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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 04.11.2002
Aktenzeichen: 4 U 146/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 399
ZPO § 3
ZPO § 92 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 99
ZPO § 531 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 756
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 287
Ist dem Auftraggeber eine Gewährleistungsbürgschaft übergeben worden, ist er berechtigt, diese auch nach Eintritt der Verjährung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche nur Zug-um-Zug gegen Beseitigung der Mängel herauszugeben (so auch OLG Köln, BauR 1993, 746).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 146/02 OLG Naumburg

verkündet am: 04.11.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Herausgabe von Gewährleistungsbürgschaften

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandsgericht Klußmann, den Richter am Oberlandesgericht Feldmann und den Richter am Landgericht Paterok auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 19.06.2002 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufungsinstanz zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und die Beschwer des Klägers betragen 9.039,91 Euro.

Die Beschwer des Klägers übersteigt 20.000 Euro nicht.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht die Herausgabe von Gewährleistungsbürgschaften. Er verbürgte sich persönlich für die Avalzinsen aus diesen Bürgschaften, welche die W. Versicherung zugunsten der S. GmbH & Co. KG übernommen und deren Urkunden sie an den Beklagten übergeben hatte.

Der Beklagte beauftragte die S. GmbH & Co. KG, die später unter "B. GmbH & Co. KG" firmierte (im folgenden: Auftragnehmerin) im Jahre 1993 mit der Durchführung von bau-, maschinen- und elektrotechnischen Arbeiten für die von ihm errichtete Kläranlage in R. . Dabei wurde die Geltung der VOB/B vereinbart. Zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche des Beklagten stellte die Auftragnehmerin mehrere Gewährleistungsbürgschaften. Die Leistungen der Auftragnehmerin wurden jeweils in Teilen am 06.04.1995, 07.06.1995 und am 23.05.1996 abgenommen. In einer schriftlichen Vereinbarung vom 04.10.1996 hielten die Parteien fest, daß der Beklagte wegen der bislang gerügten Mängel 30.000,-- DM einbehalten und erst nach Beseitigung der Mängel weitere 9.310,-- DM netto zahlten sollte, was später auch erfolgte. Wegen der schriftlichen Mängelrügen des Beklagten vom 22.01.1997 und 03.04.1997 vereinbarten die Parteien zu der Abrede vom 04.10.1996 einen Nachtrag vom 09.09.1997, in dem ausgeführt wurde, daß alle in der Vereinbarung vom 04.10.1996 genannten Mängel beseitigt worden seien. Am 30.09.1997 rügte der Beklagte erneut Mängel. Mit Schreiben vom 14.05.1998 und 31.08.1998 zeigte der Beklagte Mängel gegenüber der Bürgin an. Mit Schreiben vom 28.05.1998 nahm die Auftragnehmerin zu einzelnen von dem Beklagten gerügten Mängeln Stellung und forderte die Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaften mit der Begründung, daß weitere Mängel nicht mehr geltend gemacht werden dürften.

Über das Vermögen der Auftragnehmerin wurde am 09.07.1998 das Konkursverfahren eröffnet. Der Konkursverwalter trat dem Kläger das Recht auf Rückforderung der Gewährleistungsbürgschaften am 13.10.1998 ab.

Der Kläger hat behauptet,

daß alle Mängel von der Auftragnehmerin beseitigt worden seien. Dies folge insbesondere aus dem von den Parteien geschlossenen Nachtrag vom 09.09.1997. Die "Mängelbeseitigung" sei aus Kulanzgründen erfolgt, da echte Mängel nicht vorgelegen hätten. Zur Beseitigung weiterer Mängel habe der Beklagte nicht substantiiert aufgefordert. Die meisten der von ihm gerügten Mängel beruhten im übrigen auf Bedienungsfehlern der Anlage, seien von der Auftragnehmerin nicht geschuldete Zusatzleistungen oder solche, die im Leistungsverzeichnis nicht vereinbart worden seien.

