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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 10 W 14/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 148
Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO kommt zwar nicht in Betracht, wenn der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, jedoch liegt es gemäß § 301 Abs. 2 ZPO im nur beschränkt nachprüfbaren Ermessen des Gerichts, ob es von dem Erlass eines Teilurteils absieht und eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO ausspricht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

10 W 14/06 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Göbel als Einzelrichterin (s. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO)

am 03. November 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Aussetzungsbeschluss der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 09. März 2006 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Gründe:

A.

In dem der sofortigen Beschwerde zugrunde liegenden Ausgangsverfahren nimmt der Kläger den beklagten Landkreis wegen verschiedener in den Jahren 2000, 2001 und 2002 auf der Grundlage des Beförderungsvertrages vom 25. Juni 1996 durchgeführter Schülertransportfahrten auf Nachzahlung des Differenzbetrages auf den neu berechneten Umsatzsteuersatz von 16 % in Anspruch.

Der Kläger betreibt ein Taxiunternehmen. Er schloss mit dem Beklagten am 25. Juni 1996 einen Transportvertrag über die Beförderung behinderter Schüler in die Schulen und Sonderschulen der Stadt H. ab.

In § 2 der Vertragsurkunde vereinbarten die Parteien ein Entgelt für die Beförderungsleistungen von 1,00 DM/km zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsinhaltes wird auf die Ablichtung des Beförderungsvertrages - Anlage K 1 Band I Blatt 4 d. A. - Bezug genommen.

Über die in den Geschäftsjahren 2000, 2001 und 2002 erbrachten Beförderungsleistungen legte der Kläger jeweils Rechnung unter Berücksichtung einer ermäßigten Umsatzsteuer von 7 %. Aufgrund einer Prüfungsanordnung des Finanzamtes H. wurde in dem Betrieb des Klägers im Jahre 2004 eine Betriebsprüfung durchgeführt, in deren Ergebnis unter anderem beanstandet wurde, dass der Kläger für die Schülertransportfahrten zum Teil einen ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % statt der gesetzlichen Regelumsatzsteuer von 16 % seinen Rechnungen zugrunde gelegt habe, obwohl die Voraussetzungen des Ermäßigungstatbestandes nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b UStG nicht vorgelegen hätten, da ausweislich der Streckenprotokolle die Beförderungsstrecken teilweise 50 km überschreiten würden. Mit geänderten Festsetzungsbescheiden jeweils vom 06. Dezember 2004 wurden die Steuerbescheide im Hinblick auf die Umsatzsteuer angepasst. Die gegen die geänderten Bescheide eingelegten Einsprüche des Klägers hat das Finanzamt H. mit Bescheiden vom 18. Mai 2005 für die jeweiligen Steuerjahre als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese Bescheide hat der Kläger mit Klageschrift vom 10. August 2005 vor dem Finanzgericht Sachsen-Anhalt unter dem Geschäftszeichen 2 K 12525/05 Anfechtungsklage gegen das Finanzamt H. erhoben.

Zudem hat er seine Entgeltforderungen gegen den Beklagten im Hinblick auf den Umsatzsteuersatz neu berechnet und von dem Beklagten mit den unter dem 26. Juni 2005 gelegten Rechnungen den Ausgleich der Umsatzsteuerdifferenz verlangt.

Im Hinblick auf die vor dem Finanzgericht anhängige Klage hat das nach Klageerweiterung und Verweisung zuständig gewordene Landgericht unter dem 09. März 2006 beschlossen, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt gemäß § 148 ZPO auszusetzen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zur Entscheidung des Finanzgerichts gestellte Rechtsfrage, inwiefern auf die Beförderungsleistungen des Klägers eine Umsatzsteuer von 7 % oder aber 16 % entfällt, für den vor dem Landgericht rechtshängigen Rechtsstreit vorgreiflich sei. Die mit der Aussetzung des Verfahrens verbundene Verzögerung des Verfahrens müssten die Prozessparteien hinnehmen, zumal anderenfalls eine doppelte Verfahrensführung und die Gefahr einander widerstreitender Entscheidungen zu befürchten seien. Mit Hinweisverfügung vom gleichen Tage hat das Landgericht die Parteien überdies darauf hingewiesen, dass es die Entgeltansprüche betreffend die Jahre 2000 und 2001 für verjährt erachte.

