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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 07.11.2001
Aktenzeichen: 11 Wx 14/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 47
WEG § 27 Abs. 1
WEG § 27 Abs. 2
WEG § 43 Abs. 1 Ziff. 4
WEG § 48 Abs. 3 S. 1
1. Ein Beschlussanfechtungsverfahren gegen die Abberufung des Verwalters erledigt sich, wenn die Bestellung aus anderen Gründen - durch Zeitablauf oder einen nicht angefochtenen weiteren Beschluss - endet.

2. Erledigt sich die Hauptsache nach Einlegung einer zulässigen sofortigen Beschwerde, muss der Beschwerdeführer den Beschwerdeantrag auf die Kosten beschränken; ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung in der Hauptsache besteht nicht mehr.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 Wx 14/01 OLG Naumburg

In der Wohnungseigentumssache

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 7. November 2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht Lohmann, den Richter am Landgericht Lentner und den Richter am Landgericht zur Nieden beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 17. Mai 2001 abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Gerichtskosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragsgegner zu tragen. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens erster Instanz werden nicht erstattet.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahren und des Verfahrens über die erste weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner (OLG Naumburg 11 Wx 9/00) tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über die erste weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner werden nicht erstattet.

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten des jetzigen Verfahrens über die weiteren sofortigen Beschwerden. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Verfahrens über die weiteren sofortigen Beschwerden wird auf 1.125 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin war Verwalterin der im Eingang genannten Wohnungseigentümergemeinschaft. Durch Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 18. Dezember 1998 wurde sie abberufen. Auf Antrag der Antragstellerin ist dieser Beschluß durch Beschluß des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 12. November 1999 für unwirksam erklärt worden. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 5. April 2000 zurückgewiesen. Zwischenzeitlich, nämlich am 23. November 1999, war der Antragstellerin ein Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. September 1999 zugestellt worden, durch den sie erneut als Verwalterin abberufen worden war; diesen Beschluß focht sie nicht an. Im Hinblick auf die durch den bestandskräftigen erneuten Abberufungsbbeschluß und den Ablauf der regulären Amtszeit der Antragstellerin während des Beschwerdeverfahrens eingetretene Erledigung der Hauptsache hat der Senat den Beschluß des Landgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Nach der Zurückverweisung haben beide Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.

Das Landgericht hat die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens den Antragsgegnern auferlegt, weil diese voraussichtlich unterlegen wären. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über die sofortige weitere Beschwerde sowie die den Antragsgegnern in diesen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten hat das Landgericht der Antragstellerin auferlegt, weil diese nicht unverzüglich die Erledigung der Hauptsache erklärt habe, nachdem der Zweitbeschluß bestandskräftig geworden sei.

Gegen diesen Beschluß richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden beider Parteien. Die Antragsgegner meinen, die Kosten des Verfahrens erster Instanz seien gegeneinander aufzuheben, weil noch Aufklärungsbedarf dazu bestanden habe, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung vorgelegen habe. Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über die sofortige weitere Beschwerde seien gegeneinander aufzuheben.

II. Nur die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.

1. Beide Rechtsmittel sind zulässig. Gegen eine erstmalige isolierte Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts findet die sofortige weitere Beschwerde statt, wenn gegen die Entscheidung in der Hauptsache die sofortige weitere Beschwerde zulässig gewesen wäre und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 DM übersteigt (§§ 43 Abs.1, 45 Abs.1 WEG, 27 Abs.1 und 2, 20a Abs.2 FGG; vgl. BayObLG NJW-RR 2000, 463 mit weiteren Nachweisen). Die Beschwer der Antragstellerin und der Antragsgegner liegt hier je über 200 DM.

2. Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Landgericht zu Recht den Antragsgegnern auferlegt (§ 47 S.1 WEG). Die Antragsgegner wären voraussichtlich unterlegen. Daß weiterer Aufklärungsbedarf bestanden haben mag, steht einer derartigen Prognose im Rahmen der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nach der Erledigung der Hauptsache nicht entgegen. Es entspricht auch billigem Ermessen, daß die Beteiligten ihre im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 47 S.2 WEG).

