Amtssitz in M. (UR-Nr. 968/95) die Annahme des notariellen Verkaufsangebots der Fa. B. Bauträger GmbH & Co. KG vom 30.06.1995 (UR-Nr. 413/95) des Notars B. mit dem Amtssitz in O. erklärt haben."

Nach Einspruch des Beklagten hat das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2000 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Sch. sowie - mit Einverständnis des Beklagten - durch Parteivernehmung des Klägers. Dabei erklärte dieser sich wie folgt: Er habe hinsichtlich der Wohnungen ein Angebot von einer Frau St. aus M. erhalten. Darüber habe er dann mit dem Beklagten gesprochen, wobei es im Wesentlichen darum gegangen sei, ob er sich dies leisten könne. Der Beklagte habe ihm zu dem Kauf dann zugeraten. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme im übrigen wird auf das Sitzungsprotokoll (Bd. I, Bl. 177 ff.) verwiesen.

Ein weiterer Beweisbeschluss des Landgerichts vom 19.05.2000 (Gerichtsakte Bd. 1, Bl. 207) wurde nicht durchgeführt, sondern mit Beschluss vom 20.06.2001 (Gerichtsakte Bd. 2, Bl. 11) aufgehoben.

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil vom 05.10.1999 mit Urteil vom 08.10.2001(GA Bd. 2, Bl. 28 ff) aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung (pVV) des Steuerberatervertrages nicht gegeben sei. Der Kläger habe eine Pflichtverletzung des Beklagten nicht ausreichend substantiiert. Der Beklagte als Steuerberater schulde zwar eine umfassende Aufklärung über die steuerlichen Vor-, Nachteile und Risiken eines Anlagegeschäftes, aber keinen Ersatz des Anlageschadens. Hiervon sei nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn der Steuerberater selbst eine bestimmte Beteiligung empfehle. Davon sei vorliegend aber nicht auszugehen. Der Kläger habe nicht substantiiert, dass Angaben zu dem erworbenen Objekt unrichtig gewesen seien.

Gegen das dem Kläger am 30.10.2001 zugestellte (GA Bd. 2, Bl. 44) Urteil wendet er sich mit seiner am 30.11.2001 eingegangenen (GA Bd. 2, Bl. 52) und am 28.12.2001 begründeten (GA Bd. 2, Bl. 58 ff) Berufung.

Der Kläger trägt vor, das Landgericht habe seinen Vortrag verkannt. Er verlange den Ausgleich für die wirtschaftlichen Nachteile aus dem Erwerb der Wohnungen, mithin keinen typischen "Steuerschaden", sondern einen Vermögensnachteil aus einer wirtschaftlichen Fehlmaßnahme. Der Beklagte habe Schadenersatz zu leisten da "der Beklagte dem Kläger (ungefragt) den Erwerb der Wohnungen empfohlen" habe (Berufungsbegründung S. 2, 3, GA Bd. 2 Bl. 67, 68). Der Grund hierfür seien "krasse Buchführungs- und Bilanzierungsfehler", insbesondere eine falsche Jahresübersicht über die Gewinnentwicklung der T. GmbH gewesen, sowie die Verkennung von Sonderabschreibungsmöglichkeiten. Einkünfte über 400.000,00 DM hätten die Eheleute K. in dem Jahr 1995 nicht erwirtschaftet, wie aus den im Nachhinein ergangenen Steuerbescheiden hervorgehe.

Der Kläger hat auch in der Berufung zunächst beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stendal vom 08.10.2001 (Az: 23 O 225/98) abzuändern und das Versäumnisurteil desselben Landgerichts vom 05.10.1999 aufrecht zu erhalten.

Der Beklagte hat die Unzulässigkeit des (Feststellungs-) Antrages gerügt und im Übrigen das angefochtene Urteil verteidigt.

Mit Schriftsatz vom 08. 02. 2002 hat der Kläger klageändernd folgenden Antrag angekündigt:

das Urteil des Landgerichts Stendal vom 08.10.2002 (Az: 23 O 225/98) abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger von sämtlichen Verbindlichkeiten gegenüber der D. Bank aus den Darlehensverträgen zu den Darlehensnummern ... und ... sowie gegenüber der H. Lebensversicherungs AG aus dem Darlehen zur Darlehensnummer ... Zug um Zug gegen Übereignung der mit der notariellen Urkunde Nr. 968/1995 der Notarin G. , M. vom Kläger und dessen Ehefrau D. K. erworbenen Eigentumswohnungen freizustellen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen Schaden zu ersetzen, der diesem und dessen Ehefrau darüber hinaus dadurch entstanden ist und noch entstehen wird, dass sie gem. vorbezeichneter Urkunde diese Eigentumswohnungen erworben haben.

