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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.08.2004
Aktenzeichen: 2 U 42/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB


Vorschriften:

ZPO § 12
ZPO § 13
ZPO § 17
ZPO § 22
ZPO § 29
ZPO § 29 c
ZPO § 32
ZPO § 281 Abs. 1
ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 513 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 545 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
StGB § 13
StGB § 78 a S. 1
StGB § 264 Abs. 4
StGB § 264 a
StGB § 264 a Abs. 1
StGB § 264 a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 264 a Abs. 3
StGB § 265 b Abs. 2
StGB § 326
StGB § 326 Abs. 1
1. Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergibt, sind nicht bereits dann schlüssig behauptet, wenn bei summarischer Prüfung das Bestehen eines Anspruchs als nicht abwegig erscheint oder nach dem Klagevorbringen zumindest ernsthaft zu erwägen ist. Ein Anspruch aus unerlaubter Handlung ist vielmehr nur dann schlüssig dargelegt, wenn der als wahr zu unterstellende Sachvortrag der klagenden Partei die Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung auch bei umfassender Prüfung der Rechtslage ausfüllt.

2. Das "Machen" unrichtiger vorteilhafter Angaben oder Verschweigen nachteiliger Tatsachen hinsichtlich anlageerheblicher Umstände im Sinne des § 264a StGB ist abgeschlossen und damit beendet, sobald die unrichtigen Prospekte einem größeren Kreis von potentiellen Anlegern aufgrund eines Handelns des Täters zugänglich sind; der Vertrieb des Prospekts gehört nach dessen erstmaliger Veröffentlichung nicht mehr zur Tathandlung.

3. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des Verschweigens nachteiliger Tatsachen im Sinne des § 264a StGB.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 42/04 OLG Naumburg

verkündet am: 05. August 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Strietzel und die Richterin am Landgericht Göbel auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 10.02.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle aufgehoben.

Das Landgericht Halle als Gericht des ersten Rechtszuges wird für örtlich unzuständig erklärt und der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Göttingen verwiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Kläger übersteigt 20.000 EUR nicht.

Gründe:

A.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

B.

Die Berufung ist zulässig, sie hat aber nur mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Göttingen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Halle die Klage als unzulässig abgewiesen; im Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg ist ein Gerichtsstand nicht begründet.

I.

1. Auch im Berufungsverfahren ist von Amts wegen zu prüfen, ob im Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg ein Gerichtsstand begründet ist. § 513 Abs. 2 ZPO steht dieser Prüfung nicht entgegen, da er, abweichend von der Regelung für das Revisionsverfahren in § 545 Abs. 2 ZPO, nicht für den Fall gilt, dass das erstinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit verneint hat (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Auflage, § 513 Rn. 11).

2. Im Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg ist für keinen der Beklagten der allgemeine Gerichtsstand im Sinne der §§ 12, 13 ZPO gegeben; keiner der Beklagten hat seinen Wohnsitz in Sachsen-Anhalt.

Der von den Beklagten in Erwägung gezogene Prospekthaftungsgerichtsstand analog § 22 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die S. AG ihren Gerichtsstand im Sinne von § 17 ZPO ebenfalls nicht im Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg hat, sondern in Göttingen.

Auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO ist nicht gegeben, denn vertragliche Beziehungen bestehen zwischen den Parteien nicht. Bereits aus diesem Grund eröffnet auch § 29 c ZPO keinen Gerichtsstand in Sachsen-Anhalt; zudem wird eine Haustürsituation auch nicht behauptet.

II.

Auch der einzige ernsthaft in Betracht kommende Gerichtsstand, der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß § 32 ZPO, ist nicht eröffnet.

1. Ein Ort, an dem die unerlaubte Handlung im Sinne von § 32 ZPO begangen ist, ist allerdings jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale verwirklicht worden ist. Das ist bei den Begehungsdelikten sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat, als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Auflage, § 32 Rn. 16). Ist die unerlaubte Handlung durch Verbreitung von Druckschriften erfolgt, ist der Gerichtsstand des § 32 ZPO außer am Erscheinungsort des Druckwerks auch an Orten begründet, an welche die Druckschrift der Bestimmung des Verbreiters gemäß gelangt ist (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 32 Rn. 17). Bei dem Prospekt der S. AG handelt es sich um eine Druckschrift, die der Bestimmung der Verbreiter gemäß auch nach M. , zum Wohnort der Kläger, gelangt ist. Dieser Ort liegt im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Halle und des Oberlandesgerichts Naumburg.

