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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 09.07.2008
Aktenzeichen: 1 Ws Reh 140/08
Rechtsgebiete: StrRehaG


Vorschriften:

StrRehaG § 17 a
StrRehaG § 17 a Abs. 5
Ist der Antragsteller vor Erlass einer Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Antrag auf Gewährung einer besonderen monatlichen Zuwendung nach § 17 a StrRehaG (Opferpension) verstorben, hat dies die Erledigung des Verfahrens zur Folge. Eine Rechtsnachfolge im Verfahren nach § 17 a StrRehaG scheidet aus.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG

BESCHLUSS

1 Ws Reh 140/08

In dem Verfahren

auf gerichtliche Entscheidung

über die Gewährung einer besonderen Zuwendung für Haftopfer (Opferpension)

hat der 1. Senat für Rehabilitierungsverfahren des Oberlandesgerichts Naumburg am 09. Juli 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krüger, den Richter am Oberlandesgericht Sternberg und den Richter am Oberlandesgericht Halves

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Magdeburg - Kammer für Rehabilitierungsverfahren - vom 15. Februar 2008 aufgehoben.

Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. Dezember 2007 wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht frei von Gerichtskosten. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 28. Juli 1994 in Verbindung mit dem berichtigenden Beschluss vom 26. August 1994 hatte das Landgericht Magdeburg - 7. Kammer für Rehabilitierungsverfahren - die gegen den Betroffenen ergangenen Urteile des Kreisgerichts Wernigerode vom 27. Januar 1966 und vom 03. Juli 1970 für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben sowie die Dauer des zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs für die Zeit vom 31. Oktober 1965 bis zum 30. August 1966 und vom 13. Februar 1971 bis zum 23. Februar 1972 festgestellt.

Der Antrag des Betroffenen auf Gewährung einer besonderen monatlichen Zuwendung (Opferpension) gemäß § 17 a StrRehaG ist am 28. August 2007 bei dem Antragsgegner eingegangen. Der Betroffene verstarb am 10. November 2007. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 hat der Antragsgegner der Witwe des Betroffenen mitgeteilt, dass das Verwaltungsverfahren nach dem StrRehaG eingestellt werde, da über den Antrag des Betroffenen bis zu dessen Tod nicht entschieden worden sowie die besondere Zuwendung nach § 17 a Abs. 5 StrRehaG nicht übertragbar und nicht vererbbar sei, weshalb die Zuwendung an sie als Hinterbliebene nicht ausgezahlt werden könne.

Auf den dagegen gerichteten Antrag der Witwe des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hat das Landgericht Magdeburg - Kammer für Rehabilitierungsverfahren - mit Beschluss vom 15. Februar 2008

(1.) den Bescheid des Antragsgegners vom 12. Dezember 2007 aufgehoben,

(2.) diesen verpflichtet, die Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer ermessensfehlerfrei zu bescheiden und

(3.) eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vom 27. Februar 2008.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 13 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 4 StrRehaG) und hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung des Landgerichts hat der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 12. Dezember 2007 der Witwe des Betroffenen die Leistung einer besonderen monatlichen Zuwendung (Opferpension) für den Zeitraum September bis November 2007 zutreffend versagt und das Verwaltungsverfahren nach dem StrRehaG eingestellt, weil der Betroffene vor Erlass einer Entscheidung über den Antrag nach § 17 a StrRehaG verstorben und der Anspruch auf die besondere Zuwendung für Haftopfer nicht vererbbar ist, § 17 a Abs. 5 StrRehaG.

Die Meinung des Landgerichts, § 17 a StrRehaG sei so auszulegen, dass die Vererbbarkeit nur für solche Ansprüche ausgeschlossen sei, die zum Zeitpunkt des Todes des Betroffenen noch nicht "fällig" gewesen seien, dagegen könnten die zu Lebzeiten des Betroffenen "fällig" gewordenen Ansprüche ohne weiteres auch durch den Erben geltend gemacht werden, teilt der Senat nicht.