Er führt aus, die zur Finanzierung der Wohnungen abgeschlossenen Darlehensverträge seien mit Schreiben vom 09. und 10. 01. 2002 gekündigt und die valutierenden Beträge in Höhe von 204.259, 27 Euro und 287.494, 74 Euro fällig gestellt worden.

Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25. 02. 2002 keinen Antrag stellen ließ, hat der Beklagte beantragt,

die Berufung durch Versäumnisurteil zurückzuweisen,

worauf der Senat in einem in gleicher Verhandlung verkündeten Versäumnisurteil erkannt hat.

Gegen das dem Kläger am 28. 02. 2002 zugestellte Urteil richtet sich dessen Einspruch, der mit am 12. 03. 2002 eingegangenen Schriftsatz vom 11. 03. 2002 eingelegt wurde.

Für den Kläger wird außerhalb der Berufungsbegründung sowie zur Begründung des Einspruches weiterhin wie folgt vorgetragen: Er, der Kläger, habe den Beklagten nicht um eine "Anlagenberatung" gebeten, welche dieser aber gleichwohl vorgenommen habe. Dabei sei dieser allerdings von falschen Voraussetzungen ausgegangen, weil er die relevante Gewinnsituation falsch eingeschätzt habe. Offenbar sei es dem Beklagten darum gegangen, den Kläger zum Erwerb der Wohnungen in M. zu veranlassen, was ja vielleicht damit zusammenhänge, dass ihm "von dem Vertriebsunternehmen eine "Provision" zugesagt worden" sei. Der Kaufpreis für die beiden Eigentumswohnungen sei schon zum Zeitpunkt des Erwerbs überhöht gewesen, auch wenn dies keine Besonderheit gerade der hier erworbenen Eigentumswohnungen gewesen sei. Zwischenzeitlich seien diese nur noch etwa die Hälfte des Preises wert, welcher 1994/1995 dafür gezahlt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und nach den Anträgen des Klägers aus dem Schriftsatz vom 08. 02. 2002 zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil des Senats vom 25. 02. 2002 aufrechtzuerhalten.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 22. 04. 2002 sowohl den Kläger als auch den Beklagten informatorisch gehört. Der Kläger hat dabei erklärt, er habe eines Tages einen Anruf von einer Frau St. aus M. erhalten. diese habe zwei Wohnungen im Angebot gehabt. Da er daran interessiert gewesen sei, habe er den Beklagten kontaktiert, welcher "wohl Frau St. den Tipp gegeben" habe. Im Wesentlichen sei es bei dem Gespräch mit dem Beklagten darum gegangen, ob er sich die Wohnungen leisten könne.

Hinsichtlich der weiteren Erklärungen des Klägers sowie des Beklagten anlässlich des Verhandlungstermins wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. 04. 2002 (GA Bd. 2 Bl. 157) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

De Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil des Senats ist zulässig und wurde insbesondere frist- und formgerecht eingelegt. Er bleibt jedoch erfolglos, da seine Berufung gegen das landgerichtliche Urteil zwar auch zulässig, jedoch in der Sache unbegründet ist. Die Klage ist nur teilweise zulässig; soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet.

1. Die Klage ist nur in Ansehung des Klageantrages zu 1) zulässig.

1.1. Der Antrag enthält eine Klageänderung, welcher der Beklagte nicht widersprochen hat und die daher gem. § 267 ZPO zulässig ist. Im übrigen ist sie auch sachdienlich. Die Sachdienlichkeit einer Klageänderung ist im Berufungsverfahren nur ausnahmsweise zu verneinen; sie ist nach Maßgabe der Prozesswirtschaftlichkeit immer dann gegeben, wenn die Änderung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 523 Rn. 8; 23. Aufl., § 531 Rn. 26). Dies ist hier der Fall, da die jetzt begehrte Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnungen eingegangen worden sein sollen, (erstmals) einen konkretisierten Schaden darstellen kann, nachdem bis dahin lediglich ein allgemeiner Feststellungsantrag (entsprechend dem erstinstanzlich ergangenen Versäumnisurteil) verfolgt wurde.

