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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 16.05.2001
Aktenzeichen: 3 UF 58/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, KostO, FGG


Vorschriften:

BGB § 621e
BGB § 1618 Satz 4
ZPO § 236
ZPO § 571
ZPO § 621e
KostO § 131
KostO § 30
FGG § 12
FGG § 13 a
Eine Einbenennung ist nur zulässig, wenn dies zum Wohl des Kindes "erforderlich" ist; der Gesetzgeber hat mit dem KindRG diesen Maßstab bewusst gesetzt.

Eine schriftliche Anhörung aller Beteiligten ist grundsätzlich nicht ausreichend, denn nur eine gemeinsame Erörterung unter Beteiligung des Jugendamtes ist geeignet, die Interessen aller Beteiligten und deren persönlichen Gesichtspunkte herauszufinden und möglicherweise eine einvernehmlich Lösung zu erreichen (im Anschluss an den 8. Senat in OLG-R 2001, 14-15 ).


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 UF 58/01 OLG Naumburg 18 F 72/00 AG Bernburg

In der Familiensache

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist, den Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und den Richter am Amtsgericht Thole am 16.05.2001 beschlossen:

Tenor:

1. Dem Antragsgegner wird von Amts wegen Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist bewilligt.

2. Auf die Beschwerde des Kindesvaters (Antragsgegners) wird der Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Bernburg vom 13.03.2001 (Az.: 18 F 72/00) sowie der in der Sache ergangene Nichtabhilfebeschluss vom 03.05.2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur nochmaligen Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt 5.000 DM.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist die gesetzliche Vertreterin des aus der geschiedenen Ehe mit dem Antragsgegner stammenden Kindes N. C. .

Die wieder verheiratete Antragstellerin begehrt die Namensänderung des Kindes und hat beantragt, die Einwilligung des Antragsgegners in die Einbenennung zu ersetzen.

Zur Antragsbegründung hat sie im Wesentlichen dargelegt, durch ihre erneute Eheschließung sei eine neue Familie entstanden. Um dies nach Außen hin zu demonstrieren und Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, sei die Namensänderung wichtig. Das Kind würde die Namensänderung wünschen. Der ebenfalls nicht Unterhalt zahlende Vater weigere sich seine Zustimmung zu erteilen, so dass eine gerichtliche Entscheidung begehrt werde.

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags begehrt.

Er hat ausgeführt, mit der Namensänderung ginge die letzte Bindung zu den Kindern verloren. Seit Jahren gebe es wegen der Beeinflussung der Mutter keinen Umgang mit dem Sohn.

Die Namensänderung liege nicht im Interesse der Kinder sondern habe finanzielle Gründe. Mit einer Adoption durch den neuen Ehemann könnte zudem N. den neuen Familiennamen tragen..

Das Familiengericht - Rechtspfleger - hat nach schriftlicher Anhörung der Eltern und des Jugendamts die Einwilligung des Antragsgegners in die Namensänderung mit am 17.03.2001 zugestellten Beschluss nach § 1618 Satz 4 BGB ersetzt und der vom Antragsgegner beim Amtsgericht am 28.03.2001 eingelegten Beschwerde mit Beschluss vom 03.05.2001 nicht abgeholfen, worin ausgeführt wurde, dass der Antragsgegner keine Gründe schlüssig vorgebracht habe, weshalb die Einbenennung nicht dem Wohl von N. entspreche. Die Akten wurden dem Oberlandesgericht erst am 15.05.2001 übersandt.

Mit seinem Rechtsmittel vertieft der Antragsgegners sein bisheriges Vorbringen und begehrt, "den angefochtenen Beschluss aufzuheben".

Die Antragstellerin verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung und beantragt den amtsgerichtlichen Beschluss "aufrecht zu erhalten".

II.