Diese Auslegung des § 17 a Abs. 5 StrRehaG steht nicht im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers. In der Begründung des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR ist ausgeführt, dass Absatz 5 des § 17 a StrRehaG dem Charakter der monatlichen Zahlung als Ausgleich für verfolgungsbedingte wirtschaftliche Bedürftigkeit Rechnung trägt. Die Leistung soll ausschließlich dem politischen Häftling zugute kommen und genießt deshalb Pfändungsschutz. Als höchstpersönlicher Anspruch des ehemaligen politischen Häftlings, der ihn gegenüber vergleichbaren Personen in wirtschaftlich schwieriger Lage privilegiert, ist der Anspruch auf monatliche Zuwendung zudem nicht übertragbar und nicht vererblich (BT-Drucksache 16/4842 vom 27. März 2007, Seite 7, linke Spalte, letzter Absatz). Diesen Gesetzentwurf hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages mit Beschlussempfehlung und Bericht vom 23. Mai 2007 (BT-Drucksache 16/5532 vom 31. Mai 2007) gebilligt. Sodann wurde durch Art. 1 Nr. 4 des Dritten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR vom 21. August 2007 (BGBl. I S. 2118) mit Wirkung ab dem 29. August 2007 § 17 a StrRehaG neu in das Gesetz eingefügt. Dem dargelegten Sinn und Zweck der Opferpension kann mit einer Leistungsgewährung nach dem Ableben des Betroffenen nicht entsprochen werden.

Sofern das Landgericht zur Auslegung des § 17 a Abs. 5 StrRehaG auf die Regelung der Zahlungsmodalitäten der Opferpension in Abs. 4 der Vorschrift abstellt, indem sie aus der dort vorgesehenen monatlichen Zahlung im Voraus auf eine "Fälligkeit" des Leistungsanspruches beginnend mit dem auf die Antragstellung folgenden Monat - unabhängig von der Bekanntgabe eines diesen gewährenden Bescheides - schließt, kann dem nicht gefolgt werden. Dies gilt auch für die Aufteilung in "zu Lebzeiten eines Betroffenen fällig gewordene Ansprüche" (wohl für jeden Kalendermonat nach dem Monat der Antragstellung) und einen weitergehenden Anspruch für die Zeit nach seinem Ableben, die unterschiedlich zu behandeln sein sollen.

Auf den Leistungsantrag des Betroffenen wird vom gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 u. 2. StrRehaG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 u. 2 der StrRehaGDV zuständigen Landesverwaltungsamt im Ergebnis der dortigen Prüfung entweder die Gewährung der Leistung abgelehnt oder Art und Umfang der bewilligten Leistung - etwa zum Zeitpunkt des Beginns der monatlichen Zahlungen - mitgeteilt. Dies geschieht durch einen Verwaltungsakt (vgl. Peifer in Herzler u. a., Rehabilitation, 2. Aufl., § 25, Rdnr. 4). Wirksam wird der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegenüber dem Betroffenen, § 43 VwVfG. Erst ab diesem Zeitpunkt besteht ein einheitlicher Leistungsanspruch, der in den Fällen des § 17 a StrRehaG aufgrund der Regelung des Abs. 4 hinsichtlich seines Umfanges auch in die Vergangenheit zurückwirkt. Kommt es nach der Antragstellung und vor dem Erlass einer Entscheidung der Verwaltungsbehörde zum Ableben des Betroffenen, stellt sich die Frage nach einer Rechtsnachfolge im Verfahren nach § 17 a StrRehaG. Diese scheidet jedoch aus, da in Anbetracht des höchstpersönlichen Charakters der monatlichen besonderen Zuwendung für Haftopfer eine Nachfolgefähigkeit des materiellen Rechts und damit auch der hierzu akzessorischen Verfahrensrechtsposition zu verneinen ist. Bei höchstpersönlichen Rechten hat das Ableben des Betroffenen als Alleinberechtigten die Erledigung des Verfahrens zur Folge (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 11, Rdnr. 18). So liegt der Fall hier.

Im Übrigen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Regelungen für die neu eingeführte laufende besondere Zuwendung enger gefasst sind als bei der (einmaligen) Kapitalentschädigung nach § 17 StrRehaG, die nach dem dortigen Absatz 3 ab Antragstellung vererblich ist. Der Umstand, dass solche einschränkenden Regelungen im Einzelfall - ähnlich wie Stichtagsregelungen - Härten mit sich bringen, ist üblich und vom Gesetzgeber beachtet, macht die Regelung aber nicht etwa verfassungswidrig (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, 12. Senat, Beschluss vom 02. April 2008 - 12 C 08.608 -, Abs. 6 der Gründe - Juris-Datensammlung).

Verfahrenskosten werden nicht erhoben, §§ 14 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 4 StrRehaG.

Die Auslagenentscheidung folgt aus §§ 14 Abs. 4, 25 Abs. 1 S. 4 StrRehaG i. V. m. § 465 StPO in entsprechender Anwendung.

Gegen diesen Beschluss gibt es kein weiteres Rechtsmittel.



Ende der Entscheidung

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