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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: 2 Ww 12/05
Rechtsgebiete: GrdstVG


Vorschriften:

GrdstVG § 9
Zu den Voraussetzungen einer Versagung der Genehmigung eines Kaufvertrags über landwirtschaftliche Grundstücke gemäß § 9 GrdstVG, wenn ein leistungsfähiger Voll- oder Nebenerwerbslandwirt, dessen Betrieb dringend der Aufstockung bedarf, zum Erwerb der Flächen zu den im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen bereit und in der Lage ist und wenn andererseits fraglich ist, ob der Käufer seinerseits sich zumindest auf dem Weg dazu befindet, ein leistungsfähiger Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt zu werden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

2 Ww 12/05 OLG Naumburg

In der Landwirtschaftssache

hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Otparlik und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Strietzel sowie den Landwirt Beer und die Landwirtin Gallun als ehrenamtliche Richter nach mündlicher Verhandlung am 19. Oktober 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der am 06.07.2005 verkündete Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Stendal abgeändert.

Der Bescheid des Altmarkkreises S. vom 24.01.2005, betreffend die Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts, wird aufgehoben.

Der am 23.10.2004 von der Notarin E. L. in S. zur UR-Nr. 906/2004 LH beurkundete Kaufvertrag wird genehmigt.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der I. und II. Instanz sowie die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin werden der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH auferlegt. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der I. Instanz werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Erteilung der Genehmigung eines Kaufvertrags über landwirtschaftliche Nutzflächen gemäß § 2 GrdstVG. Mit von der Notarin E. L. in S. zur UR-Nr. 906/2004 beurkundetem Vertrag vom 23.10.2004 verkauften die Beteiligten zu 1. Bis 4. in Erbengemeinschaft der Antragstellerin die im Grundbuch des Amtsgerichts Salzwedel auf Blatt 608 eingetragenen, in der Gemarkung A. gelegenen Flurstücke 229/56, 57/1, 138/1, 235/65 und 56/3 der Flur 5 zum Kaufpreis von 64.095,60 EUR.

Am 27.10.2004 ging der von der Notarin L. im Namen der Vertragsparteien gestellte Antrag auf Genehmigung gemäß § 2 GrdstVG beim Altmarkkreis S. ein. Durch Zwischenbescheid vom 15.11.2004, den Beteiligten zu 1. bis 4. als Verkäufern, der Antragstellerin als Käuferin und der Notarin L. jeweils am 18. bzw. 19.11.2004 zugestellt, wurde mitgeteilt, dass die Prüfung des Antrags nicht fristgemäß abgeschlossen werden könne, so dass sich die Frist gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 GrdstVG auf zwei Monate verlängere.

Der Landwirt E. T. , A. , bekundete mit Schreiben vom 09.11.2004 gegenüber dem Altmarkkreis S. Interesse am Kauf der Flurstücke. Er trug vor, Vollerwerbslandwirt zu sein und eine Jungsauenaufzucht zu betreiben.

Mit 1. Zwischenbescheid vom 15.11.2004 teilte der Altmarkkreis S. dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Altmark mit, die Voraussetzungen gemäß § 12 GrdstVG lägen vor, unter denen nach dem RSG ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden könne. Das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Altmark setzte der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH unter dem Datum des 29.11.2004 eine Frist zur Prüfung des Vorkaufsrechts bis zum 10.01.2005. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 GrdstVG liege vor.

Durch weiteren Zwischenbescheid vom 30.11.2004, den Beteiligten zu 1. bis 4. als Verkäufern, der Antragstellerin als Käuferin und der Notarin L. jeweils am 01.12.2004 zugestellt, wurde mitgeteilt, dass die Prüfung des Antrags nicht fristgemäß abgeschlossen werden könne, so dass sich die Frist gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 GrdstVG auf insgesamt drei Monate verlängere.

Mit an das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Altmark gerichtetem Schreiben vom 18.01.2005 erklärte die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt, gemäß §§ 4 ff. RSG das gesetzliche Vorkaufsrecht auszuüben. Dieses informierte den Altmarkkreis S. mit Schreiben vom 20.01. 2005.

