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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 30.08.2001
Aktenzeichen: 11 U 93/01
Rechtsgebiete: ZGB, ZPO, GKG, EGBGB


Vorschriften:

ZGB § 321
ZPO § 91 a Abs. 1
GKG § 16 Absatz 1
EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 3
Ein schuldrechtliches Wohnrecht ist kein "Mitbenutzungsrecht an Grundstücken" i. S. v. § 321 ZGB, das durch Eintragung einer Dienstbarkeit gesichert werden könnte.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 U 93/01 OLG Naumburg

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Einräumung einer Dienstbarkeit

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Lohmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Grubert und den Richter am Amtsgericht Timm am 30. August 2001

beschlossen:

Tenor:

Nach Erledigung des Rechtsstreits werden die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.

Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 15.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist die Großmutter des Beklagten. Sie sowie ihr damals noch lebender Ehemann als damalige Eigentümer überließen das streitgegenständliche Grundstück mit notariellem Vertrag vom 1. September 1986 dem Beklagten. Ergänzend wurde folgende Regelung getroffen:

"II. Die Beteiligten vereinbaren als Gegenleistung, daß die Veräußerer lebenslänglich in dem Wohnhaus wohnen bleiben können, und zwar mietfrei, und auch unentgeltlich lebenslänglich die Gärten nutzen können. ..."

Die Klägerin hat erstinstanzlich erfolglos die Bewilligung der Eintragung einer hierauf gerichteten Dienstbarkeit in das Grundbuch begehrt.

Nach Berufungseinlegung hat sie den Rechtsstreit für erledigt erklärt, da sie gesundheitsbedingt nicht mehr in das auf dem Grundstück gelegene Haus zurückkehren könne. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nach § 91 a Absatz 1 ZPO über dessen Kosten zu entscheiden. Diese Entscheidung orientiert sich maßgeblich daran, wer ohne die Erledigung mutmaßlich obsiegt hätte. Danach sind der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, da die Klage sowie die Berufung auch vor der Erledigung keine Aussicht auf Erfolg hatten.

Das Landgericht hat in seinem Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin von dem Beklagten nicht nach Art. 233 § 5 Absatz 3 EGBGB die Zustimmung zur Absicherung ihres Wohnrechtes durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit verlangen konnte (und kann). Dies hat das Landgericht zu Recht darauf gestützt, dass die Parteien in ihrem Vertrag vom 1. September 1986 kein Mitnutzungsrecht nach § 321 ZGB vereinbart haben, das allein nach Art. 233 § 5 Absatz 3 EGBGB eintragungsfähig wäre. Aus der systematischen Stellung von § 321 ZGB im Sechsten Kapitel des Zivilgesetzbuches der DDR wird in Literatur und Rechtsprechung abgeleitet, dass von dieser Norm nur die Verhältnisse von Nutzungsberechtigten in Nachbarschaft erfasst waren (OLG Dresden, OLG-NL 1995, 39, 40 f.; Joost, in: MünchKomm-BGB, 3. Aufl., Art. 233 § 5 EGBGB Rn. 3). Soweit in der amtlichen Kommentierung zum Zivilgesetzbuch (Anm. 1.1 zu § 321) ausgeführt wird, die Norm erfasse auch Nutzer nicht benachbarter Grundstücke, ändert dies nichts daran, dass Rechte nach § 321 ZGB nur zu Gunsten einer Person begründet werden konnten, die Nutzer eines (benachbarten oder zumindest nahegelegenen) anderen als des belasteten Grundstücks war und für diese Nutzung eines anderen Grundstückes des Zugriffs auf das belastete Grundstück bedurfte. Die amtliche Kommentierung erweitert allenfalls die Anforderungen an die räumliche Nähe zwischen beiden Grundstücken (vgl. Joost, in: MünchKomm-BGB, Rn. 3 am Ende) beziehungsweise lässt genügen, dass der Nutzer lediglich Mieter des anderen Grundstückes ist (Rauscher, in: Dörner/Rauscher/Sonnenschein, EGBGB, Art. 233 § 5 Rn. 7), öffnet § 321 ZGB aber nicht für die Konstellation, dass der Nutzer ausschließlich das belastete Grundstück nutzt. Anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 1999 (VIZ 1999, 489 f.). Soweit der Bundesgerichtshof hier ein Nutzungsrecht nach § 321 ZGB in Betracht zog, würde hierdurch ebenfalls ein Grundstück für die Nutzbarkeit eines anderen Grundstückes belastet werden.

Von § 321 ZGB wird damit nicht das von der Klägerin geltend gemachte Wohnrecht auf dem Grundstück des Beklagten erfasst. Dessen Eintragung konnte daher vor und nach der Erledigung des Rechtsstreits nicht nach Art. 233 § 5 Absatz 3 EGBGB verlangt werden.

III.

Der Senat folgt dem Landgericht auch hinsichtlich der Festsetzung des Streitwertes. Insbesondere ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass § 16 Absatz 1 GKG keine Anwendung findet. Soweit der Gesetzgeber mit dieser Norm aus sozialen Gründen die Absenkung der Kosten von Mietstreitigkeiten bezweckte, bedürfen die Parteien eines Rechtsstreits nicht über die Existenz, sondern lediglich über die Eintragungsfähigkeit eines Wohnrechts nicht dieser Privilegierung.

Ende der Entscheidung

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