Gegen den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts hat sich der Beklagte mit dem am 17. März 2006 eingegangenen Schriftsatz gewandt und die Aufhebung des Beschlusses beantragt. Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Aussetzung des Rechtsstreites einer Verfahrensverschleppung Vorschub leiste. Eine Aussetzung sei unzulässig, da der Rechtsstreit bereits Entscheidungsreife im Sinne des § 300 ZPO erlangt habe, denn die klägerischen Ansprüche seien weder dem Grunde noch der Höhe nach begründet und daher durch Endurteil abzuweisen. Im übrigen habe der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Da auch das Landgericht in seinem Hinweis vom 09. März 2006 davon ausgegangen sei, dass die klägerischen Ansprüche bezogen auf die Jahre 2000 und 2001 verjährt und damit nicht mehr durchsetzbar seien, sei für eine Aussetzung des Verfahrens insofern kein Raum. Das Landgericht hätte jedenfalls hinsichtlich der verjährten Ansprüche durch Teilurteil nach § 301 ZPO entscheiden müssen.

Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 Abs. 1 ZPO seien erfüllt, so dass das Gericht nach der Intention des Gesetzes im Interesse einer sachgerechten Verfahrensförderung aber auch verpflichtet gewesen sei, ein Teilurteil zu erlassen. Das Landgericht könne sich hier auch nicht auf § 301 Abs. 2 ZPO stützen, denn es seien vorliegend keine triftigen Gründe ersichtlich, die gegen den Erlass eines Teilurteils sprechen würden.

Das Landgericht hat das Rechtsschutzgesuch des Beklagten als sofortige Beschwerde gewertet und am 07. April 2006 beschlossen, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht abzuhelfen und es dem Oberlandesgericht zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.

In dem finanzgerichtlichen Verfahren hat das Finanzgericht Sachsen-Anhalt zwischenzeitlich mit Urteil vom 21. Juni 2006 die gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2000 erhobene Klage als unbegründet abgewiesen. Das Urteil ist seit dem 29. Juli 2006 rechtskräftig.

Der beklagte Landkreis hat daraufhin mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2006 die Beschwerde für erledigt erklärt.

B.

I.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Aussetzungsbeschluss des Landgerichts ist gemäß § 252 in Verbindung mit § 567 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und fristgerecht nach § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden.

Auch im übrigen begegnet die Zulässigkeit des Rechtsmittels keinen Bedenken.

Das Beschwerdeverfahren hat sich zwar durch die zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsene Entscheidung des Finanzgerichts verfahrensrechtlich überholt, wodurch das Rechtsschutzbedürfnis für eine Nachprüfung des angegriffenen Aussetzungsbeschlusses des Landgerichts im Wege de Beschwerde entfallen ist. Die Beschwer des Beklagten ist hier nämlich durch ein Ereignis im Verlaufe des Verfahrens, und zwar das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts, das den Aussetzungsgrund beseitigt, nachträglich in Wegfall geraten mit der Folge, dass auch eine Beschwerdeentscheidung einen den Beschwerdeführer nachteiligen Vorgang nicht mehr rückgängig machen könnte, die mit der Beschwerde begehrte Nachprüfung der Entscheidung des Landgerichts mithin ihren Sinn verloren hat. Die prozessuale Überholung des Rechtsschutzziels lässt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde entfallen, so dass diese unzulässig wird (vgl. BGH NJW-RR 1995, 765 - 766 zitiert nach juris; OLG Köln MDR 1989, 464; OLG Köln MDR 1984, 29 zitiert nach juris; BayObLG FamRZ 1990, 551 - 552 zitiert nach juris; Gummer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 567 ZPO Rdn. 12 m.w.N.).

