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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 23.08.2005
Aktenzeichen: 11 U 31/05
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB, SachenR


Vorschriften:

ZPO § 156 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 296a Satz 2
ZPO § 313a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 1
EGZPO § 26 Nr. 8 Satz 1
BGB § 195 a.F.
BGB § 196
BGB § 241 Abs. 2 n.F
BGB § 242
BGB § 257
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
BGB § 291
BGB § 311 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 326 a.F.
BGB § 325 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB § 325 Abs. 1 Satz 2 a.F.
BGB § 431
BGB § 433 Abs. 1 Satz 1
BGB § 440 Abs. 1
BGB § 747 Satz 2
SachenR § 3 Abs. 1 Satz 1
SachenR § 4 Nr. 1
SachenR § 5 Abs. 1 Nr. 2
1. Sind sich die Parteien eines Grundstückskaufs darüber einig, dass eine bestimmte, durch Gebäude und Mauern umgrenzte Fläche verkauft werden soll, kommt es auf die mit dieser Vorstellung nicht übereinstimmende und dahinter zurückbleibende Bezeichnung des Kaufgegenstandes in der notariellen Urkunde nicht an (unschädliche Falschbezeichnung).

2. Kann der Verkäufer nur das aus der Urkunde hervorgehende, aber nicht das verkaufte Grundstück zu Eigentum verschaffen, haftet er dem Käufer auf den Aufwand des Deckungsgeschäfts unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aufgrund Nichterfüllung.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 31/05 OLG Naumburg

verkündet am: 23. August 2005

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Schadensersatzes aufgrund Nichterfüllung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2005 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie des Richters am Landgericht Dr. Schröder für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 15. Februar 2005, Geschäftszeichen: 6 O 541/04, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.873,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 8. Oktober 2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger 1/3 und der Beklagte 2/3. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert der Berufung beträgt 1.873,30 €.

Unter Abänderung der Streitwertentscheidung im angefochtenen Urteil wird der Streitwert erster Instanz bis zum 20. Oktober auf 5.110 € und danach auf die Gebührenstufe bis 3.000 € festgesetzt.

Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.

Gründe:

I. Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache Erfolg. Dabei ist der auf Feststellung der Erledigung gerichtete Antrag nicht Gegenstand der Berufung. Weder der Berufungsantrag noch die Berufungsbegründung kommen auf die dahingehende Entscheidung des Landgerichts zurück. Hinsichtlich des Schadensersatzanspruches beruht die angefochtene Entscheidung auf Rechtsverletzungen (§ 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO). Die durch die Rechtsfehler der Einzelrichterin notwendig gewordenen erneuten Feststellungen des Senats (§§ 513 Abs. 1 Alt. 2, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) lassen keinen Raum für eine Abweisung der Klage. Vielmehr haben die Kläger gegen den Beklagten einen auf selbständigem Garantievertrag bzw. §§ 433 Abs. 1 Satz 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 Satz 1 u. 2 BGB a.F. beruhenden Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.873,30 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.

1. Soweit der Beklagte nur als einer der Verkäufer auf Schadensersatz in Anspruch genommen ist, ergibt sich seine Haftung aus §§ 431, 747 Satz 2 BGB. Er ist Gesamtschuldner. Mehrere Gesamtschuldner müssen nicht aus materiell-rechtlichen Gründen gemeinsam verklagt werden (Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 62 Rdn. 17).

2. Das Landgericht hat ausgeführt, die Kläger hätten gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Kläger auf den genauen Verlauf der Grundstücksgrenze hinzuweisen und sie darüber aufzuklären, dass der Schuppen nicht zum Grundstück gehöre. Das Verkehrswertgutachten, das den Schuppen mit erfasse, sei nicht Vertragsgrundlage. Allein das Zurückgreifen des Beklagten auf das Gutachten zur Bestimmung des von ihm verlangten Kaufpreises enthalte keine Zusicherung zu den Grundstücksbestandteilen. Außerdem sei die Gewährleistung für die Größe der Fläche ausgeschlossen. Hier hätten sich die Kläger selbst informieren müssen.

3. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Der Vertrag der Parteien stammt vom 17. Oktober 1994, sodass hierauf das BGB in der bis zum 1. Januar 2002 maßgeblichen Fassung anzuwenden ist (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Schon unter diesem Gesichtspunkt stützt sich das Landgericht auf eine falsche Anspruchsgrundlage.

b) Die Einzelrichterin geht davon aus, dass sich die Haftung des Beklagten nur aus einem Verschulden bei Vertragsverhandlungen ergeben kann (c.i.c. bzw. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB n.F.). Diese Auffassung verkennt zweierlei:

Zunächst wäre der Beklagte natürlich verpflichtet gewesen, die Kläger auf einen vom zu ersehenden tatsächlichen Nutzungsumfang abweichenden Grundstückszuschnitt aufmerksam zu machen. Der Beklagte hatte aber bestritten, vom wahren Grenzverlauf gewusst zu haben <Bl. 20/21 d.A.>. Für ihr gegenteiliges Vorbringen haben die Kläger keinen Beweis angetreten <Bl. 3 d.A.> und nachfolgend behauptet, beide Vertragsparteien seien davon ausgegangen, das verkaufte und das im Gutachten behandelte Grundstück seien identisch <Bl. 48 d.A.>. Damit war die ursprüngliche Behauptung fallen gelassen. Eine Haftung des Beklagten aus c.i.c. kam nicht mehr in Betracht.

Die fehlende Kenntnis des Beklagten hat dann (zweitens) Konsequenzen für den Inhalt des Grundstückskaufvertrages, worauf die Kläger im Zusammenhang mit dem Fallenlassen der Hinweispflichtverletzung ausdrücklich verwiesen haben <Bl. 48 d.A.>. Indem sich das Landgericht mit dem vereinbarten Kaufgegenstand unter dem Aspekt der unschädlichen Falschbezeichnung und der Frage der Erfüllung durch die Verkäufer nicht auseinandergesetzt hat, verkannte es den Kern des Klägervorbringens und damit des Rechtsstreits insgesamt. Dieser sich notwendigerweise auch materiell-rechtlich auswirkende Verfahrensmangel führt zu Zweifeln an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts, die erneute Feststellungen des Senats erforderlich machen (§§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

4. Es geht nicht um die Erfüllung von Hinweispflichten, sondern - wie die Berufung zu Recht hervorhebt - ausschließlich um die Bestimmung dessen, was der Beklagte gemeinsam mit seiner Ehefrau den Klägern zu übereignen hatte (§§ 433 Abs. 1 Satz 1, 741, 747 Satz 2, 431 BGB).

Wird ein Grundstück verkauft, ergibt sich der Kaufgegenstand i.d.R. aus der Grundbuch- oder Katasterbezeichnung. Es kommen aber auch Fälle vor, in denen der Kaufgegenstand unbewusst mit diesen Bezeichnungen nicht oder unvollständig umschrieben ist, weil man in Wahrheit eine andere Fläche kaufen bzw. verkaufen wollte. Dann gilt nicht das Erklärte, sondern das Gewollte, welches auch formwirksam zum Ausdruck gebracht ist (Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., § 125 Rdn. 14 m.w.N., § 133 Rdn. 17; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 133 Rdn. 8, § 311b Rdn. 37 m.w.N.; jurisPK-BGB/Reichold, 2. Aufl. 2004, § 133 Rdn. 18 m.w.N). Das wirklich Gewollte hat Vorrang vor der Falschbezeichnung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 1993, 9 U 96/93 = NJW-RR 1995, 784-785; OLG Frankfurt, Urteil vom 2. Juli 2004, 24 U 105/03 = OLGR 2004, 318-320). Hierfür kann es, entgegen der im nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 13. Juli 2005 vertretenen Auffassung, dahinstehen, ob sich das wirklich Gewollte zumindest andeutungsweise in der notariellen Urkunde niedergeschlagen hat. Die Andeutungstheorie kommt bei einer falsa demonstratio nicht zum Tragen (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2001, V ZR 65/01 = NJW 2002, 1038-1040; OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. September 2001, 3A U 1/01 = OLGR 2002, 37-40; Erman/ Palm, § 125 Rdn. 16 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, § 133 Rdn. 19; jurisPK/Reichold, § 133 Rdn. 26).

Die Ermittlung des wirklichen Parteiwillens geschieht durch Auslegung unter Berücksichtigung aller hierfür maßgeblichen Umstände. Es darf nicht beim buchstäblichen Sinn des Ausdrucks stehen geblieben werden. Hierzu ist nicht erforderlich, dass sich der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden zu eigen gemacht hat; es genügt dass er ihn erkannte (Palandt/Heinrichs, § 133 Rdn. 8 m.w.N.; Erman/Palm, § 133 Rdn. 17 m.w.N.). Grundlage hierfür ist der sog. Empfängerhorizont (Erman/Palm, § 133 Rdn. 2; Palandt/Hein-richs, § 133 Rdn. 3; jurisPK/Reichold, § 133 Rdn. 2). Es gilt das, was der Erklärungsempfänger, hier die Kläger, aufgrund der Erklärung der Verkäufer, also auch des Beklagten, als vom Erklärenden gewollt ansehen konnten (Erman/Palm, § 133 Rdn. 19; Palandt/Heinrichs, § 133 Rdn. 9; jurisPK/Reichold, § 133 Rdn. 8, 12). Danach hat der Senat keinen Zweifel, dass nicht nur das im Kaufvertrag genannte Flurstück 1910/244, sondern auch das Flurstück 1914/244 verkauft werden sollte.