2. Dennoch ist ein Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO im Bezirk eines der zum Zuständigkeitsbereich des Oberlandesgerichts Naumburg gehörenden Landgerichte nicht begründet.

a) Zur Begründung der Zuständigkeit ist es erforderlich, dass der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergibt (Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 32 Rn. 19, BGH NJW 1994, 1413 f.; NJW 1996, 1411, 1412 f.). Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person der Kläger entstanden erscheinen zu lassen (BGH NJW-RR 1996, 56). Die Schlüssigkeit eines Klageanspruchs ist damit nicht bereits dann gegeben, wenn bei summarischer Prüfung das Bestehen eines Anspruchs als nicht abwegig erscheint oder nach dem Klagevorbringen zumindest ernsthaft zu erwägen ist. Ein Anspruch aus unerlaubter Handlung ist vielmehr nur dann schlüssig dargelegt, wenn der als wahr zu unterstellende Sachvortrag der Kläger die Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs aus unerlaubter Handlung auch bei umfassender Prüfung der Rechtslage ausfüllt. Diese Sichtweise entspricht den allgemein üblichen Regeln der Relationstechnik. Dem steht nicht entgegen, dass, soweit es wie hier bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage um die schlüssige Darlegung doppelrelevanter Tatsachen geht, möglicherweise zugleich die Begründetheit der Klage geprüft wird. Begründet ist ein schlüssig dargelegter Anspruch aus unerlaubter Handlung nur dann, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen entweder unstreitig sind oder bewiesen werden; dies ist nicht Gegenstand der Prüfung der Zulässigkeit der Klage, sondern erst Gegenstand der Prüfung ihrer Begründetheit.

b) Nicht alle Voraussetzungen eines - in erster Linie in Betracht zu ziehenden - Anspruchs gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB sind schlüssig dargelegt (so in Parallelverfahren auch OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 15.04.2004 und 08.06.2004, Az. 15 U 8/04, Anlage B 21, Bd. VI Bl. 98 d.A. und Anlage B 22, Bd. VI Bl. 102 d. A. sowie verschiedene Landgerichte).

aa) § 264 a StGB ist allerdings ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (BGH NJW 1992, 241, 242 f.; NJW 2000, 3346).

bb) Dass in dem von den Beklagten, den damaligen Vorstandsmitgliedern der S. AG, verantworteten, auf den 01.08.1999 datierten Prospekt der am 22.09.1999 erfolgte Abschluss des Verlustübernahmevertrags mit der Bankhaus P. GmbH & Co. KG nicht erwähnt worden ist, stellt kein Verschweigen nachteiliger Tatsachen im Sinne von § 264 a StGB dar.

(1) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob dieser Umstand eine nachteilige Tatsache im Sinne des Verschweigenstatbestands gemäß § 264 a StGB darstellen könnte. Denn der Prospekt ist bereits auf den 01.08.1999 datiert, also auf einen Zeitpunkt vor Abschluss des Verlustübernahmevertrages. Er ist kurze Zeit später in den Verkehr gebracht worden, jedenfalls nicht erst am 22.09.1999. Zu diesem Zeitpunkt war die mögliche Tathandlung bereits vollendet und beendet, weil der Prospekt bereits zuvor einem größeren Personenkreis zur Kenntnis gelangt war.

Das "Machen" unrichtiger vorteilhafter Angaben oder Verschweigen nachteiliger Tatsachen hinsichtlich anlageerheblicher Umstände ist abgeschlossen und damit beendet, sobald die die unrichtigen Angaben enthaltenden Prospekte einem größeren Kreis von potentiellen Anlegern aufgrund eines Handelns des Täters zugänglich sind. Insoweit schließt sich der Senat dem OLG Köln (NJW 2000, 598 ff.) an. Bei § 264 a StGB handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (Schönke/Schröder/Cramer, StGB, 26. Aufl., § 264 a Rn. 1; vgl. auch Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 11. Aufl., § 264 a Rn. 16). Abstrakte Gefährdungsdelikte sind keine Erfolgsdelikte; der Tatbestand verlangt nicht den Eintritt einer Gefahr, sondern beschreibt ein bloßes Tun, das schon deshalb bestraft wird, weil es leicht eine konkrete Gefahr auslösen kann. Allenfalls lässt sich (in Entsprechung zu BGHSt 36, 255, 257, dort bezogen auf § 326 StGB) formulieren, dass bei diesen Delikten mit der Begehung zugleich der Erfolg der Tat eintritt, der in der eingetretenen Gefährdung, nicht in einer aus der Gefährdung möglicherweise später erwachsenden Verletzung besteht. Demgemäß beginnt bei abstrakten Gefährdungsdelikten die Verjährung nach § 78 a S. 1 StGB grundsätzlich mit der Beendigung der Ausführungshandlung (BGHSt 36, 255, 256). Selbst dann, wenn sich die einmal gesetzte Gefährdungslage hinzieht, führt sie als ein durch die Tat verursachter Zustand nicht zu einer Verzögerung des Verjährungsbeginns über das Ende der diesen Zustand herbeiführenden Handlung hinaus (BGH a. a. O. sowie BGHSt 32, 293, 294).