Der Beklagte hat die verfahrensrechtlich überholte Beschwerde allerdings für erledigt erklärt und hierdurch dem nachträglichen Wegfall der Grundlage seines Rechtsmittels in prozessual zulässiger Weise Rechnung getragen (vgl. BGH NJW 1998, 2453 zitiert nach juris; BGH FamRZ 1982, 156 - 157 zitiert nach juris; OLG Hamburg FamRZ 1979, 532; Gummer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 567 ZPO Rdn. 12 m.w.N.).

Die Frage, ob auch ein Rechtsmittel Gegenstand einer Erledigterklärung sein kann, ist allerdings umstritten. Zum Teil wird die Zulässigkeit einer auf das Rechtsmittel beschränkten Erledigterklärung schlechthin verneint (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 464 f). Überwiegend wird dagegen eine Rechtsmittelerledigung für möglich erachtet (vgl. BGH NJW 1998, 2453 zitiert nach juris; OLG Frankfurt MDR 1998, 559 zitiert nach juris; OLG Stuttgart BauR 1995, 135; OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 63; OLG Hamburg NJW 1960, 2151, 2152; Lindacher in Münchner Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 91 ZPO Rdn. 109; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 19 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof ist in einer älteren Entscheidungen ohne weiteres von der Zulässigkeit einer auf das Rechtsmittel beschränkten übereinstimmenden Erledigungserklärung ausgegangen (vgl. BGH GRUR 1969, 102 f), in zwei weiteren Entscheidungen, die jeweils eine einseitige Rechtsmittelerledigungserklärung betrafen, hat er die Frage, ob ein Rechtsmittel überhaupt für erledigt erklärt werden kann, dagegen offen gelassen (vgl. BGH NJW-RR 1993, 386; BGHZ 127, 74, 82). In einem neueren Urteil hat er jedoch ein dringendes Bedürfnis für die einseitige Erledigungserklärung einer Berufung gesehen, weil nur auf diese Weise eine angemessene Kostenentscheidung möglich sei (vgl. BGH NJW 1998, 2453 zitiert nach juris). Der Senat schließt sich der in der letzt genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes vertretenen Ansicht an. Ließe man die Rechtsmittelerledigungserklärung nicht zu, könnte der Beschwerdeführer der Belastung mit den Kosten seiner sofortigen Beschwerde selbst dann nicht entgehen, wenn sein Rechtsmittel ursprünglich zulässig und begründet wäre. Denn ihm bliebe anderenfalls nur die Rücknahme der Beschwerde mit einer Kostenfolge entsprechend § 516 Abs.1 ZPO. Dem Senat erscheint daher hier geboten, eine einseitige, auf die Beschwerde beschränkte Erledigungserklärung des Beklagten zuzulassen.

II.

Nach einseitiger Erledigungserklärung des Beklagten hat der Senat nunmehr ausschließlich darüber zu befinden, ob das Rechtsmittel des Beklagten ursprünglich zulässig und begründet war und allein durch das erledigende Ereignis seine Zulässigkeit bzw. Begründetheit nachträglich eingebüßt hat. Der in der Erledigungserklärung liegende Antrag des Beklagten auf Feststellung der Erledigung der Beschwerde ist hier allerdings nicht begründet.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten war zwar anfänglich nach §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung des Landgerichts, das Verfahren mit Blick auf das von dem Kläger angestrengte finanzgerichtliche Verfahren 2 K 12525/05 bis zum rechtskräftigen Urteil des Finanzgerichts nach § 148 ZPO auszusetzen, ist nicht zu beanstanden gewesen. Der angefochtene Beschluss lässt weder einen Verfahrens- noch einen Ermessensfehler erkennen.

