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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 27.01.2005
Aktenzeichen: 4 U 176/03
Rechtsgebiete: ZPO, StGB, AGBG, EGBGB, BGB


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Ziffer 1
ZPO § 519 Abs. 4
ZPO § 30
ZPO § 520 Abs. 2 S. 1
ZPO § 240
ZPO § 249 Abs. 1
ZPO § 520 Abs. 2 S. 1
ZPO § 528
StGB § 283c
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 9
EGBGB § 5 Satz 1
EGBGB § 6 Abs. 4 Satz 1
EGBGB § 6 Abs. 4 Satz 2
BGB § 767 Abs. 1 S. 3
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
BGB § 201
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 5
BGB § 768 Abs. 2
BGB § 768 Abs. 1 S. 1
BGB § 768 BGB e
BGB § 286 Abs. 1 S. 1
BGB § 288 Abs. 1
Die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten unter dem Beglaubigungsvermerk ersetzt die Unterschrift auf der Urschrift der Berufungsschrift.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 176/03 OLG Naumburg

verkündet am: 27.01.2005

In dem Rechtsstreit

...

wegen Bürgschaftsforderung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und der Richterin am Amtsgericht Küsel

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Das am 02. Dezember 2004 verkündete Versäumnisurteil des Senates wird aufrechterhalten.

II. Der Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 34.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

und beschlossen:

IV. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 24.024,43 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um eine Forderung gegen den Beklagten als Bürgen für die R. GmbH , über deren Vermögen das Insolvenzverfahren durch Beschluss des Amtsgerichtes Magdeburg - Insolvenzgericht - eröffnet worden ist ( Az. 351 IN 226/02 [ Bl. 4 d.A. ] ).

Wegen des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles Bezug genommen.

Die 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Magdeburg hat den Beklagten durch das am 27. November 2003 verkündete Urteil zur Zahlung von 24.024,43 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Beklagte für die Forderung der Klägerin gegen die R. GmbH am 21. November 2000 eine selbstschuldnerische Bürgschaftserklärung abgegeben habe. Der Beklagte habe sich danach für die Ansprüche der Klägerin aus laufenden Rechnungen, aus bereits gewährten oder künftig bewilligten Krediten jeder Art, ebenso für alle Zinsen der Klägerin bis zu einem Höchstbetrag von 46.987,73 DM verbürgt ( Bl. 5 d.A. ). Damit sei die Bürgschaft nicht für eine konkrete Verbindlichkeit in der genannten Höhe abgegeben worden, sondern sie habe sämtliche Verbindlichkeiten der R. GmbH gegenüber der Klägerin aus der laufenden Geschäftsbeziehung gesichert. Es sei daher nicht erheblich und habe somit auch nicht von der Klägerin für die Schlüssigkeit der Klage vorgetragen werden müssen, welche Hauptforderung genau der Geltendmachung der Bürgschaftsforderung zugrunde liege. Die Erfüllung der Forderungen der Klägerin gegen die R. GmbH sei von dem Beklagten nicht eingewandt worden. Die Inanspruchnahme des Beklagten verstoße auch nicht gegen die guten Sitten ( § 138 BGB ). Die Rechtsprechung zur Überforderung des Bürgen finde auf maßgebliche Gesellschafter einer GmbH keine Anwendung. Der Beklagte sei hier zudem auch noch Geschäftsführer gewesen. Die Erlangung eines Titels gegen den Bürgen erscheine auch im Lichte des § 283c StGB nicht als sittenwidrig.

Die Klageforderung sei schließlich auch nicht verjährt. Der Beklagte, der sich auf die für ihn günstige Einrede der Verjährung berufen habe, habe nicht substantiiert dargetan, aus welchen einzelnen Forderungen sich die Gesamtforderung der Klägerin zusammensetze. Die Behauptung, es existierten keine noch offenen Forderungen, die nach 1998 entstanden seien, sei nicht hinreichend klar. Somit sei der Vortrag der Klägerin zu den Entstehenszeitpunkten der Einzelforderungen als unstreitig zu bewerten. Es komme hinzu, dass die Verjährung bereits vor der Klageerhebung durch den Abschluss der Zahlungsvereinbarung vom 21. November 2000 ( Bl. 6 d.A. ) unterbrochen worden sei, weil die Vereinbarung zugleich ein Anerkenntnis enthalte. Die Verjährungsfrist habe damit an dem Tag, der dem Vertragsschluss über eine Ratenzahlung gefolgt sei, also am 22. November 2000, neu zu laufen begonnen.