Der Kläger hat die Einrede der Verjährung erhoben und gemeint,

daß die Gewährleistungsfrist spätestens am 22.05.1998 abgelaufen sei und er die Herausgabe der Bürgschaftsurkunden an sich selbst verlangen könne. Die Abtretung der Ansprüche verstoße auch nicht gegen § 399 BGB, da sich der Inhalt des Schuldverhältnisses dadurch nicht verändere.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an ihn die Bürgschaftsurkunde der W. -Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs AG Nr. ... vom 19.11.1996 und den Nachtrag Nr. 1 zu dieser Bürgschaftserklärung vom 12. September 1997, die Bürgschaftsurkunde der W. -Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs AG Nr. ... vom 19.11.1996 mit dem Nachtrag Nr. 1 vom 12. September 1997, die Bürgschaftsurkunde der W. -Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs AG Nr. ... vom 19.11.1996 mit dem Nachtrag Nr. 1 vom 12. September 1997 herauszugeben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, die Urkunden über die Gewährleistungsbürgschaften an die W. Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs Aktiengesellschaft L. straße 204 , M. , herauszugeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet,

daß er rechtzeitig und substantiiert zahlreiche Mängel angezeigt habe. Die mit Schreiben vom 31.08.1998 gegenüber dem Bürgen angezeigten Mängel seien noch immer nicht behoben worden. Er habe sich in der Vereinbarung vom 04.10.1996 ausdrücklich die Geltendmachung weiterer Mängel vorbehalten, so daß die dortigen Vereinbarungen hinsichtlich der Mängelbeseitigung nicht abschließend seien.

Der Beklagte hat gemeint,

daß er aufgrund von Punkt 34.7 der zwischen ihm und der Auftragnehmerin vereinbarten besonderen Vertragsbedingungen EVM (B) ZVB/L berechtigt sei, die Urkunden über die Gewährleistungsbürgschaften auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist so lange zu behalten, bis die wegen der Gewährleistung erhobenen Ansprüche erfüllt seien. Die Abtretung des Herausgabeanspruchs sei zudem unwirksam. Schließlich könne der Kläger allenfalls die Herausgabe der Urkunden an den Bürgen, nicht aber an sich verlangen.

Das Landgericht hat Beweis über die Frage erhoben, ob das von der Auftragnehmerin hergestellte Werk mangelhaft sei, insbesondere ob die Bus-Anbindung der Bedienereinheit schon erfolgt und die speicherprogrammierbare Steuerung falsch aufgeschaltet sei, der vereinbarte cos-phi - Wert von 0,92 eingehalten werde und ob die im Rechenraum des Rechengebäudes installierten Aggregate und Lichtanlagen explosionsgeschützt ausgeführt seien, und hierüber den Sachverständigen Dipl.-Ing. Br. ein Gutachten vom 06.11.2000 erstatten lassen, das dieser am 03.01.2002 schriftlich ergänzt hat. Der Sachverständige ist zudem in den mündlichen Verhandlungen vor der Kammer am 25.04.2001 und 29.05.2002 angehört worden.

Alsdann hat die Kammer dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die Urkunden über die Gewährleistungsbürgschaften an die W. -Versicherung herauszugeben, Zug um Zug gegen ordnungsgemäße Herstellung der Anzeige der Bedienereinheit des Klärwerks für Dekanter I und II und die Schlammförderungspumpe I und II. Im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen - insbesondere den Hauptantrag - und die Kosten des Rechtsstreits zwischen den Parteien geteilt. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, daß der Kläger lediglich die Herausgabe der Bürgschaften an den Bürgen verlangen könne, so daß nur der Hilfsantrag begründet sei. Die Abtretung des Anspruchs vom Konkursverwalter an den Kläger sei aber wirksam. Da der Beklagte innerhalb der Gewährleistungsfrist mehrere Mängel rechtzeitig und wirksam gerügt habe, bestehe der Herausgabeanspruch des Klägers nur Zug um Zug gegen Beseitigung des an der Schaltanzeige der Kläranlage bestehenden Mangels, der nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen darin liege, daß die Anzeige über die ankommenden Meldungen auf dem Übersichtsbild in der Schaltwarte vertauscht sei. Weitere Mängel lägen nicht vor. Zwar sei die Ausführung der Installationen im Rechengebäude nicht explosionsgeschützt, doch könne wegen der installierten Gassensoren hierauf verzichtet werden. Daß der vereinbarte cos-phi - Wert nicht durchgängig eingehalten werde, stelle einen Planungsfehler dar, den nicht die Auftragnehmerin zu vertreten habe. Diese habe sich an die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses gehalten. Dem Planer hätte dagegen bei der Bauausführung auffallen müssen, daß die ausgeschriebene Blindstromkompensationsanlage zu grobstufig ausgelegt sei, weil von der Planung abweichend weniger Verbraucher zugeschaltet wurden. Wenn mehr Verbraucher zugeschaltet würden, sei die von der Auftragnehmerin ausgeführte Schaltung passend. Den unzureichenden Auftrag von Mutterboden auf dem Gelände der Kläranlage habe der Beklagte nicht innerhalb der Gewährleistungsfrist gerügt.

