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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 26.06.2001
Aktenzeichen: 11 U 3/01
Rechtsgebiete: SachenRBerG, LwAnpG, EGBGB, BGB, ZPO, LPGG


Vorschriften:

SachenRBerG § 82 Abs. 1 u. 2
SachenRBerG § 82
SachenRBerG § 43 Abs. 1 u. 2 Nr. 3
SachenRBerG § 19
SachenRBerG § 82 Abs. 1 Nr. 1
SachenRBerG § 51
SachenRBerG § 87-102
SachenRBerG § 104
SachenRBerG § 82 Abs. 3
SachenRBerG § 81
SachenRBerG § 9 Abs. 1 Nr. 3
SachenRBerG § 29 Abs. 1 Nr. 1
LwAnpG § 53-64 a
EGBGB § 2 a Abs. 1 S. 1 b
EGBGB § 2 a Abs. 1 Satz 4
EGBGB § 2 a Abs. 1 Nr. 1 a
EGBGB § 4 Abs. 3
EGBGB § 2 a
EGBGB § 2 a Abs. 1 S. 8
BGB § 987 ff.
BGB § 903
BGB § 1004
BGB § 823
BGB § 633 Abs. 3
BGB § 633
BGB § 326
ZPO § 539
ZPO § 887
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
LPGG § 27
1. Ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 82 Abs. 1 und 2 SachenRBerG setzt nicht voraus, dass der Anspruchsteller vor dem Abriss des Gebäudes Gebäudeeigentum daran erlangt hat.

2. Zum Verhältnis der Anspruche aus § 82 Abs. 1 und § 82 Abs. 2 SachenRBerG.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 3/01 OLG Naumburg 6 O 396/99 LG Halle

verkündet am: 26.06.2001

In dem Berufungsrechtsstreit

...

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 05.06.2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht Lohmann, den Richter am Amtsgericht Timm und den Richter am Landgericht Dr. Strietzel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 01.12.2000 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 01.12.2000 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, die dem Kläger durch die Beseitigung der Bausubstanz der auf den Grundstücken der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/8 und 4/9 sämtlichen aufstehenden Gebäude und baulichen Anlagen, insbesondere Sauenstall, Wirtschaftsgebäude/Futterhaus, Sauenstall-Eckstall mit Anbau, ein weiteres Stallgebäude, zwei Nebengebäude und Güllegrube, sowie die Beseitigung der Bausubstanz der auf dem Grundstück der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/7 befindlichen zwei Flachsilos entstehenden Aufwendungen als Gesamtschuldner zu ersetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 10 % dem Kläger und zu 90 % den Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 16.000 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000 DM. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt 60.000 DM nicht.

Tatbestand:

Der Kläger macht die Zahlung eines Entgelts für die Nutzung seiner Grundstücke durch Bebauung mit baulichen Anlagen, für die selbständiges Gebäudeeigentum der Beklagten bestehen soll, geltend. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass ihm die durch den Abriss dieser Anlagen entstehenden Kosten durch die Beklagten zu ersetzen sind.

Der Kläger ist nach seinem von den Beklagten bestrittenen Vorbringen Eigentümer der Grundstücke Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/7, 4/8 und 4/9, eingetragen im Grundbuch von A. , Grundbuchblatt 345.

Die Beklagten sind als Gesellschafter bürgerlichen Rechts Rechtsnachfolger der ehemaligen LPG "August Meinicke" A. bzw. der späteren LPG TP "Märzkämpfer" F. . Die auf den Flurstücken 4/8 und 4/9 aufstehenden Gebäude und baulichen Anlagen sowie die Flachsilos auf dem Flurstück 4/7 waren von der LPG "August Meinicke" errichtet und zumindest zunächst bewirtschaftet worden.

Am 15.11.1993 beantragten die Beklagten die Flurneuordnung für die Grundstücke der Flur 2, Flurstücke 4/3, 3/16, 2/27. Das Verfahren wurde unter dem Az. 611/2 10 MQ 068 OU beim Amt für Flurneuordnung Halle zum Zweck der Bodenordnung gemäß §§ 53 ff. LwAnpG geführt.

Die Beklagten wurden vom Kläger mit Schreiben und Abrechnung vom 26.01.1999 zur Zahlung von Nutzungsentgelt für die Flurstücke 4/8 und 4/9 aufgefordert (Anlage K 4, GA 18). Mit Schreiben vom 05.03.1999 (Anlage K 6, GA I 22) mahnte der Kläger. Mit Schreiben vom 11.06.1999 (Anlage K 7, GA I 23) lehnten die Beklagten eine außergerichtliche Streitbeilegung ab.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.08.1999 forderte der Kläger die Beklagten mit Hinweis auf § 82 SachenRBerG auf, bis zum 31.08.1999 den Abriss der baulichen Anlagen vorzunehmen. Dies lehnten die Beklagten mit Schreiben vom 16.08.1999 (Anlage K 8, GA I 24) ab.

