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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 29.10.2004
Aktenzeichen: 14 WF 160/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, InsO


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 115
ZPO § 114
ZPO § 240
ZPO § 240 Satz 1
BGB § 1361
BGB § 1613
BGB § 1360
BGB § 1613 Abs. 1
InsO § 86
InsO § 35
InsO § 38
InsO § 87
InsO § 40
InsO § 89 Abs. 2 Satz 2
Unterhaltsansprüche bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterfallen der Unterbrechung, nicht hingegen die danach fällig werdenden Unterhaltsforderungen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 160/04 OLG Naumburg

In der Familiensache

...

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Kawa am 29. Oktober 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Völklingen vom 25. Mai 2004, Az.: 8 F 253/03, abgeändert und der Klägerin für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. zu ihrer Vertretung bewilligt, soweit sie ab Oktober 2003 bis zur Rechtskraft der Scheidung von dem Beklagten einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.473,-- € begehrt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe für die Klage auf Trennungsunterhalt nur für die Monate Januar bis April 2004 bewilligenden Beschluss des Amtsgerichts Völklingen vom 25. Mai 2004 (Bl. 147 - 148 Bd. I d. A.) ist im Wesentlichen, abgesehen von der insolvenzbedingten Unterbrechung des Verfahrens bezüglich der Unterhaltsansprüche bis September 2003, begründet.

Die Klägerin ist aufgrund ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse - vorbehaltlich einer Überprüfung ihres Einkommens gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO bei Erhalt von Trennungsunterhalt - ohne jegliche Zahlungsverpflichtung der Prozesskostenhilfe bedürftig, und auch die objektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind, mit der vorbezeichneten Einschränkung, vollen Umfanges erfüllt, §§ 114, 115 ZPO.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet ab Oktober 2003 hinreichende, wenngleich nicht unbedingt sichere Aussicht auf Erfolg, deren es insoweit auch gemäß § 114 ZPO nicht bedarf, und erscheint nicht mutwillig.

Hinreichende Aussicht auf Erfolg liegt für die Rechtsverfolgung bereits dann vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei aufgrund ihrer Sachverhaltsdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Philippi, in: Zöller, ZPO, 24. Aufl., 2004, § 114 Rdnr. 19).

Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen (Philippi, in : Zöller, a.a.O., Rdnr. 19).

Die Antragstellerin hat hier im Sinne der für die im Prozesskostenhilfeverfahren im oben näher bezeichneten Umfang erforderlichen, jedoch auch ausreichenden summarisch-prognostischen Prüfung der Erfolgsaussichten hinreichend schlüssig dargelegt, dass ihr Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 1.473,-- € ab Oktober 2003 bis zur Rechtskraft der Scheidung zusteht (1), während im Hinblick auf den rückständigen Trennungsunterhalt bis September 2003 der Rechtsstreit auf jeden Fall gemäß § 240 ZPO ruht bzw. ruhte und von daher Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann (2).

1. Die Klägerin hat hinreichend schlüssig dargetan, dass ihr gemäß § 1361 Abs. 1 BGB für die Zeit der Trennung ab Oktober 2003 bis zur Rechtskraft der Scheidung ein monatlicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.473, -- € gegenüber dem Beklagten zusteht.

Soweit das Amtsgericht Völklingen in dem angefochtenen Beschluss ausführt, der Beklagte sei mit einer Unterhaltsforderung der Klägerin in Höhe von monatlich 1.473,-- € nicht wirksam in Verzug gesetzt worden, verkennt es, dass die Klägerin den Beklagten bereits mit Schreiben vom 5. Mai 2003 uneingeschränkt, mit dem ausdrücklichen Verlangen einer Abschlagszahlung, aufgefordert hat, ihr Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Die Klägerin ist deshalb gemäß § 1613 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB in Verb. mit den §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3 BGB berechtigt, von dem Beklagten ab Anfang Mai 2003 Unterhalt für die Vergangenheit in der von ihr begehrten Höhe zu beanspruchen.

Die Klägerin hat auch ihre eigenen Einkommensverhältnisse hinreichend plausibel dargetan, wobei eine genauere Prüfung des ehelich bestimmten Bedarfs, berechnet nach den beiderseitigen Einkünften der Parteien - auch unter Berücksichtigung des Wegfall der Übergangsgebührnisse für den Beklagten mit Ablauf des 15. Mai 2004 -, der Bedürftigkeit der Klägerin und der Leistungsfähigkeit des Beklagten dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten sein muss.

2. Dagegen bietet die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit die Klägerin auch für die Zeit von April bis September 2003 - für April 2003 fehlt es ohnehin, wie erläutert, bereits an den Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB - zivilprozessual Trennungsunterhalt von dem Beklagten begehrt.

Der Rechtsstreit ist oder wäre insoweit auf jeden Fall kraft Gesetzes unterbrochen.

Denn nach § 240 Satz 1 ZPO wird im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei ein anhängiger Rechtsstreit bis zur Beendigung jenes Verfahrens unterbrochen - die andere Alternative einer die Unterbrechung beseitigenden Aufnahme des Zivilprozesses namentlich nach § 86 InsO kommt hier von vornherein nicht in Betracht -, wenn er die Insolvenzmasse betrifft. Das ist bei den bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten am 29. September 2003 begründeten und deshalb im Insolvenzverfahren zu verfolgenden Unterhaltsansprüchen der Klägerin gemäß den §§ 35, 38, 87 InsO der Fall, während die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab Oktober 2003 monatlich fällig gewordenen und noch fällig werdenden Unterhaltsansprüche, wie sich jenen Vorschriften im Umkehrschluss wie auch wenigstens mittelbar den §§ 40, 89 Abs. 2 Satz 2 InsO entnehmen lässt, weiterhin ungeachtet der Insolvenz des Beklagten bevorrechtigt im Rahmen des Zivilverfahrens geltend gemacht werden können.

II.

Da die Beschwerde nur zu einem insgesamt nicht erheblichen Teil zurückgewiesen wurde, ist von der Erhebung einer Gerichtsgebühr für das Rechtsmittelverfahren abgesehen worden (§ 1 Abs. 1 GKG a. F. und § 72 Nr. 1 GKG in Verb. mit Nr. 1956 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG a. F.).

Außergerichtliche Kosten sind, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren wegen nicht bewilligter Prozesskostenhilfe generell nicht erstattungsfähig.



Ende der Entscheidung

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