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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 18.09.2001
Aktenzeichen: 3 UF 108/01
Rechtsgebiete: RpflegerG, ZPO, BGB, KostO


Vorschriften:

RpflegerG § 11 Abs. 1
ZPO § 621 e
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 112
BGB § 705 ff.
BGB § 1643
BGB §§ 1821 ff.
BGB § 1822 Nr. 8
BGB § 1822 Nr. 3
BGB § 1643 Abs. 1
BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 5
BGB § 1822 Nr. 3 2. Alternative
KostO § 95 Abs. 1 Nr. 1
KostO § 95 Abs. 2
Ein notarieller Abtretungsvertrag ebenso wie eine Darlehensaufnahme sind genehmigungsbedürftig.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 UF 108/01 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache

wegen familiengerichtlicher Genehmigung

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist, den Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und den Richter am Amtsgericht Thole am

18. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller zu 1. und 2. gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Familiengerichts - Bitterfeld vom 10.07.2001 (Az.: 4 F 14/01) wird auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von 1.161.666,66 DM zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 14.12.2000 wurde eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, an welcher der Sohn der sorgeberechtigten Antragsteller, D. M. , geb. am 18.03.2000, mit einem Gesellschaftsanteil von 1/3 neben den minderjährigen T. P. , geb. am 15.09.1996, dem B. P. , geb. am 31.10.1990 mit einem jeweiligen Gesellschaftsanteil von 1/6, sowie dem volljährigen T. K. mit einem Gesellschaftsanteil von 1/3 beteiligt sind. Zweck der Errichtung der Gesellschaft war und ist nach § 3 des Vertrages im Wesentlichen der Erwerb eines Mehrfamilienhausgrundstücks, T. 5 - 7 in R. , sowie die langjährige einheitliche werterhaltende und gewinnorientierte Vermietung des Objektes. Auf den Gesellschaftsvertrag vom 14.12.2000 (Bl. 3 ff. d.A.) wird verwiesen.

Der Erwerb des Grundstückes sollte im Rahmen einer Zwangsversteigerung erfolgen. Da eine "verdeckte Versteigerung" des begehrten Objektes im Versteigerungstermin des Amtsgerichts Bitterfeld am 15.12.2000 scheiterte, erhielt zunächst der eingesetzte Strohmann T. Pk. den Zuschlag im Ersteigerungstermin.

Mit notariellem Vertrag vom 09.02.2001 vor der Notarin D. aus B. (Urkundenrollen-Nr. 131/2001) trat sodann T. Pk. sämtliche Rechte und Verpflichtungen aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Bitterfeld vom 15.12.2000 (Az.: 9 K 37/00) an die Gesellschaft ab. Auf den Zuschlagsbeschluss, wonach T. Pk. das oben bezeichnete mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück zu einem Preis von 1,7 Mio. DM den Zuschlag erhielt (Bl. 43 ff. d.A.) und den Abtretungsvertrag (Bl. 35 ff. d.A.) wird ebenfalls verwiesen.

Darüber hinaus beabsichtigen die Antragsteller, für D. mit der Kreissparkasse B. einen Darlehensvertrag über 595.000,00 DM abzuschließen, welche die anteiligen Erwerbs- und Nebenkosten abdecken sollen und wofür sich die Antragsteller unter Abtretung eines anzusparenden Investmentplanes verbürgen wollen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf den Inhalt des beabsichtigten Darlehensvertrages mit dem Datum: 08.02.2001 (Bl. 24 ff. d.A.) verwiesen.

Unter Vorlage einer Ertrag- und Vermögensaufstellung haben u. a. die Beschwerdeführer die familiengerichtliche Genehmigung für den notariellen Abtretungsvertrag vom 09.02.2001, die beabsichtigte Darlehensaufnahme sowie für die unter dem 19.02.2001 vor der Notarin D. aus B. (Urkundenrollen-Nr. 162/2001) auf den ideellen Anteil D. am Grundstücks errichtete Grundschuldbestellungsurkunde über 595.000,00 DM (vgl. Bl. 54 ff. d. A.) beantragt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.07.2001 die familiengerichtliche Genehmigung zum Erwerb des Grundbesitzes gemäß notariellem Vertrag vom 19.02.2001 und die familiengerichtliche Genehmigung zur Kreditaufnahme versagt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller, mit der sie die familiengerichtliche Genehmigung weiterhin begehren.

