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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 07.09.2001
Aktenzeichen: 13 W 437/01
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, GesO


Vorschriften:

ZPO § 732
ZPO § 724
ZPO § 727
ZPO § 567
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 577 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 103 Abs. 1
ZPO § 750 Abs. 1
ZPO § 724 Abs. 2
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1
RPflG § 11
GesO § 13
Nimmt der Gesamtvollstreckungsverwalter den Rechtsstreit im Berufungsrechtszug zum Zwecke der Rücknahme des Rechtsmittels auf, so können im Kostenfestsetzungsverfahren nicht gegen ihn die Kosten des ersten Rechtszuges festgesetzt werden, weil es insoweit an einem Kostentitel fehlt.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

13 W 437/01 OLG Naumburg

In dem Verfahren

hier: Kostenfestsetzung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Krause und die Richterin am Landgericht Lachs

am 7. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Halle vom 11.7.2001 - 3 O 43/97 - dahin abgeändert,

dass die auf Grund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Naumburg vom 5.7.2001 von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 4.398,30 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.5.2001 festgesetzt werden. Im Übrigen wird der Antrag der Klägerin auf Kostenfestsetzung abgewiesen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die von dem Beklagten zu tragenden Gerichtskosten berechnen sich nach einem Wert von 4.398,30 DM; die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte zu 23 % und die Klägerin zu 77 %.

Beschwerdewert: 19.211,80 DM.

Gründe:

Ursprüngliche Beklagte des dem vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren zu Grunde liegenden Prozesses war die Firma R. GmbH . Diese unterlag im erstinstanzlichen Verfahren bei dem Landgericht Halle überwiegend, wobei ihr mit Urteil des Landgerichts vom 15.7.1997 die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind. Nachdem sie gegen dieses Urteil beim Oberlandesgericht Naumburg Berufung eingelegt hatte, wurde über ihr Vermögen die Gesamtvollstreckung angeordnet. Zum Gesamtvollstreckungsverwalter wurde der Beklagte bestellt. Dieser nahm das Berufungsverfahren auf und erklärte gleichzeitig die Rücknahme des Rechtsmittels. Mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 5.7.2001 wurden dem Beklagten die Kosten der Berufung auferlegt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 8.5.2001 beantragt die ihr entstandenen Kosten 1. und 2. Instanz gegen den Beklagten festzusetzen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.7.2001 hat das Landgericht die von dem Beklagten an die Klägerin für beide Instanzen zu erstattenden Kosten auf 19.211,80 DM festgesetzt, wobei es für das erstinstanzliche Verfahren 14.813,50 DM (6.845,00 DM Anwaltskosten und 7.978,50 DM Gerichtskosten) in Ansatz gebracht hat. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde, mit der er die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend macht und hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten die Ansicht vertritt, diese seien gegen ihn nicht festzusetzen, da er lediglich das Berufungsverfahren aufgenommen habe. Der Klägerin wurde rechtliches Gehör gewährt. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.

Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567, 577 Abs. 1 und 2 ZPO, § 11 RPflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg, da eine Festsetzung der der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren entstandenen Kosten gegen den Beklagten jedenfalls derzeit nicht zulässig ist. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Eine Festsetzung der erstinstanzlichen Kosten gegen den Beklagten ist - zumindest zur Zeit - unzulässig, da es an dem hierfür erforderlichen Kostentitel fehlt. Gem. § 103 Abs. 1 ZPO ist zwingendes Erfordernis für eine Kostenfestsetzung ein "zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel". Ein solcher liegt hier für die Kosten der 1. Instanz gegen den Beklagten nicht vor. Die Kostenfestsetzung könnte hierfür nur auf die im o.g. Urteil des Landgerichts Halle vom 15.10.1997 enthaltene Kostengrundentscheidung gestützt werden. Der o.g. Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 5.7.2001 scheidet als Titel für die Kosten der 1. Instanz aus, weil mit diesem Beschluss dem Beklagten nur die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden sind, so dass hiervon die erstinstanzlichen Kosten nicht umfasst sind. Aber auch die in dem Urteil des Landgerichts vom 15.10.1997 enthaltene Kostengrundentscheidung scheidet - jedenfalls derzeit - als Titel für die Festsetzungs der erstinstanzlichen Kosten gegen den Beklagten aus, da der Beklagte weder in dem Urteil namentlich benannt ist, benannt ist die Gemeinschuldnerin, noch eine den Beklagten als Schuldner ausweisende Vollstreckungsklausel nach §§ 724 bzw. 727 ZPO vorliegt. Nach § 750 Abs. 1 ZPO ist die Zwangsvollstreckung gegen eine bestimmte Person u.a. aber nur dann zulässig, wenn diese entweder in dem Urteil, aus dem vollstreckt werden soll, oder in der dem Urteil beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich benannt ist. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, liegt auch ein "zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel" im Sinne von § 103 Abs. 1 ZPO vor. Beides ist hier jedoch nicht der Fall. Der Umstand, dass der Beklagte Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der im Urteil genannten Gemeinschuldnerin ist, macht das Vorliegen einer auf ihn namentlich lautenden Vollstreckungklausel nicht entbehrlich. Vielmehr bedarf es in den Fällen, in denen ein auf den Gemeinschuldner lautender Titel gegen den Gesamtvollstreckungsverwalter vollstreckt werden soll, einer Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO, wobei der Gesamtvollstreckungsverwalter als Partei kraft Amtes als Rechtsnachfolger im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist, soweit der titulierte Anspruch das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen betrifft (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 22. Auflage, § 727 Rn 18 m.w.N. auch für den Insolvenzverwalter). Dabei war im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen, inwieweit hier im Hinblick darauf, dass es sich bei den erstinstanzlichen Kosten nicht um bevorrechtigte Masseschulden nach § 13 GesO handeln dürfte, sondern um einfache Gesamtvollstreckungsforderungen (vgl. hierzu OLG München Rpfleger 2000, 76 = ZIP 2000, 31; Zöller/Stöber a.a.O.), die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen den Beklagten nach § 727 ZPO möglich ist. Denn hierüber ist im Klauselerteilungsverfahren nach §§ 724 Abs. 2, 732 ZPO zu entscheiden, wobei der Ausgang dieses Verfahrens für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend ist. Erst für den Fall, dass eine auf den Namen des Beklagten lautende Vollstreckungsklausel erteilt werden sollte, ist eine Festsetzung der erstinstanzlichen Kosten gegen diesen zulässig.

Festgesetzt werden konnten deshalb durch das Landgericht nur die Kosten zweiter Instanz, wofür der o.g. Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 5.7.2001 ein "zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel" im Sinne von § 103 Abs. 1 ZPO ist, da der Beklagte in diesem namentlich benannt ist. Die Höhe der für diese Instanz nur geltend gemachten und erstattungsfähigen Anwaltskosten, § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, hat das Landgericht zutreffend gemäß dem Antrag der Klägerin vom 8.5.2001 auf der Basis der um 10 % ermäßigten Anwaltsgebühren mit 4.398,30 DM (13/10 Prozessgebühr zzgl. Pauschale gemäß § 26 BRAGO) berechnet. Konkrete Einwendungen hiergegen wurden von dem Beklagten im Beschwerdeverfahren auch nicht geltend gemacht. Soweit er die Verletzung rechtlichen Gehörs unter Hinweis darauf gerügt hat, dass ihm der Kostenfestsetzungsantrag nicht zur Stellungnahme übersandt worden sei, ist dieser etwaige Verfahrensmangel durch das Beschwerdeverfahren geheilt. Der Kostenfestsetzungsantrag wurde dem Beklagten mit Verfügung des Landgerichts vom 15.8.2001 übersandt. Eine Ergänzung des Beschwerdevorbringens hierauf erfolgte nicht.

Da eine Festsetzung der erstinstanzlichen Kosten aus den o.g. Gründen nicht zulässig ist, ist deshalb der angefochtene Beschluss auf den Betrag der Kosten 2. Instanz abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, 1 GKG i. V. m. Nr. 1953 KostVerz. GKG.

Ende der Entscheidung

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