Aufgrund der im Verlaufe der mündlichen Verhandlung eingesehenen und erörterten Unterlagen und Fotos haben die Verkäufer das Grundstück einschließlich Schuppen und Terrasse in einem Umfang genutzt, wie er sich aus einer dreiseitigen, durch Mauern gebildeten Begrenzung im hinteren Bereich ergab. Dieser durch die Anschrift B. straße 24 gekennzeichnete Nutzungsumfang schloss genau das 73 m² große Flurstück 1914/244 mit ein. Nach dem Vorbringen des Beklagten gingen er und seine Ehefrau davon aus, dass dies die Fläche 1910/244 darstellt, für die ihnen ein Nutzungsrecht verliehen war <Bl. 28 d.A.> und die sie später kauften <Bl. 29-32 d.A.>. Tatsächlich ging ihr Eigenbesitz darüber hinaus. Dies spricht dafür, dass unter der Bezeichnung 1910/244 genau das veräußert werden sollte, was die Verkäufer als ihr Eigentum betrachteten und als Eigentümer besaßen, so wie sie es den Klägern vor Ort zeigten und durch den Sachverständigen Dipl.-Bauing. (FH) J. bewerten ließen. Dieser wirkliche Wille wich von der Formulierung im Grundstückskaufvertrag der Parteien ab, denn danach sollte nur das Flurstück 1910/244 veräußert werden. Die Kläger haben den Willen der Verkäufer aber richtig erkannt, denn auch sie gingen aufgrund der Darstellung des Beklagten und seiner Ehefrau davon aus, die genutzte und eindeutig eingegrenzte Fläche zu erwerben, wie sie ihnen später auch vollständig übergeben wurde. Das bedeutet, dass der notarielle Grundstückskaufvertrag die Flurstücke 1910/244 und 1914/244 umfasst.

Mit einer nachteiligen Flächenabweichung oder einem Überbau hat dies - entgegen der Auffassung des Beklagten - nichts zu tun. Man hat sich nicht auf das Flurstück 1910/244 geeinigt, das dann nicht die vereinbarten 463 m² aufwies. Vielmehr zog man von der größeren Fläche den Schluss auf das zu verkaufende Grundstück, womit die Fläche - gleich mit welcher Quadratmeterzahl - den Zuschnitt des Kaufgegenstandes bestimmte.

Tatsächlich mag es sein, dass Schuppen und Terrasse das Nachbarflurstück 1914/244 nur überbaut haben <Bl. 133 d.A.> (die Kläger behaupten schon immer das vollständige Aufstehen des Schuppens auf der Nachbarfläche und nur hinsichtlich der Terrasse einen Überbau <Bl. 3 d.A.>). Die Parteien haben sich aber nicht auf das Flurstück 1910/244 geeinigt, sondern auf die Fläche, die auch und vor allem durch den Überbau beschrieben wird, sodass nach dem Vertrag ein Überbau gerade nicht vorliegt.

Nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergeben sich hinsichtlich des wirklich Gewollten letztlich keine Bestimmtheitsbedenken (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. November 2001, V ZR 282/00 = NJW-RR 2002, 59-60; Urteil vom 23. April 1999, V ZR 54/98 = NJW-RR 1999, 1030-1031; Urteil vom 23. März 1979, V ZR 24/77 = BGHZ 74, 116-121; Urteil vom 20. November 1987, V ZR 171/86 = NJW-RR 1988, 265). Der Vertragsgegenstand ist durch das Gebäude und eine im hinteren Bereich verlaufende Mauer unter Einschluss des Flurstücks 1914/244 in Gänze eindeutig gekennzeichnet.

