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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: 3 UF 170/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1603
Bei der Schulausbildung mit Realschulabschluss handelt es sich um eine im Sinne des § 1603 BGB geforderte allgemeine Schulausbildung. Hierzu gehört auch die Erwachsenenschule B. in der Tages- und Abendform.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 UF 170/05 OLG Naumburg

verkündet am: 09.05.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat - 1. Familiensenat - des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Thole

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Stendal vom 13.10.2005 (Az.: 5 F 350/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin in der Zeit vom 03.12.2004 bis zum 30.06.2005 monatlichen Kindesunterhalt von 125,00 Euro und vom 01.07.2005 bis einschließlich Juli 2006 monatlichen Kindesunterhalt von 132,00 Euro unter Anrechnung der vom Beklagten im Zeitraum von Dezember 2004 bis einschließlich Oktober 2005 geleisteter monatlicher Unterhaltszahlungen von 154,92 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 5.944,80 Euro.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um den Kindesunterhalt der volljährigen Klägerin. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat mit angefochtenem Urteil vom 13.10.2005 die Klage in erster Linie mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe wegen der zögerlichen und nicht strebsamen Ausbildung während ihrer Minderjährigkeit keinen Anspruch auf Unterhalt für die Dauer ihrer Ausbildung mit dem Ziel des Erwerbs des Realschulabschlusses, wobei es die Frage offen gelassen hat, ob es sich bei der Ausbildung um eine allgemeine Schulausbildung handelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil auf Bl. 43 bis 47 d. A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Sie wendet sich gegen die gänzliche Versagung des Kindesunterhaltes und trägt ergänzend zu den Einkommensverhältnissen ihrer Mutter, bei der sie sich noch aufhält, vor. Nach teilweiser Rücknahme der Berufung beantragt die Klägerin, in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts - Familiengerichts - Stendal vom 13.10.2005 den Beklagten zu verurteilen, an sie für den Zeitraum vom 03.12.2004 bis 30.06.2005 monatlichen Kindesunterhalt von 125,00 Euro und vom 01.07.2005 bis einschließlich Juli 2006 von monatlich 132,00 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

II.

Die zulässige auf einen geringeren, als erstinstanzlich geforderten Unterhaltsbetrag beschränkte Berufung ist nach teilweiser Berufungsrücknahme begründet.

Der volljährigen Klägerin steht gemäß §§ 1601, 1603 Abs. 2 BGB bis zur Beendigung der Ausbildung mit erstrebtem Realschulabschluss bei der Erwachsenenschule Bremen Unterhalt im austenorierten Umfang zu.

Denn bei der Ausbildung handelt es sich zunächst um eine allgemeine Schulausbildung, weshalb die volljährige Klägerin noch im gleichen Rang neben den sonstigen Unterhaltsberechtigten dem Beklagten gegenübersteht.

Bei der Schulausbildung mit Realschulabschluss handelt es sich zunächst in Anlehnung an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. Mai 2001 (vgl. BGH NJW 2001, 2633 bis 2635 = BGH FamRZ 2001, 1068 bis 1070) um eine im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB geforderte allgemeine Schulausbildung des Kindes, worauf das Amtsgericht bereits in seiner Entscheidung zutreffend ohne nähere Begründung hingewiesen hat. Denn die Realschulausbildung, welche bei der Erwachsenenschule Bremen in der Tages- und Abendform stattfindet, ist eine vollzeitbeschäftigte Ausbildung. Dabei ist die Tagesform derart geregelt, dass die Ausbildung Montag bis Freitag von 8:10 Uhr bis 14:00 Uhr stattfindet mit einer regelmäßigen anzuesetztenden Vor- und Nachbereitungszeit von weiteren 20 Stunden. Eine vollschichtige Inanspruchnahme der Klägerin ist daher gegeben. Diese Ausbildung dauert zudem nur 1 1/2 Jahre und ist als angemessen zu beurteilen. Selbst die in einer Abendform angebotene Ausbildung erfüllt die Voraussetzungen einer vollschichtigen Ausbildung. So wird die Ausbildung von Montag bis Donnerstag von 17:45 Uhr bis 21:45 Uhr und am Freitag von 17:00 Uhr bis 21:00 Uhr, also mithin über 20 Wochenstunden, angeboten, die mit einer Vor- und Nachbereitungszeit ebenfalls die vollschichtige Erwerbstätigkeit erfüllt. Letztere Ausbildung dauert jedoch zwei Jahre und ist damit ein halbes Jahr länger als die von der Klägerin gewählte Form.

Voraussetzung ist für die von der Klägerin eingeschlagene Ausbildung ein Hauptschulabschluss, den sie bereits abgelegt hat. Dabei ist ferner unbeachtlich, dass dieser Abschluss vorliegt, denn es geht regelmäßig, wie die Vorschrift des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB zeigt, um die Absolvierung der allgemeinen Schulausbildung, wenn auch eines weiterführenden allgemeinen Schulausbildungsabschlusses, der hier in Form des Realschulabschlusses erreicht werden soll (vgl. BGH a.a.O.).

Dass dabei die Klägerin erst nach Eintritt der Volljährigkeit den Realschulabschluss erstrebt bzw. ihrer weiteren Schulausbildung nachgeht, ist dabei unbeachtlich. Soweit der Beklagte darauf verweist, dass die Klägerin nicht mit dem entsprechenden Nachdruck während der Minderjährigkeit einen derartigen Abschluss durch Ausfallzeiten oder Lernschwäche erreicht hat, ist dies der Klägerin nicht anzulasten. Zum einen sind Zu- und Abträglichkeiten während der Minderjährigkeit nicht ausbildungsschädlich zu handhaben. Darüber hinaus verkennt der Beklagte, dass er sich während des gesamten Lebensweges mit Ausnahme der Unterhaltszahlungen nicht ansatzweise um die Entwicklung und damit auch die Schulausbildung seines Kindes, der Klägerin, bemüht hat. Dies wäre durchaus im Rahmen von Umgangskontakten und der dort möglichen Einflussnahme auf die schulische Ausbildung möglich gewesen. Daneben ist die angedeutete Lernschwäche, die die Mutter der Klägerin zur Aufgabe ihrer beruflichen Tätigkeit genötigt hatte, weitestgehend überwunden, sodass gesagt werden kann, dass bei der Klägerin der "Knoten" in Bezug auf ihren schulischen und beruflichen Werdegang wenn auch etwas später, aber noch rechtzeitig, "gerissen" ist.

Da die Ausbildung in Fortsetzung der zwischenzeitlichen Tätigkeit im Februar 2005 begonnen wurde und mit einem Abschluss im Juli 2006 gerechnet wird, war bis zum Ende dieser Ausbildung die Unterhaltsverpflichtung zu bestätigen.

Zur Höhe des Unterhalts verweist der Senat zur Meidung von Wiederholungen auf seinen Beschluss vom 25. Januar 2006 (Bl. 90 ff. d. A.), der insoweit von dem Beklagten zudem ausdrücklich unbeanstandet bleibt, wobei im Zeitraum von Dezember 2004 bis einschließlich Oktober 2005 geleistete monatliche Unterhaltszahlungen von 154,92 Euro anzurechnen sind.

III.

Die Kostenentscheidung sowie die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richten sich nach den §§ 91, 516 Abs. 3, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert richtet sich nach den §§ 47 Abs. 1, 42 GKG.

Ende der Entscheidung

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