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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 10.05.2002
Aktenzeichen: 2 U 67/01
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, ZPO, VerbrKrG


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 288 Abs. 1 n.F.
BGB § 765
BGB § 767 Abs. 1 Satz 3
AGBG § 3
AGBG § 9
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3 S. 2
ZPO § 521 Abs. 1 a.F.
ZPO § 536 a.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
VerbrKrG § 11 Abs. 1
1. Für die Frage der Wirksamkeit der Globalbürgschaft eines Gesellschafterbürgen kommt es nicht in erster Linie auf das Maß der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung oder den Umfang des eigenen wirtschaftlichen Interesses an. Ausschlaggebend ist nach der Rechtsprechung vielmehr, ob der Bürge die Entstehung der zukünftigen Schulden entscheidend beeinflussen kann, denn der Grund für die Unwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung des Bürgen liegt in dem Verbot der Fremddisposition.

2. Der Bürge haftet auch für den Zahlungsverzug des Hauptschuldners, wenn sich dies aus dem Bürgschaftsvertrag im Wege der Auslegung ergibt.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 67/01 OLG Naumburg

verkündet am: 10. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Grimm und den Richter am Landgericht Hachtmann auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 09.05.2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 207.842,53 Euro (= 406.504,65 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 229.474,89 Euro (= 448.813,88 DM) vom 06.07.1999 bis zum 16.08.2000, aus 227.429,73 Euro (= 444.813,88 DM) vom 17.08.2000 bis zum 18.09.2001 sowie aus 207.842,53 Euro (= 406.504,65 DM) seit dem 19.09.2001 zu zahlen.

In Höhe eines Betrages von 145.855,43 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 107.546,20 DM seit dem 06.07.1999 ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 230.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, Sicherheit auch durch eine unbefristete, unwiderrufliche selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einer Bürgschaft geltend.

Der Beklagte war geschäftsführender Mitgesellschafter der M. GmbH (im Folgenden: Hauptschuldnerin). Er unterzeichnete am 15.09.1994 eine "unbeschränkte Bürgschaft - Sicherung der Geschäftsverbindung". In der Urkunde heißt es unter Ziff. 1:

"1. Sicherungszweck

Die Bürgschaft wird zur Sicherung aller bestehenden und künftigen auch bedingten oder befristeten Forderungen der Sparkasse gegen den Hauptschuldner, M. Sangerhausen GmbH iG aus ihrer Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufenden Rechnungen, Krediten und Darlehen jeder Art und Wechseln) übernommen. ..."

Weiter enthält die Bürgschaftsurkunde die Übernahme der selbstschuldnerischen Haftung und den Verzicht auf die Einreden der Vorausklage, der Anfechtbarkeit und der Aufrechnung. Hinsichtlich der Einzelheiten der Bürgschaftsvereinbarung wird auf die vorgelegte Ablichtung der Urkunde vom 15.09.1994 (Bd. I Bl. 12 d. A.) Bezug genommen.

Auf einen Antrag der Hauptschuldnerin vom 13.10.1998 übernahm die Klägerin gegenüber der H. mbH & Co. KG in St. (im Folgenden: H. ) eine Erfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern zu einem Höchstbetrag von 208.000,00 DM. Des Weiteren verbürgte sich die Klägerin auf Antrag der Hauptschuldnerin am 16.12.1998 gegenüber der H. zu einem Höchstbetrag von 284.200,00 DM. Auch diese Bürgschaft sollte die Vertragserfüllung durch die Hauptschuldnerin sichern.

Die Klägerin räumte der Hauptschuldnerin einen Kontokorrentkredit bis zu einem Betrag von 300.000,- DM befristet bis zum 31.01.1999 ein. Danach gewährte sie ihr, befristet bis zum 31.05.1999, einen Kontokorrentkredit bis zu einem Betrag von 70.000,00 DM. Als das Girokonto am 01.06.1999 einen Saldo von 70.509,74 DM aufwies, setzte die Klägerin der Hauptschuldnerin eine Frist bis zum 15.06.1999, um den Negativsaldo des Kontokorrentkontos sowie einen Darlehensrückstand in Höhe von 6.765,05 DM auszugleichen. Weiter erbat sie Auskünfte über den Stand der Bauvorhaben in N. und S. , für die sie die Erfüllungsbürgschaften übernommen hatte.

Am 14.06.1999 beschlossen die Gesellschafter der Hauptschuldnerin deren Liquidation. Am selben Tage wurden von den bei der Klägerin geführten Geschäftskonten der Hauptschuldnerin noch 127.700,00 DM in bar abgehoben.

Die H. nahm die Klägerin mit zwei Schreiben vom 17.06.1999 aus beiden Erfüllungsbürgschaften in Anspruch. Die - insoweit gleichlautenden - Schreiben hatten folgenden Inhalt:

"Bekanntlich befindet sich die Firma M. GmbH in Liquidation. Die Baustelle ist verlassen worden, der Auftragnehmer befindet sich seit längerem in Verzug gemäß VOB. Wir haben die Firma M. GmbH unter Fristsetzung zur Aufnahme der Arbeiten an der Baustelle aufgefordert und Ersatzvornahme angedroht. Die Frist ist fristlos verstrichen."