5. Nach alledem hatten der Beklagte und seine Ehefrau neben dem Flurstück 1910/244 auch das Flurstück 1914/244 zu übereignen. Dass sie hierzu mangels Eigentums nicht in der Lage waren und sind, führt nicht zur Befreiung von der Leistungspflicht oder gar zur Nichtigkeit des Vertrages (§§ 306, 275 Abs. 1 BGB a.F.). Der Verkauf eines fremden Grundstücks ist wirksam (Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 306 Rdn. 21 m.w.N.). Ein Fall objektiver Unmöglichkeit liegt nicht vor, da der Eigentümer das Eigentum verschaffen könnte (Erman/Grunewald, vor § 433 Rdn. 4). Der Verkäufer haftet verschuldensunabhängig aus §§ 433 Abs. 1 Satz 1, 440 Abs. 1, 325 Abs. 1 Satz 1 u. 2 BGB a.F. bzw. selbständigem Garantievertrag auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die nicht verschaffte Grundstücksfläche (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1996, V ZR 277/95 = NJW 1997, 938-940; Erman/Grunewald, § 440 Rdn. 5 m.w.N.; Erman/Battes, § 306 Rdn. 22 m.w.N.; § 325 Rdn. 31).

6. Soweit der Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz darauf hinweist, er habe mit Blick auf die Rechtsauffassung des Senats gegen die Stadt M. aus dem Vertrag vom 13. Juni 1991 eben jenen Eigentumsverschaffungsanspruch gehabt, wie ihn die Kläger jetzt für sich in Anspruch nähmen, gibt dies dem Senat unter mehreren Gesichtspunkten keinen Anlass, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten (§§ 296a, 156 ZPO).

a) Mit dem Vorbringen des Beklagten ist die Abgrenzung zwischen dauerndem Unvermögen und Verzug angesprochen. Hatte der Beklagte Gelegenheit, sich des noch fehlenden Grundstücks zu versichern, ja sogar einen Anspruch gegen die Stadt M. auf Eigentumsverschaffung, könnten die Kläger nur dann Schadensersatz verlangen, wenn sie dem Beklagten zuvor erfolglos eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzten (§§ 440, 326 Abs. 1 BGB a.F.). Dazu wäre es aber erforderlich, dass der Beklagte nachvollziehbar vorträgt, wieso die Stadt M. dem gleichen Irrtum zum Kaufgegenstand erlegen sein soll, wie die Parteien, also mehr als das Flurstück 1910/244 verkaufen wollte. Dafür ist schon deshalb nichts ersichtlich, weil dem Beklagten und seiner Ehefrau das Nutzungsrecht nur für dieses Flurstück verliehen worden war <Bl. 28 d.A.>. Bei dem Kaufvertrag vom 13. Juni 1991 ging es ganz offensichtlich nur um den Verkauf der ehemals volkseigenen Fläche, für die das Nutzungsrecht bestand (jetzt §§ 3 Abs. 1 Satz 1, 4 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG; vgl. Ziff. I des Vertrages). Woher sollte die Stadt M. wissen, dass mehr genutzt wurde?

b) Außerdem ist dieser Sachvortrag neu. Bisher hat der Beklagte stets vorgetragen, den Klägern nur sein von der Stadt M. erworbenes Eigentum, also das Flurstück 1910/244 verkauft zu haben <Bl. 101, 21, 134/135 d.A.>. Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass die Stadt nicht mehr als aus dem Grundbuch hervor geht, veräußerte. Jetzt soll die Stadt auch das Flurstück 1914/244 mit verkauft haben. Dies kann der Senat nicht mehr berücksichtigen (§ 296a Satz 1 ZPO). Verfahrensfehler i.S.v. §§ 296a Satz 2, 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind dem Senat nicht unterlaufen. Er muss und kann nicht darauf hinwirken, dass der Beklagte seinen bisherigen Sachvortrag ändert (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die falsa demonstratio selbst war schon Gegenstand des Klagevorbringens erster Instanz und wurde im Hinweis des Senats vom 23. Juni 2005 nochmals ausdrücklich als entscheidungserheblich hervorgehoben.

c) Zum Dritten bedurfte es keiner Fristsetzung der Kläger, weil der Beklagte einen Anspruch der Kläger auf Übereignung der Restfläche bisher stets bestritten hat. In diesem Fall ist die Fristsetzung zumindest über § 242 BGB entbehrlich, da sie keinen Erfolg versprach. Die Kläger können ihren Anspruch damit genauso gut auf § 326 BGB a.F. stützen.

7. Der Ersatzanspruch ist auf den Aufwand des Deckungsgeschäfts, zu dem auch die zeitweilige Anmietung zählt, gerichtet. Die zusätzlichen Beurkundungs- und Grundbuchkosten sowie Grunderwerbssteuer, die sonst nur auf den vereinbarten Kaufpreis von 300.000 DM angefallen wären und jetzt zusätzlich aufzuwenden sind, müssen ersetzt werden. Dies gilt ebenfalls für die Kosten der weiteren GVO-Genehmigung. Die Rentabilitätsvermutung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. April 1978, V ZR 235/77 = BGHZ 71, 234-243; Urteil vom 21. Dezember 1984, V ZR 206/83 = NJW 1985, 2697-2698) spielt insoweit keine Rolle.