Die baulichen Anlagen auf den Flurstücken des Klägers sind aufgrund schlechten baulichen Zustands nicht nutzbar.

Der Kläger hat behauptet, er sei Eigentümer der Flurstücke 4/7, 4/8 und 4/9. Die Beklagten seien Eigentümer der auf diesen Flurstücken befindlichen baulichen Anlagen einschließlich der Flachsilos. Der Kläger hat gemeint, die Passivlegitimation der Beklagten folge aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 1 b EGBGB. Eine etwaige vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Übertragung von Vermögenswerten sei jedenfalls noch nicht vollzogen.

Der Kläger habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Nutzungsentgelt gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 4 EGBGB. Das Nutzungsentgelt bemesse sich in der Höhe nach dem gemäß § 43 Abs. 1 und 2 Nr. 3 SachenRBerG zu zahlenden Erbbauzins. Der Kläger hat behauptet, daraus, dass die Grundstücke Dorfgebiet, baureif, erschlossen und 4.515 qm bzw. 6.466 qm groß seien, ergebe sich ein Bodenwert nach § 19 SachenRBerG in Höhe von 9,00 DM/qm.

Geltend gemacht worden sind für das Flurstück 4/8 ein jährliches Nutzungsentgelt von 1422,23 DM (4515 qm x 9,00 DM/qm x 3,5 %) und für das Flurstück 4/9 ein jährliches Nutzungsentgelt von 1811,25 DM (5750 qm x 9,00 DM/qm x 3,5 %), insgesamt 12.933,92 DM für die Jahre 1995 bis 1998.

Der Kläger hat gemeint, der Feststellungsantrag sei zulässig. Die Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahrens sei nicht erforderlich. Er habe einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für die Beseitigung der auf den Grundstücken vorhandenen Bausubstanz gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG, da der Wegfall der Nutzbarkeit auf unterlassener Instandhaltung beruhe. § 82 Abs. 2 SachenRBerG greife nicht ein.

Der Kläger müsse damit rechnen, dass er als Zustandsstörer jederzeit zur Beseitigung der Gebäude aufgefordert werde. Unter Bezugnahme auf ein Angebot der Fa. B. vom 09.09.1999 hat der Kläger behauptet, es sei von Abbruchkosten in der Größenordnung von DM 120.000 auszugehen.

Er hat gemeint, eine Ermäßigung nach § 51 SachenRBerG sei nicht sachgerecht, da der Kläger sein Grundstück mangels Schutzbedürftigkeit des Gebäudeeigentümers gerade nicht habe überlassen müssen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 12.933,92 DM zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 06.03.1999 zu bezahlen,

2.

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die dem Kläger durch die Beseitigung der Bausubstanz der auf den Grundstücken der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/8 und 4/9 sämtlichen aufstehenden Gebäude und baulichen Anlagen, insbesondere - Sauenstall, Wirtschaftsgebäude/Futterhaus, Sauenstall-Eckstall mit Anbau, ein weiteres Stallgebäude, zwei Nebengebäude und Güllegrube - sowie die Beseitigung der Bausubstanz der auf dem Grundstück der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/7 befindlichen zwei Flachsilos entstehenden Aufwendungen als Gesamtschuldner zu ersetzen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Aktivlegitimation des Klägers und die Passivlegitimation der Beklagten bestritten. Sie haben behauptet, die Beklagten hätten das Vermögen der aus der LPG hervorgegangenen GbR in die Agrargemeinschaft F. GmbH eingebracht.

Die Beklagten haben gemeint, der Kläger habe keinen Anspruch auf Nutzungsentgelt, da er ein notarielles Vermittlungsverfahren nach §§ 87 -102 SachenRBerG oder nach dem 8. Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes nicht beantragt habe und sich in den Verfahren auch nicht auf eine Verhandlung zur Begründung dinglicher Rechte oder eine Übereignung eingelassen habe. Der Kläger berücksichtige beim geltend gemachten Nutzungsentgelt auch nicht, dass die Flächen durch die LPG erschlossen worden seien, dass nur der hälftige Bodenwert zur Anrechnung komme und dass gemäß § 51 SachenRBerG das Nutzungsentgelt ermäßigt zur Berechnung komme in den ersten neun Jahren, beginnend mit dem Eintritt der Zahlungspflicht, spätestens am 01.01.1995. Das geltend gemachte jährliche Gesamtnutzungsentgelt stehe dem Kläger nicht zu.

