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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 07.02.2002
Aktenzeichen: 2 U 103/01
Rechtsgebiete: HOAI, ZPO, BGB


Vorschriften:

HOAI § 8
HOAI § 15
ZPO § 539
BGB § 467
BGB § 635
BGB § 649
BGB §§ 346 ff
BGB § 633 Abs. 3
BGB § 634 Abs. 1
BGB § 634 Abs. 4
1. Ob seine Planungsleistung inhaltlich dem vertraglich Vereinbarten entspricht, hat im Streitfall der auf Honorarzahlung klagende Architekt zu beweisen, der vertragsgemäße Erfüllung schuldet.

2. Die Unterzeichnung eines Bauantrages kann in der Regel nur dann als Genehmigung aller Einzelheiten der Planung angesehen werden, wenn der Bauherr diese Einzelheiten den Plänen oder Unterlagen unschwer entnehmen kann oder wenn der Architekt sie ihm zuvor erläutert hat.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 103/01 OLG Naumburg

verkündet am: 07.02.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Grimm und den Richter am Landgericht Hachtmann auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.06.2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Kammer zurückverwiesen, die auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben wird.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt Zahlung von Architektenhonorar.

Bei der Beklagten handelt es sich um einen Vertragshändler der A. AG . Mit Vertrag vom 05.12.1997 beauftragte die Beklagte den Kläger mit der Planung des Neubaus eines "Showrooms" für ihr Autohaus samt Nebengebäuden und Kellergeschoss in K. , einschließlich Tragwerksplanung. Die Auftragserteilung umfasste die Leistungsphasen 2 bis 8 gemäß § 15 HOAI. Mit Ausnahme der Stundensätze für besondere Leistungen enthielt der Vertrag keine Berechnungsgrundlagen zur Ermittlung des Honorars. Eine konkrete Honorarabsprache folgte allerdings mit dem Angebot des Klägers vom 22.01.1998, das bei anrechenbaren Baukosten von 1.800.000,00 DM ein Honorar von 67.000,00 DM für Architektenleistungen und bei anrechenbaren Kosten der Tragwerksplanung von 900.000,00 DM ein Honorar für Ingenieurleistungen von 30.500,00 DM vorsah. Auf den Gesamtbetrag von 97.500,00 DM, der 51 % der Mindesthonorarsätze der Honorarzone III darstellte, einigten die Parteien sich nachträglich als Pauschalhonorar. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf den Einheitsarchitektenvertrag vom 05.12.1997 (Bl. 1 - 7 Anlagenband) und das Angebot vom 22.01.1998 (Bl. 8, 9 Anlagenband) Bezug genommen.

Die Planungen des Klägers sahen vor, dass das Kellergeschoss als Lagerraum genutzt werden sollte. Als Garage war der Kellerraum in der vom Kläger geplanten Variante nicht vorgesehen. Er erfüllte auch die Vorschriften der Garagenverordnung nicht. Am 09.02.1998 unterzeichnete die Beklagte den vom Kläger erstellten Bauantrag, der am 24.06.1998 von der Stadt K. genehmigt wurde. Die Pläne des Klägers waren durch die A. AG schon mit Schreiben vom 30.05.1998 gebilligt worden.

Inzwischen hatte die Beklagte bereits ab Mai 1998 ohne Wissen des Klägers die Dienste einer anderen Architektin in Anspruch genommen, die die Planung des Klägers überprüft und Änderungen vorgenommen hatte. Schließlich übertrug die Beklagte die Planung insgesamt der Architektin G. . Mit Schreiben vom 09.07.1998 rügte die Beklagte zahlreiche Mängel der Planung und der Arbeitsweise des Klägers und setzte ihm eine Frist zur Nachbesserung bis zum 22.07.1998, verbunden mit der Erklärung, weitere Leistungen nach fruchtlosem Ablauf der Frist abzulehnen. Die Beklagte kündigte den Architektenvertrag mit Schreiben vom 23.07.1998, woraufhin der Kläger unter dem 10.08.1998 Schlussrechnung legte. Abzüglich nicht erbrachter Leistungen von 24.000,00 DM und zweier Abschlagszahlungen von insgesamt 35.173,91 DM forderte er einen Nettobetrag von 40.076,09 DM, zuzüglich Umsatzsteuer mithin 46.488,26 DM.