Die Beendigung der Tat des § 264 a StGB, mit der nach § 78 a S. 1 StGB die Verjährung beginnt, meint den Abschluss der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung (Tiedemann, a. a. O., § 264 a Rn. 98). Das "Machen" unrichtiger vorteilhafter Angaben oder Verschweigen nachteiliger Tatsachen hinsichtlich anlageerheblicher Umstände ist abgeschlossen und damit beendet, sobald die die unrichtigen Angaben enthaltenden Prospekte einem größeren Kreis von potentiellen Anlegern aufgrund eines Handelns des Täters zugänglich sind. Wenn - unstreitig - § 264 a StGB tatbestandlich keinen Eintritt eines Vermögensschadens und nicht einmal einen Irrtum der Anleger voraussetzt (Tiedemann, a. a. O., § 264 a Rn. 15), dann kann auch für die Beendigung der Tat und damit für den Verjährungsbeginn weder auf die der Prospektherausgabe und -verbreitung nachfolgende Zeichnung durch die Anleger noch gar auf deren Zahlungen abgestellt werden. Zwar ziehen Tröndle/Fischer (StGB, 52. Aufl., § 264 a Rn. 18) einen Umkehrschluss aus § 264 a Abs. 3 StGB, betreffend die tätige Reue, in dem Sinne in Erwägung, dass die Tat erst mit der Erbringung der Leistung der Anleger "beendet" sei. Bei § 264 a Abs. 3 StGB handelt es sich aber um eine Ausnahmevorschrift, deren Anwendungsbereich wie in § 264 Abs. 4 oder in § 265 b Abs. 2 StGB zwar (auch) die Zeit nach Vollendung der Tat erfasst, die aber eben eine Sonderregelung ist. Die Regelung zur Strafbefreiung auch bei abstrakten Gefährdungsdelikten für den Fall, dass der Täter eine von ihm geschaffene Gefahr "rechtzeitig" wieder beseitigt, besagt nichts darüber, wann die Beendigung der Tat im Sinne des § 78 a S. 1 StGB eingetreten ist. So bezieht sich der Wortlaut des § 264 a Abs. 3 StGB auch nicht etwa auf Tatbestandsmerkmale nach § 264 a Abs. 1 StGB; die Verhinderung, dass "aufgrund der Tat die durch den Erwerb oder die Erhöhung bedingte Leistung erbracht wird", zeigt vielmehr schon vom Wortlaut her, dass der Gegenstand der tätigen Reue - die zu verhindernde Leistung des Anlegers - von der "Tat" gerade zu unterscheiden ist.

Dabei kann dahinstehen, ob man in der Verschweigensalternative des § 264 a Abs. 1 StGB ein echtes Unterlassungsdelikt sieht (vgl. Tiedemann in LK § 264 a Rn. 61 m. w. N. in Fn. 67) oder ob es sich bei dem Verschweigen nachteiliger Tatsachen um eine konkludente Täuschung über die Vollständigkeit der vermögenserheblichen Tatsachen und damit um einen Verstoß gegen eine Verbots-, nicht Gebotsnorm handelt (so Samson/Günther, in Systematischer Kommentar zum StGB, § 264a Rn. 50). Der Gesetzeswortlaut "Wer...in Prospekten" betrifft nicht nur die Tatbestandsalternative des Machens unrichtiger Angaben, sondern auch diejenige des Verschweigens nachteiliger Tatsachen. Das vorsätzliche Verschweigen erheblicher Umstände stellt strafwürdiges Unrecht dann dar, wenn es "in Prospekten" oder sonstigen Darstellungen gegenüber einer Vielzahl von Personen geschieht. Auch dies wäre mit der Herausgabe und Verbreitung des Prospekts beendet gewesen (zum Vorstehenden: OLG Köln NJW 2000, 598, 599 f.).

Das OLG Köln überträgt mit der zitierten Entscheidung (NJW 2000,598 ff.) in überzeugender Weise die vom BGH (BGHSt 36, 255, 256 f.) bezüglich der Beendigung der Ausführungshandlung bei abstrakten Gefährdungsdelikten entwickelten Grundsätze auf den Tatbestand des § 264 a StGB. Insbesondere gilt die Erwägung des BGH, § 326 Abs. 1 StGB in der Begehungsform des Ablagerns könne nicht als Dauerdelikt angesehen werden, für den Tatbestand des § 264 a StGB entsprechend. Versteht man unter einem Dauerdelikt Straftaten, bei denen der Täter den von ihm in deliktischer Weise geschaffenen rechtswidrigen Zustand willentlich aufrechterhält oder die deliktische Tätigkeit ständig fortsetzt, so dass sich der strafrechtliche Vorwurf sowohl auf die Herbeiführung als auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bezieht, kann die Aufrechterhaltung der abstrakten Gefahr, die dadurch entstanden ist, dass der Prospekt erstmals einem größeren Personenkreis zugänglich geworden ist, ebenso wenig wie das unbefugte Ablagern von Abfall zu den Dauerdelikten gezählt werden.