Die Klägerin zahlte auf die Bürgschaften 284.200,00 DM unter Erhebung eines Entgelts von 20,00 DM sowie weitere 208.400,00 DM an die H. .

Die Klägerin kündigte am 06.07.1999 die Geschäftsverbindung zur Hauptschuldnerin fristlos und richtete drei Abwicklungskonten ein. Auf das Abwicklungskonto Nr. ... buchte sie die offenen Forderungen aus dem Darlehensvertrag mit der Hauptschuldnerin Nr. ... in Höhe von 107.546,20 DM. Auf dem Abwicklungskonto Nr. ... verbuchte sie die auf sie entfallenden Haftungsanteile aus ERP-Darlehen in Höhe von zuletzt 217.955,49 DM. Auf dem dritten Abwicklungskonto Nr. ... verbuchte sie die Rückgriffsansprüche gegen die Hauptschuldnerin nach Inanspruchnahme der Klägerin aus den Erfüllungsbürgschaften in Höhe von zuletzt 230.858,39 DM. Die genannten Beträge ergaben sich nach Abzug der Erlöse aus der Verwertung anderer Sicherheiten in Höhe von insgesamt 265.761,61 DM.

Am 10.04.2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin eröffnet.

Im Laufe des Rechtsstreits gingen weitere Zahlungen auf die Hauptforderung ein. Die Ehe-frau des Beklagten zahlte am 27.06.2001 auf die Darlehensforderung Konto-Nr. ... (Abwicklungskonto-Nr. ... ) einen Betrag von 107.546,20 DM. Schließlich erhielt die Klägerin am 18.09.2001 eine Zahlung des Insolvenzverwalters der Hauptschuldnerin in Höhe von 38.309,22 DM.

Die Klägerin hat mit der Klage zunächst die Summe der auf den drei Abwicklungskonten verbuchten Beträge von insgesamt 556.360,08 DM geltend gemacht.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 556.360,08 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach dem Diskont-Überleitungsgesetz seit dem 06.07.1999 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass der Bürgschaftsvertrag nicht wirksam zu Stande gekommen sei. Ferner stünden der Hauptschuldnerin Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zu, da diese die Geschäftsverbindung zur Unzeit gekündigt habe. Dazu hat er behauptet, dass noch im Dezember 1998 die Klägerin die "gute Lage" der Hauptschuldnerin bestätigt und ihr Unternehmenskonzept genehmigt habe.

Weiter hat er die Höhe der Klageforderung bestritten. Ihm seien die Abwicklungskonten nicht bekannt. Die Klägerin habe außerdem verschiedene Guthaben nicht berücksichtigt. Schließlich habe die Klägerin die Ansprüche der H. aus den Vertragserfüllungsbürgschaften befriedigt, obwohl die Voraussetzungen für eine Zahlung nicht vorgelegen hätten. Es habe keine Veranlassung zur Zahlung bestanden, weil das Bauvorhaben in S. zu diesem Zeitpunkt bereits zu 95 % fertig gestellt gewesen sei. Hinsichtlich des Bauvorhabens in N. hätten der H. durch die Einstellung der Bautätigkeit der Hauptschuldnerin ausreichende Mittel zur Verfügung gestanden. Die H. habe dadurch den mit der Hauptschuldnerin vereinbarten Pauschalfestpreis "eingespart".

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass die Bürgschaft wirksam zu Stande gekommen sei. Das Bestreiten des Beklagten hinsichtlich des Umfangs der Bürgschaftsschuld sei unerheblich, und Schadensersatzansprüche der Hauptschuldnerin bzw. des Beklagten gegen die Klägerin wegen positiver Forderungsverletzung seien nicht gegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er meint, das Landgericht habe die Darlegungs- und Beweislastverteilung verkannt. Die Klägerin müsse den Bestand der Hauptforderung vortragen. Er habe deshalb die pauschalen und nicht einlassungsfähigen Darlegungen der Klägerin wirksam mit Nichtwissen bestritten. Des Weiteren ist der Beklagte der Auffassung, die geltend gemachten Forderungen seien nicht von der Bürgschaft umfasst. Diese Forderungen hätten zur Zeit der Bürgschaftsübernahme noch nicht bestanden. Sie seien daher nicht Anlass im Sinne der so genannten Anlassrechtsprechung des Bundesgerichtshofs gewesen. Der Beklagte macht außerdem Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs bzw. der Kündigung zur Unzeit geltend. Hierzu behauptet er, dass die Klägerin durch konkrete Vorgabe eines Unternehmenskonzeptes für die Hauptschuldnerin das Umsatzvolumen in zwei Jahresschritten von 3,5 Mio. DM auf 10 Mio. DM aufgebaut habe. Zur Ab-sicherung habe die Klägerin der Hauptschuldnerin die Kontokorrentkreditlinie von 300.000,00 DM eingeräumt. Noch Ende 1998 sei die wirtschaftliche Lage der Hauptschuldnerin gemeinsam mit der Klägerin als außerordentlich positiv eingeschätzt worden. Man habe Gewinnaussichten von 200.000,00 DM für 1999 prognostiziert. Plötzlich und unerwartet habe die Klägerin jedoch das Kontokorrentkreditvolumen von 300.000,00 DM Anfang 1999 auslaufen lassen. Sie habe stattdessen alle Einnahmen der Hauptschuldnerin bis auf 10 % einbehalten. Dadurch sei der Kontokorrentkredit im Mai 1999 auf 80.000,00 DM herunter gedrückt worden. Nur durch diesen plötzlichen Entzug von Liquidität sei die Hauptschuldnerin nicht mehr im Stande gewesen, ihren laufenden Verbindlichkeiten auch in Bezug auf ein größeres Bauvorhaben in S. nachzukommen. Dies habe letztlich eine wirtschaftliche Betätigung der Hauptschuldnerin unmöglich gemacht.