Das Bauvorhaben wurde durch die Architektin G. übernommen und zu Ende geführt. Sie reichte am 11.08.1998 einen Bauänderungsantrag ein, der am 23.11.1998 genehmigt wurde.

Der Kläger hat behauptet, er habe erst am 23.06.1998, also nach Fertigstellung der Bauantragsunterlagen, durch den beauftragten Bauunternehmer erfahren, dass die Beklagte beab-sichtigt habe, das Untergeschoss als Tiefgarage zu nutzen. Zunächst sei neben der Nutzung als Materiallager nur das Abstellen einiger Neufahrzeuge vorgesehen gewesen, das in der von ihm geplanten Variante möglich gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 46.488,26 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.06.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Planungsleistungen des Klägers seien in mehrfacher Hinsicht mangelhaft gewesen. Hieraus, so hat die Beklagte zunächst gemeint, stünden ihr Schadensersatzansprüche zu, durch die die Honorarforderung weggefallen sei, ohne dass es einer Aufrechnung bedürfe. Hilfsweise hat sich die Beklagte auf eine Minderung des Honoraranspruchs berufen. Schließlich hat sie die Klageforderung auch unabhängig von eigenen Schadensersatzansprüchen wegen der behaupteten Mängel als nicht vertragsgemäß und deshalb nicht fällig angesehen.

Im Einzelnen hat sie behauptet,

a) es sei von Anfang an vorgesehen gewesen, den Keller als Zwischenlager für Fahrzeuge zu nutzen. Dies habe sich nicht nur aus der Auftragsvergabe ergeben, sondern auch aus dem Umstand, dass eine zu dem Keller führende Rampenanlage habe gebaut werden sollen.

Allein durch die Änderung der Stützenstellung im Keller seien Baumehrkosten von 16.000,00 DM und Planungsmehrkosten von 15.620,00 DM netto entstanden.

b) Des weiteren habe der Kläger bei der Planung einer Wand zwischen Verkaufs- und Lagerraum wesentliche Bestimmungen des Brandschutzes nicht beachtet.

c) Ohne Grund sei der Kläger ferner von der "Masterplanung" der A. AG abgewichen.

d) Eine Grenzbebauung habe der Kläger entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der Beklagten nicht geplant, weil er diese fälschlicherweise für unzulässig gehalten habe. Dem gleichen Irrtum sei der Kläger hinsichtlich des Bauabstandes zur Straßenseite unterlegen, so dass nach Bekanntwerden des Fehlers das Gebäude neu in das Grundstück habe hingeplant werden müssen. Die Planung des Klägers sei für die Beklagte unbrauchbar gewesen, weil sie nicht den optimalen Nutzen aus dem Grundstück hätte ziehen können. Wegen der Repräsentationsfunktion eines "Showrooms" sei eine zu große Entfernung von der Straße als Planungsfehler anzusehen.

e) Außerdem habe der Kläger gegenüber dem Statiker falsche Angaben gemacht, so dass die Stahlkonstruktion, die schon nach den falschen Daten begonnen worden sei, neu habe hergestellt werden müssen.

f) Ferner habe der Kläger den Bauzeitenplan um 5 Wochen überschritten.

Die Planung des Klägers habe insgesamt nicht verwendet werden können und sei neu erstellt worden. Als zusätzliche Planungskosten, die der Beklagten durch die behaupteten Fehler des Klägers entstanden seien, hat die Beklagte die von der Architektin G. in Rechnung gestellten 69.780,00 DM geltend gemacht.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, der Honoraranspruch des Klägers sei gerechtfertigt. Die Beklagte habe demgegenüber nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Planung des Klägers für sie unbrauchbar gewesen sein soll, und auch der geltend gemachte Schadensersatz sei nicht substantiiert vorgetragen worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie erläutert den wirtschaftlichen Hintergrund des Bauvorhabens und die Bedeutung der baulichen Vorgaben (Masterplanung) der A. AG . Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihre Ausführungen zu den von ihr behaupteten Fehlern der Planung des Klägers. Seine Leistung sei schon deshalb nicht verwertbar gewesen, weil es sich nur um Bauantragspläne, nicht aber um eine präzise Ausführungsplanung gehandelt habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Ansicht, die Beklagte habe durch ihre Unterschrift unter dem Bauantrag das von ihm geplante Konzept genehmigt.