Gegen dieses dem Beklagten am 05. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat er am 10. Dezember 2003 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Von dem Original der Berufungsschrift und den beiden Abschriften war nur die beglaubigte Abschrift in Form der Beglaubigung von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten unterzeichnet worden ( Bl. 114f d.A. ). Der Prozessbevollmächtigte begründete das Rechtsmittel für den Beklagten durch einen am 25. Mai 2004 eingegangenen Schriftsatz. Mit Beschluss vom 16. Januar 2004 hatte das Amtsgericht Magdeburg - Insolvenzgericht - einen vorläufigen Insolvenzverwalter zur vorläufigen Verwaltung des Vermögens des Beklagten bestellt und dem Beklagten ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt ( Bl.52 - 54 d.A. ). Diesen Beschluss hob das Amtsgericht Magdeburg durch Beschluss vom 19. März 2004 wieder auf. Die Berufungsbegründungsfrist wurde dann auf den am 14. Mai 2004 eingegangenen Schriftsatz ( Bl. 61 d.A. ) hin bis zum 02. Juni 2004 verlängert.

Der Beklagte nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und meint weiter, dass der Klägerin schon deshalb keine Ansprüche zustünden, weil die Vereinbarung vom 21. November 2000 von der Klägerin im Schreiben vom 21. August 2001 ( Bl. 15 d.A. ) gekündigt worden sei. Das Landgericht lasse in seinen Feststellungen die Darstellung vermissen, in welcher Höhe und aus welchen Forderungen tatsächlich noch Forderungen der Klägerin gegen die R. GmbH bestünden. Ein entsprechender Vortrag obliege der Klägerin jedenfalls dann, wenn sich der Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufe. Schließlich sei zu bedenken, dass der Bürgschaftsvertrag bereits im Jahre 2000 abgeschlossen worden sei und sich auf die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Forderungen bezogen haben müsse. Diese Forderungen seien aber nunmehr verjährt, worauf sich auch der Bürge berufen könne. Das Anerkenntnis der R. GmbH in der Zahlungsvereinbarung vom 21. November 2000 ( Bl. 6 d.A. ) habe den Lauf der Verjährungsfrist nur im Verhältnis der Klägerin zu ihrer Schuldnerin unterbrechen können, nicht jedoch im Verhältnis zum Beklagten als Bürgen. Auch durch die Zustellung der Klage an den Beklagten habe der Lauf der Verjährungsfrist nicht unterbrochen werden können, denn die Zustellung wirke nicht im Verhältnis der Klägerin zu der R. GmbH in Insolvenz.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2005 erklärte der Beklagte, dass die Forderungen der Klägerin nicht zur Insolvenztabelle angemeldet worden seien und mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjährt seien.

Der Bürgschaftsvertrag sei gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam, weil der Beklagte für alle Ansprüche der Klägerin aus laufender Rechnung und aus bereits gewährten und künftig bewilligten Krediten habe bürgen sollen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Magdeburg vom 27. November 2003 unter Aufhebung des am 02. Dezember 2004 verkündeten Versäumnisurteiles des Senates abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das am 02. Dezember 2004 verkündete Versäumnisurteil des Senates aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 02. Dezember 2004 war der Beklagte säumig. Der Senat hat daraufhin an diesem Tage ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil verkündet.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24. Januar 2005 ( Bl. 129f d.A. ) zur Akte gereicht, der keinen Anlass bot, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Klägerin bestätigt in dem Schriftsatz mittelbar, dass sie ihre durch die streitgegenständliche Bürgschaft gesicherten Forderungen gegen die R. GmbH in Insolvenz nicht zur Insolvenztabelle angemeldet habe. Dennoch könne die Berufung trotz der Verjährung der Forderungen im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keinen Erfolg haben, weil der Beklagte die Klägerin sehenden Auges in die Verjährungsfalle haben tappen lassen. Bewusst sei er im Termin zur mündlichen Verhandlung am 02. Dezember 2004 säumig gewesen. Das Verhalten des Beklagten sei somit arglistig und treuwidrig, weshalb er sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen könne.

