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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 30.09.2008
Aktenzeichen: 3 WF 229/08
Rechtsgebiete: VV RVG


Vorschriften:

VV RVG Nr. 1000 Abs. 1 S. 1
Bei dem wechselseitigen Verzicht der Prozessparteien hinsichtlich des ansonsten noch gesondert durchzuführenden Versorgungsausgleichs liegt ein Vergleich i. S. d. Nr. 1000 Abs.1 S.1 VV RVG vor.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 WF 229/08 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Materlik als Einzelrichter am

30. September 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 13. Juni 2008, Az.: 4 F 661/07 S, abgeändert und die der Prozessbevollmächtigten aus der Staatskasse des Landes Sachsen-Anhalt zu zahlende Vergütung auf insgesamt 779,45 Euro festgesetzt.

2. Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß den §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG statthafte und, weil vom Amtsgericht zugelassen, auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 13. Juni 2008, aufgrund dessen der beschwerdeführenden Anwältin die von ihr - für einen wechselseitigen Verzicht der vormaligen Prozessparteien auf die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs - geltend gemachte Einigungsgebühr nach Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG in Höhe von 85,00 Euro zuzüglich hierauf entfallender Mehrwertsteuer nicht zugebilligt worden ist, hat auch in der Sache Erfolg.

Denn es liegt sehr wohl eine Einigung im Sinne des oben genannten Gebührentatbestandes vor.

Nach Nummer 1000 Abs. 1 Satz 1 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG entsteht eine Einigungsgebühr "für die Mitwirkung bei Abschluss eines Vertrages, durch die der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht".

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und der Bezirksrevisorin liegt in dem wechselseitigen Verzicht beider ursprünglichen Prozessparteien hinsichtlich des ansonsten etwaig noch gesondert durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ein (Teil-)Vergleichsvertrag im Sinne der vorgenannten Vergütungsregelung vor. Ungeachtet dessen, dass das Amtsgericht selbst dies zunächst auch noch in seinem Scheidungsverbundurteil vom 15.04.2008 so gesehen hat, indem es mit Ziffer 2 des Tenors dieser Entscheidung noch den von den Parteien geschlossenen "Vergleich vom 15.04.2008" über den (wechselseitigen) Verzicht auf die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs genehmigt hat, haben beide Parteien mit ihren jeweiligen Verzichtserklärungen die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs mit seinem ungewissen Ausgang dem Rechtsstreit bzw. einem ansonsten noch durch gesondert zu führenden Rechtsstreit auch tatsächlich entzogen (vgl. Terminsprotokoll vom 15.04.2008, Bl. 29/30 d. A.). Da überdies erkennbar keine der entsprechenden Verzichtserklärungen ohne den Verzicht der anderen Partei erklärt worden ist (vgl. Wortlaut des Vergleichstextes, Bl. 30 d. A.), liegt nicht nur ein einseitiger Verzicht vor, der nach der Nummer 1000 VV zum RVG nicht zum Entstehen der Einigungsgebühr führt ("ausschließlich") (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 09.06.2005, Az.: 13 WF 497/05), sondern ein wechselseitiges vertragliches Nachgeben vor, durch den der Streit über den Versorgungsausgleich teilweise beseitigt worden ist. Infolge dessen ist aber hier eine Einigungsgebühr entstanden, weil beide Parteien gerade wechselseitig auf die Geltendmachung von ungewissen Ansprüchen aus dem noch etwaig durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verzichtet haben (vgl. so für den wechseitigen Verzicht: OLG Düsseldorf, FamRZ 2008, 1463 m.w. N.).

Nach alledem hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin einen Anspruch gegenüber der Staatskasse auf Erstattung der entsprechenden Einigungsgebühr nebst hierauf entfallender Mehrwertsteuer. Soweit dies bei der Vergütungsfestsetzung im angefochtenen Beschluss unberücksichtigt geblieben ist, war also auf das Rechtsmittel hin die entsprechende Korrektur vorzunehmen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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