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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 12.12.2002
Aktenzeichen: 4 U 186/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGBGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

ZPO § 511
ZPO § 513
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
EGBGB § 5 Satz 1
BGB § 157
BGB § 305
BGB §§ 346 ff. a.F.
BGB § 346 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Wird für den Fall, dass eine Finanzierung nicht zustande kommt zwischen einem Bauunternehmer und den Bauherren ein "kostenfreies Rücktrittsrecht" vereinbart und wird die Finanzierung nicht vom Bauunternehmer übernommen, bleibt es grundsätzlich Sache der Bauherren zu entscheiden, welche Finanzierung sie für seriös und zumutbar erachten. Halten sie das Vorhaben nicht für finanzierbar, ist der Bauunternehmer hieran gebunden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 186/02

verkündet am: 12.12.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes aus Bauvertrag

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Feldmann als Vorsitzenden, die Richterin am Oberlandesgericht Mertens und den Richter am Landgericht Paterok aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 14.08.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und die Beschwer der Klägerin betragen 7.890,30 Euro.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung pauschalisierten Schadensersatzes aus einem von den Parteien geschlossenen Bauvertrag.

Mit dem Bauvertrag vom 30.11.2001 beauftragten die Beklagten die Klägerin mit der Erstellung eines Einfamilienhauses des Typs "Young Line" zum Preis von 154.321,-- DM brutto. In Punkt 13.1 dieses Vertrages räumte die Klägerin den Beklagten ein jederzeitiges grundloses Rücktrittsrecht ein, behielt sich für diesen Fall jedoch Schadensersatzansprüche vor, die mindestens zehn vom Hundert des Gesamtkaufpreises betragen sollten. Als Zusatzvereinbarung hielten die Parteien dagegen fest:

"Kostenfreies Rücktrittsrecht, wenn Finanzierung bzw. Grundstück nicht zustande kommt".

Eine für die Beklagten aufgestellte Kostenkalkulation, die dem Überblick über die Gesamtkosten dienen sollte, weist als Grundpreis den vereinbarten Preis von 154.321,-- DM aus, so daß sich zuzüglich der Kosten für "Elektro" (4.700,-- DM) und Innenausbau (32.900,-- DM) ein Hauspreis von 191,921,-- DM ergab, wobei Eigenleistungen zu einem Abzug von 3.200,-- DM führen sollten. Das "Ausstattungsprotokoll Nr. 2" vom Beginn des Jahres 2002 endete mit einem Betrag von 96.608 Euro. Auf Bitten der Beklagten übergab der Geschäftsführer der Klägerin diesen am 23.01.2002 erneut eine "Kostenaufstellung" über die Gesamtkosten, die bei schon berücksichtigten Eigenleistungen von 10.500 Euro mit einem Betrag von "ca. 123.230 Euro" schloß, nach einer Bemerkung des Geschäftsführers aber noch nicht die Kosten für Heizung und Sanitär berücksichtigte. Mit Schreiben vom 30.01.2002 teilten die Beklagten der Klägerin mit, daß sie von dem Bauvertrag vom 30.11.2001 Abstand nähmen, weil sie zum einen eine schriftliche Vertragsbestätigung nicht erhalten hätten, sich aber auch über die Kosten des Bauvorhabens von der Klägerin getäuscht fühlten. Wörtlich führten die Beklagten aus:

" Zur Vermeidung von Mißverständnissen: Wir werden selbstverständlich auch keine Abstandssumme für die Nichtdurchführung des Vertrages zahlen (und zwar schon deshalb nicht, weil dieser wegen Auslassung der Voraussetzungen aus Ziffer 1.1 der Vertragsbedingungen gar nicht zustande gekommen sein dürfte).

Wir bitten um Bestätigung, daß Sie den Vertrag als gegenstandslos betrachten."