1. 2. Soweit nunmehr als Antrag zu 2) über den Klageantrag zu 1) hinausgehend ein Feststellungsantrag gestellt wird, ist die Klage unzulässig. Gem. § 256 Abs. 1 ZPO setzt der Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses voraus, dass der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis festgestellt wird. Dies ist grundsätzlich dann nicht der Fall, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rn. 7 a).

Selbst wenn man davon ausginge, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch darauf hätte, von den Folgen der behaupteten "Fehlberatung" freigestellt zu werden, ist nicht ersichtlich, warum er nicht in der Lage sein sollte, die daraus entstehenden Schäden zu beziffern. Es ist namentlich nicht einzusehen und nicht dargelegt, dass die Schadensentwicklung im vorliegenden Fall noch in der Entwicklung wäre, was hier allenfalls als Argument zur Begründung eines Feststellungsinteresses herangezogen werden könnte. Dies gilt auch, soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 08. Februar 2002 ausführt, die Bank habe einen Kontokorrentkredit gekündigt zumal ein Bezug des insoweit "drohenden" Schadens zu der (behauptet) fehlerhaften Beratung des Beklagten nicht ersichtlich ist.

2. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Beklagten aus positiver Vertragsverletzung (pVV) des Steuerberatervertrages, was hier als einzige Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, zu. Hierfür wäre neben einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten auch erforderlich, dass dem Kläger ein Schaden entstanden ist, welcher sich bei normativer Betrachtung als Verwirklichung gerade des durch die Pflichtverletzung geschaffen Risikos darstellt (Schutzzweckzusammenhang, vgl. Palandt - Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 249 Rn. 62) und nicht lediglich des allgemeinen Lebensrisikos (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Palandt - Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Vor § 249 Rn. 88). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

2.1. Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe die ihm als Steuerberater obliegenden Pflichten deshalb verletzt, weil er zum einen aufgrund fehlerhafter Buchführung und Bilanzierung eine falsche Prognose für die Einkommensentwicklung im Jahr 1995 abgegeben und ihn hierdurch dazu gebracht habe, die Wohnungen zu kaufen und zum anderen, dass der Beklagte ihm bekannte Sonderabschreibungsmöglichkeiten nicht genutzt habe so dass der Erwerb der Eigentumswohnungen zum Zwecke der Steuerersparniss nicht erforderlich gewesen sei.

2.1.1. Für die Entscheidung des Senats kann es dahinstehen, ob die behaupteten Pflichtverletzungen des Beklagten hinreichend dargetan wurden. Es fehlt bereits an einer schlüssigen Darlegung, dass die behaupteten Pflichtverletzungen für den Erwerb der Wohnungen ursächlich waren, d.h. bei "richtiger" Beratung vom Erwerb der Wohnungen - aus steuerlicher Sicht - hätte abgeraten werden müssen. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger in seinen Ausführungen nur unzureichend berücksichtigt hat, dass von dem Beklagten zum damaligen Zeitpunkt eine Prognoseentscheidung für alle mit dem Kläger und seiner Frau zusammenhängenden Steuersubjekte gefordert war; die Fehlerhaftigkeit einer solchen Entscheidung kann daher nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich die Situation hinsichtlich eines Steuersubjektes, hier etwa der T. GmbH, gegenüber dem angenommenen Zustand verschlechtert hat, ohne die Gesamtsituation aller mit dem Kläger und seiner Ehefrau zusammenhängender Steuersubjekte zu betrachten. Soweit der Kläger eine Gesamtdarstellung zumindest ansatzweise versucht (vgl. beispielsweise S. 5 der Berufungsbegründung, GA Bd. 2 Bl. 70) stützt diese sich auf Jahre später aufgrund einer Betriebsprüfung erlassene Steuerbescheide. Dass sich die tatsächliche Situation im Nachhinein anders darstellt, reicht allerdings nicht aus, um die Fehlerhaftigkeit der in der Beratungssituation geforderten in die Zukunft gerichteten Prognoseentscheidung zu belegen. So kann beispielsweise bei einem hohen Bestand an Außenständen der bilanzielle Gewinn zunächst hoch sein, während sich die tatsächliche Situation später - beispielsweise bei Uneinbringbarkeit der Forderungen - als wesentlich schlechter darstellt. Hierauf hat der Beklagte anlässlich der Verhandlung völlig zu Recht - und auch unwidersprochen - hingewiesen.