Der Vertrieb des Prospekts gehört nach dessen erstmaliger Veröffentlichung nicht mehr zur tatbestandsmäßigen Tathandlung. Deshalb ist es für die Verwirklichung des § 264 a StGB unerheblich, ob der einmal veröffentlichte Prospekt während der Zeit, in der er vertrieben wird, nachgedruckt wird oder nicht. Die abstrakte Gefahr, die durch die erstmalige Veröffentlichung eines Prospekts hervorgerufen wird, bleibt auch dann dieselbe, wenn Exemplare desselben Prospekts nachgedruckt werden. Nur die Begründung dieser abstrakten Gefahr ist unter Strafe gestellt, unabhängig von der Höhe der Auflage des Prospekts und unabhängig davon, ob mit zeitlichem Abstand weitere Exemplare desselben Prospekts in Umlauf kommen.

Zwar besteht zivilrechtlich die Pflicht, einen einmal verbreiteten Prospekt zu aktualisieren, wenn sich der für die Anlageentscheidung maßgebliche Sachverhalt wesentlich ändert (BGHZ 139, 225, 232; 71, 284, 288); nach der - die Entscheidung allerdings nicht tragenden - Einschätzung des Senats spricht auch viel dafür, dass die Beklagten gegen zivilrechtliche Pflichten verstoßen haben könnten, indem sie den weiteren Vertrieb des Prospekts vom 01.08.1999 geduldet oder sogar gefördert haben, ohne in geeigneter Form, etwa durch Beifügung eines Einlageblattes, auf den zwischenzeitlichen Abschluss des Verlustübernahmevertrages hinzuweisen. Jedoch ist der Senat gehindert, im Rahmen der Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Gerichts gemäß § 32 ZPO auf die flexibleren, auf § 242 BGB zurückgehenden zivilrechtlichen Prospekthaftungsansprüche abzustellen; er hat sich wegen der Verweisung auf § 264 a StGB in § 823 Abs. 2 BGB nach den strengen Maßstäben des Strafrechts, insbesondere dem aus dem Grundsatz "nulla poena sine lege" resultierenden Analogieverbot, zu richten. Vom Tatbestand des § 264 a StGB ist es, wie ausgeführt, aber nicht erfasst, wenn der zivilrechtlichen Aktualisierungspflicht nicht nachgekommen wird.

(2) Der Senat verkennt allerdings nicht, dass Tiedemann (in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Auflage, § 264 a Rn. 58) und ihm folgend das OLG München (Urteil vom 08.01.2004, Az. 6 U 3794/03, Anlage K 73, S. 12, Bd. V Bl. 103 R d. A.) sowie verschiedene Landgerichte die Auffassung vertreten, hinsichtlich des für die Beurteilung der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts maßgeblichen Zeitpunktes komme es nicht nur auf die Erstellung des Prospekts an. Vielmehr sei in den Fällen von § 264 a Abs. 1 Nr. 1 StGB die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit während des gesamten Zeitraumes des Vertriebs strafbegründend, so dass nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich die Verpflichtung bestehe, einen unrichtigen oder unvollständigen Prospekt zu aktualisieren.

Dieser Sichtweise schließt sich der Senat jedoch aus den dargelegten Gründen nicht an. Die Parallele zwischen dem § 326 und dem § 264 a StGB wird im Übrigen auch von Tiedemann, a. a. O., § 264 a Rn. 98, gesehen, woraus Tiedemann den Schluss zieht, dass § 264 a StGB nicht als Dauerdelikt anzusehen sei; es komme auf den Abschluss der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung an. Dieser sei nicht der Vertrieb oder das Angebot - gemeint ist das Angebot an den Anleger -, sondern an sich nur das "Machen" von Angaben; dies sei eingetreten, wenn die Angaben einen bestimmten Adressatenkreis erreicht hätten. Diese Ausführungen entsprechen der Auffassung des Senats. Es besteht keine Veranlassung, den Abschluss der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung bei der von dem BGH und dem OLG Köln in den zitierten Entscheidungen sowie von Tiedemann in den Mittelpunkt gerückten Frage des Beginns der Verfolgungsverjährung anders zu beurteilen als im vorliegenden Fall, bei dem die Verfolgungsverjährung nicht von Belang ist.

