Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: 4 U 138/04
Rechtsgebiete: AÜG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AÜG § 1 Abs. 1 S. 1
AÜG § 1a Abs. 1
AÜG § 9 Nr. 1
AÜG § 9 Abs. 1
AÜG § 10 Abs. 1
AÜG § 12 Abs. 1 S. 1
BGB § 125
BGB § 125 Satz 1
BGB § 267
BGB § 631 Abs. 1 2. Alt.
BGB § 812
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 817 Satz 2
ZPO § 156
ZPO § 287
ZPO § 287 Abs. 2
ZPO § 296a
ZPO § 525
Der Umfang des bereicherungsrechtlichen Ausgleiches bei einem nichtigen Arbeitnehmehrüberlassungsvertrag richtet sich nach dem Nichtigkeitsgrund.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 138/04 OLG Naumburg

verkündet am: 28.10.2004

In dem Rechtsstreit

wegen werkvertraglicher Vergütung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und der Richterin am Amtsgericht Küsel

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. April 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Halle abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreites in beiden Rechtszügen hat die Klägerin zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.200,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

und beschlossen:

V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 34.431,78 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die restliche Vergütung der Klägerin für Schweiß- und Vorrichtarbeiten. Die Beklagte wendet demgegenüber alleine ein, dass es sich dabei um illegale Arbeitnehmerüberlassung gehandelt habe und vertragliche Ansprüche demzufolge nicht bestünden.

Mit Schreiben vom 05. Februar 2002 wandte sich die Beklagte an die Klägerin mit folgendem Anliegen ( Bl. 24 d.A. ):

Bestellung Nr. 01/2022 - 3 Schweißer

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bestellen bei Ihnen Schweißerarbeiten für die Baustelle T. Holland zu einem Festpreis von

ca. 25.000,00 Euro ( netto )

Ausführungszeit: ab 6.2.2002

Zahlungsziel: 30 Tage netto

14 Tage 2 % Skonto

Mit freundlichen Grüßen

Die Klägerin, der keine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitnehmern erteilt worden ist, erklärte sich zur Erbringung der geforderten Leistungen überwiegend bereit und entsandte nach dort ihre beiden Mitarbeiter J. L. und M. K. . Auf der Baustelle unterzeichnete der Bauleiter der Montagewerke L. GmbH, für die die Beklagte Montageleistungen erbrachte, Stundenscheine, auf denen sich auch die beiden Arbeitnehmer der Klägerin L. und K. befanden ( Bl. 26 - 30 d.A. ). Die Tätigkeit der beiden Arbeitnehmer der Klägerin bestand darin, auf konkrete Anweisung des Bauleiters der Hauptauftraggeberin Montagewerke L. GmbH Rohre, T - Stücke, Reduzierungen, Bögen und Armaturen mittels Schweißnähten zu Rohrleitungen zu verbinden, die an ebenfalls anzuschweißende Halterungen zu befestigen waren.

Mit Schreiben vom 08. April 2002 ( Bl. 4 d.A. ) legte die Klägerin eine Zwischenrechnung über 15.004,83 Euro brutto, auf die die Beklagte 5.004,83 Euro brutto zahlte. Der Rechnung lag die Aufmaßabrechnung für den Zeitraum vom 25. Februar 2002 bis zum 31. März 2002 ( Bl. 56 d.A. ) bei, die den Rechnungsbetrag von 12.935,20 Euro netto ( 15.004,83 Euro brutto ) ergab. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 07. Mai 2002 ( Bl. 5 d.A. ) Rechnung über 12.721,49 Euro brutto. Der Rechnung lag die Aufmaßabrechnung für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis zum 30. April 2002 ( Bl. 57 d.A. ) mit dem Rechnungsbetrag von 10.966,80 Euro netto bei. Schließlich machte die Klägerin den Betrag aus dem Rechnungsschreiben vom 31. Mai 2002 ( Bl. 6 d.A. ) in Höhe von 11.710,29 Euro geltend. Diesem Schreiben lag ebenfalls eine Aufmaßabrechnung mit dem Nettorechnungsbetrag von 10.095,08 Euro bei ( Bl. 58 d.A. ).