Sie tragen insbesondere vor, dass das wirtschaftliche Risiko nicht richtig gewichtet worden sei, da insbesondere das Grundstück einen tatsächlichen Wert von 2,4 Mio. DM habe. Ferner vertreten sie die Auffassung, dass auf Grund des zuvor geschlossenen Gesellschaftsvertrages zur Errichtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an dem D. zu 1/3 beteiligt ist, eine Genehmigung zum Abtretungsvertrag und die Aufnahme des Darlehens nicht erforderlich sei.

II.

Gegen die Entscheidung der Rechtspflegerin des Familiengerichts ist gemäß § 11 Abs. 1 RpflegerG i.Vm. §§ 621 a Abs. 1 Satz 1, 621 e ZPO, die befristete Beschwerde gegeben.

Die zulässige Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg, da das Familiengericht zutreffend die beantragten Genehmigungen der Beschwerdeführer gemäß §§ 1643, 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB in Bezug auf den Abtretungsvertrag und nach §§ 1643, 1822 Nr. 8 BGB hinsichtlich des noch abzuschließenden Darlehensvertrages zutreffend versagt hat.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sind sowohl der notarielle Abtretungsvertrag als auch die beabsichtigte Darlehensaufnahme gemäß § 1643 Abs. 1 in Verb. mit §§ 1821 Abs. 1 Nr. 5, 1822 Nr. 8 BGB genehmigungsbedürftig.

Die Genehmigungsbedürftigkeit entfällt auch nicht dadurch, dass die Beschwerdeführer für D. unter dem 14.12.2000 einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 705 ff. BGB geschlossenen haben. Es ist zwar inzwischen allgemein anerkannt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eigene Rechte und Pflichten begründen kann. Jedoch sind diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Denn die Beschwerdeführer haben den Gesellschaftsvertrag für den damals neun Monate alten Sohn D. geschlossen, ohne die erforderliche familiengerichtliche Genehmigung nach § 1822 Nr. 3, 2. Alternative BGB beantragt bzw. erhalten zu haben. Die Genehmigungsbedürftigkeit nach vorgenannter Vorschrift ist hierbei zu bejahen, da die Gesellschaft auf lange Dauer errichtet wurde, um gewerblich nutzbare Immobilien von erheblichem Wert zu erwerben und sodann wertbeständig und ertragziehend zu vermieten (vgl. BayObLGZ 1995, 230 ff.). Da eine Genehmigung für dieses Geschäft, an dem D. einen Anteil zu 1/3 halten soll, nicht familiengerichtlich genehmigt wurde und ein solcher Antrag auch bislang nicht gestellt war, ist zunächst die Beteiligung von D. an der Investorengemeinschaft K. & Partner GbR schwebend unwirksam, sodass bereits abgeschlossene Rechtsgeschäfte der Gesellschaft, wozu auch der Abtretungsvertrag gehört, zwar für die Gesellschaft wirksam sind, aber eine Mithaftung von D. ausgeschlossen ist (vgl. Diederichsen, in Palandt, BGB, 60. Aufl., § 1822 Rz. 11).