1. Die nach § 148 ZPO tatbestandlichen Voraussetzungen des § 148 ZPO, nach denen eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit des finanzgerichtlichen Rechtsstreites möglich ist, liegen vor.

a) Vorgreiflichkeit ist stets dann anzunehmen, wenn in dem anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis entschieden wird, dessen Bestehen für den vorliegenden Rechtsstreit präjudizielle Bedeutung hat (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 148 ZPO Rdn. 5). Das Rechtsverhältnis muss dabei den Gegenstand des anderen Verfahrens bilden und darf dort nicht seinerseits nur Vorfrage sein. Das andere Verfahren muss allerdings nicht zwischen denselben Parteien geführt werden, Rechtskrafterstreckung ist nicht erforderlich (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 148 ZPO Rdn. 5 ).

b) Die rechtskräftige Entscheidung des Finanzgerichts ist für das hiesige Verfahren vorgreiflich.

Gegenstand des eingeleiteten finanzgerichtlichen Verfahrens bildete die streitige Frage, ob die durch den Kläger durchgeführten Schülertransportfahrten auf der Grundlage des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchstabe b des Umsatzsteuergesetzes mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu besteuern sind oder der gesetzliche Regelumsatzsteuersatz von 16 % zugrunde zu legen ist. Der Ausgang des hiesigen Rechtsstreites hängt ebenfalls von der Beurteilung des zutreffenden Steuersatzes für die streitigen Fahrten durch das Finanzgericht Sachsen-Anhalt ab. Die Entscheidung des Finanzgerichts hat damit zugleich präjudizielle Bedeutung auch für die vor dem Landgericht rechtshängige Leistungsklage. Steht nämlich rechtskräftig fest, dass die in Streit stehenden Schülerbeförderungen dem Regelsteuersatz von 16 % unterliegen, dann kann der Kläger diese dem Grunde nach grundsätzlich gemäß § 2 S. 1 des zwischen den Parteien rechtswirksam zustande gekommenen Schülerbeförderungsvertrages vom 25. Juni 1996 vergütet verlangen. Denn in § 2 des Vertrages hat sich der Beklagte verpflichtet, die Beförderungsleistung des Klägers zu einem Tarif von 1,00 DM/km "zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer" zu entlohnen. Beläuft sich die gesetzliche Umsatzsteuer für die abgerechneten Schülertransporte dagegen auf 16 % und nicht nur auf den ermäßigten Satz von 7 %, so kann der Kläger grundsätzlich die restlichen, von ihm tatsächlich an das Finanzamt abgeführten Steuern nachträglich von dem Beklagten erstattet verlangen.

2. Soweit der Beklagte einwendet, dass eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO dann nicht mehr in Betracht kommen kann, wenn der Rechtsstreit bereits Entscheidungsreife im Sinne des § 300 ZPO erlangt hat, ist diese Ansicht zwar zutreffend (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 148 ZPO Rdn. 4).

Dass das Landgericht von einer Entscheidungsreife des Rechtsstreites seinerzeit nicht ausgegangen ist, erweist sich nicht als ermessensfehlerhaft.

a) In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Prüfungsbefugnis des Senates im Hinblick auf die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das erstinstanzliche Gericht beschränkt ist. Dem Senat ist grundsätzlich verwehrt, die für die Aussetzung maßgebliche materiell-rechtliche Würdigung des Gerichts der ersten Instanz im Rahmen der Beschwerde einer sachlichen Prüfung zu unterziehen. § 252 ZPO eröffnet nämlich lediglich die Nachprüfung auf Verfahrens- oder Ermessensfehler (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 1989, 83; KG Berlin Beschluss vom 10. Oktober 2006, 8 W 55/06 zitiert nach juris; OLG Celle NJW 1975, 2208, OLG München JurBüro 2003, 154; OLG Düsseldorf NJW 1985, 1966; OLG Schleswig-Holstein MDR 2006, 707 zitiert nach juris; Feiber in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 252 Rdn. 26 ff; Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 252 ZPO Rdn. 3 ). Der Kontrolle des Beschwerdegerichts unterliegt insofern lediglich, ob das Erstgericht die Grenzen des ihm nach § 148 ZPO eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens bei der Anordnung der Aussetzung überschritten hat. Der Senat kann die angegriffene Entscheidung mithin nur auf einen etwaigen Missbrauch des Ermessens überprüfen, das heißt darauf, ob sich das Erstgericht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Der Senat ist dagegen nicht befugt, sein Ermessen an die Stelle des dem Erstgericht eingeräumten Ermessens zu setzen (vgl. KG, Beschluss vom 10. Oktober 2006, 8 W 55/06 zitiert nach juris).