Mit Schreiben vom 04.02.2002 kündigte die Klägerin Schadensersatzansprüche an und mahnte eine Vertragsdurchführung bei den Beklagten an. Im März 2002 wurde das von den Beklagten avisierte Baugrundstück von der Eigentümerin anderweitig verkauft. Ende März 2002 wurde bei der Beklagten zu 1., deren Gehalt für die Finanzierung von den Beklagten eingeplant worden war, eine Schwangerschaft festgestellt.

Die Klägerin hat behauptet,

daß den Beklagten auch weiterhin eine Finanzierung des geplanten Bauvorhabens möglich sei. Nur die ständigen Änderungswünsche hinsichtlich einer immer besseren Ausstattung des Hauses hätten zu den steigenden Kosten geführt. Auch hätten die Beklagten anfänglich viele Arbeiten selbst durchführen wollen. Dem Geschäftsführer der Klägerin sei es nicht möglich gewesen, die Gesamtkosten des Bauvorhabens zu kalkulieren, da dies von ihm unbekannten Faktoren, wie etwa Sonderwünschen der Bauherren, abhinge.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten,

daß den Beklagten ein kostenfreies Rücktrittsrecht nicht zustehe. Die nunmehr geltend gemachten Gründe - das verkaufte Grundstück und die Schwangerschaft der Beklagten zu 1. - seien erst nachträglich eingetreten. Zudem hätten sich die Beklagten nicht auf dieses Rücktrittsrecht berufen. Die von ihr verwendete Klausel über den pauschalisierten Schadensersatz sei wirksam und üblich. Sie berücksichtige die Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Hilfsweise stünden ihr aber zumindest die bislang tatsächlich aufgewendeten Architektenkosten in Höhe von 3.285,07 Euro zu.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.890,30 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 07.06.2002 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet,

daß die Schwangerschaft der Beklagten zu 1. zum Wegfall ihres Gehalts und der Undurchführbarkeit der Finanzierung für das Bauvorhaben führe. Die Klägerin habe sie über die Gesamtkosten des Bauvorhabens getäuscht. Die ständig steigenden Kosten hätten ihr Vertrauen in die Verläßlichkeit der Klägerin erschüttert.

Das Landgericht - Einzelrichter - hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die von der Klägerin verwendete Klausel in Punkt 13.1 des Bauvertrages unwirksam sei, weil sie die Beklagten unangemessen benachteilige, denn die Mindestforderung von zehn vom Hundert der Gesamtkosten des Bauvorhabens werde ungeachtet des erzielten Baufortschritts erhoben. Zudem hätten die Beklagten wirksam ihr individuell vereinbartes Rücktrittsrecht ausgeübt. Aus der Tatsache, daß die Beklagte zu 1. schwanger geworden sei und die Stadtsparkasse die Finanzierungsanfrage der Beklagten abschlägig beschieden habe, folge eindeutig, daß die Finanzierung des Bauvorhabens für die Beklagten nicht durchführbar sei. Die Beklagten könnten sich dabei auch auf Gründe berufen, die erst nach ihrer Rücktrittserklärung vom 30.01.2002 eingetreten seien. Auch sei das für das Bauvorhaben avisierte Grundstück anderweitig verkauft worden. Das diesbezügliche Bestreiten der Klägerin sei unbeachtlich.

Gegen dieses ihren Prozeßbevollmächtigten am 21.08.2002 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, dem 23.09.2002 beim Oberlandesgericht eingegangene Berufung der Klägerin, die sie mit dem am 07.10.2002 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Klägerin meint,

daß ihre in Punkt 13.1 geregelte Klausel über pauschalierten Schadensersatz im Falle des Rücktritts der Besteller den höchstrichterlichen Anforderungen Rechnung trage, da er für den Besteller den Gegenbeweis zulasse, daß ein Schaden in der geforderten Mindesthöhe von zehn vom Hundert der Vertragssumme nicht entstanden sei. Auch das individuell vereinbarte Rücktrittsrecht stehe den Beklagten nicht zu, da sie sich hierauf vorprozessual nicht berufen hätten. Die von den Beklagten für ihre Entscheidung angeführten Gründe, nämlich die angeblich fehlende Vertragsbestätigung und die angebliche Täuschung über die Gesamtkosten, seien unbeachtlich. Zudem hätten die Beklagten die Anfechtung und keinen Rücktritt erklärt.