Daneben merkt der Senat an, dass selbst bei Stellung eines Antrages auf Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB diese bislang nicht erteilt werden könnte, da für die Frage der Beteiligung an der Gesellschaft das Interesse des Kindes maßgeblich ist, während die Belange Dritter ohne Bedeutung sind. Hierbei wäre vom Standpunkt eines verständigen, die Tragweite des Geschäfts überblickenden Volljährigen auszugehen, wobei Erwägungen zur Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit des jeweiligen Rechtsgeschäfts anzustellen sind. Beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrages sind außer der vertraglichen Stellung des Kindes in der Gesellschaft und neben vermögensrechtlichen Gesichtspunkten auch die Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Vermögensverhältnisse sowie ihrer charakterlichen und fachlichen Eignung zu beurteilen, weil deren Verantwortung auch für die Vermögenslage des Kindes im Rahmen der Gesellschaft vorwiegend bei dem geschäftsführenden Gesellschaftern liegt (BayObLG, FamRZ 1990, 208 ff.). Bei der dementsprechend anzustellenden Prüfung ist zunächst ersichtlich, dass D. neben dem volljährigen Mitgesellschafter T. K. und den beiden weiteren minderjährige Mitgesellschaftern gesamtgeschäftsführungs- und -vertretungsbefugt sind, wobei hiervon Geschäfte mit einem Wert von weniger als 1.000,00 DM ausgenommen sind (§ 6 des Gesellschaftsvertrages vom 14.12.2000). Zwar sieht der Gesellschaftsvertrag weiter vor, dass das Hausgrundstück mit seinen drei Hausaufgängen so geteilt werden soll, dass der volljährige Gesellschafter, die beiden weiteren minderjährigen Mitgesellschafter und D. jeweils einen Treppenaufgang mit den dazugehörigen Wohnungen zugeteilt bekommen, jedoch die Gesamtgeschäftsführung über wesentliche und auch unwesentliche Vorgänge - mit Ausnahme derer unter 1.000,00 DM - allen Gesellschaftern gemeinsam obliegt. Dies bedeutet insbesondere für D. , dass bei jeder geschäftsführenden Tätigkeit die Genehmigungserfordernisse der §§ 1821 ff. BGB i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB geprüft werden müssen. Daneben scheidet schon eine aktive Beteiligung von D. an der Gesellschaft aus. Denn auf Grund seines Alters von derzeit einem Jahr und der fehlenden beschränkten Geschäftsfähigkeit bedarf es selbst für einfache rechtsgeschäftliche Handlungen der Zustimmung seiner Eltern bzw. der familiengerichtlichen Genehmigung, da ihm die Vorschrift des § 112 BGB nicht zu Gute kommt. Damit wäre D. praktisch von der Geschäftsführung ausgeschlossen - die Geschäftsvorgänge unter 1.000,00 DM würden weitestgehend allein vom volljährigen Mitgesellschafter allein vorgenommen - bzw. es wären rechtsgeschäftliche Handlungen durch Zustimmungs- bzw. Genehmigungserfordernisse seiner Eltern bzw. des Gerichts gehemmt.

Zudem lassen sich die Risiken aus dem Gesellschaftsvertrag nicht annähernd abschätzen. Denn nach § 7 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages vom 14.12.2000 ist D. bei Verlusten zum anteilsmäßigen Nachschuss verpflichtet, was bei Mietobjekten insbesondere bei schlechter wirtschaftlicher Lage bzw. Vermietbarkeit von Wohnungen bzw. Auftreten von Reparaturen nicht ausgeschlossen ist, da im Rahmen der Gesamtschau lediglich bei Gesamtvermietung der Wohnungen unter Berücksichtigung nur der Aufwendungen für das beabsichtigte zum Erwerb dienende Darlehn lediglich jährlich zunächst ein Überschuss von 7.000,- DM verbleibt. Es ist weiterhin nicht ersichtlich, inwieweit möglicherweise die anderen Gesellschafter bei Eintritt eines auszugleichenden Verlustes zur anteilsmäßigen Begleichung der Schulden in der Lage wären, für die. auch D. ggf. persönlich mit seinem eigenen Vermögen einstehen müsste.

Beim Abschluss des Vertrages überwiegen daher die möglichen Belastungen gegenüber den Vorteilen aus der angestrebten Vermögensmehrung und den erhofften Erträgen des zu erstehenden Mietobjekts.

Da wie vorangestellt eine Genehmigung des Gesellschaftsvertrags ausscheidet, führt dies dazu, dass der am 09.02.2001 geschlossene notarielle Abtretungsvertrag zunächst ohne wirksame Beteiligung von D. abgeschlossen wurde und daher für ihn keine Rechten und Pflichten entfaltet.