Die Prozessvoraussetzung der Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahrens gemäß § 104 SachenRBerG sei bezüglich des Anspruchs auf Abriss nicht erfüllt. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Abriss gemäß § 82 Abs. 3 SachenRBerG. Die für den Abriss der Gebäude gesetzte Frist bis zum 31.08.1999 sei nicht angemessen. Die Verjährung der Ansprüche auf Abriss sei zum 30.09.1999 eingetreten.

Mit am 01.12.2000 verkündetem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung eines Nutzungsentgeltes nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 4 EGBGB. Der Kläger oder seine verstorbene Mutter als vormalige Eigentümerin der Grundstücke hätten weder einen eigenen Antrag auf Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahrens oder eines Bodenordnungsverfahrens gestellt, noch hätten sie sich an einem entsprechenden Verfahren, das durch andere Personen eingeleitet worden sei, beteiligt. Ein Anspruch nach §§ 987 ff. BGB bestehe ebenfalls nicht, da es an einer Vindikationslage fehle. Die Beklagten seien nämlich gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 1 Nr. 1 a EGBGB zum Besitz an den Gebäuden berechtigt. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Beseitigung der Bausubstanz gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG. Denn der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt das selbständige Gebäudeeigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken erlangt. Dem Antrag des Klägers auf Schriftsatznachlass habe nicht entsprochen werden können. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Urteils wird auf dieses (GA I 162) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 07.12.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 04.01.2001 beim Oberlandesgericht Naumburg eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit am 02.02.2001 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger die Klageanträge der I. Instanz weitgehend weiter. Nutzungsentgelt wird mit dem Antrag zu 1) nur noch seit Bestandkraft des Bescheides vom 31.05.1995 geltend gemacht, durch den die Mutter des Klägers Eigentümerin der Grundstücke geworden sei. Der Kläger meint, das landgerichtliche Urteil sei wegen wesentlicher Verfahrensmängel im Sinne des § 539 ZPO aufzuheben. Außerdem sei es materiell unrichtig.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auch über die Flurstücke 4/7, 4/8 und 4/9 ein Bodenordnungsverfahren geführt worden, auch wenn die Beklagten das Verfahren für andere Flurstücke beantragt hätten. Die Mutter des Klägers und nach deren Tod der Kläger seien in das von den Beklagten beantragte Verfahren einbezogen gewesen. § 233 § 2 a Abs. 1 S. 4 EGBGB a.F. i.V. mit §§ 53-64a LwAnpG umfasse auch das Verfahren des freiwilligen Landtausches nach § 54. Die Einlassung in diese Verfahren habe für ein Verhandeln genügt.

Zu Unrecht habe das Landgericht den Anspruch auf Tragung der Abbruchkosten aberkannt. Ein vorheriger Ankauf des Gebäudes sei nach der Gesetzessystematik des § 82 SachenRBerG und des Art. 233 § 4 Abs. 3 EGBGB nicht zwingend erforderlich. Auch die Erwägung, dass es sich bei dem Gebäudeeigentum um für den Grundstückseigentümer fremdes Eigentum handele und nur der Eigentümer nach § 903 BGB nach Belieben mit seinem Eigentum verfahren könne, mache einen vorherigen Eigentumserwerb nach § 81 SachenRBerG nicht erforderlich. Der Eigentümer könne Angriffe gemäß § 1004 BGB und § 823 BGB abwehren.

Außerdem rügt der Kläger, das Landgericht habe hinsichtlich des Klageantrags zu 1) eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

Der Kläger stützt die Passivlegitimation der Beklagten bezüglich der Flachsilos auf dem Flurstück 4/7 darauf, dass diese, wie die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Verhandlungstermin am 05.06.2001 unstreitig gestellt hat, von der LPG August Meinicke A. errichtet worden seien. Er behauptet, nur ein A-Bock-Silo gehöre der R. Agrargenossenschaft.

Der Kläger meint, das Landgericht habe dem Kläger nicht die Gelegenheit gegeben, auf die in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweise einzugehen. Es habe zu Unrecht die Wiedereröffnung der Verhandlung, zumindest die Gewährung von Schriftsatznachlass, verweigert.

Der Kläger beantragt,

das am 01.12.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Halle abzuändern und

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 11.317,18 DM zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 06.03.1999 zu bezahlen,

2.

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die dem Kläger durch die Beseitigung der Bausubstanz der auf den Grundstücken der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/8 und 4/9 sämtlichen aufstehenden Gebäude und baulichen Anlagen, insbesondere - Sauenstall, Wirtschaftsgebäude/Futterhaus, Sauenstall-Eckstall mit Anbau, ein weiteres Stallgebäude, zwei Nebengebäude und Güllegrube - sowie die Beseitigung der Bausubstanz der auf dem Grundstück der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/7 befindlichen zwei Flachsilos entstehenden Aufwendungen als Gesamtschuldner zu ersetzen.

