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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 29.05.2006
Aktenzeichen: 14 WF 16/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 569
BGB § 1361 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1361 Abs. 3
BGB § 1579 Nr. 3
Der Antragsteller hat in Kenntnis seiner Alkoholkrankheit über längere Zeit hinweg eine zumutbare und erfolgversprechende Suchtbehandlung unterlassen, weshalb ihm auch unterhaltsrechtlich der Vorwurf einer ebenso unvernünftigen wie leichtfertigen und damit mutwilligen Herbeiführung seiner eigenen Bedürftigkeit zu machen ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 16/06 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg, nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf das Beschwerdegericht gemäß § 568 Satz 2 ZPO, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und die Richterin am Amtsgericht Meier am

29. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bitterfeld vom 11. November 2005, Az.: 8 F 272/05, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch sonst gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts Bitterfeld vom 11. November letzten Jahres (Bl. 56 d. A.) ist in der Sache unbegründet.

Die beabsichtigte Klage des Antragstellers gegen seine Ehefrau auf Zahlung von Trennungsunterhalt bietet, wie im Ergebnis zu Recht vom Amtsgericht entschieden, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, deren es, in objektiver Hinsicht, nach § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedurft hätte.

Nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Ehegatte, falls die Eheleute getrennt leben, von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Danach stünde dem Antragsteller allenfalls, ohne Hinzurechnung fiktiver Einkünfte seinerseits, gegenüber der Antragsgegnerin ein Unterhaltsanspruch von 97 € monatlich zu (1), der indes gemäß § 1361 Abs. 3 in Verb. mit § 1579 Nr. 3 BGB wegen mutwilliger Herbeiführung der Bedürftigkeit entfällt (2).

1. Die Antragsgegnerin hat unter Vorlage entsprechender Belege ihre Einkommensverhältnisse detailliert in dem Schriftsatz vom 27. September 2005 (Bl. 15 - 17 d. A.) dargelegt und ist zu einem bereinigten Nettoeinkommen in Höhe von rund 1.012 € gelangt, welcher Berechnung der Antragsteller in seiner Replik vom 07. Oktober 2005 (S. 3 - 4 = Bl. 36 - 37 d. A.) keine rechtlich erheblichen Einwendungen entgegengesetzt hat.

Die schlichte Behauptung, dem monatlichen Nettoeinkommen der Antragsgegnerin von 1.361 € sei eine anteilige Steuererstattung von mindestens 50 € hinzurechnen, erweist sich angesichts des vorgelegten, keinen Erstattungsbetrag aufweisenden Einkommensteuerbescheids der Antragsgegnerin für 2004 (Bl. 47 - 50 d. A.) als offensichtlich unzutreffend. Nicht in Abrede gestellt und vom Einkommen der Antragsgegnerin als angemessene, bereits ehebedingte Verbindlichkeiten ein Abzug zu bringen sind die geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 150 € und ein Betrag von 26,59 € für vermögenswirksame Leistungen. Demnach ergibt sich unter Berücksichtigung einer Pauschale von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen und eines Erwerbstätigenbonus von wenigstens 10 % ein bereinigtes Nettoeinkommen der Antragsgegnerin von rund 1.012 €, dem ein angemessener Selbstbehalt von 915 € nach Nr. 21.4 der hiesigen Unterhaltsleitlinien ab Mitte letzten Jahres gegenübersteht.

2. Für Unterhaltszwecke verbliebe mithin maximal ein Betrag von 97 €, den der Antragsteller indes wegen mutwilliger, das heißt unvernünftiger und leichtfertiger Herbeiführung zumindest seiner diesbezüglichen Bedürftigkeit nach § 1361 Abs. 3 in Verb. mit § 1579 Nr. 3 BGB nicht von seiner getrennt lebenden Ehefrau verlangen kann.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben seit dem 30. September 2004 arbeitslos - die Trennung der Parteien erfolgte wenige Tage später - und hat seit Ende 2003 eine akute Alkoholkrankheit (Bl. 62 d. A.). Erwerbsbemühungen hat er seit Eintritt der Arbeitslosigkeit trotz des Bezugs gerade eine Erwerbsfähigkeit voraussetzender Sozialleistungen offensichtlich nicht entfaltet. Anfang November 2004 ist er zum ersten Mal zur Suchtberatung gegangen (Bl. 72 d. A.), und erst am 08. August 2005 hat er eine ihm bereits acht Tage später bewilligte dreimonatige Langzeittherapie als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (Bl. 80 d. A.) beantragt. Dazwischen liegen diverse stationäre Aufenthalte einzig zum Zwecke der Entgiftung (Bl. 72, Bl. 62 u. - 63 d. A.).

Der Antragsteller hat demnach in Kenntnis seiner Alkoholkrankheit über längere Zeit hinweg eine zumutbare und erfolgversprechende Suchtbehandlung unterlassen, weshalb ihm auch unterhaltsrechtlich der Vorwurf einer ebenso unvernünftigen wie leichtfertigen und damit mutwilligen Herbeiführung seiner eigenen Bedürftigkeit zu machen ist. Auch der Arbeitsplatzverlust Ende September 2004, über dessen Gründe nichts Näheres mitgeteilt wird, scheint auf die schon seinerzeit manifesten, aber nicht behandelten Alkoholprobleme des Antragstellers zurückzuführen sein.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Außergerichtliche Kosten werden, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO folgt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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