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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 02.04.2002
Aktenzeichen: 1 Ws 61/02
Rechtsgebiete: StPO, ZPO, RpflG, BRAGO, GKG


Vorschriften:

StPO § 44 S. 2
StPO § 45 Abs. 2 S. 3
StPO § 311 Abs. 2
StPO § 464 b S. 3
StPO § 473 Abs. 1 S. 1
StPO § 473 Abs. 7
ZPO § 577 Abs. 2 S. 1 a. F.
RpflG § 11
BRAGO § 84
GKG § 11 Abs. 1
Für die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in Strafsachen gilt die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

1 Ws 61/02 OLG Naumburg

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

betreffend das Strafverfahren

wegen Totschlags

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 02. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hennig, die Richterin am Oberlandesgericht Henze-von Staden und den Richter am Oberlandesgericht Sternberg

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschwerdeführerin wird von Amts wegen auf ihre Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gewährt.

2. Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung der Verteidigerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg vom 17. Dezember 2001 wird auf ihre Kosten als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 677,88 Euro (entspricht: 1.325,82 DM) festgesetzt.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 11. Oktober 2001 freigesprochen und die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.

Auf den Antrag der Verteidigerin mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2001, ihre Gebühren und Auslagen auf 3.311,04 DM gegen die Staatskasse festzusetzen, hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg mit Beschluss vom 17. Dezember 2001 die der Verteidigerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 1.985,22 DM festgesetzt und den darüber hinaus geltend gemachten Betrag als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen diesen ihr am 28. Dezember 2001 ohne Rechtsmittelbelehrung zugestellten Beschluss hat die Verteidigerin mit Schriftsatz vom 11. Januar 2002, eingegangen bei dem Landgericht am selben Tage, Erinnerung eingelegt, mit der sie die Kostenfestsetzung in voller Höhe ihres Antrages begehrt.

Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache der Strafkammer des Landgerichts zur Entscheidung vorgelegt. Die 1. Strafkammer des Landgerichts Magdeburg hat mit Beschluss vom 31. Januar 2002 der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Magdeburg vom 17. Dezember 2001 ist als sofortige Beschwerde statthaft (§§ 464 b S. 3, 311 Abs. 2 StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG). Eine Abhilfemöglichkeit durch die Rechtspflegerin oder die Strafkammer besteht demgemäß nicht. Die sofortige Beschwerde ist auch zulässig. Zwar ist sie nicht innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegt worden, jedoch ist der Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 StPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, weil die erforderliche Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist, § 44 S. 2 StPO.

Es ist umstritten, ob für die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss die zweiwöchige Frist nach § 464 b S. 3 StPO i. V. m. § 577 Abs. 2 S. 1 ZPO a. F. (nunmehr § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO aufgrund des Zivilprozessreformgesetzes vom 27. Juli 2001 [BGBl. I, 1887], in Kraft getreten am 01. Januar 2002) oder die einwöchige Frist des § 311 Abs. 2 StPO gilt.

Soweit die zweiwöchige Frist mit der Begründung angenommen wird, das Beschwerdeverfahren sei Teil des gesamten Kostenfestsetzungsverfahrens und die Verweisung in § 464 b S. 3 StPO auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung umfasse daher auch dieses Verfahren, weil der Gesetzgeber eine einheitliche Behandlung der gleichen Materie im Interesse der Rechtssicherheit im Zivil- und Strafprozess bezweckte (OLG Koblenz RPfl 2000, 126; OLG Köln RPfl 2000, 422; OLG Nürnberg NStZ-RR 2001, 224; Hilger in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 464 b Rdn. 9 m. w. Nachw.; Franke in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 464 b Rdn. 4) steht dem gegenüber, dass nach dem Sinn und Zweck der Verweisung auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung in § 464 b S. 3 StPO dies nur dann in Betracht kommt, wenn eine Regelungslücke besteht, die jedoch aufgrund der Vorschrift des § 311 Abs. 2 StPO hier nicht vorhanden ist (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2000, 254; OLG Düsseldorf Rpfl 1999, 234, 527; RPfl 2000, 126; KG Berlin RPfl 2000, 38; OLG Celle RPfl 2001, 97; OLG Dresden NJ 2001, 154; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 464 b Rdn. 7). Dieser letztgenannten Auffassung schließt sich der Senat an. Aufgrund der Neufassung des § 11 RpflG durch das 3. RPflÄndG vom 06. August 1998 (BGBl. I, 2030) und Abschaffung der Durchgriffserinnerung kommt es nicht mehr auf das Argument der Gegenmeinung an, eine Anwendung des § 311 Abs. 2 StPO führe zu einer Aufspaltung der Anfechtungsfristen (ebenso OLG Dresden a. a. O., OLG Karlsruhe a. a. O.).

Die sofortige Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.

§ 84 BRAGO greift hier nicht ein, weil die Verteidigerin entgegen dieser Vorschrift im vorbereitenden Verfahren bis zur Anklageerhebung nicht und im gerichtlich anhängigen Verfahren nicht nur außerhalb der Hauptverhandlung tätig geworden ist.

Die Kostenfolge beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1, Abs. 7 StPO.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 11 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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