3.

hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die dem Kläger durch die Beseitigung der Bausubstanz der auf den Grundstücken der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/8 und 4/9 sämtlichen aufstehenden Gebäude und baulichen Anlagen, insbesondere - Sauenstall, Wirtschaftsgebäude/Futterhaus, Sauenstall-Eckstall mit Anbau, ein weiteres Stallgebäude, zwei Nebengebäude und Güllegrube - sowie die Beseitigung der Bausubstanz der auf dem Grundstück der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/7 befindlichen zwei Flachsilos entstehenden Aufwendungen nach Ankauf der Gebäude als Gesamtschuldner zu ersetzen.

4.

höchst hilfsweise,

festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die dem Kläger durch die Beseitigung der Bausubstanz der auf den Grundstücken der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/8 und 4/9 sämtlichen aufstehenden Gebäude und baulichen Anlagen, insbesondere - Sauenstall, Wirtschaftsgebäude/Futterhaus, Sauenstall-Eckstall mit Anbau, ein weiteres Stallgebäude, zwei Nebengebäude und Güllegrube - sowie die Beseitigung der Bausubstanz der auf dem Grundstück der Gemarkung A. , Flur 2, Flurstücke 4/7 befindlichen zwei Flachsilos entstehenden Aufwendungen nach Ankauf der Gebäude und dem Ablauf einer angemessenen Frist zur Vornahme der Selbstbeseitigung durch die Beklagten als Gesamtschuldner zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angegriffene Urteil und berufen sich auf ihr bisheriges Vorbringen.

Sie behaupten, sie seien nicht Eigentümer der auf den Flurstücken 4/7 oder 4/9 befindlichen baulichen Anlagen. Die vorgelegten Grundbuchauszüge beträfen nur das Flurstück 4/8. Die auf dem Flurstück 4/7 befindliche Siloanlage sei mit genossenschaftlichen Mitteln der LPG R. errichtet worden. Sie sei selbständiges Eigentum der LPG R. bzw. des jetzigen Agrarunternehmens. Die Beklagten seien nicht Rechtsnachfolger der LPG R. . Die Beklagten seien auch nicht Eigentümer von Gebäuden auf dem Flurstück 4/9. Gebäudegrundbücher seien, was unstreitig ist, für die Beklagten für Gebäude auf den Flurstücken 4/7 und 4/9 nicht errichtet. Die Beklagten hätten, was ebenfalls unstreitig ist, keine Anträge auf Zuordnung dieser Gebäude gestellt. Sie behaupten, zum Besitz an den Gebäuden auf dem Flurstück 4/8 seien sie nach Art. 233 § 2 a EGBGB berechtigt. Sie hätten ein Recht auf Hinzuerwerb der Fläche in einem Bodenordnungsverfahren gemäß §§ 53 ff. LwAnpG . Der Kläger habe kein Ankaufsrecht. Die Hilfsanträge seien unzulässig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.

Die Berufung ist zulässig (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO). Sie ist hinsichtlich des Zahlungsantrags unbegründet und hinsichtlich des Feststellungsantrags begründet.

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Nutzungsentgelt seit dem 30.06.1995 gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 8 EGBGB. Der Anspruch auf Nutzungsentgelt scheitert an der Nichtverwirklichung des Tatbestandsmerkmals der Einlassung auf eine Verhandlung zur Begründung dinglicher Rechte oder eine Übereignung in einem Bodenordnungsverfahren nach dem Achten Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes. Die anderen - alternativen - Voraussetzungen (Beantragung oder Einlassung auf eine Verhandlung in einem Verfahren zur Bodenneuordnung nach dem Bodensonderungsgesetz oder in einem notariellem Vermittlungsverfahren nach §§ 87-102 SachenRBerG) liegen ersichtlich nicht vor.

Es ist kein aktives Verhalten des Klägers oder seiner Rechtsvorgängerin, seiner Mutter, festzustellen, das als "Einlassen auf eine Verhandlung zur Begründung dinglicher Rechte oder eine Übereignung" gewertet werden könnte. Nur der im Rahmen der vorgegebenen Verfahren auf eine dingliche Rechtsänderung hinwirkende Eigentümer soll Anspruch auf Nutzungsentgelt haben (OLG Naumburg, Urteil vom 22.09.1998, 11 U 108/98).