Die Klägerin hat behauptet, dass sie die Beklagte gebeten habe, ihr einen schriftlichen Werkvertrag zukommen zu lassen, dem die Beklagte aber nicht nachgekommen sei. Trotzdem habe sie dann mit den Schweißarbeiten in Holland begonnen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.431,78 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02. Juli 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, dass die Rechtsbeziehung der Parteien als illegale Arbeitnehmerüberlassung einzuordnen sei. In Wirklichkeit und bei Lichte betrachtet habe die Beklagte mit Schreiben vom 05. Februar 2002 ( Bl. 24 d.A. ) drei Schweißer zur Durchführung von Schweißarbeiten auf der Baustelle in T. im Königreich der Niederlande zu einem Festpreis von 25.000,00 Euro netto bestellt. Im Zeitpunkt der Bestellung habe die Klägerin nicht gewusst, welche konkreten Schweißarbeiten an welchen Rohrleitungen durchzuführen seien. Deshalb habe die Überlassung von Arbeitnehmern im Vordergrund gestanden, die ohne eigenes Werkzeug und ohne eigene Materialien Arbeitsleistungen hätten erbringen sollen. Die beiden Arbeitnehmer der Klägerin seien vollständig in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingebunden gewesen.

Die 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Halle hat die Beklagte durch das am 29. April 2004 verkündete Urteil zur Zahlung von 34.431,78 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02. Juli 2002 verurteilt. Das Landgericht hat zur Begründung der Entscheidung ausgeführt, dass zwischen den Parteien ein mündlich abgeschlossener Werkvertrag zustandegekommen sei. Dies ergebe sich hinreichend deutlich aus dem Schreiben vom 05. Februar 2002 ( Bl. 24 d.A. ), nach dem die Klägerin mit der Erbringung von Schweißarbeiten betraut worden sei. Soweit sich neben der Bestellnummer der Hinweis auf drei Schweißer finde, habe dies mit dem Inhalt des Schreibens nichts zu tun. Die Abrechnung der Klägerin stütze sich auf die Aufmaßabrechnungen. Die Eingebundenheit der Arbeitnehmer der Klägerin in den Arbeitsablauf werde durch die Art der Werkleistung bedingt und sei nicht Ausdruck eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 30. Mai 2002 ( Bl. 31 d.A. ) folge, dass die Arbeitnehmer der Klägerin ihre eigenen Werkzeuge bei sich geführt hätten, was für die Erbringung einer Werkleistung spreche. Der Höhe nach ergebe sich der eingeklagte Werklohn aus den Aufmaßabrechnungen.

Gegen dieses der Beklagten am 27. Mai 2004 zugestellte Urteil hat sie am 08. Juni 2004 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 27. Juli 2004 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und meint weiter, dass der Klägerin nicht die Darstellung gelungen sei, worin der vereinbarte werkvertragliche Erfolg zu sehen sei. Die Entsendung von Arbeitnehmern auf eine Baustelle, wo sie bestimmte Arbeiten zu verrichten gehabt hätten, spreche weder für noch gegen die Annahme eines Werkvertrages.