Die Klägerin behauptet,

daß die Kündigung der Beklagten erfolgt sei, weil sie mit einem ehemaligen Angestellten der Klägerin nunmehr zu anderen Konditionen bauen wollten.

Die Klägerin beantragt,

das am 14.08.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 7.890,30 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 07.06.2002 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten meinen,

daß sie den Bauvertrag gleichzeitig hätten anfechten und von ihm zurücktreten können. Ihre Anfechtung sei sowohl wegen Irrtums als auch wegen arglistiger Täuschung berechtigt.

Die Beklagten behaupten,

daß die Schwangerschaft der Beklagten zu 1. dazu geführt habe, daß ihr bis zum 30.06.2002 befristetes Arbeitsverhältnis beim Schulverwaltungsamt nicht verlängert worden sei. Ohne ihr Gehalt sei das Bauvorhaben nicht finanzierbar. Sie hätten über das Bauvorhaben nur mit dem Geschäftsführer der Klägerin verhandelt. Sie planten auch kein anderes Bauvorhaben.

II.

1.

Die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO.

2.

Die Berufung ist aber unbegründet.

Die Beklagten haben das ihnen im Bauvertrag eingeräumte "kostenfreie Rücktrittsrecht" mit ihrem Schreiben vom 30.01.2002 wirksam ausgeübt. Auf die vertraglichen Beziehungen findet gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung, weil die Parteien den Bauvertrag am 30.11.2001 geschlossen haben. Damit regelt sich der Rücktritt nach den Vorschriften der §§ 346 ff. BGB a. F.

Die Parteien haben das "kostenfreie Rücktrittsrecht" gemäß §§ 305, 346 Satz 1 BGB neben dem im Bauvertrag vorformulierten Rücktrittsrecht mit pauschalisiertem Schadensersatz in Höhe von zehn vom Hundert der Vertragssumme individuell vereinbart. Diese Möglichkeit eines vertraglichen Rücktrittsrechts sieht das Gesetz in § 346 Satz 1 BGB ausdrücklich vor, so daß hinsichtlich der Wirksamkeit der Vereinbarung Bedenken nicht bestehen (zu den Einzelheiten des vertraglichen Rücktrittsrechts vgl. : Kaiser, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse (§§ 328 - 361), 13. Bearbeitung 1995, § 346, Rdnr. 6 [Kaiser, Februar 1995]). Der Inhalt des individuell vereinbarten Rücktrittsrechts ist dabei allein nach dem Inhalt der von den Parteien vereinbarten vertraglichen Abreden zu bestimmen (Kaiser, a. a. O., Rdnr. 19).

Die Auslegung dieser vertraglich vereinbarten Erklärung ergibt, daß den Beklagten in zwei Fällen ein vertragliches Rücktrittsrecht ohne jede Kosten zustehen sollte, nämlich im Falle des Fehlschlagens der Finanzierung und der Nichtverfügbarkeit des Baugrundstücks. Dabei ist ein Rücktrittsrecht des Kunden wegen einer möglicherweise fehlschlagenden Finanzierung üblich und zulässig (BGH, NJW - RR 1991, 177 [178]). Schon aus diesen gemeinsamen Abreden folgt, daß der Bauentschluß der Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht sicher feststand, denn die Beklagten hatten weder eine feststehende Finanzierung zur Hand, noch waren sie Eigentümer eines Baugründstückes. Die Klägerin hat sich damit in Kenntnis erheblicher Unsicherheiten auf den Vertragsschluß eingelassen und mußte damit von vorneherein damit rechnen, daß sie die ihr im Rahmen der Planung entstehenden Aufwendungen wegen eines Rücktritts der Beklagten nicht ersetzt erhielt. Der Klägerin stand es frei, sich unter diesen Umständen auf den Vertrag einzulassen. Sie muß sich aber auch im Nachhinein an den vereinbarten Bedingungen festhalten lassen. Die Bedingungen des "kostenfreien Rücktrittsrechts" liegen nämlich vor, denn die von den Beklagten geplante Finanzierung ist fehlgeschlagen; zudem haben die Beklagten ihr kostenfreies Rücktrittsrecht durch Schreiben vom 30.01.2002 wirksam ausgeübt.