2.1.2. Selbst wenn man jedoch - entgegen der Ansicht des Senats - die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers als ausreichend ansehen würde, hätte die Klage keinen Erfolg. Aufgrund der (behaupteten) Pflichtverletzungen kann bei der gebotenen normativen Betrachtung der hier geltend gemachte "Anlageschaden" nicht verlangt werden. Auch nach der Klageänderung hat sich daran, dass "ein Vermögensnachteil aus einer wirtschaftlichen Fehlmaßnahme" (Berufungsbegründung S. 2, GA Bd. 2 Bl. 67) und damit letztlich ein "Anlageschaden" geltend gemacht wird, nichts geändert. Der Kläger beruft sich nach wie vor darauf, der Beklagte habe ausgehend von falschen Voraussetzungen eine "Anlageberatung" vorgenommen und müsse für die Folgen haften.

Der "Anlageschaden" ist nicht erstattungsfähig. Zu Recht hat die Kammer dies aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 07.05.1991 (BB 1991, 1374) hergeleitet Hieraus ergibt sich, dass ein Mandant, der in Folge fehlerhafter Beratung durch den Steuerberater eine nachteilige Vermögensanlageentscheidung getroffen hat, grundsätzlich nur den Schaden ersetzt verlangen kann, der ihm durch das Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Beratung entstanden ist. Dies ist - wie sich aus der Entscheidung ergibt - auf die in steuerlicher Hinsicht eingetretenen Schäden begrenzt. Der BGH führt (a.a.O.) aus, der Steuerberater schulde seinem Mandanten "wenn es um die Beteiligung an einer steuersparenden Vermögensanlage geht, grundsätzlich eine umfassende Aufklärung über die Arten und Möglichkeiten der zu erzielenden Verlustzuweisungen und über deren Vorteile, Nachteile und Risiken in steuerlicher Hinsicht (Hervorhebung durch den Senat). Dagegen trifft ihn eine Verpflichtung, wirtschaftlich zu beraten, nur, wenn er einen weiter gehenden, auch die Anlageberatung einschließenden Auftrag erhalten hat oder von sich aus eine bestimmte Beteiligung empfiehlt".

Der Beklagte hätte aufgrund der oben (unter 2.1.1.) aufgeführten Pflichtverletzungen daher allenfalls für den in steuerlicher Hinsicht entstandenen Schaden einzustehen. Dieser wird jedoch ausdrücklich nicht geltend gemacht. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es nach dem unstreitigen Parteivortrag einen solchen Schaden wohl auch nicht gibt. Durch den Erwerb der Wohnungen kam es nämlich unstreitig (!) zu einer Steuerersparnis in Höhe von mehr als 200.000 DM. Dies wurde bereits in dem Schriftsatz vom 10. November 1998 (dort auf S. 3) durch den Beklagten vorgetragen (GA Bd. 1 Bl. 78) und im Termin vor dem Senat wiederholt, ohne dass dem der Kläger, der persönlich anwesend und fachlich nicht nur durch seinen Prozessbevollmächtigten, sondern auch durch dessen als Steuerberater und vereidigten Buchprüfer aufs Beste qualifizierten Konsiliarius beraten war, dem entgegen getreten wäre. Unbeachtlich ist insoweit der nach der Verhandlung vom 22.04. 2002 eingereichte Schriftsatz, der zum einen durch einen nicht postulationsfähigen Anwalt unterzeichnet wurde und zum anderen nicht nachgelassen war. Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung um dem Kläger Gelegenheit zu geben, Sachvortrag aus dem Jahr 1998 zu bestreiten, kam ohnehin nicht in Betracht.

2.2. Dass die Wohnungen bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs überteuert waren und ihr Wert zwischenzeitlich weiter verfallen ist, ist demnach grundsätzlich nur eine Verwirklichung des vom Kläger selbst zu tragenden Investitionsrisikos. Nur soweit der Beklagte gerade auch insoweit über die steuerliche Beratung hinaus "wirtschaftsberatend" tätig gewesen wäre, müsste er für die ihm dabei unterlaufenen Fehler einstehen.

2.2.1.Der Beklagte hat in seiner Vernehmung durch den Senat eingeräumt, allgemein gehaltene Hinweise gegenüber dem Kläger etwa dergestalt gegeben zu haben, dass die hier ins Auge gefassten Wohnungen sich beispielsweise in einer guten Lage befänden. Fraglich ist bereits, ob mit derartig allgemein gehaltenen Hinweisen überhaupt eine haftungsrechtliche Folge verbunden werden kann. Letztendlich ist dies aber unerheblich, da die Fehlerhaftigkeit solcher "allgemeiner" Hinweise durch den Kläger selbst nicht einmal behauptet werden. Selbst wenn man unterstellt, der Beklagte habe dem Kläger tatsächlich Prospektangaben bezüglich der später erworbenen Wohnungen überlassen (hierzu unten Ziffer 2.2.3) , führt dies nicht weiter, da nicht einmal ansatzweise dargelegt ist, dass der Kaufentschluss des Klägers durch irgendwelche falschen oder irreführenden Prospektangaben hervorgerufen wurde.