Der Klägerin stehe auch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht zu. Der Entleiher sei bei einem nichtigen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag um den Verkehrswert der Arbeitnehmerüberlassung einschließlich des Gewinnes des Verleihers bereichert. Zur Höhe dieses Anspruches habe die Klägerin bislang nicht vorgetragen. Sie, die Beklagte, berufe sich auch auf § 817 Satz 2 BGB, wonach derjenige, der gegen ein gesetzliches Verbot verstoße und sich dessen bewusst sei bzw. sich dieser Einsicht leichtfertig verschließe, keinen kondiktionsrechtlichen Ausgleich verlangten könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Halle vom 29. April 2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und meint weiter, dass die Werkleistung auch noch nach Abschluss des Werkvertrages konkretisiert werden könne. Nach der Abgrenzungsformel des Bundesarbeitsgerichtes liege keine Arbeitnehmerüberlassung vor, denn die beiden Arbeitnehmer seien nicht vollständig in den Betrieb der Beklagten eingegliedert worden, um ihre Arbeiten allein nach deren Weisungen auszuführen. Diese seien vielmehr von dem Bauleiter der Hauptauftraggeberin Montagewerke L. GmbH angewiesen worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung gegen das am 29. April 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Halle ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO ).

Sie hat in der Sache auch Erfolg.

II.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 34.431,78 Euro gemäß § 631 Abs. 1 2. Alt. BGB nebst Zinsen nicht zu. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist gemäß Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG ( Gesetz zur Regelung der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung [ Arbeitnehmerüberlassungs-gesetz - AÜG ] vom 07. August 1972 ) nichtig. Kondiktionsansprüche sind von der Klägerin nicht dargelegt worden.

1.) Der zwischen den Parteien mündlich geschlossene Vertrag über die Bestellung von Schweißerarbeiten für die Baustelle in T. ist gemäß Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG nichtig, weil es sich trotz der Formulierung "Bestellung von Schweißerarbeiten" im Schreiben vom 05. Februar 2002 materiell um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gehandelt hat. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob das AÜG gemäß dessen § 19 noch in der vor dem 01. Januar 2003 geltenden Fassung zur Anwendung kommt oder in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 ( BGBl. I, S. 4607 ), da der Wortlaut des § 9 Abs. 1 AÜG in beiden Fassungen identisch ist.

a) Bei der Abgrenzung des Werkvertrages von der Arbeitnehmerüberlassung wird letztere dadurch gekennzeichnet, dass dem Entleiher Arbeitnehmer überlassen werden, die dieser nach seinen eigenen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzen kann, und das arbeitsbezogene Weisungsrecht ausübt. Bei einem Werkvertrag unterliegen die Arbeitnehmer dagegen weiterhin dem Weisungsrecht des Subunternehmers ( BGH NJW - RR 2003, 773; BGH NStZ 2003, 552; BGH NJW 2002, 3317 [ 3318 ]; BAG NJW 1984, 2912; Schüren - Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 2. Auflage, § 1 RdNr. 114 - 247; MünchArbR - Marschall, 1. Auflage, § 167 RdNr. 23 - 35; ErfK - Wank, 1. Auflage, § 1 AÜG RdNr. 20ff ). Hierfür hat die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Vielzahl von Indizien entwickelt, um die Differenzierung in Grenzfällen vornehmen zu können.

b) Im konkreten Fall liegt nach den von der Rechtsprechung aufgeführten Indizien Arbeitnehmerüberlassung durch die Klägerin vor.

aa) Schon der Wortlaut des Schreibens der Beklagten vom 05. Februar 2002 spricht für den Wunsch, drei Schweißer zur Verfügung gestellt zu bekommen, die dann auf der Baustelle in T. nach Weisung Schweißarbeiten erbringen sollten. Es wird nämlich nicht das Werk beschrieben, das die Schweißer erbringen sollen und das die Klägerin zwingend hätte kennen müssen, um über die Frage der Annahme des Vertragsangebotes auf Abschluss eines Werkvertrages entscheiden zu können, sondern bei Lichte betrachtet wird nur die Qualifikation und die Anzahl der Arbeitnehmer beschrieben, die von der Klägerin auf die Baustelle in T. entsandt werden sollen. Durch die Angabe des Eurobetrages wird in verklausulierter Form zudem die ungefähre Dauer des Arbeitseinsatzes beschrieben, weil es ohne eine weitere Angabe zur Geschäftsgrundlage der Beziehung der Parteien gehört, dass die Arbeitnehmer einer Vollzeittätigkeit nachkommen können.