Er behauptet außerdem, die Vorgaben des "A. - Masterplanes" eingehalten zu haben, obgleich dieser nicht Vertragsbestandteil gewesen sei. Auch ein Terminplan sei nicht vereinbart worden, so dass die Beklagte auch keine Ansprüche wegen Verzögerung geltend machen könne. Eine Schlechtleistung bestreitet der Kläger nach wie vor. Seine Planung habe den Vereinbarungen entsprochen, und alle Änderungen beruhten auf nachträglicher Umplanung durch die Beklagte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat insoweit Erfolg, als sie gemäß § 539 ZPO zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt.

I.

Die Beklagte rügt zu Recht, dass das Landgericht auf Grund eines fehlerhaften Verfahrens zu seiner Entscheidung gelangt ist. Die Feststellung des Landgerichts, der Kläger habe die geschuldete Leistung vertragsgemäß erbracht, ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden.

1. Zum einen hat die Kammer die Darlegungslast des Klägers nicht beachtet. Im Streit über das Architektenhonorar nach einer Kündigung des Vertrages hat nicht der Bauherr die Mangelhaftigkeit, sondern der Architekt, der seinen Werklohn geltend macht, die vertragsgerechte Erfüllung (§ 8 HOAI) darzulegen und zu beweisen. Nach einhelliger Meinung trifft den Architekten auch und gerade bei vorzeitig gekündigtem Architektenvertrag die Darlegungs- und Beweislast für die bis zur Kündigung tatsächlich erbrachten Leistungen sowie für die Mangelfreiheit des Architektenwerks (vgl. BGH, BauR 1993, 469; BauR 1994, 655; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl. 1998, Rdn. 938 m. w. N.). Diese Ansicht teilt zwar auch das Landgericht, wie sich aus den Urteilsgründen ergibt (Seite 5 erster Satz des Urteils). Die Kammer hat aber nicht nach dieser eigenen Erkenntnis entschieden. Vielmehr hat sie die Schlüssigkeit des Klägervorbringens ohne jede Begründung unterstellt und ausgeführt, die Beklagte habe ihrerseits die Mangelhaftigkeit nicht dargetan, die Voraussetzung der Gegenansprüche nach § 635 BGB sei.

2. Darüber hinaus hat die Kammer erhebliches streitiges Vorbringen der Beklagten nicht berücksichtigt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass der Kläger die vertragsgemäße Teilleistung ausreichend dargelegt habe, hätte die Kammer nicht ohne Beweisaufnahme über die Behauptungen der Beklagten hinweggehen dürfen. Dies gilt insbesondere für die von der Beklagten von Anfang an gerügten Mängel des Kellergeschosses und der fehlerhaften Lage des Gebäudes.

a) Unstreitig hat der Kläger ein Kellergeschoss geplant, das nicht als Tiefgarage geeignet war und insbesondere nicht den Vorschriften der Garagenverordnung entsprach. Er hat sich lediglich darauf berufen, eine Tiefgaragenfunktion sei nicht vorgesehen gewesen. Ob die Planung des Klägers in diesem Punkte vertragsgemäß war, hängt also davon ab, welche Funktion der Keller nach den Vereinbarungen der Parteien haben sollte. Der Kläger behauptet, es sei die Planung eines Materiallagers vereinbart worden, die Beklagte behauptet, von Anfang an eine Tiefgarage in Auftrag gegeben zu haben. Diese streitige Frage hat das Landgericht als solche erkannt, wie sich aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen (S. 5 d. Urt.) deutlich ergibt. Aber gleichwohl hat die Kammer diese Streitfrage nicht aufgeklärt, sondern ohne weiteres zu Gunsten des Klägers entschieden.

b) Das Übergehen des Beweisangebotes hat die Kammer damit begründet, die Beklagte habe eine konkrete Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht vorgetragen und ferner nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die Planung des Klägers wegen eines möglichen Mangels nicht verwertbar gewesen sei. Diese Ausführungen halten einer Überprüfung in beiden Punkten nicht stand.