Dass der Kläger oder seine Mutter in dem von den Beklagten beantragten Bodenordnungsverfahren beteiligt gewesen sein mögen, stellt kein "Einlassen" im Sinne von Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB dar. Unstreitig haben die Beklagten das Bodenordnungsverfahren nicht für die streitgegenständlichen Grundstücke beantragt, sondern für die Grundstücke Flur 4/3, 3/16, 2/27. Dass das Verfahren auch auf die streitgegenständlichen Grundstücke ausgeweitet worden wäre, wird vom Kläger pauschal behauptet, aber trotz gegnerischen Bestreitens nicht weiter ausgeführt. Über welchen Tausch welcher Grundstücke der Kläger oder seine Mutter verhandelt haben soll, wird im Sachvortrag des Klägers nicht deutlich.

Zwar meint der Kläger zu Recht, dass nicht ein Verfahren gemäß § 56 LwAnpG hätte eingeleitet gewesen sein müssen; auch ein Verfahren nach § 54 LwAnpG entspricht dem Art. 233 § 2 a Abs. 1 S. 8 EGBGB. § 54 findet sich wie auch § 56 im Achten Abschnitt des LwAnpG, der in Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 8 EGBGB in Bezug genommen ist. Aber auch in einem Verfahren gemäß § 54 LwAnpG hat sich der Kläger nicht auf eine Verhandlung über einen Eigentumsübergang eingelassen.

Das vom Kläger als Beleg für eine "Einlassung" angeführte Schreiben der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH vom 21.10.1996 (Anlage K 16, GA I 134) betrifft allerdings die streitgegenständlichen Flurstücke. Die Mutter des Klägers wird darin gebeten, in Vorbereitung auf die Einleitung des Bodenordnungsverfahrens eine Vollmacht bezüglich des Bodenordnungsverfahrens zu übersenden. Dass die Mutter des Klägers oder der Kläger hierauf in irgendeiner Weise reagiert hätte und eine konkrete Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich einer Änderung der Eigentumsverhältnisse hätte erkennen lassen, wird nicht vorgetragen. Das schlichte "Einbezogenwerden", auf das der Kläger seinen Anspruch stützt, reicht als bloßes passives Reagieren nicht aus. Das Gesetz macht den Beginn der Entgeltpflicht von einem auf Durchführung einer Sachenrechtsbereinigung gerichteten Signal des Eigentümers abhängig, entweder von der Beantragung eines Verfahrens oder von der Einlassung auf eine Verhandlung zur Begründung dinglicher Rechte. Auch mit der Berufungsbegründung hat der Kläger zu der Einlassung auf die Verhandlung oder gar auf die Übereignung nicht weiter vorgetragen. Allein, dass die Mutter des Klägers zur Übersendung einer Vollmacht aufgefordert worden ist, reicht nicht aus. Aus dem Schreiben vom 21.10.1996 lässt sich auch nicht schließen, dass die Mutter des Klägers vor Abfassung dieses Schreibens sich auf eine Verhandlung eingelassen hätte, eher im Gegenteil. Das Schreiben deutet darauf hin, dass sich die Mutter des Klägers gegenüber der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt gerade nicht zur Sache eingelassen hat, sondern gerade darauf verwiesen hat, man solle sich an ihren Sohn wenden. Dies ist kein "Einlassen" auf eine Verhandlung über eine Änderung der Eigentumslage.

Das Schreiben vom 28.01.1997 (Anlage K 17, GA I 135), welches nicht vom Kläger stammt, sondern an ihn gerichtet ist, lässt erkennen, dass der Kläger Interesse an der Beräumung von Flächen bekundet hat. Dass er eine zumindest grundsätzliche Bereitschaft zu Verhandlungen über eine Bestellung von dinglichen Rechten bzw. über eine Übereignung im Rahmen eines Flächentauschs bekundet hätte, lässt sich dem nicht entnehmen. Wenn der Kläger ausweislich des Schreibens vom 28.01.1997 erklärt hat, eine Beräumung der betroffenen Flächen zu wünschen, besagt das, dass die dingliche Rechtslage hinsichtlich der Grundstücke nach seinen Vorstellungen unverändert bleiben sollte. Die Notiz vom 26.02.1997 (Anlage K 18, GA I 137) bietet ebenfalls keinen Aufschluss darüber, dass sich der Kläger in Verhandlungen über eine Übereignung eingelassen haben könnte.

3)

a)

Der Haupt-Feststellungsantrag, der die Kosten der Beseitigung der baulichen Anlagen betrifft, ist zulässig. Die Zulässigkeit scheitert nicht an der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber einem Zahlungsantrag. Die Abbruchkosten stehen noch nicht fest und können deshalb nicht beziffert werden. Ein Feststellungsinteresse besteht im Hinblick auf die drohende Verjährung. Auch § 104 SachenRBerG steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht entgegen. Ein notarielles Vermittlungsverfahren ist im Anwendungsbereich von § 82 SachenRBerG nur insoweit erforderlich, als § 82 ein Ankaufsrecht begründet. Hier geht es aber nicht um die Feststellung des Inhalts eines Ankaufsrechts, sondern um Abbruchkosten.

b)

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Beseitigung der vorhandenen Bausubstanz gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG.

aa)

Der Kläger ist Eigentümer der Flurstücke 4/7, 4/8 und 4/9. Die Eigentümerstellung der Mutter des Klägers, I. E. , ergibt sich aus dem Rückübertragungsbescheid des Landkreises M. vom 31.05.1995 (K 19, GA I 138). Dass der Kläger Alleinerbe der Frau I. E. ist, ergibt sich aus dem Erbschein (K 33, GA I 175).