2.2.2. Der Kläger trägt vor, Gegenstand der Beratung sei (im Wesentlichen) die Frage gewesen, ob er und seine Frau sich die Wohnung "leisten" könne, ob also hinreichend Liquidität vorhanden sei. Auch wenn man davon ausgeht, der Beklagte habe dies bejaht, führt dies allerdings nicht zu einem Anspruch des Beklagten. Dabei kann dahinstehen, ob man eine derartige Auskunft als Annex zu den Buchführungs- und Bilanzierungsarbeiten des Beklagten und damit zu seiner steuerberatenden Tätigkeit oder aber bereits als eine darüber hinausgehende "wirtschaftsberatende" Tätigkeit ansieht. Unstreitig ist nämlich, dass die Finanzierung des Projektes zunächst einmal völlig unproblematisch durch die Banken übernommen wurde, so dass die Finanzierung dieses Projektes an fehlender "Liquidität" offensichtlich nicht scheiterte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der "Unterdeckung" des Projektes, d.h. aufgrund des Umstandes, dass die monatlichen Mieteinnahmen geringer waren, als die Belastungen, welche aus den zur Finanzierung aufgenommenen Darlehensverträgen resultierten. Der Kläger hat gerade nicht behauptet, dass er auch bei anhaltend positiver Geschäftsentwicklung, wie sie zur Zeit der Beratung vorlag, nicht in der Lage gewesen wäre, die Belastung zu tragen. Dass ihm dies trotz der - gerichtsbekannt - zwischenzeitlich eingetretenen wirtschaftlichen Einbrüche in der Bauindustrie (seinem wesentlichen Auftraggeber) bis in das laufende Jahr hinein gelungen ist, spricht dagegen. Hinzu kommt, dass das zur Gewährleistung der Finanzierung wesentliche Mietniveau ebenfalls eingebrochen ist, wofür der Beklagte zwar ebenfalls nicht einzustehen hat, was aber die "Liquiditätslage" im Nachhinein weiter verschlechtert hat, ohne dass vorgetragen ist, dass der Beklagte dies (im Vorfeld) hätte erkennen können.

2.2.3. Soweit der Kläger schriftsätzlich eine weitergehende vermittelnde Tätigkeit des Beklagten behauptet, widerspricht er seinen eigenen Angaben in den mündlichen Verhandlungen vor dem Landgericht und vor dem Senat, so dass eine ihm günstige Entscheidung hierauf nicht gestützt werden kann.

Vor dem Landgericht hat der Kläger vortragen lassen, der Kläger habe die Wohnungen aufgrund dringender Empfehlung des Beklagten erworben, wobei Grundlage ein Verkaufsprospekt der B. Bauträger GmbH & Co KG gewesen sei welches der Kläger von dem Beklagten erhalten habe (S. 2 der Klageschrift, GA Bd. 1 Bl. 3). Diese Behauptung und die weiteren Ausführungen zur Vertragsabwicklung deuten darauf hin, dass es der Beklagte war, der nicht nur den allgemein gehaltenen Rat zum Immobilienerwerb zwecks Steuerersparnis gab, sondern auch gerade die letztlich gekauften Objekte "anempfohlen" hat. Demgegenüber bekundete der Kläger in seiner Parteivernehmung vor dem Landgericht hiervon nichts, sondern führte aus, er (!) habe ein Angebot erhalten von einer Frau St. aus Magdeburg, woraufhin er mit Herrn S. darüber gesprochen habe, ob er und seine Frau "sich das leisten" könnten (vgl. S. 3 des Protokolls vom 21. 03. 2000, GA Bd.1 Bl. 179). Der Kläger betonte dabei mehrfach, dass Sinn und Zweck der geführten Gespräche die (unbefriedigende) Liquiditätslage gewesen sei. Auf ausdrücklichen Vorhalt des Gerichtes bestätigte er, dass die Gespräche deshalb stattfanden, "weil nie Bargeld vorhanden gewesen ist".