II.

Der Einspruch gegen das am 02. Dezember 2004 verkündete Versäumnisurteil des Senates ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden ( §§ 525, 330, 338, 339 Abs. 1, 340 ZPO ). Durch den Einspruch wird der Prozess in die Lage zurückversetzt, in dem er sich vor Eintritt der Versäumnis befand ( § 342 ZPO ).

III.

Die Berufung gegen das am 27. November 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Magdeburg ist zulässig, insbesondere im Ergebnis form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO ).

1.) Die Berufung des Beklagten ist wirksam mit Schriftsatz vom 08. Dezember 2003 eingelegt worden. Rechtsanwalt F. hat von einer Unterzeichnung des Originals des Schriftsatzes zwar ( wohl versehentlich ) abgesehen. Am selben Tag ist jedoch auch die nicht mehr bei der Akte befindliche beglaubigte Abschrift der Berufungsschrift bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Auf Anforderung des Senates hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dessen Kanzleimitarbeiter bereits am 09. Februar 2004 gegenüber der Urkundsbeamtin des Senates den Erhalt einer unterzeichneten beglaubigten Abschrift fernmündlich bestätigt hatte ( Bl. 46R d.A. ), eine einfache Kopie der beglaubigten Abschrift zur Akte gereicht ( Bl. 114f d.A. ), aus der sich die Unterzeichnung und der Zugang des Schriftsatzes bei dem Oberlandesgericht am 10. Dezember 2003 ergibt. Dies genügt den formalen Anforderungen an eine Berufungsschrift. Nicht entscheidend hierbei ist, dass § 519 Abs. 4 ZPO u.a. auf § 130 ZPO verweist, wonach ein vorbereitender Schriftsatz nur eine Unterschrift von der Person, die den Schriftsatz verantwortet, enthalten "soll". Bereits das Reichsgericht hat hierzu richtigerweise ausgeführt, dass das Erfordernis der Unterschrift den Ausschluss von Zweifeln an dem Herrühren des Schriftsatzes und an der Übernahme der Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes bezweckt. Dann aber kann dem instruktionell verwendeten Terminus "sollen" keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden, so dass vorbereitende Schriftsätze an sich einer Unterschrift bedürfen ( RGZ 119, 62 [ 63 ]; 46, 375 [ 376 ]; RG JW 1914, 98 [ 99 ] Nr. 28 ). Allerdings unterliegt die Herkunft des Schriftsatzes und die Übernahme der Verantwortung nach der von dem Senat geteilten reichsgerichtlichen Rechtsprechung auch dann keinem Zweifel, wenn der Beglaubigungsvermerk auf der beglaubigten Abschrift einer nicht unterzeichneten Urschrift unterschrieben worden ist. Diese Unterschrift deckt dann zugleich auch die Urschrift inhaltlich ( RGZ 119, 62 [ 63 ]; 27, 405 [ 406 ]; RG JW 1930, 2953 [ 2954 ] Nr. 21; RG JW 1934, 420 Nr. 16; RG JW 1938, 2237; ferner BGH ZZP 67 [ 1954 ], 312 [ 313 ]; OLG Schleswig VersR 1983, 65; Thomas / Putzo - Reichold, ZPO, 26. Auflage, § 129 RdNr. 9; a.A. RG JW 1914, 834 Nr. 11 für die Einspruchsschrift gegen ein Versäumnisurteil; MüKo - Rimmelspacher, ZPO, 2. Auflage, § 518 RdNr. 4 ). Es ist auch nicht erforderlich, dass der unterzeichnete Schriftsatz bei den Gerichtsakten verbleibt, denn nach der Rechtsprechung des Reichsgerichtes kommt es allein darauf an, dass der unterzeichnete Schriftsatz eingereicht worden ist, also amtlich in die Hände eines zur Entgegennahme und zur Beurkundung des Eingangszeitpunktes zuständigen Beamten oder Angestellten der Geschäftsstelle gelangt ist ( BGH ZZP 67 [ 1954 ], 312 [ 313 ] ).

