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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 06.11.2001
Aktenzeichen: 3 WF 116/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1612 b
BGB § 1612 c
ZPO § 655
ZPO § 656
ZPO §§ 645 ff
ZPO § 655 Abs. 1
ZPO § 655 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 4
Im vereinfachten Verfahren nach § 655 ZPO in Verbindung mit Art. 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Abänderung des Kindesunterhaltsrechts können nur solche vollstreckbaren Unterhaltstitel geändert werden, in denen der Betrag der nach §§ 1612b, 1612c BGB genau festgelegt ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 WF 116/01 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

Tenor:

werden die Beschwerden der Parteien gegen den Beschluss des Amtsgerichts Burg, Außenstelle Genthin, vom 6.8.2001 zurückgewiesen.

Eine Gebühr wird nicht erhoben; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 9.1.2001 "Abänderungsklage nach § 655 ZPO im vereinfachten Verfahren.." erhoben und um Gewährung von Prozesskostenhilfe nachgesucht.

Er hat beantragt, die Ziffer 2 des am 26.11.1998 vor dem Amtsgericht im Verfahren 51 F 91/98 geschlossenen Vergleichs dahin zu ändern, dass der Beklagte ab Januar 2001 verpflichtet ist, ihm einen monatlichen Unterhalt von 320 DM zu zahlen.

Zur Begründung hat er auf das Unterhaltstitelanpassungsgesetz und darauf verwiesen, dass eine Anrechnung von Kindergeld zu unterbleiben habe, wenn der Unterhalt 135 % des Regelbetrages nicht übersteige.

Nach Antragszustellung hat der Antragsgegner beantragt, dass streitige Verfahren durchzuführen, den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen und im Wege der Widerklage den Vergleich vom 26.11.1998 dahin abzuändern, dass er nur noch 100 DM monatlichen Unterhalt ab Januar 2001 schulde. Er begehrte zugleich Prozesskostenhilfe.

Daraufhin hat die bearbeitende Rechtspflegerin die Abgabe der Sache und die Vorlage an den Richter verfügt, der die Anlegung einer Familiensache angeordnet hat.

In diesem Verfahren hat der Antragsteller unter dem 6.8.2001 seinen Antrag erweitert.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung durch den angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe für die Klage und die Widerklage verweigert.

Hiergegen richten sich die Beschwerden beider Parteien.

Die Rechtsmittel sind zulässig (§ 127 Abs. 2 ZPO); sie sind allerdings unbegründet, denn die angefochtene Entscheidung erweist sich im Ergebnis als zutreffend.

1. Der Vergleich vom 26.11.1998 ist einer Abänderung im vereinfachten verfahren nach § 655 ZPO nicht zugänglich. Denn nach Abs. 1 dieser Vorschrift in Verbindung mit Artikel 4 § 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000 -BGBL 2000, S.1479,1480 - (Unterhaltstitelanpassungsgesetz) können nur solche vollstreckbaren Unterhaltstitel geändert werden, in denen der Betrag nach § 1612 b bzw. 1612 c BGB genau festgelegt ist (vgl. Zöller/ Philippi, ZPO, 22. Auflage, § 655, Rz 1; OLG Naumburg 8 WF 102/01).

Denn nur dann, wenn sich aus dem Titel der konkrete Betrag des Kindergeld (oder der kindbezogenen Leistungen) ergibt, ist sicher, dass bei der Neuberechnung des anrechenbaren Teils des Kindergelds die eigentlich durch den Titel begründete Leistungsverpflichtung des Unterhaltsschuldners nicht berührt wird, eine unzulässige Titelabänderung also nicht erfolgt.

Gegenstand des vereinfachten Verfahren nach § 655 ZPO ist im Gegensatz zu dem vereinfachten Verfahren nach §§ 645 ff ZPO nicht die Unterhaltsfestsetzung, sondern die Anpassung der Beträge nach § 1612 b bzw. § 1612 c BGB.

Der Rechtspfleger hätte daher, ggf. nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises, den Antrag zurückweisen müssen; eine Abgabe an den Richter durfte nicht erfolgen.

2. Auch für die Beklagtenanträge auf Durchführung des streitigen Verfahrens und Titelabänderung im Wege der Widerklage in der nun fehlerhaft angelegten Familiensache besteht keine Erfolgsaussicht.

Denn schon gegen einen zulässigen Antrag nach § 655 Abs. 1 ZPO kann der Antragsgegner lediglich die in § 655 Abs. 3 ZPO vorgesehenen Einwendungen erheben; das ist aber nicht geschehen.

Den Übergang in ein streitiges Verfahren sieht § 655 ZPO aber nicht vor.

Der Antragsgegner hätte daher allenfalls die Möglichkeit gehabt, nach Beschlussfassung des Rechtspflegers und Zustellung den in § 656 ZPO beschriebenen Weg der Korrekturklage zu beschreiten.

Da sich demnach für eine hinreichende Erfolgsaussicht der beiderseitigen Anträge nichts ergibt, ist Prozesskostenhilfe zu verweigern gewesen.

Allerdings sieht der Senat von der Erhebung einer Gebühr für die Beschwerden wegen der unrichtigen Sachbehandlung ab (§ 8 GKG); ihre außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei nach § 127 Abs. 4 ZPO selbst.

Ende der Entscheidung

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