Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.03.2004
Aktenzeichen: 12 W 22/04
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 568 Satz 1
ZPO § 767
BRAGO § 11
BRAGO § 23
BRAGO § 23 I 3
BRAGO § 31 I 1
BRAGO § 31 I 2
BRAGO § 26
BRAGO § 28 II 1
BRAGO § 28 II 3
BGB § 779
Die Entstehung der Vergleichsgebühr hängt nicht von einem formalen Vergleichsschluss ab.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

12 W 22/04 OLG Naumburg

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 23.03.2004 durch den Richter am Amtsgericht Fölsing beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 23.12.2003 wird dieser dahingehend abgeändert, dass die auf Grund des Anerkenntnisurteils vom 15.04.2003 und des Vergleiches vom gleichen Tage von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.053,53 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2003 festgesetzt werden; im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 323,55 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien des Beschwerdeverfahrens sind durch einen erstinstanzlichen Rechtsstreit vor dem Landgericht Halle miteinander verbunden.

Die Klägerin nahmen die Beklagte auf Zahlung von Werklohn in Anspruch.

Die Beklagte hat sich gegen die Nichtberücksichtigung des Gewährleistungseinbehaltes und die Höhe des Zinssatzes und den Zinsbeginn gewandt.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.04.2003 finden sich im Protokoll folgende Feststellungen:

"Nach Einführung in den Sach- und Streitstand wurde die Sache erörtert. Die Sitzung wurde unterbrochen. Nach der Pause erschienen dieselben Beteiligten.

Rechtsanwalt P. erklärt, nach Rücksprache mit der Klägerin sei diese bereit, im Fall des Anerkenntnisses der Klageforderung gemäß seinem Schriftsatz vom 19.03.2003 auf eine Vollstreckung aus einem Anerkenntnisurteil zu verzichten, wenn die Beklagte - wie von ihrem Geschäftsführer vor der Sitzungspause in Aussicht gestellt - auf die titulierte Forderung monatlich 1.000,00 EUR zahle, und zwar jeweils bis zum 15. eines jeden Monats erstmals im Mai 2003, wobei die Zahlung auf die Hauptforderung und die letzte Rate von 960,00 EUR nebst aufgelaufener Zinsen zu zahlen sei. Die Klägerin behalte sich allerdings vor, im Falle der Nichteinhaltung einer der gestatteten Ratenzahlung die gesamte danach noch offene Restforderung aus dem Anerkenntnisurteil zu vollstrecken."

Danach erging entsprechend dem Antrag des Klägervertreters auf Anerkenntnis der Beklagten ein Anerkenntnisurteil.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 17.09.2003 (Bl. 77, 78 d. A.), auf welchen Bezug genommen wird, beantragte der Klägervertreter die Festsetzung der im Verfahren entstandenen Gebühren.

Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens haben die Parteien nur darüber gestritten, inwieweit eine Vergleichsgebühr in Ansatz zu bringen sei.

Der Vorsitzende der 4. Zivilkammer hat in einer Stellungnahme zum Ablauf des Verhandlungstermins ausgeführt, dass eine Vergleichsgebühr durch die danach protokollierte Verfahrensweise habe vermieden werden sollen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.12.2003 hat die Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle die zu erstattenden Kosten festgesetzt, wobei die Vergleichsgebühr abgesetzt wurde.

Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 02.02.2004 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom gleichen Tage, eingegangen beim Landgericht Halle, hat der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15.03.2004 nicht abgeholfen und ausgeführt, dass insoweit auf einen telefonischen Hinweis des Vorsitzenden Richters an die Klägervertretung vom 21.10.2003 Bezug genommen werde und auf das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 06.11.2003, wonach eine Vergleichsgebühr habe vermieden werden sollen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Halle über die gemäß § 568 Satz 1 ZPO der Einzelrichter zu befinden hat, weil die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist, ist zulässig (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) und begründet.

Mit Recht wendet sich die Klägerin gegen die Absetzung der von ihrem Prozessbevollmächtigten berechneten Vergleichsgebühr. Gemäß § 23 BRAGO erhält der Rechtsanwalt die Vergleichsgebühr für die Mitwirkung am Zustandekommen eines Vergleiches im Sinne von § 779 BGB, d. h. eines Vertrages, durch welchen die Parteien den Streit bzw. die Ungewissheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Wege gegenseitigen Nachgebens bereinigt haben. Eine derartige Vereinbarung, die formlos geschlossen werden kann und insbesondere nicht der Form des Prozessvergleiches bedarf, ist hier zwischen den Parteien zu Stande gekommen.

Zwischen beiden Parteien herrschte Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis, die durch die Anerkennung der Klageforderung unter Einräumung einer Ratenzahlung im Wege des gegenseitigen Nachgebens beendet wurde.

Am Zustandekommen des Vergleichs hat der Klägervertreter auch mitgewirkt, nachdem laut Sitzungsprotokoll die Sach- und Rechtslage erörtert wurde, beide Parteivertreter den Sitzungssaal verließen und es dann zu der dargestellten Einigung kam.

Soweit die Beklagtenseite einwendet, es sei Intention gewesen, die Vergleichsgebühr nicht anfallen zu lassen, handelt es sich um ein unbeachtliches Motiv, welches an dem Zustandekommen des Vertrages nichts ändert. Wenn man den Vortrag dahingehend auslegen würde, dass auf die Vergleichsgebühr habe verzichtet werden sollen, würde es sich um einen materiell-rechtlichen Einwand handeln, der im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist, es sei denn, was hier nicht der Fall ist, dass er unstreitig wäre (vgl. Zöller/Herget, §§ 103, 104 ZPO, Rn. 21 "Verzicht" m. w. N.).

Hiergegen stände der Beklagtenseite allenfalls die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO offen.

Entgegen der getroffenen Festsetzung war die Mehrwertsteuer nicht festzusetzen. Die Klägerin hat ausdrücklich angegeben, dass sie vorsteuerabzugsberechtigt ist. Dann darf die Mehrwertsteuer auch nicht festgesetzt werden.

Daher war folgende Festsetzung vorzunehmen:

Gegenstandswert: 6.960,00 EUR 10/10 Prozessgebühr gem. §§ 11, 31 I 1 BRAGO 337,50 EUR 5/10 Verhandlungsgebühr gem. §§ 11, 31 I 2 BRAGO 1 68,75 EUR 10/10 Vergleichsgebühr gem. §§ 11, 23 I 3 BRAGO 337,50 EUR Post-/Telekom Entgelte, § 26 BRAGO Pauschale 20,00 EUR Fahrtkosten § 28 II 1 (Zeitz-Halle und zurück 144 km x 0,27 EUR) 38,88 EUR Abwesenheitsgeld § 28 II 3 BRAGO 15,00 EUR Zwischensumme 917,63 EUR Gerichtskosten 1 Gebühr 135,90 EUR Summe: 1.053,53 EUR

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO.

Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 14, 15, 12 Abs. 1 GKG. Der Beschwerdewert entspricht der Differenz zwischen dem beantragten und dem festgesetzten Betrag (=323,55 EUR).

Ende der Entscheidung

Zurück