2.) Der die Begründung des Rechtsmittels enthaltene Schriftsatz vom 24. Mai 2004, der am 25. Mai 2004 bei dem Oberlandesgericht Naumburg eingegangen ist, ist innerhalb der Berufungsbegründungsfrist zur Akte eingereicht worden. Die Begründungsfrist beträgt gemäß § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO zwei Monate und begann im konkreten Fall mit der Zustellung des später durch den Beklagten angefochtenen Urteiles am 05. Dezember 2003 ( Bl. 43 d.A. ). Sie endete demzufolge rechnerisch mit Ablauf des Donnerstags, dem 05. Februar 2004. Der Lauf der Berufungsbegründungsfrist wurde durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und durch das Verbot von Verfügungen des Beklagten über sein Vermögen durch den Beschluss des Amtsgerichtes Magdeburg - Insolvenzgericht - vom 16. Januar 2004, 11.05 Uhr ( Bl. 52 - 54 d.A. ) gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Diesen Beschluss hob das Amtsgericht Magdeburg am 19. März 2004 auf. Nach § 249 Abs. 1 ZPO begann die volle Berufungsbegründungsfrist von zwei Monaten wieder an zu laufen und endete am 19. Mai 2004. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2004, der am 14. Mai 2004 bei dem Oberlandesgericht einging ( Bl. 61 d.A. ), beantragte der Beklagte damit innerhalb der Berufungsbegründungsfrist deren Verlängerung, dem der Senatsvorsitzende durch Verfügung vom 17. Mai 2004 ( Bl. 62 d.A. ) bis zum 02. Juni 2004 entsprochen hat. Der am 25. Mai 2004 bei dem Oberlandesgericht eingegangene Berufungsbegründungsschriftsatz ging demzufolge innerhalb der Frist ein.

Das Rechtsmittel der Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg.

IV.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 24.024,43 Euro gemäß § 765 Abs. 1 BGB nebst Zinsen zu.

1.) Das Landgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der Klägerin kein Anspruch aus einem zwischen ihr und der R. GmbH vereinbarten Kontokorrentverhältnis zusteht. Der Klägerin stehen gegen die R. GmbH aber Forderungen in Höhe von 24.024,43 Euro ( 46.987,70 DM ) aus den Rechnungen zu, die sich aus dem bereits im ersten Rechtszug überreichten und unbestritten gebliebenen offenen Posten Auszug ergeben ( Bl. 28 d.A. ). Die Klägerin hat diese Liste im Berufungsrechtszug nebst den dazu gehörigen Rechnungen und Gutschriften nochmals zur Akte gereicht ( Bl.93 - 108 d.A. ).

2.) Der Bürgschaftsvertrag zwischen den Parteien dieses Rechtsstreites ist wirksam abgeschlossen und nicht gekündigt worden.

a) Der Bürgschaftsvertrag vom 21. November 2000 ( Bl. 5 d.A. ) verstößt nicht gegen § 9 AGBG iVm Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verstößt zwar die formularmäßige Erstreckung einer Bürgschaft auf alle bestehenden und künftigen Forderungen aus der Geschäftsverbindung des Hauptschuldners gegen § 9 AGBG, weil sie sich in unzulässiger Weise von der gesetzlichen Leitentscheidung des § 767 Abs. 1 S. 3 BGB entfernt. Der vorformulierte Bürgschaftsvertrag bleibt in diesen Fällen dennoch wirksam und beschränkt sich nur auf die Forderungen, die Anlass für die Übernahme der Bürgschaft waren ( BGHZ 132, 6 [ 8f ]; 130, 19 [ 32f ]; MüKo - Basedow, BGB, 4. Auflage, § 23 AGBG RdNr. 215 ). Einer Entscheidung dieser Rechtsfrage bedurfte es nicht, weil es sich bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft des Beklagten nach deren Erscheinungsbild offensichtlich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, sondern um das Ergebnis eines ausgehandelten Vertrages. So sind die Ziffern 3, 4 und 2 Satz 1 gestrichen und der Ziffer 6 ist handschriftlich ein weiterer Satz hinzugefügt worden. Alle Änderungen wirkten zugunsten des Beklagten. Danach liegt bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Aushandeln des Bürgschaftsvertrages vor, so dass die Anwendbarkeit des AGBG ausscheidet. Warum das AGBG dennoch zur Anwendung kommen soll, ist von dem Beklagten dann auch nicht weiter vereinzelt worden.