Der Senat hat folglich die materiell-rechtliche Beurteilung des Landgerichts auch seiner Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen:

b) Was die Nachforderung des Steuersatzes für das Geschäftsjahr 2002 anbelangt, so geht das Landgericht ersichtlich von der Schlüssigkeit des Klagevorbringens aus. Nach der in dem richterlichen Hinweis geäußerten Rechtsansicht des Landgerichts steht der Durchsetzbarkeit der Vergütungsforderung auch nicht die Einrede der Verjährung aus § 214 BGB entgegen. Die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB ist durch die Erhebung der Klage, die dem Beklagten am 28. September 2005 zugestellt worden ist, vielmehr wirksam nach § 204 ZPO gehemmt worden.

c) Die die Beförderungsleistungen in den Jahren 2000 und 2001 betreffenden Nachzahlungsansprüche erachtet das Landgericht dagegen - ausweislich des richterlichen Hinweises vom 09. März 2006 - für verjährt, da die zweijährige Verjährung nach § 196 Abs. 1 Nr. 3 BGB a. F. in Verbindung mit Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB zwischenzeitlich abgelaufen sei, ohne dass der Lauf rechtzeitig gehemmt oder unterbrochen worden sei.

Dass das Landgericht im Hinblick auf die als verjährt und damit nicht durchsetzbar bewerteten Vergütungsansprüche von dem Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO abgesehen hat, stellt sich ebenfalls nicht als ermessensfehlerhaft dar.

aa) Zum einen begegnet bereits gewissen Bedenken, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO überhaupt vorliegen.

(1) Unter Zugrundelegung des klägerischen Sachvorbringens dürfte nämlich schon die Entscheidungsreife bezüglich der hier in Rede stehenden Ansprüche zweifelhaft erscheinen. Der Kläger hat seine Klageforderungen betreffend die Jahre 2000 und 2001 hilfsweise zusätzlich auch noch als Schadensersatzanspruch auf eine positive Forderungsverletzung gestützt und vorgetragen, dass sich der Beklagte schadensersatzpflichtig gemacht habe, weil er seinen vertraglichen Aufklärungs- und Hinweispflichten schuldhaft zuwider gehandelt habe. Über dieses Hilfsvorbringen des Klägers hat das Landgericht ebenfalls zu befinden. Dabei ist dem Senat im Rahmen des § 252 ZPO verwehrt, die Schlüssigkeit des diesbezüglichen Klagevorbringens anstelle des Landgerichts einer Bewertung zu unterziehen.

(2) § 301 ZPO setzt im übrigen neben der Teilbarkeit des Streitgegenstandes sowie der Entscheidungsreife des einen Teils zusätzlich voraus, dass die Entscheidung über den Teil vollständig unabhängig davon bleibt, wie das Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Streitgegenstandes ausfällt (Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH darf ein Teilurteil nicht ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs abhängig ist, so dass die Gefahr widerstreitender Erkenntnisse, also einer abweichenden Beurteilung derselben Frage im Teil- und in dem zu einem späteren Zeitpunkt ergehenden Schlussurteil, und zwar auch aufgrund einer etwa gegebenen abweichenden Rechtsauffassung des Rechtsmittelgerichts besteht (vgl. BGHZ 120, 376, 380; BGH MDR 1994, 613; OLG Köln OLGR Köln 2000, 98 m.w.N.). Bei der Beurteilung der Widerspruchsfreiheit ist mithin zugleich stets die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug in Erwägung zu ziehen (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 301 ZPO Rdn. 7). Mit Rücksicht auf eine mögliche abweichende Entscheidung im Berufungsrechtszug ließe sich aber auch hier die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Teil- und Schlussurteil nicht insgesamt ausschließen. Würde nämlich das Berufungsgericht bei einer Berufung gegen das Teilurteil zu der Frage der Verjährung einen abweichenden Standpunkt einnehmen, so würde die Entscheidung über das Teilurteil sowie die Entscheidung über den Reststreit letztlich wieder auf derselben Vorfrage basieren.