aa) Zunächst hat - wie bereits dargestellt - nicht die Beklagte die mangelnde Verwertbarkeit, sondern der Kläger die Brauchbarkeit darzulegen. Diese Darstellung vertragsgemäßer (Teil-) erfüllung ist nicht schon deshalb entbehrlich, weil die Planung die Billigung Dritter (Bauamt, A. AG ) gefunden hat. Denn es kommt auf die Tauglichkeit zu dem vereinbarten Zweck an, den das Landgericht nicht ermittelt hat. Auch auf die Unterzeichnung des Bauantrags durch die Beklagte kann der Kläger sich nicht berufen. Die Unterzeichnung eines Bauantrages kann in der Regel nur dann als Genehmigung aller Einzelheiten der Planung angesehen werden, wenn der Bauherr diese Einzelheiten den Plänen oder Unterlagen unschwer entnehmen kann oder wenn der Architekt sie ihm zuvor erläutert hat. Beides ist hier nicht der Fall gewesen.

bb) Darüber hinaus sind die Ausführungen der Kammer auch verfahrensfehlerhaft, denn soweit sie festgestellt hat, die Beklagte habe eine konkrete Aufforderung zur Nachbesserung nicht behauptet, übersieht die Kammer das schon mit der Klageerwiderung vorgetragene Schreiben der Beklagten vom 09.07.1998 (B 8, Bl. 30 ff Anlagenordner). Es enthält detaillierte Mängelrügen und eine eindeutige Fristsetzung zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung.

cc) Das Übergehen streitigen Vortrages oder eines Beweisantritts stellt immer einen Verfahrensfehler i. S. d. § 539 ZPO dar, wenn das Gericht die Beweiserheblichkeit zu Unrecht wegen vermeintlich unzureichender Substantiierung verneint (vgl. Zöller-Gummer, 22. Aufl. 2001, § 539 Rdn. 16).

c) Des Weiteren hat der Kläger bis zuletzt nicht bestritten, dass er bei seiner Planung von falschen Grenzabstandsvorschriften ausgegangen ist. Er hat deshalb das Gebäude 4 Meter zu weit in das Grundstück hinein geplant und hat einen unnötigen Bauabstand zum Nachbargrundstück von 3 Metern vorgesehen. Dieser unstreitige Fehler stellt entgegen der Ansicht der Kammer einen Planungsmangel dar, den die Beklagte nicht hinnehmen musste. Die Kammer stellt insoweit auf fehlenden Vortrag der Beklagten zum Repräsentationszweck des Gebäudes ab und verkennt dabei, dass der Bauherr einen Anspruch darauf hat, dass der Architekt bei seiner Planung die Grundstücksfläche, insbesondere eines Gewerbegrundstücks, optimal ausnutzt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - über die Möglichkeit der Grenzbebauung ausdrücklich gesprochen wurde und der Architekt eine unbestritten falsche Auskunft erteilt hat.

d) Die Kammer hat erhebliches Vorbringen der Beklagten auch insoweit übergangen, als sie gemeint hat, die Beklagte habe den ihr entstandenen Schaden bzw. den ihr entstandenen Minderwert nicht substantiiert dargelegt. Jedenfalls zu den Kosten der Umplanung des Kellergeschosses hat die Beklagte schon in erster Instanz ausreichend vorgetragen. Sie hat erläutert, dass der vom Kläger als Materiallagerraum geplante Keller insbesondere hinsichtlich der Positionierung der Stützen entsprechend der Garagenverordnung umzuplanen war. Hierfür, so hat sie weiter vorgetragen, seien Planungsmehrkosten von 15.620,00 DM netto entstanden. Diese Behauptung ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach einer Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zugänglich.

3. Die Entscheidung der Kammer beruht auch ersichtlich auf den dargestellten Verfahrensfehlern. Die Kammer hätte der Klage - auch im Rahmen der eigenen Begründung - nicht stattgeben dürfen, wenn sie das Vorbringen der Beklagten nicht in mehrfacher Hinsicht als unsubstantiiert angesehen hätte.

II.