Im Schreiben vom 30.01.2002 haben die Beklagten eindeutig den Rücktritt vom Vertrage erklärt. Dies folgt zum einen aus ihrer Erklärung, daß sie an dem Vertrag nicht länger festhalten wollten. Zudem wiesen sie auch darauf hin, daß ihr Entschluß auf wirtschaftlichen Erwägungen beruhe und daß sie zudem keinen Schadensersatz leisten würden. Mit diesem ausdrücklichen Bezug auf den vereinbarten pauschalisierten Schadensersatz machten die Beklagten deutlich, daß sie sich - was die Auslegung nach § 157 BGB ergibt - kostenfrei von dem Vertrage lösen wollten. Hiervon ging auch die Klägerin aus, denn sie wertete das Schreiben der Beklagten als Rücktritt, was ebenso eindeutig daraus folgt, daß sie selbst in ihrem Schreiben vom 04.02.2002 die Geltendmachung des pauschalisierten Schadensersatz ankündigte, was nach Punkt 13 ihrer eigenen Vertragsbedingungen nur im Falle eines Rücktritts möglich war. An diesem Ergebnis ändert auch das Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten vom 18.02.2002 nichts, der von einem Anfechtungsrecht der Beklagten ausging, ohne dies näher zu begründen. Der Bevollmächtigte hat hier kein eigenes Gestaltungsrecht ausgeübt, sondern das Schreiben der Beklagten vom 30.01.2002 lediglich einer rechtliche Würdigung unterzogen, die zum einen nicht zutreffend ist und von ihm zum anderen auch - wie aus der Klageerwiderung folgt - nicht länger aufrecht erhalten wird. Das Schreiben der Beklagten weist ausweislich der abschließenden Bitte um Bestätigung der Vertragsbeendigung eindeutig darauf hin, daß die Beklagten den Vertrag endgültig nicht mehr mit der Klägerin durchführen wollten. Dies ist nach Lage der Dinge allein als Ausübung des vereinbarten kostenfreien Rücktritts auszulegen (zur Auslegung eines mehrdeutigen Anwaltsschreibens vgl. in diesem Zusammenhang: BGH, WM 1988, 1171 [1172]). Angesichts dieser Umstände ist vorliegend nicht zu prüfen, ob in der Erklärung der Beklagten auch eine Anfechtung gesehen werden kann, sondern ob zum Zeitpunkt der Erklärung der Beklagten, die als Rücktritt aufzufassen ist, die Voraussetzungen des kostenfreien Rücktritts vorgelegen haben. Gegen eine Anfechtungserklärung der Beklagten spricht vorliegend insbesondere, daß weder dieser Ausdruck benutzt wurde, noch die Beklagten von den Rechtsfolgen einer Anfechtung, nämlich einem von Anfang an unwirksamen Vertrag ausgehen. Sie nehmen audrücklich "von dem Vertrag Abstand", halten ihn also bis zu ihrer Rücktrittserklärung für wirksam.

Die Voraussetzungen des kostenfreien Rücktrittsrechts für die Parteien liegen vor.