Die Beklagten sind im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG Nutzer der auf den Flurstücken 4/8 und 4/9 befindlichen baulichen Anlagen sowie der auf dem Flurstück 4/7 befindlichen Flachsilos.

Dass die Beklagten Eigentümer der Gebäude sind, ergibt sich zum Teil aus den vom Kläger vorgelegten Auszügen aus dem Gebäudegrundbuch (GA I 75, 78, 81, 84) und aus den Änderungsbescheiden vom 25.06.1998 (Anlagen K 1, K2, K3, GA I, 12, 14, 16). Bezüglich der auf dem Flurstück 4/8 befindlichen Gebäude ist dies auch unstreitig.

Bezüglich des Flurstücks 4/7 hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 05.06.2001 eingeräumt, dass die Flachsilos von der LPG A. errichtet worden seien. Aus dem Bescheid des Landkreises M. vom 31.05.1995 (GA I 138) ergibt sich, dass die auf dem Flurstück 4/7 befindliche Gebäudefläche sich im Eigentum der LPG F. befunden hat. Die in dem Bescheid angesprochene Siloanlage, die sich im Eigentum der LPG R. befindet, ist nicht identisch mit den streitgegenständlichen Flachsilos; es handelt sich um eine einheitliche Siloanlage, die sich sowohl auf dem Flurstück 4/5 als auch auf dem Flurstück 4/7 befindet. Der Sachvortrag des Klägers, das A-Bocksilo und die Flachsilos seien funktionell selbständig, ist von den Beklagten nicht bestritten worden. Ebensowenig ist von den Beklagten bestritten worden, dass sich auf dem Flurstück 4/7 außer dem Teil des der R. Agrargenossenschaft keine anderen Baulichkeiten als die Flachsilos befinden; dass auf dem Flurstück 4/7 befindliche bauliche Anlagen im Gebäudeeigentum der LPG F. gestanden haben, ergibt sich aus dem Bescheid des Landkreises M. . Auf welche Weise das Gebäudeeigentum an den Flachsilos von der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf die LPG R. übergegangen sein soll, haben die Beklagten nicht dargelegt.

Bezüglich des Flurstücks 4/9 steht der von den Beklagten erhobene Einwand der fehlenden Gebäudegrundbucheintragung dem Bestehen von selbständigem Gebäudeeigentum nicht entgegen. Eigentum konnte gemäß § 27 LPGG außerhalb des Grundbuchs entstehen. Die Beklagten haben nicht bestritten, dass die auf dem Flurstück 4/9 befindlichen baulichen Anlagen von ihrer Rechtsvorgängerin errichtet worden sind.

Dass eine Übereignung von der Agrargemeinschaft F. GbR mbH, den Beklagten, auf die Agrargemeinschaft F. GmbH, deren Gesellschafter die Beklagten sind, bereits vollzogen wäre, haben die Beklagten nicht konkret vorgetragen, insbesondere nicht durch Grundbuchauszüge. Dies wäre jedoch angezeigt gewesen, da unstreitig ist, dass die Beklagten als "Mitglieder" der Agrargemeinschaft F. GbR mbH, die aus der Umwandlung der LPG "August Meinicke" A. entstanden war, jedenfalls Eigentümer der fraglichen baulichen Anlagen geworden war.

Als Gebäudeeigentümer sind die Beklagten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG Nutzer im Sinne von § 82 SachenRBerG.

bb)

Der Senat folgt nicht der Auffassung des Landgerichts, soweit dieses in Anlehnung an das OLG Dresden (AgrarR 2000, 135 ff., GA I 108, im Anschluss an Tropf, in: Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 82 Rn. 5) gemeint hat, Voraussetzung für einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 82 Abs. 1 oder Abs. 2 SachenRBerG sei, dass der Kläger vor dem Abriss das Eigentum an den Gebäuden erwerbe. Für diese Auffassung wird bei Tropf, a.a.O., als Argument angeführt, erst die Rechtsstellung als Eigentümer ermächtige den Grundstückseigentümer, die vorhandenen Bauruinen abzureißen. Ein aus § 82 herzuleitendes gesetzliches Recht zum Abriss würde den Bedürfnissen des Grundstückseigentümers nicht genügen, weil der Abriss des Gebäudes das Gebäudeeigentum nicht endgültig beseitige (Art. 233 § 4 Abs. 1 und 7, Abs. 3 EGBGB, Art 233 § 2b Abs. 4). Ein neu errichtetes Gebäude würde in das Eigentum des Nutzers fallen, wenn es aufgrund des Nutzungsrechts oder als Ersatz für das vorhandene Bauwerk errichtet werde. Das OLG Dresden meint außerdem, der enge systematische Zusammenhang mit § 81 SachenRBerG spreche dafür, dass zunächst das Eigentum erworben werden müsse.