Nach alledem ist festzustellen, dass die Kammer in mehreren Punkten das Vorbringen der Beklagten zu Unrecht als unsubstantiiert zurückgewiesen und Beweisangebote übergangen hat. In einer wesentlichen Frage hat die Kammer Vortrag der Beklagten übersehen. Insgesamt hat sie die Darlegungslast der Beklagten zu Unrecht angenommen und außerdem überspannt. Derart schwere Verfahrensmängel, die die Beklagte zu Recht rügt, rechtfertigen eine Zurückverweisung gemäß § 539 ZPO a.F. auch in Anbetracht der damit verbundenen Verfahrensverzögerung (vgl. Zöller-Gummer, 22. Aufl. § 539 Rdn. 1 m.N.).

III.

Die Sache ist auch nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif.

1. Der Bauherr kann den Architektenvertrag nach § 649 BGB jederzeit kündigen. Der Honoraranspruch für bisherige Leistungen bleibt hiervon grundsätzlich unberührt und der Architekt kann sogleich nach der Kündigung seine Rechnung stellen (vgl. BGH, BauR 1986, 596).

Ob im vorliegenden Fall ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorlag, bedarf keiner Entscheidung, weil der Kläger keinen Anspruch nach § 649 BGB verfolgt, sondern nur das Honorar für diejenigen Teilleistungen verlangt, die er nach seiner Darstellung erbracht hat. Honorar für erbrachte Leistungen kann der Werkunternehmer grundsätzlich auch bei berechtigter fristloser Kündigung verlangen (vgl. BGH, BauR 1989, 626).

2. Die Fälligkeit des Honorars setzt gleichwohl auch im Falle der Kündigung voraus, dass die erbrachten Teilleistungen qualitativ vertragsgemäß sind (vgl. Vygen in Hesse/Korbion, 5. Aufl. 1996, § 8 HOAI Rdn. 24 m.N.) Im Rahmen der Honorarklage muss der Architekt die ordnungsgemäße Erbringung der Teilleistungen darlegen (vgl. BGH, BauR 1993, 469; BauR 1994, 655; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl. 1998, Rdn. 938 m. w. N.). Dies gilt hinsichtlich des erbrachten Teils auch bei einer Kündigung des Bauherrn.

Nur wenn und soweit ein Anspruch auf Honorar für nicht erbrachte Teilleistungen gemäß § 649 BGB geltend gemacht würde, obläge es dem Bauherrn, demgegenüber darzulegen, dass die außerordentliche Kündigung berechtigt war (vgl. BGH, BauR 1990, 632, 634). Solche Ansprüche macht der Kläger hier jedoch nicht geltend.

3. Die streitgegenständlichen Architektenleistungen des Klägers sind nicht fehlerfrei. Vielmehr ist sein Werk zumindest insoweit unstreitig mangelhaft, als er von falschen Grenzabständen ausgegangen ist (s.o.). Trotz dieses Fehlers der Architektenleistung kann die Klage im vorliegenden Fall aber nicht als derzeit unbegründet abgewiesen werden. Denn insoweit ist dem Landgericht zuzustimmen, als eine Nachbesserung nicht mehr in Betracht kommt. Verweigert der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung, weil er die Fehler bestreitet, oder liegen die Voraussetzungen von Gewährleistungsrechten vor, so steht fest, dass es zu einer vertragsgemäßen Leistung nicht mehr kommen wird. Aus § 8 HOAI darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass damit eine Fälligkeit des Vergütungsanspruchs gänzlich ausscheidet. Vielmehr hat in einem solchen Fall eine Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche zu erfolgen. Weist der Auftraggeber - wie hier - die Teilleistungen zurück und verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 635 BGB, so kommt es im Rahmen der Abrechnung darauf an, inwieweit die Leistungen des Architekten brauchbar waren. Es ist dann rechnerisch wie im Falle einer Minderung abzurechnen (vgl. BGH BauR 1974, 137, 138; Vygen, a.a.O.).

Weist der Auftraggeber das Werk insgesamt zu Recht zurück, so entfällt der Vergütungsanspruch gänzlich (vgl. Vygen, a.a.O. Rdn. 24). Dies gilt auch, wenn die Voraussetzungen der Wandlung gemäß §§ 634 Abs. 4, 467, 346 ff BGB zwar nicht vorliegen, das Architektenwerk aber für den Bauherrn völlig wertlos ist (vgl. Werner/Pastor, Rdn. 948 m. N.).