Gegen dieses am 19.06.2002 verkündete und seinem Prozeßbevollmächtigten am 24.06.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.07.2002 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufung des Klägers, die er mit dem am Montag, dem 26.08.2002, beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger wendet sich dagegen, daß das Landgericht den Beklagten nur Zug um Zug gegen Beseitigung eines Mangels verurteilt und die Kosten des Rechtsstreits geteilt hat. Er meint hierzu, daß die Verpflichtung des Klägers zur Mängelbeseitigung unberechtigt sei, da die Auftragnehmerin ihre Leistung bei der Abnahme ordnungsgemäß erfüllt habe. Die vom Sachverständigen festgestellte Vertauschung der Schaltung könne nur nachträglich eingetreten sein. Zudem sei diese Änderung, die Kosten von allenfalls 250 Euro erfordere, schon am 17.07.2002 vorgenommen worden. Da das Landgericht die übrigen Mängelrügen des Beklagten für unberechtigt gehalten habe, sei dieser verpflichtet, nunmehr die Bürgschaftsurkunden herauszugeben und die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Kläger beantragt,

das am 19.06.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,

die Bürgschaftsurkunde der W. -Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs AG Nr. ... vom 19.11.1996 und den Nachtrag Nr. 1 zu dieser Bürgschaftserklärung vom 12. September 1997,

die Bürgschaftsurkunde der W. -Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs AG Nr. ... vom 19.11.1996 mit dem Nachtrag Nr. 1 vom 12. September 1997,

die Bürgschaftsurkunde der W. -Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs AG Nr. ... vom 19.11.1996 mit dem Nachtrag Nr. 1 vom 12. September 1997

an die W. Garantie Deutsche-Garantie- und Kautionsversicherungs Aktiengesellschaft, L. straße 204 , M. , herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Er meint,

daß ihm selbst dann ein Zurückbehaltungsrecht an den Urkunden über die Gewährleistungsbürgschaften zustehe, wenn seine Gewährleistungsansprüche verjährt seien. Er müsse die Urkunden nur Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel herausgeben.

II.

1.

Die gemäß § 511 ZPO (in ihrer seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO.

Der Wert der Berufungssumme von 600 Euro gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist erreicht, denn der Kläger wendet sich nicht nur gegen die Verurteilung Zug um Zug, deren Wert er selbst mit 250 Euro bemißt, sondern auch gegen die ihm zur Hälfte auferlegten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz. Diese sind gemäß § 3 ZPO als Beschwer im Sinne des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die den Streitgegenstand betreffende Hauptentscheidung den Rechtsmittelführer nicht oder nicht ausreichend belastet, da für die Bewertung der Beschwer das wirtschaftliche Interesse des Berufungsführers am Rechtsmittel maßgeblich ist (BGH, NJW 1992, 1513 f. m.w.N.; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., 2000, § 511 a, Rdnr. 23). Die Gegenansicht, die Prozeßkosten seien wegen § 99 ZPO bei der Beschwer nicht zu berücksichtigen (Grunsky, in: Stein-Jonas, ZPO, 21. Aufl., Bd. 5, Teilband 1 (§§ 511-591), 1994, § 511 a III, Rndr. 29 [Grunsky XII/1993]; Gummer, in: Zöller, Zivilprozeßordnung, 23. Aufl., 2002, § 511, Rdnr. 22), findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr ist § 99 ZPO hier nicht einschlägig, weil es - zumindest im vorliegenden Falle - weder an einem Rechtsmittel in der Hauptsache fehlt (§ 99 Abs. 1 ZPO), noch die Hauptsache durch Anerkenntnis entschieden worden ist (§ 99 Abs. 2 ZPO).

