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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 15.10.2002
Aktenzeichen: 11 U 22/02
Rechtsgebiete: BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
StGB § 14 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 266a
StGB § 266a Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 344
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
Zur Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers einer GmbH wegen des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 22/02 OLG Naumburg

verkündet am: 15. Oktober 2002

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Schadensersatzes,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2002 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Baumgarten und Krause für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 30. April 1999, Geschäftszeichen: 6 O 116/98, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits aller Instanzen einschließlich der Revision trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge auf Schadensersatz wegen Vorenthaltens der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung der Monate August 1995 (67.620,37 DM - fällig am 15. September 1995) und September 1995 (69.302,08 DM - fällig am 15. Oktober 1995) in Anspruch.

Der Beklagte war durch Gesellschafterbeschluss vom 29. August 1995 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der H. GmbH bestellt worden. Die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für August 1995 und September 1995 wurden nach Fälligkeit nicht an die Klägerin abgeführt. Am 18.10.1995 stellte der Beklagte einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Noch am gleichen Tag ordnete das Amtsgericht ein allgemeines Verfügungsverbot und die Sequestration an. Das Gesamtvollstreckungsverfahren wurde am 20. Dezember 1995 eröffnet.

Das Landgericht hat den Beklagten auf dessen Säumnis am 02. September 1998 verurteilt, an die Klägerin 136.922,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.07.1998 zu zahlen. Dieses Versäumnisurteil hat die Kammer auch auf einen zulässigen Einspruch des Beklagten mit Entscheidung vom 30. April 1999 aufrechterhalten. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg hat das Rechtsmittel durch Urteil vom 15. Februar 2000 zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2001.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes insbesondere des Vorbringens der Parteien wird auf die Sachverhaltsdarstellungen in o.g. Entscheidungen sowie ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die in diesem Zusammenhang überreichten Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften aller Instanzen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Steuerberaters P. K. , dem Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der H. GmbH. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. September 2002 und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Auf das Rechtsmittel des Beklagten sind weiterhin die am 31.12.2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden, weil die angefochtene Entscheidung auf eine vor dem 01.01.2002 geschlossene mündliche Verhandlung zurückgeht (§ 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO). Die danach zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache allerdings auch nach weiterer Sachaufklärung durch den Senat keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten zutreffend verpflichtet gesehen, an die Klägerin Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266a Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Höhe der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für die Monate August und September 1995 i.H.v. 67.620,37 DM und 69.302,08 DM mithin im Gesamtumfang von 136.922,45 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen zu leisten.

1. Der Höhe nach ist die Schadensersatzforderung der Klägerin geklärt. Im Streit stehen die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung des Monats August 1995 (fällig am 15.09.1995) i.H.v. 67.620,37 DM und September 1995 (fällig am 15.10.2000) i.H.v. 69.302,08 DM. Die Berechnung der Klageforderung hat der Beklagte zwar zunächst angegriffen. In der Entscheidung des 13. Zivilsenats vom 15.02.2000 ist allerdings zutreffend ausgeführt, dass das Vorgehen der Klägerin hinsichtlich der Verrechnung der durch Vollstreckung eingezogenen Beträge nicht zu beanstanden ist. Dies liegt auch der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2001 zugrunde.

2. Die Klägerin stützt ihr Begehren auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266a Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Danach muss der Beklagte die hier streitgegenständlichen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung der Klägerin als Einzugsstelle vorsätzlich vorenthalten haben.

a) Die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung werden dann vorenthalten, wenn sie bei Fälligkeit nicht an die zuständige Einzugsstelle abgeführt werden (BGHZ 133, 370, 374; 134, 304, 307 m.w.N.). Auf die Auszahlung von Arbeitslohn kommt es nicht an (BGH, VI ZR 123/00, vom 11.12.2001; BGH NJW 2002, 2480 f. m.w.N.). Dass die Gemeinschuldnerin die Arbeitnehmeranteile in o.g. Höhe am 15. September 1995 und 15. Oktober 1995 nicht abführte, ist zwischen den Parteien unstreitig. Es oblag dem Beklagten, dafür Sorge zu tragen, dass die Gemeinschuldnerin ihren im September und Oktober eingetretenen öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten nachkam. Tat er dies nicht, machte er sich strafrechtlich und haftungsrechtlich verantwortlich (BGHZ 133, 370, 375).