Insgesamt summieren sich die von den Klägern zu Recht geltend gemachten Positionen auf 1.873,30 €.

Soweit der Beklagte den Schaden der Kläger und ihr Vorbringen zum Deckungskauf mit Nichtwissen bestritten hat, kann offen bleiben, ob es sich hierbei um ein unbeachtliches pauschales Bestreiten handelt. Im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sind der Deckungskauf und die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten als unstreitig dargestellt. Dies trifft nach Ansicht des Senats zu. Das macht der nicht nachgelassene Schriftsatz ebenso deutlich, da dort, wie in der mündlichen Verhandlung auch, nur die Zahlung der Kläger streitig gestellt worden ist. Hierbei handelt es sich um einen nicht erheblichen Einwand. Gehen die Kläger eine Verbindlichkeit ein, haben sie zwar grundsätzlich gegen den Beklagten nur einen Anspruch auf Befreiung i.S.v. § 257 BGB. Der Befreiungsanspruch wandelt sich aber dann in einen Anspruch auf Zahlung, wenn er ernsthaft und endgültig bestritten wird (§ 250 BGB; Palandt/Heinrichs, vor § 249 Rdn. 46, § 250 Rdn. 2; Erman/Kuckuk, BGB, 11. Aufl., § 257 Rdn. 4). Nicht anders ist die Haltung des Beklagten zu werten.

Dass sich bei einem Deckungsgeschäft über 1.551,25 € die von den Klägern begehrten Kosten ergeben, folgt darüber hinaus aus der Lebenserfahrung sowie den einschlägigen Kostengesetzen. In der Regel hat der Käufer die Kosten eines Vertrages zu zahlen, zu denen die hier geltend gemachten Auslagen zählen. Der Mietaufwand ist darüber hinaus durch Quittung belegt.

8. Die Einrede der Verjährung greift nicht durch. Ob dieser erstmals in zweiter Instanz erhobene Einwand <Bl. 136 d.A.> präkludiert ist (§ 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO; Zöller/Gummer/Heß-ler, § 531 Rdn. 32; dgg. im Falle unstreitigen Sachverhalts und nicht notwendiger Beweisaufnahme unter eingehender Darstellung des Meinungsstandes OLG Karlsruhe, Urteil vom 4. November 2004, 19 U 216/03 = MDR 2005, 412-413) und sich auch auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung bezieht, kann offen bleiben. Verjährung ist nicht eingetreten.

Der Eigentumsverschaffungsanspruch der Kläger sowie der sich daraus ergebende Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1971, VII ZR 15/70 = BGHZ 57, 191-203) unterlagen der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren des § 195 BGB a.F. (Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 195 Rdn. 7, 2). Vom 1. Januar 2002 an findet das neue Verjährungsrecht Anwendung (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Die jetzt kürzere Frist wird seit dem 1. Januar 2002 berechnet (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Ob es sich dabei um die Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB) oder, der Verjährung des Eigentumsverschaffungsanspruchs folgend, des § 196 BGB (10 Jahre) handelt, kann dahinstehen. Die Klage ist am 8. Oktober 2004 zugestellt und damit zu unverjährter Zeit erhoben <Bl. 14 d.A.> (§ 253 Abs. 1 ZPO). Seither ist der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt (§§ 204 Abs. 1 Nr. 1, 209 BGB und Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB).

9. Die Zinsforderung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache weist keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Streitwert der Berufung entspricht dem weiter verfolgten Zahlungsanspruch (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; 3, 4 ZPO).

Für die erste Instanz gilt dies entsprechend. Hinzuzurechnen ist der Wert des mit der einseitigen Erledigungserklärung verbundenen Feststellungsantrages (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wird dieser durch das im Wege der Differenzmethode ermittelte Kosteninteresse der Kläger bestimmt (vgl. hierzu auch Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rdn. 16 - Stichwort: Erledigung der Hauptsache; Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 3 Rdn. 25 - Stichwort: Erledigung der Hauptsache). Insgesamt ergibt sich so ein Betrag, der sich innerhalb der Gebührenstufe bis 3.000 € bewegt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3, 4 ZPO). Die dem nicht gerecht werdende Streitwertentscheidung des Landgerichts ist deshalb nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG abzuändern.

Ende der Entscheidung

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