Diese Argumentation überzeugt in Anbetracht des Wortlauts und vom Sinn und Zweck des § 82 SachenRBerG sowie im Vergleich mit anderen Rechtsvorschriften nicht. § 82 SachenRBerG ist von § 81 unabhängig. Er enthält eigene tatbestandliche Voraussetzungen und eigene Rechtsfolgen. Es erscheint nicht zweckmäßig, dass der Grundstückseigentümer gezwungen sein soll, die gesamten Formalitäten zum Erwerb des Gebäudeeigentums, gegebenenfalls einschließlich der Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahrens oder sogar eines Rechtsstreits, zu erfüllen, nur um hinterher das Gebäude abreißen zu dürfen. Eine Berechtigung des Grundstückseigentümers zum Abriss des Gebäudes setzt nicht zwingend voraus, dass der Grundstückseigentümer auch Eigentümer des Gebäudes ist. Es reicht auch, wenn der Gebäudeeigentümer schuldrechtlich verpflichtet ist, den Abriss des Gebäudes durch den Grundstückseigentümer zu dulden. Der mit dem Abriss verbundene Eingriff in das Gebäudeeigentum ist dann nicht rechtswidrig im Sinne von § 823 BGB; ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 besteht wegen Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB nicht. Aus § 82 Abs. 1 SachenRBerG, demzufolge die Aufwendungen für die Beseitigung vom Nutzer zu tragen sind, ergibt sich, dass die Beseitigung vom Gebäudeeigentümer zu dulden ist. Die Regelung in § 82 Abs. 1 Nr. 1 erinnert an Vorschriften über eine Ersatzvornahme für den Fall, dass ein anderer eine vertretbare Handlung, die er - insoweit anders als der Nutzer bei § 82 SachenRBerG - durchführen muss, nicht durchführt; der Gläubiger ist dann berechtigt, Aufwendungsersatz für die Durchführung der Handlung zu verlangen, und der Schuldner muss das dulden, auch wenn er Eigentümer einer von der Vollstreckung betroffenen Sache ist. Dies gilt bei der Ersatzvornahme gemäß § 887 ZPO (Zöller/Stöber, ZPO, 21. Auflage, § 887 Rn 9). Auch bei der Ersatzvornahme gemäß § 633 Abs. 3 BGB muss der Werkunternehmer im Verzugsfall Nachbesserungsleistungen des Bestellers dulden. Die Regelung in § 82 Abs. 1 Nr. 1 erinnert auch insoweit, als dem Nutzer zuvor Gelegenheit gegeben werden muss, das Gebäude selbst abzureißen, an § 887 ZPO oder § 633 BGB und auch an die Regelung über Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 326 BGB, die ebenfalls darauf abzielt, dass der Schuldner nur den Geldbetrag zur Verfügung stellt, den der Gläubiger zur Befriedigung seines Erfüllungsinteresses benötigt. Dass der Grundstückseigentümer, um die Abrisskosten verlangen zu können, nach der in Abs. 3 geregelten Fristsetzung auch noch das Eigentum am Gebäude erlangen muss, ist, wie bei den genannten vergleichbaren Vorschriften, weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 82 Abs. 1 SachenRBerG zu entnehmen.

Das Argument, durch den Abriss gehe das Gebäudeeigentum nicht verloren, und ein wiedererrichtetes Gebäude stände wieder im Eigentum des Nutzers, ist nicht stichhaltig. Wenn der Nutzer mangels Instandsetzung des Gebäudeeigentums so wenig schutzwürdig ist, dass er den Abriss dulden muss, besteht auch kein Bedürfnis, ihm das Recht auf einen Neuaufbau zuzubilligen. Die Pflicht zur Duldung des Abrisses erstreckt sich auch darauf, dass der Nutzer die Freiheit des Grundstücks von einem Gebäude dauerhaft duldet.

cc)