Soweit in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ausgeführt wird, die deliktische Haftung wegen Kapitalanlagebetruges (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB) unterscheide sich außer durch die Länge der Verjährungsfrist nur dadurch von der Prospekthaftung, dass sie vorsätzliches statt lediglich fahrlässiges Verhalten erfordere (NJW 2000, 3346 ff.), gibt dies keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung. Der BGH hat sich in dieser Entscheidung nicht mit der hier vorliegenden besonderen Konstellation befassen müssen, dass sich nach der Veröffentlichung eines Prospekts der Sachverhalt geändert hat und dass deshalb der zuvor ordnungsgemäße Prospekt den Sachverhalt nicht mehr zutreffend wiedergibt. Dementsprechend hat der BGH auch keinen Rechtssatz bezüglich dieser Fallkonstellation aufgestellt. In der vom BGH in dieser Entscheidung (NJW 2000, 3346 ff.) in Bezug genommenen Entscheidung BGH, NJW 1992, 241 ff., hat sich der Bundesgerichtshof mit der im vorliegenden Fall zu entscheidenden speziellen Problematik ebenfalls nicht befasst. Vielmehr hat der BGH erst in dieser Entscheidung den grundlegenden Rechtssatz aufgestellt, dass § 264 a StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sei. Hintergrund dieser Feststellung war nicht wie im vorliegenden Fall eine Prüfung der Zulässigkeit der Klage, sondern die Situation, dass zwar möglicherweise ein Anspruch aus zivilrechtlicher Prospekthaftung verjährt sein könnte, ein deliktischer Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 264 a StGB aber möglicherweise noch nicht. In diesem Zusammenhang hat der BGH ausgeführt, dass sich zwischen der deliktischen Haftung und der Prospekthaftung Überschneidungen nur insoweit ergeben könnten, als vorsätzliches Handeln vorliege. Vor diesem Hintergrund ist der BGH in der Entscheidung NJW 2000, 3346 ff. zu der Aussage gelangt, Prospekthaftung und Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB, § 264 a StGB unterschieden sich nur hinsichtlich des Vorsatzerfordernisses und der Verjährung. Aufgrund dieser BGH-Entscheidungen ist ein Rückschluss darauf, dass der BGH den vorliegenden Sachverhalt im Sinne der Auffassung des OLG München unter den objektiven Tatbestand des § 264 a StGB subsumieren würde, nicht möglich.

Nach alldem entspricht es der strafrechtlichen Rechtsprechung des BGH, hinsichtlich der Beendigung der Tat auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem nach Abschluss der Verbreitungshandlung der Prospekt erstmals einem größeren Personenkreis zugänglich geworden ist; die Tathandlung ist nicht etwa darin zu sehen, dass der Verantwortliche auch nach dem Zeitpunkt, zu dem der Prospekt einem größeren Personenkreis zugänglich geworden ist, die weitere Verbreitung des Prospekts ohne Gegenmaßnahmen geschehen lässt. (3) Durch das Unterlassen einer Aktualisierung des Prospekts hinsichtlich des Verlustübernahmevertrages vom 22.09.1999 haben die Beklagten auch nicht §§ 264 a, 13 StGB verwirklicht. Das Auseinanderfallen von Prospektinhalt und Realität durch Änderung der Realität ist kein tatbestandlicher Erfolg im Sinne des § 264 a StGB, zu dessen Abwendung ein Garant verpflichtet sein könnte; denn unter Strafe gestellt ist durch § 264 a StGB nur die Situation, dass bereits beim Machen der Angaben im Prospekt von der Realität abgewichen wird. Ein Gebot, den zunächst richtig gewesenen Prospekt zu aktualisieren, wird durch § 264 a StGB nicht aufgestellt; dies kann nicht durch die Konstruktion einer Begehung von § 264 a StGB durch Unterlassen umgangen werden. Wenn § 264 a StGB in der Verschweigensvariante als schlichtes Unterlassensdelikt verstanden wird, also ein bestimmter Erfolg nicht Merkmal des Straftatbestands ist, kann er als unechtes Unterlassensdelikt zudem bereits begrifflich nicht konstruiert werden, weil eine Verpflichtung zur Verhinderung eines tatbestandlichen Erfolgs nicht bestehen kann (Samson im Privatgutachten vom 29.10.2003, S. 48, Bd. IV Bl. 108 d. A.). Nur in solchen Fällen, in denen der Prospekt von vornherein unzutreffend war, dies nur nicht bemerkt worden ist, wenn also tatsächlicher Sachverhalt und Prospektinhalt bereits bei Erstellung und Veröffentlichung des Prospekts auseinanderfielen, kann eine Garantenpflicht bestehen, die den Verantwortlichen verpflichtet, den Prospekt zu berichtigen (so OLG Köln, NZG 2000, 89 ff., zitiert nach Juris, Samson/Günther, Systematischer Kommentar zum StGB, § 264 a Rn. 52).

Hier hat außerdem keine Garantenpflicht der Beklagten bestanden. Eine strafrechtliche Garantenstellung aus Ingerenz setzt voraus, dass das vorangegangene Verhalten pflichtwidrig (BGH NStZ 2000, 414) oder zumindest objektiv rechtswidrig war (BGHSt 37, 107, 115 f.). Dies war hier nicht der Fall, da am 01.08.1999 und auch als der Prospekt einen größeren Adressatenkreis erreicht hatte, der Verlustübernahmevertrag noch nicht abgeschlossen war.