2.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Der Einwand des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts, der vom Sachverständigen auf der Schalttafel festgestellte Mangel sei erst nach der Abnahme eingetreten, dringt nicht durch.

Das angefochtene Urteil hat festgestellt, daß die Mängelanzeige wegen der fehlenden Anbindung der Schlammentwässerung an die BDE - Anlage mit Schreiben vom 22.01.1997 und damit innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist erfolgte. Dies folgt im übrigen auch aus dem als Anlage B 5 vorgelegten Schreiben des Beklagten. Es trifft zwar zu, daß dieser Mangel in den vorgelegten Abnahmeprotokollen nicht aufgeführt ist, so daß die Beweislast, daß dieser Mangel auf einem Verschulden der Auftragnehmerin beruht, nach der erfolgten Abnahme beim Beklagten als Auftraggeber liegt (BGH, in: BauR 1997, 129 [130]; BGH, BauR 1973, 313 [316]), doch ist das Vorbringen des Klägers nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO verspätet und damit unbeachtlich.

Neues Vorbringen ist in der Berufungsinstanz nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 1 ZPO zuzulassen und zu berücksichtigen. Hier allein in Betracht käme § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, weil das neue Vorbringen des Klägers einen Gesichtspunkt betrifft, der schon in erster Instanz erkennbar eine bedeutende Rolle gespielt hat, weil er die Frage der Verantwortlichkeit für den Mangel betrifft, der für die Verteilung der Beweislast von Bedeutung ist (Fälle des § 531 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Der verspätete Vortrag des Klägers beruht aber auf Nachlässigkeit. Maßstab der Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist die einfache Fahrlässigkeit (Hannich/Meyer - Seitz/Engers, § 531, Seite 356), die hier zweifelsfrei vorliegt. Der Kläger hat nicht ansatzweise zu erklären versucht, warum er seine - erhebliche - Behauptung nicht schon vor dem Landgericht vorgetragen hat.

Es kann auch dahinstehen, ob die Gewährleistungsansprüche des Beklagten trotz der rechtzeitigen Anzeige nunmehr verjährt sind. Da dem Beklagten eine Gewährleistungsbürgschaft übergeben wurde, ist er berechtigt, diese auch nach Eintritt der Verjährung hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche nur Zug um Zug gegen Beseitigung der Mängel herauszugeben (OLG Köln, BauR 1993, 746). Dies entspricht zudem den vertraglichen Abreden zwischen den Parteien, denn in Punkt 34.7 der EVM (B) ZVB/L haben die Parteien vereinbart, daß die Gewährleistungsbürgschaft (erst) zurückzugeben ist, wenn nicht nur die Gewährleistungsfristen abgelaufen, sondern auch die bis dahin erhobenen Ansprüche erfüllt sind. Dies ist eine vertragliche Vereinbarung, die sich dogmatisch als Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung darstellt, der bis zur vollständigen Erfüllung aller rechtzeitig erhobenen Mängelansprüche befristet ist. Da der Beklagte den streitgegenständlichen Mangel mit Schreiben vom 22.01.1997 und damit rechtzeitig innerhalb der Gewährleistungsfrist anzeigte, kann er nun die Rückgabe der Bürgschaft von der ordnungsgemäßen Beseitigung des Mangels abhängig machen.

Daß der Mangel - angeblich - zwischenzeitlich beseitigt ist, ändert hieran nichts. Durch die Beseitigung des Mangels nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils hat sich der Rechtsstreit nicht automatisch in der Hauptsache erledigt, zumal beide Parteien den Rechtsstreit nicht hinsichtlich dieses Teils für erledigt erklärt haben. Ob mit der vorgenommenen Handlung im übrigen die Verpflichtung des Klägers erfüllt ist, ist im Rahmen der Vollstreckung des Urteils zu prüfen, § 756 ZPO.