b) Allerdings darf dem Beklagten als Geschäftsführer im hier maßgeblichen Zeitraum nichts Unmögliches abverlangt werden. Die Arbeitnehmerbeiträge werden nur dann vorenthalten, wenn der Gemeinschuldnerin auch tatsächlich die finanziellen Mittel zur Begleichung der Beitragsschuld zur Verfügung standen. Ist bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten, liegt ein Fall der tatbestandsausschließenden Unmöglichkeit vor (BGHZ 133, 370, 379 f.; 134, 304, 307; BGH NJW 2002, 1123, 1124). Zwar kann den Geschäftsführer selbst dann die Verantwortlichkeit treffen, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt kein finanzieller Spielraum mehr vorhanden war, weil er es versäumt hat, angesichts sich abzeichnender Engpässe vorzusorgen (BGHZ 134, 304, 308 ff.; BGH NJW 2002, 2480, 2481 f.). Auf den Beklagten trifft dies jedoch bereits deshalb nicht zu, weil er erst im September 1995 als Geschäftsführer tätig wurde. Es kommt deshalb darauf an, ob die Gemeinschuldnerin am 15. September und 15. Oktober 1995 in der Lage war, die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die Klägerin abzuführen. Dies bejaht der Senat im Ergebnis der Beweisaufnahme. Zahlungsunfähigkeit, die zur Unmöglichkeit des in § 266a Abs. 1 StGB gebotenen Verhaltens führt, ist erst dann gegeben, wenn dem Arbeitgeber die Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen, um ganz konkret die fälligen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abzuführen (BGH, VI ZR 327/95, vom 15.10.1996 - zitiert in juris).

Für die tatbestandlichen Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruches ist die Klägerin beweispflichtig (BGH NJW 2002, 1123, 1124). Der Senat hat allerdings Zweifel ob, wie der Bundesgerichtshof angenommen hat, überhaupt von Seiten des Beklagten in Abrede genommen wurde, dass die Gemeinschuldnerin die Beiträge für August im September 1995 hätte zahlen können. Behauptet war die Zahlungsunfähigkeit nur für Mitte Oktober (Bd. I Bl. 136 d.A.). Der Beklagtenvertreter hat nunmehr klargestellt, dass die Zahlungsunfähigkeit nur insoweit behauptet werden soll, als die Gemeinschuldnerin zur Begleichung der Schuld auf das bereits negative Kontokorrentkonto hätte zurückgreifen müssen. Damit ist aber eine Zahlungsunfähigkeit durch den sekundär darlegungsbelasteten Beklagten nicht dargetan, was sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme deckt.

Der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mehrfach, auch in der hier der Aufhebung und Zurückverweisung zugrunde liegenden Entscheidung vom 11. Dezember 2001 (VI ZR 123/00), in den nicht tragenden Gründen den Arbeitgeber offenbar verpflichtet gesehen, noch vorhandene Kreditlinien auszuschöpfen, um die Beitragsschuld gegenüber der Einzugsstelle zu erfüllen (BGH, VI ZR 90/99, vom 16.05.2000 - zitiert in juris; BGH, VI ZR 327/95, vom 15.10.1996 - zitiert in juris). Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dies bestritten (BGH, 5 StR 16/02, vom 28.05.2002 = NJW 2002, 2480, 2482). Welcher Auffassung zu folgen ist, muss der Senat hier nicht abschließend klären. Es spricht viel dafür, dass der Arbeitgeber den Kreditrahmen nicht mehr ausschöpfen muss (darf), wenn er weiß oder damit rechnet, dass er nicht in der Lage sein wird, den weiter in Anspruch genommenen Kredit zurückzuführen. Alles andere hieße, den durch die Illiquidität hervorgerufenen Schaden willkürlich auf Dritte, insbesondere die Kreditinstitute zu verlagern. Soweit kann der Vorrang der Beitragsschuld nicht gehen. Hierauf kann sich der Arbeitgeber aber nicht berufen, solange er unter Inanspruchnahme des Kreditrahmens nicht nur unwesentliche Zahlungen an Dritte erbracht (vgl. BGH NJW 2002, 1123, 1124 f.), mithin die Zahlungen noch nicht eingestellt hat. Dies gilt auch für die Gemeinschuldnerin Mitte September 1995.