bb) Entscheidend für die Abgrenzung im konkreten Fall ist die Eingliederung der beiden Arbeitnehmer J. L. und M. K. in den Ablauf bei der Beklagten. Deren Qualifikation als Schweißer beruhte nicht auf einer eigenständigen Entscheidung der Klägerin, sondern war Voraussetzung für den Einsatz auf der Baustelle der Beklagten in T. . Zwischen den Parteien bestand keine Absprache darüber, welche Art von Schweißarbeiten die Klägerin zu erbringen hatte. Ihre Mitarbeiter auf der Baustelle in T. hatten wie die weiteren Arbeitnehmer der Beklagten die Anweisungen auszuführen, die ihnen der Bauleiter der Montagewerke L. GmbH gab. Auf den von dem Bauleiter unterzeichneten Stundenscheinen befanden sich die beiden Arbeitnehmer der Klägerin und ein Arbeitnehmer der Beklagten, was ohne eine vollständige Eingliederung in den Betrieb der Beklagten zu Schwierigkeiten geführt hätte. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Abgrenzung nicht von Bedeutung, dass die Anweisungen nicht von einem Bauleiter der Beklagten erteilt wurden, sondern von einem Bauleiter der Auftraggeberin der Beklagten, weil dem gedanklich die Allgemeinanweisung der Beklagten an alle Schweißer vorausgegangen war, den Anweisungen des Bauleiters der Auftraggeberin nachzukommen. Diese Indizien lassen im Wege der abschließenden Gesamtbetrachtung die Einordnung der vertraglichen Beziehung als Arbeitnehmerüberlassung zu.

c) Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag der Parteien ist von dem allgemeinen Verbot der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung nicht gemäß Art. 1 § 1a Abs. 1 AÜG ausgenommen, weil von keiner Seite dargelegt worden ist, dass der Vertrag dem für die Klägerin zuständigen Landesarbeitsamt angezeigt worden ist. Dabei handelt es sich um eine notwendige materielle Voraussetzung für die Erlaubnisfreiheit, weil die Arbeitsverwaltung anderenfalls eine summarische Präventivkontrolle nicht vornehmen könnte ( Schüren - Hamann, Arbeitsüberlassungsgesetz, 2. Auflage, § 1a RdNr. 73 ).

d) Darüber hinaus ist der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag auch gemäß § 125 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG nichtig, weil er nicht in Schriftform abgeschlossen worden ist.

2.) Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB nicht zu. Der Umfang der auszugleichenden Bereicherung ist von der Klägerin nicht dargelegt worden.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der der Senat nach eigener Prüfung folgt, kann der Verleiher bei einem nach Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG nichtigen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwar nicht den Wert der geleisteten Dienste von dem Entleiher herausverlangen, wohl aber kann er den von ihm, dem Verleiher, an seine Leiharbeitnehmer gezahlten Arbeitslohn ersetzt verlangen. Die Illegalität der Arbeitnehmerüberlassung hat gemäß Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG sowohl die Nichtigkeit des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages, wie auch die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer zur Folge. Mit Beginn der Tätigkeit des Leiharbeitnehmers wird in diesem Fall gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher fingiert.

Überlässt der Verleiher seine Arbeitnehmer nur für einen beschränkten Zeitraum zur Vermeidung einer Überkapazität, so wie es hier sein könnte, weil die Klägerin ausweislich ihrer Firma selbst Montageleistungen anbietet, bleibt der Arbeitsvertrag wirksam und das Arbeitsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Arbeitnehmer wandelt sich in ein zeitlich limitiertes fehlerhaftes Arbeitsverhältnis um. Die Nichtigkeit gemäß Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG bezieht sich nur auf die Anweisung, sich illegal verleihen zu lassen, und während der Leihzeit besteht das fingierte Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher, das nach Rückkehr des Leiharbeitnehmers in den Stammbetrieb wieder erlischt ( Schüren - Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 2. Auflage, § 1a RdNr. 70 und - Schüren § 9 RdNr. 25 ).