Soweit die Beklagten als Vorstandsmitglieder im Prospekt die Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernommen haben, mag dies für die zivilrechtliche Haftung in der Weise von Belang sein, dass die Beklagten als Prospektverantwortliche in Erscheinung getreten sind. Die Strafbarkeit der Unterlassung einer Aktualisierung des Prospekts lässt sich hieraus aber nicht herleiten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sich die Erklärung nur auf den Zeitpunkt des 01.08.1999 bezieht, nicht auf die Zukunft; bei der Übernahme der Verantwortung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Inhalt des Prospekts nur die bis zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung dem Vorstand bekannten oder erkennbaren Sachverhalte maßgeblich sind.

cc) Nachteilige Tatsachen sind auch nicht dadurch im Sinne von § 264 a StGB verschwiegen worden, dass in dem Prospekt nicht auf eine Verflechtung der S. AG oder ihrer Funktionsträger mit dem Bankhaus P. hingewiesen worden ist. Zu den offenbarungspflichtigen Tatsachen gehören wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen den Gesellschaftern und denjenigen Unternehmen, in deren Hand die Gesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat. Derartige Verflechtungen begründen die Gefahr einer Interessenkollision zum Nachteil der Gesellschaft und der im Rahmen einer Unterbeteiligung beitretenden Gesellschafter. Der einzelne Anleger kann deshalb erwarten, dass er über diesen Sachverhalt aufgeklärt wird, damit er in Kenntnis des Risikos seine Entscheidung treffen und gegebenenfalls der bestehenden Gefährdung begegnen kann (vgl. BGHZ 79, 337, 345, Anlage K 41). Das Bankhaus P. ist ein Tochterunternehmen des G. -Gruppe-Konzerns, aber kein wesentlicher Vertragspartner der S. AG, in dessen Hand die S. AG durchzuführende Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hätte. Dass Funktionsträger einer Muttergesellschaft auch in der Tochtergesellschaft Verantwortung tragen, ist nicht ungewöhnlich und deutet an sich noch nicht auf erhebliche Interessenkollisionen hin. Dass die S. AG und andere zum G. -Gruppe-Konzern gehörende Gesellschaften in erheblichem Umfang am Bankhaus P. beteiligt waren, ging aus dem Prospekt hervor; in einer Übersicht auf S. 61 und in einer Tabelle auf S. 66 des Prospekts ist dies anschaulich dargestellt worden (in diesem Sinne auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29.01.2004, Az. 19 U 202/03, Anlage K 79 S. 16, Bd. V Bl. 135 R d. A., betreffend den zivilrechtlichen Prospekthaftungsanspruch). Dass die S. AG und die zum Konzern gehörenden Gesellschaften damit auch das Insolvenzrisiko des Bankhauses und das Risiko des Verlustes der geleisteten Einlagen tragen, versteht sich von selbst. Der problematische Aspekt im Verhältnis zwischen dem Bankhaus P. und der S. AG ist der Verlustübernahmevertrag, der möglicherweise erhebliche, prospektierungspflichtige Risiken für die S. AG begründet haben könnte. Dieser hat aber im vorliegenden Fall, wie dargelegt, nicht die Verwirklichung des § 264 a StGB zur Folge.

dd) Auch dadurch, dass im Prospekt nicht erwähnt wird, dass die S. AG Auseinandersetzungsguthaben nicht mehr ratierlich zurückzahlen darf, haben die Beklagten den objektiven Tatbestand des Verschweigens nachteiliger Tatsachen im Sinne von § 264 a StGB nicht verwirklicht.