Zunächst trägt der Beklagte nicht vor, dass die Gemeinschuldnerin am 15.09.1995 keine weiteren Zahlungen mehr leistete. Sie verfügte zu diesem Zeitpunkt, wie der Aussage des Zeugen K. zu entnehmen ist, auf ihrem Geschäftskonto bei der Deutschen Bank (... ) über einen Kreditrahmen von 800.000,00 DM. Dieser war ausweislich der vom Zeugen übergebenen Kontoauszüge mit dem 15.09.1995 erst im Umfang von 572.479,52 DM ausgeschöpft, sodass die fällige Beitragsschuld problemlos hätte überwiesen werden können. In den nachfolgenden Tagen sind weitergehende Belastungen zugunsten Dritter bis 754.027,83 DM (Stand 20.09.1995) erfolgt. Insoweit wären aber zunächst die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung abzuführen gewesen.

Auch hinsichtlich der Beiträge September 1995 (fällig am 15. Oktober 1995) war die Gemeinschuldnerin zahlungsfähig. Nach den vom Zeugen K. anlässlich seiner Aussage überreichten Kontoauszügen standen der Gemeinschuldnerin bei der Volksbank, der Commerzbank und der Vereinsbank zum 15. Oktober 1995 insgesamt Guthaben von 24.963,36 DM zur Verfügung. Zumindest insoweit war die Beitragsschuld erfüllbar. Der Kontokorrentrahmen ließ daneben noch Belastungen von 54.284,75 DM zu, wobei bereits die am 16.10.1995 an die Klägerin aufgrund von Vollstreckungsmaßnahmen geflossenen 20.000,00 DM berücksichtigt sind. Insgesamt war die Gemeinschuldnerin daher in der Lage, die ausstehenden 69.302,08 DM zu zahlen. Dabei war ihr der Rückgriff auf den noch bestehenden Kreditrahmen möglich und zumutbar. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Gemeinschuldnerin befürchten musste, durch die Überweisung der Beitragsschuld Kredit in Anspruch zu nehmen, den sie nicht mehr würde zurückführen können. Am 23.10.1995 wurde der Gemeinschuldnerin ein Scheck über 48.530,27 DM gutgeschrieben. Es war danach am 15.10.1995 abzusehen, dass noch Forderungen bestanden, die zur Rückführung des Kredits geeignet waren. Zusammen mit dem Guthaben bei anderen Banken konnte der mit Sicherheit nicht unerwartete Zahlungseingang im Rahmen vorausschauender Liquiditätsplanung verwandt werden, die Beiträge zur Sozialversicherung sicherzustellen bzw. den Kredit innerhalb kurzer Frist zurückzuführen.

c) Der Tatbestand des § 266 a StGB verlangt Vorsatz. Der Vorsatz des § 266a StGB setzt das Bewusstsein und den Willen voraus, die Abführung der Beiträge bei Fälligkeit zu unterlassen. Ausreichend ist bedingter Vorsatz, wonach der Arbeitgeber trotz Vorstellung von der Möglichkeit der Beitragsvorenthaltung diese gebilligt und nicht auf Erfüllung der Ansprüche des Sozialversicherungsträgers auf Abführung der Arbeitnehmerbeiträge hingewirkt hat (BGHZ 134, 304, 314). Hierauf kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht verzichtet werden, weil das Schutzgesetz gerade den Vorsatz verlangt (BGH NJW 2002, 2480, 2481; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rdn. 143).