1. Dem Antragsgegner war zunächst von Amts wegen - dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 02.05.2001 ist als konkludenter Wiedereinsetzungsantrag auszulegen - zunächst nach § 236 ZPO Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist gemäß § 621e BGB zu bewilligen. Das Amtsgericht ist seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht nicht nachgekommen (vgl. BGH VersR 1976, 732). Denn es hätte die hier gegebene befristete Beschwerde (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.1999 - XII ZB 139/99), welche irrig als Beschwerde an das Amtsgericht gerichtet wurde, noch rechtzeitig an dem Oberlandesgericht übersenden können oder aber bei der amtsgerichtlichen Annahme des Vorliegens einer sofortigen Beschwerde, diese jedenfalls dem Oberlandesgericht - ohne eigene Entscheidung nach § 571 ZPO - zuleiten müssen, die bei regelmäßiger Postlaufzeit auch noch rechtzeitig innerhalb der Beschwerdefrist eingegangen wäre (vgl. zum Problemkreis Philippi in Zöller, ZPO, 22 Aufl., § 621e Rz 17 m.w. Rechtsprechungsnachweisen und §§ 621e Abs. 3 Satz 2, 577 Abs. 3 ZPO).

2. Die danach zulässige befristete Beschwerde nach § 621e ZPO ist dahin begründet, dass der amtsgerichtliche Beschluss vom 13.03.2001 und der Nichtabhilfebeschluss vom 03.05.2001 auf zu heben sind und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.

Die angefochtene Entscheidung beruht auf einem erheblichen Verfahrensmangel.

Nach § 12 FGG hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen . Denn, ob die Namensänderung zum Wohle des Kindes erforderlich ist - diesen strengeren Maßstab hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Kindschaftsrechts bewusst gewählt und so die Eingriffsschwelle gegenüber dem bisherigen Recht, das nur ein dem Wohle des Kindes dienlich sein ausreichen ließ, hoch gesteckt (vgl. OLG Naumburg Senatsbeschluss vom 02.12.1999; OLG Naumburg 8. Zivilsenat -2. Familiensenat- Beschluss vom 11.07.2000), kann nur auf der Grundlage eines umfassend aufgeklärten Sachverhalts entschieden werden.

Zwar hat die Rechtspflegerin die Parteien und das Jugendamt schriftlich angehört. Dies allein reicht jedoch für eine Entscheidung nicht aus. Die Beteiligten hätten zu einem gemeinsamen Gespräch (Erörterung) unter Beteiligung des Jugendamtes (vgl. § 52 FGG) geladen werden müssen, um die Interessen aller Beteiligten und deren persönlichen Gesichtspunkte herauszufinden und möglicherweise eine einvernehmliche Lösung zu erreichen (vgl. OLG Naumburg 8. Zivilsenat -2. Familiensenat- a.a.O.). Zudem hätte das Amtsgericht den Sohn der Parteien persönlich anhören müssen.

Das ist nachzuholen, wobei der Senat bereits jetzt darauf hinweist, dass das gegenwärtige Vorbringen der Parteien, insbesondere dasjenige der Antragstellerin, für eine Einbenennung in keinster Weise ausreicht.

Denn eine Namensänderung nach § 1618 Satz 4 BGB stellt einen so schwer wiegenden Eingriff dar, dass aus diesem Grunde der Gesetzgeber die Anforderungen an die Ersetzung der Zustimmung erheblich verschärft hat. Die Ersetzung darf also nur dann erfolgen, wenn dies aus den Gründen des Kindeswohls unabdingbar nötig ist. Dabei müssen die für die Ersetzung sprechenden Gründe in ihrer Gesamtbewertung so schwer wiegend sein, dass sich ihnen ein verständiger, um das Kindeswohl besorgter Elternteil, schwer entziehen kann (OLG Naumburg OLGR 2000, 128). Mögliche Verunglimpfungen des Namens von N. , der Wunsch nach einem einheitlichem Familiennamen nach der Wiederheirat der Antragstellerin sowie ausbleibende Unterhaltszahlungen des Antragsgegners rechtfertigen jedenfalls gegenwärtig keine Einbenennung.

Die Kostenentscheidung und die Wertfestsetzung beruhen auf §§ 131,30 KostO, 13 a FGG.

Ende der Entscheidung

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