Zahlt nun der Verleiher das Arbeitsentgelt an "seine" Leiharbeitnehmer, so wie es bei der illegalen Arbeitnehmerüberlassung der Regelfall sein wird, leistet er als Dritter auf eine Schuld des Entleihers und kann gemäß §§ 267, 812 BGB einen Anspruch auf Ersatz der gezahlten Vergütung geltend machen, auf den § 817 Satz 2 BGB nicht anwendbar ist. Einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung des Verleihers bedarf es nicht, weil mit dessen Leistung aufgrund der Besonderheiten des AÜG eine der Erfüllung der Verbindlichkeit des Entleihers gleichkommende Wirkung eintritt ( BGHZ 75, 299 [ 302ff ]; BGH NJW 2002, 3317; BGH NJW 2000, 3492 [ 3494 ] ).

b) Hinsichtlich der bereicherungsrechtlichen Abwicklung eines durchgeführten Arbeitnehmerüberlassungsvertrages, dessen Nichtigkeit sich aus Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG ergibt, ist der Fall der alleinigen Nichtigkeit gemäß § 125 BGB wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis in Art. 1 § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG zu unterscheiden. Auch in der letztgenannten Fallgruppe richtet sich der Bereicherungsausgleich nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, weil für die Annahme eines faktischen Vertragsverhältnisses kein Raum besteht ( so aber Hans. OLG Hamburg NJW - RR 1993, 1524 ). Der Entleiher ist in dieser Fallgruppe um den Verkehrswert der Arbeitnehmerüberlassung einschließlich des Gewinnes des Verleihers bereichert, weil der Entleiher eine solche Arbeitnehmerüberlassung regelmäßig nur auf der Grundlage eines mit diesem oder einem anderen Verleiher abzuschließenden formwirksamen Vertrages und damit lediglich gegen Zahlung der vollen Vergütung erreichen kann ( BGH NJW 2000, 1557 [ 1558 ]; BGH NJW 1984, 1456; KG OLGRp 1997, 205; Schüren - Feuerborn, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 2. Auflage, § 12 RdNr. 21 ).

c) Zum Umfang des von der Klägerin an die Arbeitnehmer J. L. und M. K. gezahlten Arbeitslohnes lassen sich der Akte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung keine Hinweise entnehmen. Der Senat hat mit der Terminsladung auf die Rechtslage bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung in Form der Bezugnahme auf eine Kommentarstelle hingewiesen ( Bl. 122 d.A. ), so dass insoweit rechtzeitiger Vortrag möglich gewesen wäre. Eine Schätzung des Verdienstes der Leiharbeitnehmer L. und K. gemäß § 287 ZPO ( vergl. zur Möglichkeit der Schätzung BGH NJW - RR 2003, 773 ) ist dem Senat hier verwehrt, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Nach § 287 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Höhe der Forderung nur dann schätzen, wenn die Aufklärung der für die Forderung maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Im konkreten Fall hätte die Klägerin aber durch die Vorlage der entsprechenden Lohnabrechnungen den Verdienst ohne großen Aufwand substantiiert darlegen können.

d) Die Klägerin hat den ihr nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27. Oktober 2004 zur Akte gereicht, der keinen Anlass bot, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, da keiner der Fälle des § 156 ZPO vorliegt. Der Schriftsatz enthält zwar nunmehr die Darlegung der arbeitsvertraglichen Vergütung, die die Klägerin an ihre beiden Arbeitnehmer geleistet hat. Dieses Vorbringen ist aber nach §§ 525, 296a ZPO unberücksichtigt zu lassen.

Danach ist wie erfolgt über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Halle zu entscheiden.

III.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO ).

Ende der Entscheidung

Zurück