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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 24.07.2003
Aktenzeichen: 1 W 28/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 887
1. Eine Verurteilung zur Freistellung von Darlehensverbindlichkeiten (hier: im Rahmen des Ausscheidens eines Rechtsanwalts aus einer Sozietät) bedarf, um vollstreckungsfähig zu sein, der Konkretisierung des Anspruchs nach Grund und Höhe, von dem freigehalten werden soll.

2. Ergibt sich eine hinreichende Bestimmbarkeit der Darlehensforderungen im Vollstreckungstitel nur aus den Kontonummern, so bewirkt eine vom Gläubiger zwischenzeitlich vorgenommene Umschuldung, dass aus dem Titel nicht mehr vollstreckt werden kann. Die Forderungen, von denen der Gläubiger seine Freistellung verlangen kann, bestehen nicht mehr; die neu entstandenen Forderungen sind nicht Gegenstand des Titels. Ob es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um dieselben Schulden handelt, ist im Rahmen des § 887 ZPO ohne Belang.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

1 W 28/03 OLG Naumburg

In der Zwangsvollstreckungssache

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Grimm als Einzelrichter am 24. Juli 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Halle vom 09.04.2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Gläubiger.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 9.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde des Gläubigers hat keinen Erfolg.

I.

Die Forderungen, deren Freistellung der Kläger auf Grund des vorliegenden Titels verlangen könnte, bestehen nicht mehr und die Freistellung von einer anderen Forderung ist nicht Gegenstand des Titels.

Eine Verurteilung zur Freihaltung bedarf, um vollstreckungsfähig zu sein, der genauen Konkretisierung des Anspruches, von dem freigehalten werden soll, nach Grund und Höhe (st. Rspr., vgl. BGH, NJW 1980, 1450, NJW 1981, 870; OLG Düsseldorf, MDR 1982, 942; OLG Hamburg, OLGR Hamburg 2000, 262; OLG Köln, OLGR Köln 2002, 20 m.w.N.; MüKo-Lüke, ZPO, § 253, Rdn. 146). Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 09.04.2002 antragsgemäß nur die Kontonummern der Darlehensverträge in den Tenor aufgenommen, deren Freistellung der Kläger begehrt hat. Da sich weder aus dem Tenor noch aus dem Tatbestand oder den Entscheidungsgründen des zu vollstreckenden Urteils ein Betrag ergibt, konnte sich eine hinreichende Bestimmbarkeit der Darlehensforderungen nur über die exakten Kontonummern ergeben. Dieses einzige Kriterium, anhand dessen die Forderungen im Zwangsvollstreckungsverfahren allenfalls hätte identifiziert werden können, hat der Kläger jedoch durch eine von ihm vorgenommene Umschuldung zunichte gemacht.

Die Forderungen, deren Freistellung der Kläger auf Grund des von ihm erstrittenen Titels verlangen kann, bestehen nicht mehr. Die alten Darlehensverträge sind einvernehmlich beendet worden. Sie wurden ersetzt durch einen neuen Darlehensvertrag vom 29.11.2001. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich nicht um eine Fortsetzung der alten Darlehensverträge zu geänderten Konditionen, sondern um ein neues Vertragsverhältnis. Ob es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um (überwiegend) dieselben Schulden handelt, ist im Rahmen des § 887 ZPO ohne Belang. Im Zwangsvollstreckungsverfahren darf es nicht darauf ankommen, ob eine neue Forderung mit der titulierten aber erloschenen Forderung "wirtschaftlich identisch" ist. Das Bestimmtheitserfordernis der Zwangsvollstreckung gebietet es, allein auf die rechtliche Identität der Forderung abzustellen, denn es kann nicht Aufgabe der Zwangsvollstreckung sein, den rechtlichen Verbleib wirtschaftlicher Werte zu ermitteln und im Zweifel eine andere Forderung an die Stelle der titulierten zu setzen. Dies liefe auf eine inhaltliche Änderung des Titels hinaus.

Dass die titulierten Forderungen nicht mehr bestehen, hat der Kläger selbst zu verantworten, denn er hat das Gericht über die Umschuldung nicht in Kenntnis gesetzt. Hätte er - spätestens in der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2002 - die neue Kontonummer des schon am 29.11.2001 abgeschlossenen neuen Darlehensvertrages angegeben und seine Klage entsprechend geändert, hätte die neue Forderung tituliert werden können.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und - insbesondere - des Nichtabhilfebeschlusses vom 13.06.2003 Bezug genommen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Bei der Bemessung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren gemäß § 3 ZPO war zu berücksichtigen, dass das Interesse des Gläubigers an der Durchführung der Zwangsvollstreckung regelmäßig unter dem Wert der Hauptsache liegt (vgl. Zöller/Herget, 23. Aufl. 2002, § 3 Rn. 16, Stichpunkt "Zwangsvollstreckung", m. N.).

Ende der Entscheidung

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