Der Beklagte meint außerdem, die Klägerin habe eine zu hohe Bürgschaft übernommen. Der Bürgschaftsauftrag der Hauptschuldnerin habe gelautet, sich gegenüber der H. nur insoweit zu verbürgen, als jene ihrerseits eine Vertragserfüllungsbürgschaft übergebe. Die H. habe sich aber letztlich nur in Höhe von 179.655,00 DM verbürgt, so dass die Klägerin sich ebenfalls nur in dieser Höhe habe verbürgen dürfen. Ferner beruft sich der Beklagte darauf, dass die Gesellschafter der Hauptschuldnerin die Bauvorhaben unter Federführung des Liquidators hätten zu Ende bringen wollen, als sie am 14.06.1999 die Liquidation beschlossen.

Außerdem, so behauptet der Beklagte, habe die Klägerin die Verwertung der Zahlungsbürgschaften der H. vereitelt, obwohl der Liquidator mehrfach die Herausgabe der Bürgschaftsurkunden gefordert und angemahnt habe. Schließlich wirft der Beklagte der Klägerin vor, ihr Vorstandsmitglied Sch. habe einer Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, sämtliche Kreditverträge, an denen der Beklagte beteiligt sei, zu kündigen. Sachliche Gründe für diese Anweisung habe er nicht genannt.

Der Beklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat den Rechtsstreit wegen der Zahlungen vom 27.06.2001 und 18.08.2001 in Höhe eines Betrages von 145.855,43 DM für erledigt erklärt und hinsichtlich des versehentlich nicht berücksichtigten Verwertungserlöses eines Kfz. von 4.000,00 DM die Klage mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.

Ihren Vortrag hinsichtlich der Entwicklung der Hauptforderung hat die Klägerin ergänzt und die Zusammensetzung der Beträge im Einzelnen erläutert. Sie vertritt im Übrigen die Auffassung, dass sie zur Kündigung der Geschäftsbeziehung berechtigt gewesen sei. Insbesondere habe es keine Zusage gegeben, die Umsetzung des erarbeiteten Unternehmenskonzeptes durch die weitere Bereitstellung eines Kontokorrentkreditvolumens von 300.000,00 DM nach Ablauf des Vertrages zu fördern oder zu gewährleisten. Die Klägerin habe auch nicht ab Anfang 1999 alle Einnahmen der Hauptschuldnerin bis auf 10 % einbehalten. Richtig sei ein Einbehalt in Höhe von 10 %. Dies sei allerdings ausdrücklich vertraglich vereinbart gewesen. Angesichts der Inanspruchnahme aus den Vertragserfüllungsbürgschaften sei die Klägerin gemäß Nr. 26.02 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur fristlosen Kündigung der Geschäftsverbindung berechtigt gewesen. Die Klägerin bestreitet, die Zahlungsbürgschaften der H. gegen den Willen des Liquidators zurückgehalten zu haben. Vielmehr sei die Frage, wann die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Bürgschaften vorlägen, mit ihm besprochen worden.

Die Klägerin greift ihrerseits das erstinstanzliche Urteil insoweit an, als ihr Zinsanspruch abgewiesen wurde, und beantragt im Wege der Anschlussberufung, den Beklagten unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Halle vom 09.05.2001 zu verurteilen, an die Klägerin 406.504,65 DM zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach dem Diskont-Überleitungsgesetz aus 448.813,88 DM vom 06.07.1999 bis zum 16.08.2000, aus 444.813,88 DM vom 17.08.2000 bis zum 18.09.2001 sowie aus 406.504,65 DM seit dem 19.09.2001 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schrift- sätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Rechtsanwalts Wt. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2002 (Bd. II, Bl. 146 bis 151 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Bürgschaftsvertrag einen Anspruch gemäß § 765 BGB auf Zahlung von 406.504,65 DM. Darüber hinaus ist der Rechtsstreit in Höhe von 145.855,43 DM in der Hauptsache erledigt.

I.

Der Beklagte haftet der Klägerin gemäß § 765 BGB als Bürge für die streitgegenständlichen Darlehensforderungen.