4. Anzurechnende Gegenansprüche der Beklagten gemäß §§ 633 Abs. 3, 634 Abs. 1, 635 BGB sind grundsätzlich gegeben. Sie sind insbesondere nicht wegen Fehlens einer Aufforderung zur Nachbesserung zu verneinen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts lag eine solche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung vor (s.o. I. 2. b) bb) ). Zumindest hinsichtlich der falschen Grenzabstände war die Planung des Klägers fehlerhaft, so dass Gegenansprüche jedenfalls insoweit dem Grunde nach zu bejahen sind. Die Höhe ist dagegen ebenso streitig wie die weiteren von der Beklagten gerügten Fehler, wobei es teilweise nur um die Frage geht, welchen Planungsauftrag der Kläger hatte.

5. Die gebotene Abrechnung hängt deshalb zunächst von weiterem Vortrag des Klägers ab, worauf dieser angesichts der bisherigen Verfahrensführung hinzuweisen ist. Er muss zunächst unter Beweisantritt darlegen, dass seine Planung - soweit er den Mangel nicht eingestanden hat - den Vereinbarungen beider Parteien entsprach. Dem schriftlichen Vertrag lässt sich hierzu nichts entnehmen. Eine schriftliche Beschreibung des Konzeptes fehlte bei Vertragsschluss ebenfalls. Es kommt daher darauf an, welche Vorgaben die Beklagte als Bauherrin bei der Auftragsvergabe bzw. bis zur Abgabe des Bauantrages mündlich gemacht hat. Hierzu haben unstreitig mehrere Gespräche stattgefunden, deren Inhalt gegebenenfalls im Wege der Zeugenvernehmung aufzuklären ist. Wenn der vorgesehene Sollzustand des Gebäudes, insbesondere die gewünschte Funktion des Kellergeschosses aufgeklärt ist, wird sich erweisen, ob die Planung eines Materiallagers, das der Garagenverordnung nicht entsprach, falsch war. Auch für die weiteren, von der Beklagten behaupteten Mängel wird es darauf ankommen, welche Vorgaben die Beklagte dem Kläger vor der Planung erteilt hat.

IV.

Im Hinblick auf das weitere Verfahren weist der Senat ergänzend auf folgendes hin:

1. Sobald die durchzuführende Beweisaufnahme die Feststellung ermöglicht, welche weiteren Mängel die Architektenleistung aufgewiesen hat, wird gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten zu prüfen sein, inwieweit die Planung des Klägers im Übrigen verwertbar war bzw. wie hoch die Kosten einer notwendigen Planänderung waren. Diese Kosten sind im Rahmen der Abrechnung von seinem Vergütungsanspruch abzuziehen.

2. Ein Schadensersatzanspruch i. H. v. 16.000 DM netto für Baumehrkosten durch die Umplanung der Tiefgarage besteht indes nicht. Insoweit kommt es auf die streitige Frage, welche Funktion des Kellergeschosses vereinbart war, nicht an. Wäre der Kläger insoweit von den Vorgaben des Bauherrn abgewichen, so handelte es sich bei den Baumehrkosten nicht um einen Schaden, der durch die Fehlplanung entstanden ist, sondern um Sowiesokosten, die auch dann entstanden wären, wenn der Kläger die Tiefgarage richtig geplant hätte.

3. Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist kein Selbstzweck (vgl. BGH NJW-RR 1999, 1541). Im vorliegenden Fall könnten zwar Bedenken gegen die Prüffähigkeit der ersten Schlussrechnung geltend gemacht werden, weil ein Pauschalpreisvertrag tatsächlich nicht wirksam geschlossen wurde, wie das LG zu Recht angenommen hat. Da sich die Parteien aber über die Prüffähigkeit der ersten Schlussrechnung in jeder Hinsicht einig sind und es auf den Empfängerhorizont ankommt, besteht kein Anlass, die Prüffähigkeit dieser Rechnung seitens des Gerichts zu verneinen. Auf die spätere Schlussrechnung kommt es nicht an, da der Kläger nicht mehr als den ursprünglich errechneten Betrag aus der Schlussrechnung vom 10.09.1998 fordert.

Ende der Entscheidung

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