Am 01.08.1999 lag die Untersagungsverfügung des BAKred noch nicht vor, durch die die S. AG verpflichtet wurde, auch bei Altverträgen das Auseinandersetzungsguthaben in einer Summe bei Fälligkeit auszuzahlen. Aber auch der über dieses Problem bereits vor dem 01.08.1999 aufgekommene Streit der S. AG mit dem BAKred musste als solcher nicht in den Prospekt aufgenommen werden, da er Gesichtspunkte betraf, die für die potentiellen Anleger nicht von erheblicher Bedeutung waren, und zudem die mit dem Streit in Zusammenhang stehenden Risiken im Prospekt ausreichend erörtert sind. Die Verpflichtung der S. AG, auch bei Altverträgen das Auseinandersetzungsguthaben in einer Summe bei Fälligkeit auszuzahlen, hat für Neuanleger das Erfüllungsrisiko nicht erheblich verändert. Die Frage, ob bei Altverträgen das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden durfte oder nicht, war für Neuanleger wie die Kläger nur indirekt von Belang, und zwar insoweit, als durch die Anpassung der Altverträge die Zahl der Anleger, die zu einem bestimmten Zeitpunkt am Ende der Laufzeit der Beteiligung das gesamte Auseinandersetzungsguthaben beanspruchen würden, größer sein würde als angenommen, so dass die Liquidität der S. AG in Frage hätte stehen können. Dieses Risiko ist zum einen deshalb begrenzt, weil auch bei nur einmaliger Auszahlung die Gesamtheit aller Anleger nicht konzentriert zu einem bestimmten Zeitpunkt das Auseinandersetzungsguthaben geltend machen wird; denn die Beteiligungsdauer ist bei Altverträgen unterschiedlich, sie reichte von 10 Jahren bis zu 40 Jahren. Andererseits hätte auch die ratierliche Auszahlungsweise zu Liquiditätsschwierigkeiten führen können, weil hierbei über einen langen Zeitraum für sehr viele Anleger gleichzeitig Auszahlungen getätigt hätten werden müssen, wenn auch nur in Höhe von jeweils einer Rate, während bei Einmalzahlungen jeweils nur eine geringere Zahl von Anlegern gleichzeitig zu befriedigen gewesen wären. Außerdem konnte die S. AG ohnehin auch zu der Zeit, als sie den Anlegern die ratierliche Auszahlung anbot, bei ihrer Liquiditätsplanung nicht darauf vertrauen, dass die einmal getroffene Wahl für die ratierliche Auszahlung beibehalten würde. Denn die alten Prospekte sahen das Recht des Anlegers vor, die Auszahlungsmodalitäten zu ändern und die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in einer Summe auch dann zu verlangen, wenn im Zeichnungsschein die Auszahlung in Raten festgelegt war ( Prospekt 13.2, S. 33, Anlage K 9, Bd. I Bl. 114 d. A.). Gerade bei sich abzeichnenden Liquiditätsschwierigkeiten lag es nahe, dass Anleger auf die Einmalzahlung umstellten (OLG Stuttgart, Urteil vom 29.01.2004, Az. 19 U 202/03, Anlage K 79 S. 15, Bd. V Bl. 135 d. A., betreffend den zivilrechtlichen Prospekthaftungsanspruch).

Berührt ist durch die Auswirkungen des Streits mit dem BAKred im Wesentlichen das allgemeine Liquiditätsrisiko. Auf dieses Risiko wird auf S. 113 des Prospekts (Bd. I Bl. 76 d. A.) gerade für den Fall, dass unerwartet viele Auszahlungen von Auseinandersetzungsguthaben an stille Gesellschafter getätigt werden müssen, so deutlich hingewiesen, dass von einem Verschweigen des Risikos im Sinne des § 264 a StGB nicht gesprochen werden kann (so auch OLG Jena, Urteil vom 20.04.2004, Az. 8 U 616/03, Anlage B 23, S. 7 f., Bd. VI Bl. 111 f. d. A., betreffend die Begründetheit der Klage):

"Im Falle einer mangelhaften Ertrags- bzw. Liquiditätslage könnte es erforderlich sein, Ihr Auseinandersetzungsguthaben oder auch Entnahmen oder Gewinnanteile ratenweise oder später auszuzahlen. Dieses Risiko besteht insbesondere, wenn sich entgegen der Planungen eine Vielzahl von atypisch stillen Gesellschaftern ihre Auseinandersetzungsguthaben vorzeitig auszahlen lassen wollen."

ee) Es sind auch nicht unrichtige vorteilhafte Angaben in dem Sinne gemacht worden, dass die Vermögen der S. AG und des Unternehmenssegmentes VII derart voneinander getrennt seien, dass sich die Entwicklung des Anteilswertes und der Erträge allein danach bestimme, was im Unternehmenssegment VII und den diesem zugeordneten Beteiligungen geschehen würde. Auf S. 110 des Prospekts wird ausgeführt:

"Auch wenn Ihr Unternehmenssegment VII wirtschaftlich erfolgreich ist, könnten sich negative Auswirkungen ergeben, wenn in den anderen Unternehmenssegmenten der S. AG wirtschaftliche Fehlentwicklungen entständen, die ein Insolvenzrisiko für die gesamte S. AG nach sich zögen. Zu berücksichtigen ist, dass sich negative wirtschaftliche Entwicklungen des Gesamtunternehmens aufgrund der einheitlichen Haftungsmasse auch auf das Unternehmenssegment VII auswirken. "

Damit wird ausdrücklich auf die einheitliche Haftungsmasse hingewiesen und darauf, dass die Entwicklung in anderen Segmenten ein Insolvenzrisiko für die gesamte S. AG nach sich ziehen könne.