1. Der Bürgschaftsvertrag ist wirksam zu Stande gekommen. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Schriftform der Bürgschaftserklärung (§ 766 BGB) nur für die Willenserklärung des Bürgen gilt und der Bürgschaftsvertrag, sollte er zunächst schwebend unwirksam gewesen sein (§ 177 Abs. 1 BGB), von der Klägerin jedenfalls genehmigt worden ist. Auch ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB hat die Kammer zu Recht verneint. Der weite Sicherungszweck der Bürgschaftserklärung lässt sich dem Formular unmissverständlich entnehmen. Da es sich um eine Bürgschaft im Zusammenhang mit seiner Geschäftsführertätigkeit handelt, sind auch die Regelungen des HausTWG nicht anwendbar.

2. Die vom Beklagten übernommene Bürgschaft erstreckt sich auf alle Ansprüche der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin aus deren Geschäftsverbindung, also auch auf die hier geltend gemachten Darlehensforderungen. Der Inhalt der Bürgschaftsurkunde lässt keinen Zweifel daran, dass der Beklagte für alle Forderungen der Bank aus ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Hauptschuldnerin haften sollte. Um eine solche Forderung handelt es sich bei dem genannten Darlehen unstreitig.

3. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist seine Bürgenhaftung nicht auf die Forderungen begrenzt, die Anlass der Bürgschaftsgewährung waren. Denn die weite Zweckerklärung ist im vorliegenden Fall wegen der Stellung des Beklagten als geschäftsführender Mitgesellschafter nicht gemäß §§ 3, 9 AGBG unwirksam.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH verstößt eine formularmäßige Zweckerklärung, die die Bürgenhaftung - auch aus einer Höchstbetragsbürgschaft - über die Verbindlichkeit des Hauptschuldners, die objektiver Anlass der Verbürgung war, hinaus ausdehnt, in der Regel gegen die gesetzliche Leitentscheidung des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB und ist deswegen nach § 9 AGBG unwirksam (vgl. BGHZ 130, 19, 31 ff; 132, 6, 9; BGH WM 1996, 1391, 1392; WM 1998, 1675; NJW 2000, 658, 659; NJW 2002, 956, 957).

Da objektiver Anlass der Bürgschaftsübernahme das aktuelle Sicherungsbedürfnis des Gläubigers ist, führt die formularmäßige Abweichung von dem gesetzlichen Verbot der Fremd-disposition zu einer unangemessenen Benachteiligung des Bürgen, weil eine solche weite Zweckerklärung seiner Bürgschaft mit einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist (§ 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG).

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine solche Globalbürgschaft, die die bestehenden Einzelforderungen nicht nennt.

b) Gleichwohl ist ein Verstoß gegen die Regeln des AGB-Gesetzes im Falle des Beklagten zu verneinen, weil der Beklagte entscheidenden Einfluss auf das Entstehen der verbürgten Forderungen hatte und von einer Fremddisposition nicht die Rede sein kann.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die formularmäßig erteilte Bürgschaft mit der weiten, auf die gesamte Geschäftsverbindung bezogenen Zweckerklärung dann nicht nach § 9 AGBG zu beanstanden, wenn die Haftung vom Mehrheitsgesellschafter oder einem Geschäftsführer der GmbH übernommen worden ist (BGHZ 132, 6, 9; BGH, NJW 1998, 2815, 2816 und ZIP 1998, 2145). Zuletzt hat der BGH diesen Grundsatz auch auf einen Handlungsbevollmächtigten angewandt, der an der Gesellschaft nicht beteiligt und dessen eigenes Interesse nur auf den Erhalt seines Arbeitsplatzes gerichtet war (vgl. BGH, WM 2000, 514, 517). Allen Entscheidungen lässt sich entnehmen, dass es für die Frage der Wirksamkeit der Globalbürgschaft nicht in erster Linie auf das Maß der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung oder den Umfang des eigenen wirtschaftlichen Interesses ankommt. Ausschlaggebend ist nach der Rechtsprechung vielmehr, ob der Bürge die Entstehung der zukünftigen Schulden entscheidend beeinflussen konnte. Denn der Grund für die Unwirksamkeit wegen unangemessener Benachteiligung des Bürgen liegt in dem Verbot der Fremddisposition. Eines solchen Schutzes bedürfen aber diejenigen Geschäftsführer oder Gesellschafter nicht, die das Entstehen der verbürgten Hauptschuld und auch ihre spätere Entwicklung allein oder maßgeblich beeinflussen können.

bb) Diese Entscheidungsbefugnis hatte der Beklagte. Er war nicht nur Gesellschafter, sondern auch Geschäftsführer der Hauptschuldnerin und hatte daher maßgeblichen Einfluss auf Art und Höhe ihrer Kreditverbindlichkeiten. Dass er nicht alleiniger Gesellschafter und auch nicht alleiniger Geschäftsführer war, steht dem nicht entgegen. Hat eine Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, die nach der Satzung einzeln zur Geschäftsführung und Vertretung berufen sind, so können sie sich als Bürgen nicht auf §§ 3, 9 AGBG berufen, da jeder Geschäftsführer eine Ausweitung des Kredits, für den er sich verbürgt hat, im Innenverhältnis von seiner Zustimmung abhängig machen kann (vgl. BGH, NJW 1996, 3205).