Die baulichen Anlagen sind im gegenwärtigen Zustand nicht mehr nutzbar im Sinne von § 82 Abs. 1 SachenRBerG. Dies wird von den Beklagten nicht bestritten. Ob möglicherweise durch Rekonstruktions- oder Renovierungsmaßnahmen die Brauchbarkeit wiederhergestellt werden könnte, ist unerheblich. Wie sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG ergibt, schließt die Möglichkeit einer Rekonstruktion nicht aus, dass eine bauliche Anlage als nicht mehr nutzbar anzusehen ist.

dd)

Dass die baulichen Anlagen nicht mehr nutzbar sind, beruht auf unterlassener Instandhaltung durch den Nutzer. Unstreitig werden die Gebäude seit 1990/91 nicht mehr genutzt, seitdem haben die Beklagten sie auch nicht mehr instandgesetzt. Dass der derzeitige Zustand dadurch bedingt ist, ist nicht bestritten. Die Beklagten berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, dass Abs. 2 greife, weil sie im Zusammenhang mit der Wende die Nutzung aufgegeben hätten. Dieser Vortrag betrifft die Motivation für das Unterlassen der Instandsetzung. Auch die Unerheblichkeit der Nichtinstandsetzung soll hervorgehoben werden; dass aber nicht instand gesetzt worden ist und dass der jetzige Zustand der Anlagen darauf beruht, ist nicht streitig. Soweit die Beklagten sich darauf berufen haben, ihre baulichen Anlagen seien vom Pächter des Klägers eingezäunt worden, entlastet dies die Beklagten nicht. Wenn dies so gewesen sein sollte, was strittig ist, hätten sie rechtliche Schritte einleiten können, um eine - unterstellt - rechtswidrige Zugangsbeschränkung auszuräumen.

ee)

Abs. 1 des § 82 SachenRBerG wird durch Abs. 2 nicht verdrängt. Abs. 1 ist bei Vorliegen seiner Voraussetzungen auch dann anwendbar, wenn außerdem Abs. 2 verwirklicht ist. Abs. 2 gibt dem Eigentümer unter weniger strengen Voraussetzungen Rechte die weniger weit reichen; Abs. 1 gibt unter strengeren Voraussetzungen weitere Rechte. Es erscheint nicht unbillig, einen Nutzer bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 dem in dieser Vorschrift geregelten Anspruch auszusetzen, auch wenn zugleich Abs. 2 verwirklicht ist. Selbst wenn ein Nutzer aufgrund der mit der Wende einhergehenden Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse die Nutzung aufgegeben hat, steht es ihm frei, sein Gebäudeeigentum instand zu halten. Dies gilt auch für die Beklagten. Wenn die Beklagten auch nach Aufgabe der Nutzung sich um ihre baulichen Anlagen gekümmert und sie instandgehalten hätten, hätten sie den mit der Regelung des Abs. 2 verbundenen Schutz verdient. Wenn sie aber ihr Eigentum verfallen lassen und nicht investieren, erscheint es auch sachgerecht, wenn sie in verstärktem Umfang zur Kostentragung herangezogen werden.

ff)

Eine Frist zum Abriss (§ 82 Abs. 3) ist gesetzt worden. Zwar meinen die Beklagten zu Recht, dass die Frist zu kurz war. Inzwischen ist aber seit der Fristsetzung hinreichend Zeit vergangen, in der die Beklagten den Abriss hätten vornehmen können. Hier dürfte Entsprechendes gelten wie beim Werkvertrag (Palandt/Sprau, BGB-Kommentar, 59. Auflage, § 634 Rn 3).

gg)

Der Anspruch gemäß § 82 SachenRBerG ist nicht verjährt. Verjährung tritt 5 Jahre nach Inkrafttreten des SachenRBerG ein (§ 82 Abs. 3); das Gesetz ist am 1.10.1994 in Kraft getreten. Die Klage ist am 22.9.1999, also vor Eintritt der Verjährung, eingereicht worden und am 28.10.1999 zugestellt worden. Die Verjährung ist damit unterbrochen.

3.

Ob das Landgericht, wie vom Kläger vorgetragen, Verfahrensfehler begangen hat, kann dahingestellt bleiben. Bezüglich des Nutzungsentgelts hat der Kläger auch nach Kenntnis des ihn überraschenden Urteils nicht erheblich vorgetragen. Bezüglich des Aufwendungsersatzanspruchs beruht die Entscheidung des Landgerichts darauf, dass das Landgericht materiell-rechtlich der Auffassung des OLG Dresden gefolgt ist. Dies ist eine Rechtsfrage, zu der sich der Kläger stets äußern konnte, auch ohne dass erstinstanzlich erneut in die Verhandlung eingetreten werden musste. Soweit von der Auffassung des Landgerichts abzuweichen ist, beruht das nicht auf einem Verfahrensfehler, sondern auf einer abweichenden materiell-rechtlichen Auffassung zu den Voraussetzungen von § 82 SachenRBerG.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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