c) Auch die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs gemäß § 826 BGB sind nicht schlüssig dargelegt. Da ein Verstoß gegen § 264 a StGB nicht gegeben ist, ist nicht ersichtlich, worin ein möglicherweise sittenwidriges Verhalten der Beklagten liegen soll, das für einen Schaden der Kläger ursächlich sein könnte. Ein solches Verhalten müsste, über die durch § 264 a StGB unter Strafe gestellte abstrakte Gefährdung eines größeren Personenkreises hinausgehend, konkret gegen die Kläger gerichtet gewesen sein. Die Beklagten persönlich sind jedoch unstreitig nicht mit den Klägern in Kontakt getreten; es ist auch nicht vorgetragen, dass sich die Beklagten persönlich mit der konkreten Vermögenslage der Kläger vor und nach dem Beitritt zur stillen Gesellschaft befasst und konkrete Maßnahmen getroffen hätten, um auf die Vermögensverhältnisse der Kläger einzuwirken. Der Abschluss des Verlustübernahmevertrags kann ein solches sittenwidriges Verhalten gegenüber den Klägern nicht darstellen; denn zur Zeit dieses Vertragsschlusses im September 1999 hatten die Kläger ihren Zeichnungsschein noch nicht bei der S. AG eingereicht; es bestanden auch noch keine Berührungspunkte zwischen den Klägern einerseits und der S. AG bzw. den Beklagten andererseits. Deshalb ist selbst dann, wenn ein Schaden bereits darin liegen sollte, dass die Kläger eine Beteiligung erhalten haben, die abstrakt risikobehafteter ist, als es dem durch den Prospekt vermittelten Eindruck entsprach, der Schaden nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise zugefügt worden. Dass die Beklagten ein Einwirken auf die konkrete Vermögenssituation der Kläger in ihr Bewusstsein oder gar, wie von § 826 BGB vorausgesetzt, in ihre Willensbildung aufgenommen hätten, ist dem Vorbringen der Kläger nicht zu entnehmen.

Ob nach zivilrechtlichen Prospekthaftungsgrundsätzen ein Anspruch bestehen könnte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil ein Prospekthaftungsanspruch kein Anspruch aus unerlaubter Handlung im Sinne von § 826 BGB ist.

III.

Der in II. Instanz hilfsweise gestellte Antrag auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Göttingen hat Erfolg mit der Maßgabe, dass zugleich mit der Verweisung das Urteil des Landgerichts Halle aufzuheben ist.

Eine Verweisung gemäß § 281 Abs. 1 ZPO ist in jeder Instanz zulässig; bei Unzuständigkeit des Erstgerichts muss dann unter Aufhebung des Ersturteils an das zuständige Gericht der ersten Instanz verwiesen werden. Das gilt auch, wenn das Erstgericht auf Zuständigkeitsrüge des Beklagten hin zutreffend die Klage wegen Unzuständigkeit als unzulässig abgewiesen hat und der Kläger den Verweisungsantrag erstmals, auch hilfsweise, vor dem Berufungsgericht stellt (Zöller/Greger, ZPO, 24. Auflage, § 281 Rn. 9; BGH, MDR 1989, 41). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Das Landgericht Göttingen ist unter dem Gesichtspunkt des Prospekthaftungsgerichtsstandes analog § 22 ZPO (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Auflage, § 22 Rn. 8; BGH NJW 1980, 1470, 1471) für die Klage gegen alle vier Beklagten örtlich zuständig.

Eine Sachentscheidung durch das Landgericht Göttingen ist auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Begründung des Prospekthaftungsgerichtsstandes analog § 22 ZPO einerseits und des deliktischen Gerichtsstands gemäß § 32 ZPO andererseits sachgerecht und der Billigkeit entsprechend. Der Prospekthaftungsgerichtsstand dient gerade der Konzentration einer Vielzahl gleichartiger Verfahren am Sitz der Gesellschaft (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 22 Rn. 8). Es wäre wenig befriedigend, wenn der Ausgang von Verfahren der hier vorliegenden Art im Ergebnis davon abhinge, in welchem Gerichtsbezirk die jeweiligen Anleger wohnen. Das Zentrum des tatsächlichen Geschehens liegt bei der vorliegenden Fallgestaltung in Göttingen. Der dem § 32 ZPO zugrundeliegende Gedanke, dass am Tatort die Sachaufklärung und Beweiserhebung am besten erfolgen könne (Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 32 Rn. 1) tritt demgegenüber im vorliegenden Fall in den Hintergrund, da die den Kern des Rechtsstreits bildenden Fragen, ob in den Prospekt bestimmte Angaben hätten aufgenommen werden müssen oder nicht, kaum in M. geklärt werden können.

Der am 05.08.2004 um 12.45 Uhr als Telefax beim OLG Naumburg eingegangene Schriftsatz der Kläger gibt keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten.

C.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht, soweit die Berufung ohne Erfolg bleibt, auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO und, soweit sie mit dem Hilfsantrag Erfolg hat, auf § 97 Abs. 2 ZPO (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 281 Rn. 9). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen; die entscheidungserhebliche Frage der örtlichen Zuständigkeit eines Landgerichts im Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg ist unabhängig von einer etwaigen grundsätzlichen Bedeutung und unabhängig von der eventuellen Erforderlichkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 545 Abs. 2 ZPO einer Klärung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich.

Ende der Entscheidung

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