II.

Gegenansprüche der Hauptschuldnerin oder des Beklagten, insbesondere nach den Grund-sätzen der positiven Forderungsverletzung (pFV), die er zur Aufrechnung stellen könnte oder die der Geltendmachung der Bürgenhaftung durch die Klägerin nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstehen könnten, bestehen nicht.

1. Dem Beklagten stehen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen "Kündigung der Geschäftsbeziehung zur Unzeit" nicht zu. Die Klägerin war berechtigt, die Geschäftsbeziehung mit der Hauptschuldnerin am 06.07.1999 fristlos zu kündigen.

a) Nach Nr. 26 Abs. 2 lit. A) der AGB der Klägerin ist eine fristlose Kündigung möglich, wenn eine wesentliche Verschlechterung oder eine erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden eintritt.

b) Diese Voraussetzung war hier aus mehreren Gründen erfüllt. Der Hauptschuldnerin war es zum einen nicht gelungen, den Kontokorrentkredit wie verlangt zum 15.06.1999 zurückzuführen. Darüber hinaus hatte sie am 14.06.1999 ihre Liquidation beschlossen. Es kam hinzu, dass am Tage des Liquidationsbeschlusses Barabhebungen in Höhe von 127.000,00 DM getätigt wurden. Schließlich wurde die Klägerin am 16.06.1999 aus den Erfüllungsbürgschaften mit einem Betrag von insgesamt 492.600,00 DM in Anspruch genommen. In diesem Zusammenhang erfuhr die Klägerin außerdem, dass die Hauptschuldnerin ihre Bautätigkeit auf den beiden größeren Bauprojekten in S. und N. eingestellt hatte. Die Summe dieser Umstände ließ aus der Sicht der Klägerin auf eine massive Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Hauptschuldnerin schließen.

2. Soweit der Beklagte zur Begründung seiner Schadensersatzansprüche vorträgt, die Klägerin habe der Hauptschuldnerin unvermittelt und ohne jede Vorwarnung die Liquidität entzogen, vermag der Senat ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin nicht zu erkennen. Weder ist vorgetragen, dass die Klägerin bestimmte Kreditzusagen gemacht und nicht eingehalten hätte, noch sind andere Umstände ersichtlich, die eine entsprechende Erwartung hätten rechtfertigen können.

a) Einen Anspruch auf Fortführung der Kredite kann der Beklagte nicht allein daraus herleiten, dass die Kläger selbst die Hauptschuldnerin zunächst "wohlwollend förderte." Die ausführlichen Darlegungen des Beklagten, weshalb die Klägerin an den Erfolg der Hauptschuldnerin hätte glauben können, sind unerheblich. Ein Kreditinstitut ist nicht verpflichtet, auslaufende Darlehen zu verlängern, wenn dies nicht vereinbart war. Auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) konnte die Hauptschuldnerin eine weitere Fortsetzung des Kontokorrentkreditverhältnisses hier nicht beanspruchen. Der Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, aus denen die Hauptschuldnerin auch nach Dezember 1998 noch auf eine Zusage zur Verlängerung der Kontokorrentkreditlinie hätte schließen dürfen. Das Gegenteil ergibt sich aus dem Verhalten der Klägerin. Es sind insbesondere keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin auf Grund des Unternehmenskonzeptes der Firma B. Zusagen erteilt hätte.

b) Zu Unrecht wirft der Beklagte der Klägerin mehrfach vor, sie habe den Kontokorrentkredit der Hauptschuldnerin vorzeitig "gekündigt". Ein derartiges Eingreifen in ein bestehendes Kreditverhältnis hat es nicht gegeben. Der Kontokorrentkredit i.H.v. 300.000 DM war unbestritten vereinbarungsgemäß bis zum 31.01.1999 befristet. Das Auslaufen des Kredits war für die Hauptschuldnerin absehbar, eine Verlängerung hätte eine entsprechende Vereinbarung vorausgesetzt. Dass anschließend die Kreditlinie durch die Klägerin nur schrittweise zurückgeführt wurde, ist als Entgegenkommen der Klägerin anzusehen, denn sie hätte das Kontokorrentsoll auch sofort zurückführen können. Auf die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten der Hauptschuldnerin, die der Beklagte positiv schildert, kommt es dabei nicht an. Auch ein prosperierendes Unternehmen hat keinen Anspruch auf einen Kredit, der nicht vereinbart worden ist.

3. Auch ein Schadensersatzanspruch wegen "grundloser" Zahlungen auf die Erfüllungsbürgschaften kommt nicht in Betracht. Die Klägerin wurde aus Bürgschaften auf erstes Anfordern in Anspruch genommen. Kennzeichen solcher Bürgschaften ist es, dass der Bürge ohne weitere Prüfungsmöglichkeit auf die Anforderung sofort zu zahlen hat. Eventuelle Gegenrechte können nur im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend gemacht werden. Die Klägerin hatte daher keine andere Möglichkeit, als auf die Inanspruchnahme sofort zu zahlen.