Dies unterscheidet sich von dem schriftsätzlichen Vortrag zum einen deshalb, weil die Initiative nach dem Ergebnis der Parteivernehmung von dem Kläger und nicht von dem Beklagten ausging. Zum anderen lag auch der Schwerpunkt der Beratung nach dem Ergebnis der Partievernehmung anders, als von dem Kläger dargestellt, nämlich nicht in der Steuerersparnis, sondern in der "Liquiditätsproblematik".

Nachdem der Kläger gleichwohl auch in der Berufung noch einmal vortragen ließ, er habe "den Beklagten in der Tat nicht um eine "Anlageberatung" gebeten", jedoch (habe) der Beklagte eine solche "Anlageberatung" unternommen" (S. 2 des Schriftsatzes vom 20. 02. 2002, GA Bd. 2 Bl. 99) hat sich der Senat eingedenk der erheblichen Differenzen zwischen schriftsätzlichem Vortrag und mündlicher Vernehmung des Klägers entschlossen, die Parteien erneut persönlich anzuhören. Diese Anhörung ergab wiederum die Unrichtigkeit des schriftsätzlichen Vortrages. So hat der Kläger erneut bekundet, dass er es war, der nach einem Anruf der Frau St. den Kontakt zu dem Beklagten gesucht hat. Eine vorherige Verbindung des Beklagten zu den Objekten oder den diese vermittelten Personen ist nicht ersichtlich. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers (er habe erfahren, "dass er (der Beklagte) wohl Frau St. den Tipp gegeben hat" (S. 2 des Sitzungsprotokolls, GA Bd. 2 Bl. 158) sind spekulativ und haben mit den schriftsätzlichen Behauptungen, die dahin gehen, dass der Kläger durch einen vom Beklagten übergebenen Prospekt auf das Objekt aufmerksam wurde, nichts zu tun.

2.2.4. Unbeachtlich bleibt schließlich auch, dass der Kläger eine Provisionszahlung zugunsten des Beklagten andeutet und (im übrigen verspätet) durch Zeugnis der Frau St. unter Beweis stellt. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers in dem Schriftsatz vom 20. 02. 2002 (S. 5, GA Bd. 2 Bl. 96) sind ersichtlich spekulativ: Wer ausführt, die Veranlassung des Klägers durch den Beklagten zum Erwerb der Eigentumswohnungen hänge "vielleicht" damit zusammen, dass dem Beklagten eine "Provision" zugesagt worden sei, trägt gerade nicht mit der im Zivilprozess unabdingbaren Klarheit und Deutlichkeit den Sachverhalt einer Provosionszusage vor, sondern spekuliert ins Blaue hinein. Es ist nicht Sache des Senats, dieser Spekulation durch Vernehmung der Frau St. ausforschend nachzugehen. Auf die strenge Haftung, welche die Rechtsprechung (zu Recht) Steuerberatern auferlegt, welche Provisionszahlungen entgegennehmen (grundlegend: BGH Urt. v. 20. 05. 1987, IVa ZR 36/86, zitiert nach juris) kann sich der Kläger daher nicht berufen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 7 EGZPO i.V.m. §§ 543, 708 Nr. 10, 711 S. 1 und S. 2 i.V.m. 709 S. 2 ZPO in der seit dem 01. 01. 2002 geltenden Fassung. Da die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren nach dem 01. 01. 2002 erfolgte, richtet sich die Zulässigkeit von Rechtsmitteln nach der nunmehr geltenden Fassung der ZPO, was bereits bei Abfassung des Berufungsurteils zu berücksichtigen war.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO n.F. war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert.

Der Streitwert für die Gebührenberechnung im Berufungsverfahren war wie beschlossen festzusetzen. Dabei war der Freistellungsantrag entsprechend dem Wert des Anspruches anzusetzen, von dem die Freistellung begehrt wird (Zöller/Herget, 23. Aufl., § 3 Rn. 16 "Befreiung"); die Gegenleistung war entgegen der Auffassung des Klägers hiervon nicht in Abzug zu bringen (Zöller. a.a.O. "Zug um Zug" und "Gegenleistung" unter Hinweis auf BGH MDR 1999, 1022).

Entsprechend der Angaben des Klägers zur Restschuld (GA Bd. 2, Bl. 86) beträgt die Restschuld:

204.259,27 Euro + 287.494,74 Euro = 491.754,01 Euro

Den Feststellungsantrag bewertet der Senat mit 2.000 Euro.

Ende der Entscheidung

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