Aber auch die gesondert erforderliche familiengerichtliche Genehmigung gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB scheidet für den Abtretungsvertrag, der als entgeltlicher Erwerbsvertrag aus zu legen ist, wie vom Amtsgericht erkannt, aus.

Selbst, wenn man den Abtretungsvertrag als Einzelvertrag zum Erwerb eines 1/3-Anteils am Mietshausgrundstück ansieht, ist die Genehmigung zutreffend versagt worden. Der Prüfungsmaßstab ist auch hier ohne ausdrückliche Normierung im Gesetz, dem Zweck der familiengerichtlichen Genehmigung -nämlich ihrer Schutzfunktion- folgend, eingeschränkt. Es sind ausschließlich das Wohl und die Interessen des Kindes zu berücksichtigen und nicht wie oben ausgeführt, die Belange der Eltern oder Dritter. Die Prüfung hindert zwar nicht, auch die Interessen der Familie in Betracht zu ziehen, wenn die Interessen des Kindes gewahrt bleiben. Es ist daher allgemein anerkannt, dass die Entscheidung, ob die erforderliche Genehmigung erteilt oder verweigert wird, nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen ist (vgl. BGH NJW 1986, 2829 ff., BGH WM 1995, 64 ff.). Es ist aus dem Gesamtzusammenhang auch zu beachten, dass das Rechtsgeschäft nicht in seine Bestandteile zerlegt und die Genehmigung nicht versagt werden darf, wenn nur einzelne Punkte dem Minderjährigen nachteilig sind (vgl. OLG Hamm, OLGZ 1987, 162 ff.). Nach alledem und unter Gesamtschau der langjährig beabsichtigten gesellschaftsbezogenen Erwerbstätigkeit, ist auch der Miterwerb des Hausgrundstückes durch den notarielle Abtretungsvertrag nicht zu genehmigen. Zwar mag der Wert des Grundstückes mit 2,4 Mio. DM über dem des Erwerbspreises mit 1,7 Mio. DM liegen, von dem D. einen Anteil zu 1/3 halten würde. Allein auf Grund der bereits dargestellten Möglichkeit der negativen Geschäftsentwicklung ist der Erwerb unter Berücksichtigung der geplanten Darlehensaufnahme nicht geeignet, das Vermögen von D. zu erhalten bzw. den Eintritt von Verlusten und Schulden zu vermeiden. Auch wenn das gesamte Mehrfamilienhaus mit Ausnahme einer Wohnung vollständig vermietet ist und der Wert des Grundstückes derzeit über den Erwerbspreis liegt, ist nicht ausgeschlossen, dass auf Grund von Änderungen im Immobilienmarkt die Werthaltigkeit auch auf Grund durch Abnutzung und Reparaturbedarf des Objektes minimiert wird und durch Auszug oder mangelnden Bedarf an Wohnungen mit einer einheitlichen Größe von etwa 58 qm ein Bedarf nicht mehr besteht, sodass die Mieteinnahmen die notwendigen Aufwendungen nicht mehr decken.

Aus dem gleichen Grund kann auch die beabsichtigte Darlehensaufnahme nach § 1822 Nr. 8 BGB nicht genehmigt werden, obwohl sich die Beschwerdeführer für die Darlehensverpflichtung verbürgen würden und anderweitige Sicherheit leisten würden.

Da das Familiengericht sämtliche Umstände in knapper, jedoch übersichtlicher Form zutreffend gewürdigt hat und zudem von einer Entscheidung über die Genehmigung der Grundschuldbestellung zutreffend mangels Genehmigungsbedürftigkeit abgesehen hat (vgl. BGH NJW 1998, 453), war die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Für eine mündliche Verhandlung hat der Senat kein Bedürfnis erkennen können, da die Sach- und Rechtslage eindeutig ist.

Die Entscheidung über den Beschwerdewert richtet sich nach den § 95 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 KostO, wobei der Senat den Wert des Anteils am Grundstück mit 1/3 von 1,7 Mio. DM somit 566.666,66 DM und den der beabsichtigten Darlehensaufnahme mit 595.000,00 DM in Ansatz gebracht hat.



Ende der Entscheidung

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