b) Der Bürgschaftsvertrag vom 21. November 2000 ( Bl. 5 d.A. ) ist nicht durch das Schreiben der Klägerin vom 21. August 2001 ( Bl. 15 d.A. ) gekündigt worden. Zwar heißt es in dem Schreiben, dass der am 21. November 2000 vereinbarte Zahlungsplan gekündigt werde. Damit hat die Klägerin aber nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht den Bürgschaftsvertrag gemeint, sondern die Zahlungsvereinbarung von diesem Tage, durch die zunächst die Forderung in Höhe von 46.987,73 DM von der R. GmbH anerkannt und sodann eine Ratenzahlungsvereinbarung über zwölf Monatsraten à 4.000,00 DM abgeschlossen wurde.

3.) Der von den Parteien abgeschlossene Bürgschaftsvertrag ist nicht gemäß § 138 BGB unwirksam.

a) Von vornherein scheidet eine von dem Beklagten behauptete Sittenwidrigkeit unter dem Gesichtspunkt der Gläubigerbegünstigung gemäß § 283c StGB aus. Danach macht sich strafbar, wer in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt und ihn dadurch absichtlich oder wissentlich vor den übrigen Gläubigern begünstigt. Zahlungsunfähig ist aber nur die R. GmbH in Insolvenz, nicht jedoch nach der Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichtes Magdeburg - Insolvenzgericht - vom 16. Januar 2004 der Beklagte. Für die Gläubigergesamtheit der R. GmbH in Insolvenz erscheint es vorteilhaft, wenn ein Teil von deren Verbindlichkeiten durch den Beklagten erfüllt wird, denn dann würde sich die Insolvenzquote für die Gläubiger erhöhen.

b) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur krassen Überforderung eines dem Hauptschuldner nahe stehenden Bürgen oder Mitverpflichteten findet auf einen ( maßgeblichen ) Gesellschafter einer GmbH, der sich für Verbindlichkeiten der GmbH verbürgt hat, keine Anwendung ( BGHZ 137, 329 [ 336ff ]; BGH NJW 2003, 967 [ 968 mwN ]; BGH NJW 2003, 59; BGH NJW 2002, 1337 [ 1338 ];BGH NJW 2002, 956; Palandt - Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 138 RdNr. 38g ).

4.) Die Forderungen der Klägerin gegen die R. GmbH in Insolvenz sind mit Ablauf des 31. Dezember 2004 verjährt. Allerdings kann sich der Beklagte hierauf gemäß Ziffer 5 Satz 1 1. Halbsatz des Bürgschaftsvertrages nicht berufen, wonach der Bürge auf die Geltendmachung von Einreden, die ihm gesetzlich zustehen, verzichtet.

a) Sämtliche Forderungen stammen aus dem Kalenderjahr 2000, was sich aus dem offenen Posten Auszug ( Bl. 28 und 93 d.A. ) und den dazu gehörenden Rechnungen und Gutschriften ergibt ( Bl. 94 - 108 d.A. ). Die Vermutung eines früheren Entstehungszeitpunktes ist von dem Beklagten nicht vereinzelt worden und kann am Schluss der mündlichen Verhandlung auch dahingestellt bleiben. Die Verjährungsfrist betrug nach § 196 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB in der vor dem 01. Januar 2002 geltenden Fassung vier Jahre und begann gemäß § 201 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem die Ansprüche fällig wurden, hier also mit dem Ablauf des 31. Dezember 2000. Die Verjährungsfrist endete daher mit dem Ablauf des 31. Dezember 2004.