4. Nicht gerechtfertigt ist auch der zuletzt vom Beklagten erhobene Vorwurf, die Klägerin habe zu hohe Vertragserfüllungsbürgschaften geleistet.

a) Der Beklagte trägt hierzu vor, der "Bürgschaftsauftrag" der Hauptschuldnerin habe gelautet, die Klägerin solle sich gegenüber der H. nur insoweit verbürgen, als jene ihrerseits eine Vertragserfüllungsbürgschaft übergebe. Die H. hat sich aber letztlich nur in Höhe von 179.655,00 DM verbürgt, so dass die Klägerin - wie der Beklagte meint - sich ebenfalls nur in dieser Höhe hätte verbürgen dürfen.

b) Der Auffassung des Beklagten kann nicht gefolgt werden. Der Bürgschaftsauftrag, den die Hauptschuldnerin der Klägerin schriftlich erteilt hat, umfasst eine Bürgschaft für die Erfüllung des Generalunternehmer-Vertrages vom 18.09.1998 in Höhe von 208.400,00 DM. Hinweise auf eine Einschränkung in dem von dem Beklagten behaupteten Sinne sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat auch keine konkreten Umstände genannt, wann der Bürgschaftsauftrag in dieser Weise modifiziert worden sein soll. Der Bürgschaftsgläubiger muss sich auf die verbriefte und bezifferte Bürgschaftssumme verlassen können. Das gilt auch im Innenverhältnis zwischen Schuldner und Bürgen. Die Hauptschuldnerin hätte, wenn sie die Bürgschaft der Klägerin nicht in voller Höhe hätte in Auftrag geben wollen, den Auftrag entsprechend beschränken oder rechtzeitig auf 179.655,00 DM reduzieren können. Dass dies geschehen sei, behauptet auch der Beklagte nicht.

5. Ein Herbeiführen des Bürgschaftsfalls durch die Klägerin kann nicht festgestellt werden.

a) Soweit der Beklagte der Klägerin hierzu vorwirft, sie habe die Durchführung von Bauvorhaben vereitelt, verkennt er die tatsächlichen und zeitlichen Zusammenhänge. Die Klägerin hat erst nach Kenntnis vom Liquidationsbeschluss die Geschäftsbeziehung gekündigt. Ob die Gesellschafter der Hauptschuldnerin - wie der Beklagte behauptet - das Bauvorhaben zu Ende bringen wollten, als sie am 14.06.1999 die Liquidation beschlossen haben, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung. Auf das weitere Schicksal der Hauptschuldnerin hatten die Vorstellungen der Gesellschafter und ihre Pläne nach dem Beschluss über die Liquidation keinen Einfluss mehr, selbst wenn sie zutreffend geschildert worden wären. Aber auch das erscheint zweifelhaft, denn schon am folgenden Tag (15.06.1999) wurde eine Schlussrechnung erteilt und auch der Liquidator hat die Kündigung des Bauvertrages mit Schreiben vom 12.07.1999 ausdrücklich bestätigt. Eine Fortsetzung der Bauvorhaben hat es nicht gegeben.

b) Selbst wenn man unterstellen wollte, dass der Eintritt des Bürgschaftsfalls auf einem Verhalten der Klägerin beruhen könnte, ist zu beachten, dass nur eine pflichtwidrige Verursachung Ansprüche des Bürgen auslösen kann. Eine solche Pflichtwidrigkeit ist aber nicht erkennbar.

6. Soweit der Beklagte der Klägerin eine pflichtwidrige Verweigerung der Herausgabe der Urkunden über die Zahlungsbürgschaften der H. bzw. eine abredewidrige Vereitelung der frühzeitigen Geltendmachung derselben vorwirft, kann eine Pflichtverletzung der Klägerin ebenfalls nicht festgestellt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Liquidator der Hauptschuldnerin, der Zeuge Wt. , von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt endgültig die Herausgabe der Bürgschaftsurkunden verlangt hat.

a) Der Zeuge Wt. hat im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Senat ausgesagt, dass er zwar noch im Juli 1999 mit der Bitte an die Klägerin herangetreten sei, die Zahlungsbürgschaften für die Rechnungen, die die Hauptschuldnerin der H. erteilt hatte, zu ziehen.

Daraufhin sei es zu einem Telefonat mit dem Vorstandsmitglied der Klägerin, Wß. , gekommen. Mit ihm habe er über die Voraussetzungen der Geltendmachung der Bürgschaften gesprochen. Der Zeuge Wt. hat in seiner Aussage geschildert, dass Herr Wß. die Rechnungen der Hauptschuldnerin als nicht fällig angesehen habe. Diese Bedenken habe er - der Zeuge Wt. - nach eigenem Bekunden akzeptiert und sich im Laufe des Gesprächs damit einverstanden erklärt, dass die Bürgschaften zunächst nicht gezogen würden.