Dass der Beklagte die Verpflichtung zur Abführung der Arbeitnehmeranteile kannte, ist unstreitig. Die Nichtzahlung in Kenntnis dieser Pflicht im September 1995 steht ebenfalls fest. Der Beklagte hatte auch offenbar überhaupt nicht vor, die laufende Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu erfüllen. Danach kann er nur vorsätzlich gehandelt haben. Darauf, ob der Beklagte davon ausging, dass das Nichtabführen nur dann strafbar sei, wenn auch Lohn gezahlt werde, kommt es nicht an. Es genügt, wenn der Beklagte die Umstände kannte, aus denen heraus der Straftatbestand verwirklicht wurde. Der insoweit möglicherweise behauptete Verbotsirrtum war auf dieser Grundlage vermeidbar (§ 17 StGB; vgl. auch BGHZ 133, 370, 381).

Der Bundesgerichtshof geht in seiner Entscheidung vom 11. Dezember 2001 hinsichtlich der Septemberbeiträge davon aus, dass nur dann Vorsatz bejaht werden könne, wenn der Beklagte gewusst habe, dass die Klägerin auch wegen der Junibeiträge vollstrecke bzw. vollstreckt habe. Dieses Wissen war auf Seiten des Beklagten vorhanden. Es gab keinerlei Umstände, aus denen heraus der Beklagte glauben konnte, er habe mit den im Rahmen der Vollstreckung erbrachten Zahlungen die Beitragsschuld für September 1995 erfüllt. Die Vollstreckungsmaßnahmen der Klägerin lagen vor dem Fälligkeitszeitpunkt der Septemberbeiträge. Lediglich am 16.10.1995 hat die Gemeinschuldnerin nochmals 20.000,00 DM gezahlt. Die Belastung ihres Kontos am 16.10.1995 geht allerdings auf einen Scheck zurück, der der Klägerin vor diesem Zeitpunkt ausgehändigt worden sein muss. Alles in allem konnte sich die Vollstreckung überhaupt nicht auf die Arbeitnehmeranteile für September 1995 bezogen haben, weil es insoweit an der Fälligkeit fehlte. Es muss um rückständige Beiträge gegangen sein. Nichts anderes konnte der Beklagte vermuten. Eine entgegenstehende Behauptung entbehrt jeder Grundlage und ist nicht glaubhaft. Außerdem geht aus dem jetzt vorgelegten Pfändungsprotokoll vom 18.10.1995 eindeutig hervor, dass wegen der Restbeträge Juni 1995 und August 1995 sowie der Zuschläge für Juli 1995 vollstreckt wurde. Dies wird auch den zuvor erstellten Protokollen, deren Kenntnisnahme der Beklagte nicht bestreitet, zu entnehmen gewesen sein. Damit hatte der Beklagte die Kenntnis davon, dass keinesfalls Septemberbeiträge durch Zahlung beglichen waren. Hat der Beklagte dies möglicherweise nicht hinreichend geprüft und die Protokolle doch nicht zur Kenntnis genommen, so hat er damit zumindest billigend in Kauf genommen, die Beiträge für September 1995 unter Umständen nicht abzuführen.

3. Soweit der Beklagte rügt, die Klägerin werde aus der Gesamtvollstreckungsmasse zumindest teilweise Befriedigung erlangen, besteht zur Annahme einer Minderung des Schadens zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein Anlass, da eine Zahlung an die Klägerin nicht vorgetragen ist. Die Klägerin ist auch nicht gehalten, ihre Gesamtvollstreckungsforderung gegen die Gemeinschuldnerin bzw. den Verwalter an den Beklagten im Wege der Vorteilsausgleichung abzutreten. Zwischen dem vom Beklagten verursachten Schaden und dem Vorrang der Forderung der Klägerin (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 3 Bst. b) GesO) besteht kein unmittelbarer Zusammenhang, sodass kein Grund besteht, den Beklagten in den Genuss einer Vorabbefriedigung kommen zu lassen. Die Klägerin kann deshalb den Beklagten unabhängig davon in voller Höhe in Anspruch nehmen, ob sie eine Konkursquote zu erwarten hat (BGH NJW-RR 1993, 1128/1129).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 344 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu, weil die Sache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und weder die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO).

Ende der Entscheidung

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