bb) Das Landgericht hat schließlich aber auch von dem ihm nach § 301 Abs. 2 ZPO eingeräumten Ermessen in einer nicht zu beanstandenden Weise Gebrauch gemacht. Ermessensfehler sind nicht feststellbar. Dass das Landgericht von dem Erlass eines Teilurteils abgesehen hat, obwohl es möglicherweise von der Entscheidungsreife der streitigen Entgeltansprüche für das Jahr 2000 und 2001 ausgegangen sein mag, erscheint dem Senat nach § 301 Abs. 2 ZPO vertretbar. Für den Erlass eines Teilurteils besteht auch unter Berücksichtigung eines berechtigten Beschleunigungsinteresses der beklagten Partei kein dringendes Bedürfnis. Eine Kostenentscheidung könnte in dem Teilurteil ohnehin noch nicht getroffen werden, da sie nicht unabhängig von dem Ausgang des Rechtsstreites im übrigen ergehen kann.

4. Das Landgericht hat bei der Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreites auch im übrigen die Grenzen des ihm nach § 148 ZPO zustehenden Ermessens nicht überschritten. Es ist insbesondere nichts dafür ersichtlich, dass sich das Landgericht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. In dem angefochtenen Beschluss hat es vielmehr eine sachgerechte Interessenabwägung zwischen den Gesichtspunkten der Prozessbeschleunigung einerseits und der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen andererseits vorgenommen und im Ergebnis der Abwägung dabei dem Gesichtspunkt der Widerspruchsfreiheit rechtskräftiger Entscheidungen den Vorrang eingeräumt und folglich insgesamt für zweckmäßig erachtet, den Rechtsstreit auszusetzen.

Dass das Landgericht dem Interesse des Beklagten am Fortgang des Verfahrens einen geringeren Stellenwert beigemessen hat als dem Interesse des Klägers an einer Klärung der streitigen Vorfrage des richtigen Umsatzsteueransatzes ist nicht zu beanstanden.

Nach alledem wäre der sofortigen Beschwerde des beklagten Landkreises auch ohne das erledigende Ereignis in der Sache ein Erfolg zu versagen gewesen. Das ursprünglich zulässige Rechtsmittel ist mithin nicht allein aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Finanzgerichts gegenstandslos geworden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind zwar grundsätzlich Teil der Prozesskosten, über die das Prozessgericht erster Instanz mit der Hauptsacheentscheidung zu befinden hat (vgl. KG, Beschluss vom 10. Oktober 2006, 8 W 55/06; OLG Köln OLGR 1998, 89/90; OLG Schleswig Holstein MDR 2006, 707 zitiert nach juris; Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 252 ZPO Rdn. 3; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 252 ZPO Rdn. 6; a.A. Feiber in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 252 ZPO Rdn. 28).

Hier besteht allerdings die verfahrensrechtliche Besonderheit, dass der Beklagte wegen prozessualer Überholung sein Rechtsmittel gerade zu dem Zweck einseitig für erledigt erklärt hat, um einer drohenden Verwerfung der Beschwerde als (nunmehr) unzulässig zu begegnen und eine angemessene Entscheidung über die Kosten der Beschwerde zu ermöglichen. Denn nur eine Erledigterklärung hat eine sachgerechte, an den ursprünglichen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels orientierte Verteilung der Kosten eröffnet (vgl. BGH NJW 1998, 2453). Im Hinblick auf diese verfahrensrechtliche Sonderkonstellation bei einseitiger Rechtsmittelerledigungserklärung hat sich der Senat daher hier veranlasst gesehen, ausnahmsweise eine eigene Kostenentscheidung zu treffen.

Ende der Entscheidung

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