b) Die Vollendung der Verjährung mit dem 01. Januar 2005 änderte sich auch nicht durch die Neufassung des Verjährungsrechtes durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre und beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründenden Tatsachen und der Person des Gläubigers hat. Die lange Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB greift hier nicht ein, weil die Forderungen der Klägerin unstreitig nicht in die Insolvenztabelle aufgenommen worden sind. Danach würde die Verjährungsfrist ebenfalls mit Ablauf des 31. Dezembers 2000 beginnen und am 31. Dezember 2003 enden. Die Verjährungsfrist nach der neuen Fassung wäre somit kürzer als nach altem Recht. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB beginnt in diesen Fällen die kürzere Frist erst mit dem 01. Januar 2002 an zu laufen und endete mit dem Ablauf des 31. Dezember 2004. Da hier eine Identität der Verjährungsvollendung sowohl nach dem alten Recht wie auch nach dem neuen Recht besteht, greift Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB, der die Verjährungsfrist unter bestimmten Voraussetzungen wiederum verkürzt, nicht ein.

c) Der Bürge kann sich nach der gesetzlichen Lage gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Einrede der Verjährung berufen, die an sich dem Hauptschuldner zusteht, und muss eine Verlängerung der Verjährungsfrist, etwa durch ein Anerkenntnis, gemäß § 768 Abs. 2 BGB nicht gegen sich gelten lassen. Dies gilt auch dann, wenn die Hauptschuld erst nach der Erhebung der Bürgschaftsklage während der Rechtshängigkeit in einer Tatsacheninstanz verjährt, denn der Bürgschaftsanspruch ist zwar von der Hauptforderung abhängig, ansonsten aber ein selbständiger Anspruch, der eigenen Verjährungsvorschriften folgt. Infolgedessen kann die Klage gegen den Bürgen auch nicht den Lauf der Verjährungsfrist der Hauptforderung unterbrechen, so dass sich der Bürge auch dann auf die Einrede der Verjährung berufen kann, wenn sich die Verjährung erst im Laufe des Rechtsstreites vollendet. Die Verjährung im Laufe des Revisionsrechtszuges findet darüber hinaus Berücksichtigung, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen der Verjährung unstreitig sind und schutzwürdige Belange des Klägers dem nicht entgegenstehen ( BGHZ 153, 337 [ 341 ]; 139, 214 [ 216 und 221 ]; 104, 215 [ 221 ]; 76, 222 [ 225 ]; BGH NJW 1990, 2754 [ 2755 ]; ferner Palandt - Sprau, BGB, 64. Auflage, § 765 RdNr. 26; Siegmann / Polt WM 2004, 766 [ 768f ] ).

d) § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ist von den Parteien des Bürgschaftsvertrages aber in Ziffer 5 Satz 1 1. Halbsatz ( Bl. 5 d.A. ) wirksam abbedungen worden. Zwar hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass ein formularmäßiger Ausschluss des Rechtes des Bürgen, die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend zu machen ( § 768 Abs. 1 S. 1 BGB ), der Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht standhält. § 768 BGB ist nämlich Kern des für das gesetzliche Leitbild der Bürgschaft geltenden Akzessorietätsgrundsatzes, der bewirkt, dass der Gläubiger von dem Bürgen nur das verlangen kann, was er auch von dem Hauptschuldner verlangen könnte und somit den Bürgen davor schützt, dass er mehr leisten muss als der Hauptschuldner. Der Ausschluss des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB verändert daher die Rechtsnatur eines Bürgschaftsvertrages und schränkt die Rechte des Bürgen, die sich aus seiner Vertragsnatur ergeben, in einer unangemessenen Weise ein ( BGHZ 147, 99 [ 104 ]; BGH NJW 2003, 59 [ 60 ] ). Indessen handelt es sich bei dem konkreten Bürgschaftsvertrag ( Bl. 5 d.A. ) nach dessen äußerem Erscheinungsbild nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, was der Senat bereits unter Ziffer IV.2.lit. a der Gründe ausgeführt hat. Der Beklagte hat Teile des vorformulierten Vertrages gestrichen und ferner Zusätze gemacht. Dann aber handelt es sich bei dem Bürgschaftsvertrag um das Ergebnis eines ausgehandelten Vertrages, auf den das AGBG iVm Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB nicht anwendbar ist.

Anhaltspunkte dafür, dass der Bürgschaftsvertrag wegen des Ausschlusses des § 768 Abs. 1 S. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit unwirksam ist, bestehen nicht.

5.) Die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB iVm § 528 ZPO.

Danach ist wie erfolgt über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Magdeburg zu entscheiden.

V.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO ).



Ende der Entscheidung

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