3.

Auch gegen die hälftige Verteilung der Kosten nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nichts zu erinnern.

Der Kläger verkennt, daß er mit seinem Hauptantrag, die Bürgschaftsurkunden an ihn herauszugeben, nicht durchgedrungen ist. Allein dies rechtfertigt eine Belastung mit einem Anteil der Kosten (vgl. hierzu: Schneider, Die anzuwendende Kostenentscheidungsnorm bei Verurteilung auf den höherwertigen Hilfsantrag, in: MDR 1968, 21). Zudem hat sich zumindest einer der vom Beklagten gerügten Mängel als zutreffend erwiesen, was die Teilung der Prozeßkosten angemessen erscheinen läßt. Schließlich ist zu beachten, daß die Ausführung der technischen Anlagen im Rechengebäude entgegen der Ausschreibung nicht explosionsgeschützt erfolgte. Erst mit Hilfe der Feststellungen des Sachverständigen konnte ermittelt werden, daß auch die von der Auftragnehmerin - abweichend von der geschuldeten Leistung - gewählte Lösung mangelfrei war. Auch dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es, den Kläger an den Kosten der Beweisaufnahme angemessen zu beteiligen.

In der Zusammenschau erweist sich die Entscheidung des Landgerichts, den Kläger mit der Hälfte der Kosten des Rechtsstreits zu belasten, damit aus mehreren Gesichtspunkten als angemessen, so daß es nicht darauf ankommt, ob die Abweisung des Hauptantrages keine besonderen Kosten im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO veranlaßt hat.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Wertfestsetzung richtet sich nach den §§ 2, 3 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO; 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GKG.

Hierbei hat der Senat die vom Kläger angegriffene Zug-um-Zug-Verurteilung mit 250 Euro bemessen, was dem Kostenaufwand entspricht, den der Kläger selbst hierfür angeben hat. Zwar hat der Beklagte diesem Kostenansatz widersprochen, doch den Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung auch nicht nachvollziehbar beziffert, so daß der Senat von seinem Recht nach § 287 ZPO Gebrauch macht. Obwohl bei einer Zug um Zug Verurteilung die Gegenleistung grundsätzlich nicht den Streitwert beeinflußt (RG Z 140, 359 f.; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., 1996, Rndr. 1890 - 1892), ist diese Gegenleistung vorliegend ausnahmsweise zu berücksichtigen, weil sie der Kläger zum alleinigen Gegenstand seines Rechtsmittels macht (BGH, JurBüro 1982, 377; Schneider/Herget, a.a.O., Rdnr. 3781).

An Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten für die erste Instanz, die für den Streitwert ebenfalls zu berücksichtigen sind, da sich der Kläger vornehmlich hiergegen wehrt (vgl. oben II. 1.), sind zudem bei einem angenommenen Streitwert von 129.062,11 Euro, der sich aus dem Schriftsatz des Beklagten an das Landgericht vom 15.07.2002 ergibt, 17.579,82 Euro angefallen, wovon die Hälfte, gegen die sich der Kläger ebenso wendet, 8.789,91 Euro beträgt. Dieser Streitwert errechnet sich nach dem Wert der Gewährleistungsbürgschaften in Höhe ihrer derzeitigen Valutierung, die der Beklagte unbestritten mit 129.062,11 Euro beziffert hat, da sich die Parteien nicht allein um eine Herausgabe der Bürgschaftsurkunden streiten, sondern der Kläger auch eine Inanspruchnahme aus diesen Bürgschaftsurkunden verhindern will (BGH NJW-RR 1994, 758 f.; Schneider/Herget, a.a.O., Rdnr. 948). Daß eine Inanspruchnahme aus den Bürgschaften droht, zeigt das Verteidigungsverhalten des Beklagten, der die Urkunden nur gegen Beseitigung der von ihm gerügten Mängel herausgeben will.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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