Mit an die Beteiligten zu 1. bis 5. und die Notarin L. zugestelltem Bescheid vom 24.01.2005 teilte der Altmarkkreis S. mit, die Genehmigungsbehörde habe festgestellt, dass die Voraussetzungen gemäß § 12 GrdstVG vorlägen, unter denen das Vorkaufsrecht ausgeübt werden könne. Die Genehmigung für das Rechtsgeschäft gemäß § 2 GrdstVG sei erforderlich. Ihre Erteilung würde eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 GrdstVG zur Folge haben. Bei den im Kaufvertrag veräußerten Grundstücken handele es sich um landwirtschaftlich zu nutzende Flächen mit einer Größe von insgesamt 16,7739 ha. Die Erwerberin sei keine Landwirtin im Sinne des Grundstücksverkehrsgesetzes. Sie habe sich bei der Anhörung dahingehend geäußert, dass sie auch künftig nicht beabsichtigte, einen landwirtschaftlichen Betrieb im Haupt- oder Nebenerwerb zu führen. Die Flächen sollten weiter verpachtet werden. Ein leistungsfähiger Voll- oder Nebenerwerbslandwirt, dessen Betrieb dringend der Aufstockung bedürfe, sei zum Erwerb der Flächen zu den im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen bereit und in der Lage. Der Landwirt T. sei im geringfügigen Besitz von Eigentumsflächen und bewirtschafte überwiegend Pachtflächen.

Das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung S. als Siedlungsbehörde habe mitgeteilt, dass die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH als vorkaufsberechtigte Stelle gemäß §§ 4 und 6 RSG das ihr zustehende gesetzliche Vorkaufsrecht an den vorgenannten Grundstücken ausübe. Damit gelte für das Rechtsgeschäft zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsberechtigten die Veräußerung als genehmigt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 24.01.2005 Bezug genommen.

Gegen diesen der Antragstellerin am 25.01.2005 zugestellten Bescheid richtet sich der am 28.01.2005 beim Altmarkkreis S. gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie sei Eigentümerin von rund 103 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, die sie von ihren Eltern, die nach der Kollektivierung ihrer Höfe im Jahre 1960 in den Westen geflohen seien, und von einer Cousine geerbt habe. Sie habe mehr als 300.000 EUR in die Instandsetzung der väterlichen Hofstelle investiert. Die Flächen hätten bis 1932 im Besitz ihrer Familie gestanden. Das Ziel ihres Engagements sei der Wiederaufbau eines landwirtschaftlichen Familienbetriebes, der in Zukunft ihre und ihres Ehemannes Haupteinnahmequelle sein solle. Im Jahre 2003 habe sie mit der ersten landwirtschaftlichen Tierhaltung begonnen. Sie betreibe eine Damwildzucht mit zur Zeit 47 Tieren. Sie habe eine Existenzgründung vorgenommen auf Basis eines Damwildgeheges in Größe von 1,76 ha und einer zwischenzeitlich in Eigennutzung genommenen Fläche von 7,929 ha, die bis zum 01.10.2004 verpachtet gewesen seien. Sie besitze einen Traktor, einen Grubber, eine Egge, einen Düngerstreuer und mehrere Anhänger. Sie plane, sämtliche Eigentumsflächen Schritt für Schritt in Eigenbewirtschaftung zu nehmen, sobald die bestehenden Pachtverträge, die sie teilweise habe übernehmen müssen, abgelaufen seien. Sie betreibe nicht lediglich eine Hobbylandwirtschaft. Teilweise seien die Pachtverträge nur auf sechs Jahre abgeschlossen. Ihr 58jähriger Ehemann unterziehe sich einer landwirtschaftlichen Ausbildung und nehme regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teil, für ihn solle die Landwirtschaft den Haupterwerb darstellen. Die Antragstellerin meint, die solide Wiedereinrichtung eines durch die DDR entzogenen landwirtschaftlichen Betriebes dürfe nicht schlechter gestellt sein als die Erwerbsinteressen eines Landwirts, der in O. wohne und in der Altmark lediglich einen Satellitenbetrieb führen wolle.

Der Pachtvertrag mit Herrn T. sei schwebend unwirksam, weil dieser von der Miterbin Sch. nicht unterzeichnet und genehmigt sei; inzwischen seien die streitgegenständlichen Flächen an die Antragstellerin verpachtet.

Die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts seien erfüllt. Die Antragstellerin sei keine gelernte Landwirtin, eine Eigenbewirtschaftung der landwirtschaftlichen Nutzflächen solle nicht erfolgen. Demgegenüber sei als dringend aufstockungsbedürftiger Landwirtschaftsbetrieb der Betrieb des Landwirts T. zu berücksichtigen.