3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner haben die Antragsteller und die Antragsgegner hingegen je zur Hälfte zu tragen.

a) Mit Bestandskraft des Abberufungsbeschlusses vom 21. September 1999, zugestellt am 23. November 1999, hatte sich die Hauptsache erledigt. Die Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis fortgefallen ist, daß eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, oder wenn die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hat oder wenn es auf die zu behandelnde Frage nicht mehr ankommt (BayObLG WuM 1992, 644, 645 mit weiteren Nachweisen). Das war hier der Fall. Ein durch die Eigentümerversammlung abberufener Verwalter kann den Abberufungsbeschluß in entsprechender Anwendung von § 43 Abs.1 Ziff. 4 WEG anfechten. Diese Befugnis leitet sich daraus her, daß der Verwalter nach § 27 Abs.1 und 2 WEG Aufgaben und Befugnisse hat, die gemäß Abs.3 dieser Bestimmung auch durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt werden können. In diese Rechtsstellung wird durch einen rechtswidrigen Abberufungsbeschluß unmittelbar eingegriffen (BGHZ 106, 113, 122 ff = NJW 1989, 1087; OLG Hamm NJW-RR 1997, 523, 524). Ist die Bestellung aus anderen Gründen - durch einen nicht angefochtenen weiteren Beschluß oder durch Zeitablauf - beendet worden, entfällt dieses Interesse. Rechte aus § 27 Abs.1 und 2 WEG stehen dem Verwalter keinesfalls mehr zu. Ein Beschlußanfechtungsverfahren über die Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses hat sich damit erledigt (vgl. etwa Palandt/Bassenge, BGB 60. Aufl. § 26 WEG Rn. 11; Bärmann/Pick/Merle, WEG 7. Aufl. § 44 Rn. 92; jeweils mit weiteren Nachweisen). Daraus, daß Vergütungsansprüche des Verwalters noch im Streit stehen könnten, folgt für sich genommen kein weitergehendes Rechtsschutzinteresse; denn die Entscheidung über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses ist nicht präjudiziell für die Frage, ob und in welchem Umfang dem Verwalter noch Ansprüche aus dem Verwaltervertrag zustehen (OLG Hamm NJW-RR 1997, 523, 524). Insoweit kommt es vielmehr darauf an, ob der Verwaltervertrag wirksam gekündigt worden ist.

b) Erledigt sich die Hauptsache nach Einlegung einer zulässigen sofortigen Beschwerde, so wird die Beschwerde unzulässig; denn ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung in der Hauptsache besteht nicht mehr (BayObLG WuM 1992, 644, 645; BayObLG WuM 1994, 573; Demharter, Die Erledigung der Hauptsache in Wohnungseigentumssachen, ZMR 1987, 200, 203 mit weiteren Nachweisen in Fn. 49). Der Beschwerdeführer kann diesem Umstand dadurch Rechnung tragen, daß er die Hauptsache für erledigt erklärt und den Beschwerdeantrag auf die Kosten beschränkt. In diesem Fall sind Gegenstand der Beschwerde nur noch die bis zur Erledigung in allen Rechtszügen angefallenen Kosten. Im vorliegenden Fall haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 24. Januar 2000 (GA II 13) die Erledigung der Hauptsache erklärt, jedoch gleichwohl beantragt, den Beschluß des Amtsgerichts aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Antragsgegner hätten die Beschwerde auf den Kostenpunkt beschränken müssen. Das ist nicht erfolgt.

c) Das Landgericht, dem der zweite Abberufungsbeschluß ebenso wie der Ablauf der Amtszeit der Antragstellerin bekannt war, hätte auf eine sachgerechte Antragstellung hinwirken, also die Antragsgegner darauf hinweisen müssen, daß der Antrag beschränkt werden mußte. Eine Sachentscheidung durfte keinesfalls mehr ergehen. In Anbetracht dieser Umstände entspricht es billigem Ermessen (§ 47 S.1 WEG), die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über die erste weitere sofortige Beschwerde der Antragstellerin und den Antragsgegnern je zur Hälfte aufzuerlegen und von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen.

III. Die Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Verfahrens der weiteren sofortigen Beschwerde ergeht nach § 47 WEG. Die Festsetzung des Geschäftswertes erfolgte nach § 48 Abs.3 S.1 WEG. Wird das Beschwerdeverfahren durch Erledigung der Hauptsache beendet, so bemißt sich der Geschäftswert nach den Kosten der vorinstanzlichen Verfahren (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 48 Rn. 69).

Ende der Entscheidung

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