Daraufhin, so hat der Zeuge weiter ausgesagt, habe er der H. zwei neue Rechnungen für die Bauvorhaben erteilt, woraufhin diese jedoch unter Hinweis auf eigene Schadensersatzansprüche und weitere Einwendungen jegliche Zahlung verweigert habe. Es sei dann erneut zu einem Gespräch zwischen ihm und Vertretern der Klägerin über die Zahlungsbürgschaften gekommen. Bei diesem Gespräch, das in den Kanzleiräumen des Zeugen Wt. stattgefunden habe, sei ihm mitgeteilt worden, dass die Klägerin die Rechnungen nach wie vor nicht als fällig angesehen habe. Auch diesmal habe er - der Zeuge Wt. - die Bedenken der Sparkasse hingenommen, obgleich sie ihm nicht recht eingeleuchtet hätten. Letztlich sei man mit der Maßgabe auseinandergegangen, dass die Frage noch einmal geprüft werden sollte. Im Nachhinein habe er der Klägerin wunschgemäß bestätigt, dass die Bürgschaften nicht gezogen werden müssten. Eine weitere Aufforderung durch ihn habe es dann bis zur Insolvenz der Hauptschuldnerin nicht mehr gegeben.

b) Die Darstellung des Zeugen stimmt mit dem Inhalt der vorgelegten Schreiben überein. In der Korrespondenz, die zwischen der Hauptschuldnerin und der Klägerin zur Frage der Zahlungsbürgschaften geführt wurde, findet sich kein Schreiben des Zeugen, mit dem er nach dem zweiten Gespräch im Herbst 1999 die Herausgabe der Bürgschaftsurkunden verlangt hätte. Es blieb also bis zur Insolvenz bei seiner ausdrücklichen Bestätigung, dass die Bürgschaften nicht gezogen werden müssten.

7. Unerheblich ist auch die Behauptung des Beklagten, das Vorstandsmitglied der Klägerin Sch. habe einer Mitarbeiterin die Anweisung gegeben, sämtliche Kreditverträge, an denen der Beklagte beteiligt sei, zu kündigen, ohne dass er dafür sachliche Gründe angegeben habe. Sollte der Beklagte behaupten wollen, dass die Klägerin die Geschäftsverbindung auf Grund persönlicher Vorbehalte gegen den Beklagten gekündigt habe, so reicht sein Vortrag jedenfalls nicht aus, um den Verdacht einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 242 826 BGB) oder auch nur einer Vertragsverletzung zu begründen.

Zum einen kommt es auf die allein unter Beweis gestellte Frage, ob der Zeugin sachliche Gründe mitgeteilt worden sind, nicht an. Der Vorstand einer Sparkasse muss seine Entscheidungen gegenüber den Mitarbeitern nicht sachlich begründen. Zum anderen bleibt die Tatsache zu bedenken, dass die oben dargestellten (A. II. !. b) objektiven Gründe für die fristlose Kündigung vorlagen. Vor diesem Hintergrund erscheint der vom Beklagten geäußerte Verdacht nicht naheliegend. Der Beklagte bringt auch keine Tatsachen vor, die für einen solchen Vorwurf ausreichen. Allein seine Andeutung, Ursache der Kündigung sei eine Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten und Herrn Sch. , die ein Immobiliengeschäft betreffe, genügt nicht.

III.

Die verbleibende Hauptforderung, für die der Beklagte in vollem Umfang haftet, beträgt 406.504,65 DM.

1. Die Klägerin hat mit der Berufungserwiderung ihre Forderungen aus den ERP-Krediten und der Bürgschaftsinanspruchnahme in nachvollziehbarer Weise dargelegt. Der Beklagte hat hiergegen keine erheblichen Einwände vorgebracht.

a) Hinsichtlich des inzwischen für erledigt erklärten Betrages von 107.546,20 DM hatte die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass es sich um den offenen Betrag aus dem Darlehensvertrag Nr. ... handele. Das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten mit Nichtwissen ist unerheblich. Denn bei dem geforderten Darlehensbetrag handelte es sich nicht um den Schlusssaldo eines Kontokorrentes, sondern schlicht um eine einzige Darlehensforderung gegen die Hauptschuldnerin. Zur Individualisierung der Darlehensforderung hat die Klägerin die Nummer des Darlehensvertrages angegeben. Der Beklagte, der als Geschäftsführer der Hauptschuldnerin wissen muss, ob ein solches Darlehen aufgenommen worden ist, hätte zumindest darlegen müssen, weshalb die Forderung nicht oder nicht mehr berechtigt sein soll, insbesondere hätte es ihm oblegen, nicht berücksichtigte Erfüllungsleistungen einzuwenden. Der Beklagte hat sich hierzu lediglich auf eine Zahlung seiner Ehefrau von "über 100.000,00 DM" berufen, die die Klägerin jedoch im Rahmen ihrer Erledigungserklärung berücksichtigt hat.