Der Altmarkkreis S. hat geltend gemacht, die Antragstellerin habe zur Zeit des Genehmigungsverfahrens weder einen leistungsfähigen Landwirtschaftsbetrieb im Nebenerwerb noch einen solchen im Haupterwerb geführt, sondern eine Hobbylandwirtschaft. Sie betreibe eine kleine Damwildzucht, die aufgrund ihres Umfangs bisher nicht maßgeblich zum Familieneinkommen beigetragen habe. Konkrete, in absehbarer Zeit zu verwirklichende Vorkehrungen zur eigenen Übernahme einer mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft seien weder schlüssig dargelegt noch nachgewiesen. Das streitgegenständliche Flurstück sei bis 2014 an den jetzigen Pächter verpachtet und stehe langfristig der Erwerberin zur eigenen Bewirtschaftung nicht zur Verfügung. Der Erwerbsinteressent mit Betriebssitz in H. sei aufstockungswürdig und zum Kauf des landwirtschaftlichen Grundstücks in der Lage.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Stendal hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit am 06.07.2005 verkündetem Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Veräußerung an die Antragstellerin bedeute eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens. Die Landgesellschaft Sachsen Anhalt mbH habe das Vorkaufsrecht zu Recht ausgeübt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Stendal vom 06.06.2005 Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Die Antragstellerin trägt vor, sie habe bereits erheblich investiert. Sie bewirtschafte ca. 7,9 ha Ackerland und 1,8 ha Grünland mit ca. 47 Stück Damwild. Ihr Ehemann und sie hätten fünf Kinder; mindestens ein Kind oder Enkelkind werde den Hof einmal fortführen. Der Landwirt T. sei nicht dringend auf den Landerwerb angewiesen. Sie - die Antragstellerin - sei Landwirtin im Sinne von § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 11.05.2005 abzuändern, den Bescheid über die Miteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts vom 24.01.2005 aufzuheben und den am 23.10.2004 zur UR-Nr. 906/04 der Notarin E. L. beurkundeten Grundstückskaufvertrag der Beschwerdeführerin nach dem Grundstücksverkehrs-gesetz zu genehmigen.

Die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie betont, maßgeblich sei, ob der Grundstückskaufvertrag zur Zeit der Ausübung des Vorkaufsrechts hätte genehmigt werden können. Für das ausgeübte Vorkaufsrecht sei ohne Bedeutung, wenn später neue Umstände hinzukämen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Der von der Antragstellerin vorgesehene Betriebsstart in den Jahren 2009/10 könne nicht als zeitnah angesehen werden. Ein Betriebskonzept der Antragstellerin, das die von ihr vorgetragene Bewirtschaftung im Entscheidungszeitraum widerspiegele, sei nicht bekannt. Auch sei die Fachkunde der Antragstellerin zur Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens nicht glaubhaft vorgetragen.

Der Altmarkkreis S. verteidigt ebenfalls die angegriffene Entscheidung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen und auf den Verwaltungsvorgang des Altmarkkreises S. Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 22 LwVG zulässig, sie hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gemäß § 22 GrdstVG zulässig und begründet. Die gemäß § 2 GrdstVG erforderliche Genehmigung des Kaufvertrags durfte nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 GrdstVG versagt werden; denn die Voraussetzungen für die erfolgte Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt GmbH gemäß § 4 RSG waren zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht erfüllt.

1. Eine Genehmigung des Kaufvertrags gemäß § 2 GrdstVG ist erforderlich. Denn der Kaufvertrag hat die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks in Größe von zwei Hektar aufwärts zum Inhalt. Dem steht nicht entgegen, dass einzelne der veräußerten Flurstücke eine Größe von weniger als 2 ha aufweisen und dass Sachsen-Anhalt aufgrund der durch § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG eingeräumten Ermächtigung im Ausführungsgesetz vom 25.10.1995, GVBl. S 302, Grundstücke, die weniger groß als 2 ha sind, von der Genehmigungspflicht ausgenommen hat. § 2 GrdstVG ist so zu verstehen, dass immer dann, wenn ein Kaufvertrag zumindest ein Grundstück im rechtlichen Sinne erfasst, das so groß ist, dass seine Veräußerung der Genehmigung nach dem GrdstVG bedarf, auch die Veräußerung der anderen von dem Kaufvertrag erfassten Grundstücke im Rechtssinne, die diese Mindestgröße für sich genommen nicht erreichen, aber mit dem für sich genommen genehmigungsbedürftigen Grundstück im Rechtssinne gemeinsam ein Grundstück im wirtschaftlichen Sinne bilden, der Genehmigung nach dem GrdstVG bedarf (OLG Naumburg, OLGR 2005, 123 ff.).