b) Mit der Berufungserwiderung hat die Klägerin ihre Forderung aus dem Abwicklungskonto Nr. ... des ERP-Darlehens in Höhe von 217.955,49 DM und dem Abwicklungskonto Nr. ... in Höhe von 230.858,39 DM im Einzelnen dargelegt. Demgegenüber hat der Beklagte nur vorgetragen, es sei nicht plausibel, wie es zu den Forderungsübertragungen auf das Abwicklungskonto gekommen sei, und die Kündigungserklärungen zu den einzelnen Darlehensverträgen seien nicht dargelegt worden. Angesichts des nunmehr substantiierten Vortrages der Klägerin ist das nach wie vor pauschale Bestreiten des Beklagten unzulässig. Auf die von ihm geforderten Einzelkündigungen kommt es nicht an, weil die Klägerin die Geschäftsverbindung insgesamt fristlos gekündigt hat. Gesonderter Erklärungen für einzelne Darlehensverträge bedarf es in einem solchen Fall nicht.

2. Die verbürgte Hauptforderung ergibt sich entsprechend den erläuterten Darlegungen der Klägerin aus der Summe der Abrechnungs- bzw. Abwicklungskonten:

Nr. ... : 107.546,20 DM Nr. ... : 217.955,49 DM Nr. ... : 230.858,39 DM Summe: 556.360,08 DM

Hiervon sind die Zahlung der Ehefrau des Beklagten vom 27.06.2001 auf die Darlehensforderung Konto-Nr. ... (Abwicklungskonto-Nr. ... ) in Höhe von 107.546,20 DM, die weitere Zahlung des Insolvenzverwalters der Hauptschuldnerin vom 18.09.2001 in Höhe von 38.309,22 DM auf das Konto Nr. ... und der Erlös aus der Verwertung eines Fahrzeugs von 4.000,00 DM abzuziehen. Es verbleibt eine offene Forderung von 406.504,65 DM (= 207.842,53 Euro).

IV.

In Höhe von 145.855,43 DM ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Die verbürgten Darlehensforderungen bestanden in entsprechender Höhe, bevor sie durch die unstreitigen Zahlungen getilgt worden sind. Sowohl die Zahlung der Ehefrau des Beklagten vom 27.06.2001 als auch die Zahlung des Insolvenzverwalters vom 18.09.2001 wurden nach Rechtshängigkeit der Klage, die mit der Zustellung des Mahnbescheids am 26.09.2000 eintrat, geleistet. Die Zahlungen stellen daher in beiden Fällen Ereignisse dar, die zur nachträglichen Erledigung einer ursprünglich gerechtfertigten Klageforderung geführt haben.

B.

Die gemäß § 521 Abs. 1 ZPO a.F. zulässige unselbständige Anschlussberufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Klägerin kann Zinsen auf die berechtigte Hauptforderung seit dem 06.07.1999 verlangen. Das Landgericht hat verkannt, dass es für den Zinsbeginn nicht auf die Geltendmachung der Hauptforderung gegenüber dem Bürgen ankommt. Denn der Bürge haftet auch für den Zahlungsverzug des Hauptschuldners, wenn sich dies - wie im vorliegenden Fall - aus dem Bürgschaftsvertrag im Wege der Auslegung ergibt. Bei dem Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Verzugsschadens handelt es sich um eine Forderung gegen die Hauptschuldnerin. Da der Beklagte sich für alle Forderungen der Sparkasse gegen die Hauptschuldnerin verbürgt hat, haftet er auch für die Zinsforderungen. 2. Auch hinsichtlich der Zinshöhe ist die Forderung der Klägerin begründet. Auf die vom Landgericht verneinte Frage, ob das Verbraucherkreditgesetz im vorliegenden Fall Anwendung findet, kommt es nicht an. Nach der Rechtssprechung des BGH (vgl. BGH, ZIP 1995, 909) kann eine Bank oder Sparkasse ihren Zinsschaden auch dann abstrakt nach dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank berechnen, wenn es sich um einen gewerblichen Kreditnehmer handelt. Nur für einen weitergehenden Zinsschaden käme es auf die Darlegung des Bruttosollzinssatzes der Klägerin an, die das Landgericht vermisst hat. Der Bruttosollzinssatz als Maßstab hat aber erst seit dem 01.05.2000 an Bedeutung gewonnen, seit der Zinssatz des § 11 Abs. 1 VerbrKrG ohnehin dem gesetzlichen Verzugszinssatz nach § 288 Abs. 1 BGB n.F. entspricht.

3. Die Zinsforderung der Klägerin bleibt insoweit hinter dem tatsächlichen Zinsanspruch zurück, als sie die Zahlung vom 27.06.2001 in Höhe von 107.546,20 DM im Rahmen ihrer Zinsforderung nicht erst seit dem Zeitpunkt der Zahlung, sondern von der anfänglichen Gesamtforderung in Abzug gebracht und für erledigt erklärt hat. An diese Reduzierung der Zinsforderung ist der Senat gemäß § 536 ZPO a.F. gebunden.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Soweit die Klägerin die Klage mit Zustimmung des Beklagten in Höhe von 4.000,00 DM zurückgenommen hat, war die ursprüngliche Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO a.F.).

Ende der Entscheidung

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