2. Die Genehmigung gilt nicht bereits gemäß § 6 Abs. 2 GrdstVG als erteilt. Die in § 6 Abs. 1 S. 1 GrdstVG geregelte Frist ist gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 GrdstVG durch Zwischenbescheide, die innerhalb der vorgeschriebenen Frist zugestellt worden sind, auf insgesamt drei Monate ab Eingang des Antrags auf Genehmigung verlängert worden. Innerhalb dieser Frist ist der angegriffene Bescheid über die Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts zugestellt worden.

3. Die Genehmigung ist nicht nach § 9 GrdstVG zu versagen. a) Der Tatbestand des Versagungsgrundes der ungesunden Verteilung von Grund und Boden (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG) ist in der Regel erfüllt, wenn ein landwirtschaftliches Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, während ein leistungsfähiger Voll- oder Nebenerwerbslandwirt, dessen Betrieb dringend der Aufstockung bedarf, zum Erwerb der Flächen zu den im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen bereit und in der Lage ist (Netz, GrdstVG , 2. Auflage, S. 454; BGH AgrarR 2002, 321 m.w.N.).

Bei der stattgefundenen agrarpolitischen Aufwertung der Nebenerwerbsbetriebe durch die tatsächliche Strukturentwicklung der Landwirtschaft muss der Nebenerwerbslandwirt mit seinem Erwerbsinteresse nur dann zurücktreten, wenn der Nebenerwerbsbetrieb nicht leistungsfähig ist und der Inhaber eines leistungsfähigen Haupt- oder Nebenerwerbsbetriebes dringend auf den Landerwerb angewiesen ist (Netz, a.a.O., S. 469 m.w.N.). Eine Verschlechterung der Agrarstruktur durch die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nebenerwerbslandwirt kommt im Hinblick auf die Gleichrangigkeit von Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben nur dann in Betracht, wenn der Nebenerwerbslandwirt nicht leistungsfähig ist und der Inhaber eines leistungsfähigen Betriebs auf den Landerwerb dringend angewiesen ist. Hingegen kommt eine Gleichstellung eines Nichtlandwirts, der sich zum leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirt hin verändern will, mit leistungsfähigen Betrieben dann in Betracht, wenn konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten und Vorkehrungen zur eigenen Übernahme einer mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft gegeben sind (Netz, a.a.O., S. 454).

Ein Nichtlandwirt, der sich auf dem Weg zu einem leistungsfähigen Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt befindet, steht einem leistungsfähigen Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt gleich, wenn der Nichtlandwirt konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Vorkehrungen zur eigenen Übernahme einer mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft getroffen und ein schlüssiges, umsetzbares Betriebskonzept erstellt hat, das Rückschlüsse auf einen leistungsfähigen Nebenerwerbsbetrieb im Sinne der Rechtsprechung des BGH zulässt (Netz, a.a.O., S. 478 m.w.N.).

Eine - agrarstrukturell schutzwürdige - Verbesserung der Existenzgrundlage wird allerdings nur dann angenommen werden können, wenn der Nebenerwerbsbetrieb aufstockungswürdig ist, d.h. wenn er wenigstens durch den Zuerwerb zu einem leistungsfähigen (Nebenerwerbs-) Betrieb wird. Ein wesentliches Indiz für die Leistungsfähigkeit dürfte die Erwirtschaftung von Gewinnen sein. Im einzelnen bleibt dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum, dessen Ausfüllung an griffige Kriterien gebunden und nicht kleinlich gehandhabt werden sollte. Die Versagung der Genehmigung für den Erwerb landwirtschaftlichen Grund und Bodens wegen mangelnder Leistungsfähigkeit des Betriebes muss auch für Nebenerwerbslandwirte eine beweisbedürftige Ausnahme bleiben (BGHZ 112,86 ff.).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens ist der Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts. Auf die Wirksamkeit des Vorkaufsrechtes kommt es - ungeachtet der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 GrdstVG - schon deshalb entscheidend an, weil die Genehmigungsbehörde die Entscheidungsfrist auf drei Monate verlängert und diese verlängerte Frist auch ausgenutzt hat. Bestand die Verpflichtung der Genehmigungsbehörde zur Herbeiführung einer Erklärung gemäß § 12 GrdstVG tatsächlich nicht, weil ein Vorkaufsrecht objektiv nicht gegeben war, so galt die beantragte Genehmigung nach Ablauf von zwei Monaten als erteilt, da die Genehmigungsbehörde eine Entscheidung nach § 9 GrdstVG dem Veräußerer nicht vor Ablauf dieser zweimonatigen Frist zugestellt hat (OLG Naumburg, NL-BzAR 2003, 208 ff. m.w.N.).

b) Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Versagung der Genehmigung nicht gerechtfertigt.

aa) Für die Antragstellerin bestand ausweislich eines Bescheides der Landwirtschaftlichen Alterskasse Mittel- und Ostdeutschland vom 06.09.2005 seit dem 01.10.2004 Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse gemäß § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte; insofern war sie bereits damals Landwirtin.

bb) Ihren Angaben vom 22.11.2004 bei der Anhörung im Verwaltungsverfahren zufolge wollte sie zwar die gekauften Flächen weiterverpachten, und zwar an den Landwirt T. . Eine landwirtschaftliche Qualifikation der Antragstellerin war zudem nicht ersichtlich; sie hat keine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert, sondern arbeitet bei V. in W. . Dies steht aber der Genehmigung des Kaufvertrages im Ergebnis nicht entgegen. Es lässt sich nicht feststellen, dass die grundrechtlich geschützten Interessen der Beteiligten zu 1. bis 5. an der Durchführung des von ihnen geschlossenen Kaufvertrages gegenüber überwiegenden Gemeinwohlinteressen zurücktreten müssen.

Die Antragstellerin hat konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Vorkehrungen zur eigenen Übernahme einer mindestens leistungsfähigen Nebenerwerbslandwirtschaft getroffen und ein schlüssiges, umsetzbares Betriebskonzept vorgelegt, das Rückschlüsse auf die Entstehung eines solchen leistungsfähigen Nebenerwerbsbetriebs zulässt. Das Betriebskonzept ist noch vor der Ausübung des Vorkaufsrechts durch Zustellung (25.01.2005) des angegriffenen Bescheides, nämlich am 24.01.2005, bei der Genehmigungsbehörde eingegangen; dieses Betriebskonzept ist ein wesentliches Element der Sachlage, die bei der Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts zu berücksichtigen war. Insbesondere aufgrund der Sachkunde seiner ehrenamtlichen Richter ist der Senat zu der Einschätzung gelangt, dass das Betriebskonzept einer Damwildzucht für den Zeitraum ab dem Jahre 2008 eine in sich schlüssige Planung darstellt. Der Betriebsentwicklungsplan sieht einen Cash-Flow und somit die Erzielung eines Gewinns ab 2009/10 vor. Dieser Zeitrahmen ist noch als absehbar anzusehen, wenn berücksichtigt wird, dass ein Betrieb bis zur Erwirtschaftung von Gewinn eine Anlaufphase benötigt und von der Antragstellerin hier bereits konkrete Maßnahmen zur Verwirklichung des Konzepts ergriffen worden sind. Dementsprechend ist in der Stellungnahme des Dipl. agr. Ing. D. W. zum vorläufigen Betriebsentwicklungsplan angegeben, dass die von ihm vorgelegte Betriebskalkulation den Landwirtschaftsbetrieb nach erfolgtem Bestandsaufbau vorstellt.

cc) Die Ernsthaftigkeit des Willens, einen Betrieb einzurichten, wurde bereits zur Zeit des Erlasses des angegriffenen Bescheides dadurch bekräftigt, dass die Antragstellerin erhebliche Investitionen in die Hofstelle, ausweislich zur Akte gereichter Lichtbilder nicht nur in die Wohnung, getätigt hat und dass sie dort wohnt.

dd) Nicht bestritten worden ist auch das Vorbringen der Antragstellerin, dass der Pachtvertrag mit T. über die verfahrensgegenständlichen Flächen von der Miterbin Sch. nicht unterschrieben und deshalb unwirksam ist und dass die Flächen inzwischen an die Antragstellerin verpachtet sind.

ee) Auf dem Weg zur Realisierung der landwirtschaftlichen Tätigkeit ist die Antragstellerin in der Folgezeit vorangeschritten. Sie hat weitere Flächen in einer Größe von 7,9 ha in Nutzung genommen und zusätzliche Tiere erworben. Ihr Ehemann hat sich, veranlasst insbesondere durch seine im September 2004 eingetretene Arbeitslosigkeit, durch Fortbildungsmaßnahmen darauf eingestellt, sich mit der Bewirtschaftung der Flächen zu befassen. Auch dies bestätigt die Einschätzung, dass sich die Antragstellerin auf dem Weg zur Errichtung eines leistungsfähigen Nebenerwerbsbetriebes befindet und auch bereits zur Zeit der Ausübung des Vorkaufsrechts befand.

Angesichts dieses Befundes kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin weniger schutzwürdig ist als der Interessent T. , auch wenn dessen Aufstockungsbedürftigkeit als solche keinen Zweifeln begegnet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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