Die Beklagten haben ihren Entschluß ausdrücklich auf wirtschaftliche Erwägungen gestützt. Dieses Recht stand ihnen nach dem Bauvertrage zu. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Ausführungen der Beklagten hierzu unzutreffend oder nur vorgeschoben wären, um allein mit der Klägerin den Bauvertrag nicht abzuschließen. Für ihre - bestrittene - Behauptung, die zudem nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO unbeachtlich ist, die Beklagten hätten sich nur von dem Bauvertrag mit der Klägerin lösen wollen, bauten jetzt aber mit anderen Partnern, hat die Klägerin Beweis nicht angetreten. Daß sich die Grundlagen der Finanzierung für die Beklagten im Rahmen der Bauplanung mit der Klägerin nachteilig verändert haben, so daß ihr Rücktritt aus diesem Grunde berechtigt ist, folgert der Senat aus folgenden Umständen:

Bei Sichtung der Fakten ist offenkundig, daß die Beklagten ursprünglich von einem zu finanzierenden Betrag von 155.000,-- DM ausgingen. Im Laufe der Planungen erhöhte sich dieser Betrag auf etwa 130.000,-- Euro, was praktisch einer Verdoppelung gleichkommt. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, daß eine avisierte Finanzierung damit schwierig bis unmöglich wird und sich zumindest unter gänzlich veränderten Bedingungen als zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses darstellt. Angesichts des ausdrücklich eingeräumten Rücktrittsrechts bei Finanzierungsschwierigkeiten und des verdoppelten Baupreises obliegt es auch nicht den Beklagten, die fehlende Finanzierbarkeit des Vorhabens im einzelnen zu beweisen, sondern der Klägerin, darzulegen, daß die Beklagten den Vertrag grundlos vereiteln wollten, denn nur ein Verstoß gegen Treu und Glauben könnte den Beklagten die Berufung auf das individuell vereinbarte Kündigungsrecht verwehren. Hierfür sind Anhaltspunkte jedoch nicht ersichtlich. Zwar behauptet die Klägerin ohne weitere Einzelheiten, eine Finanzierung des Vorhabens sei möglich. Dies ist sogar als wahr zu unterstellen, doch kommt es hierauf nicht an. Die Finanzierung des Vorhabens wurde nicht von der Klägerin übernommen. Vielmehr sollten die Beklagten dieses Problem selbst klären. Dafür war ihnen das freie Rücktrittsrecht eingeräumt. Damit bleibt es auch grundsätzlich Sache der Beklagten, selbst zu entscheiden, welche Finanzierung sie für seriös und zumutbar erachten. Halten die Beklagten das Vorhaben nicht für finanzierbar, so ist die Klägerin nach dem selbst mit den Beklagten vereinbarten Vertrag an diese Entscheidung gebunden. Dies gilt sogar für den Fall, daß sich das Bauvorhaben wegen nachträglicher Änderungswünsche der Beklagten verteuert hat. In dem Bauvertrag vom 30.11.2001 hat sich die Klägerin ausdrücklich damit abgefunden, daß die Planung der Beklagten noch nicht abgeschlossen war. Wenn die endgültige Planung der Beklagten nunmehr dazu führt, daß das Vorhaben für sie nicht mehr realisierbar ist, geht dieses Risiko zu Lasten der Klägerin, die sich hierauf eingelassen hat.

Bei dieser Abwägung kann auch nicht unbeachtet bleiben, daß sich das Vorhaben von dem ursprünglich in Aussicht gestellten Preis von 154.000,-- DM auf einen Preis von ca. 132.000,-- Euro verteuert hat, ohne daß die Bauarbeiten schon begonnen hätten. In die Frage der Durchführbarkeit und Finanzierbarkeit durften die Beklagten daher auch die Besorgnis einstellen, daß es sich - was aus dem Vortrag der Beklagten auch zumindest indirekt folgt - bei der Klägerin vielleicht nicht um einen Partner handelte, der vorausschauend und umsichtig plante. Vielmehr mußten die Beklagten befürchten, daß sich das Vorhaben nach Beginn der Arbeiten erneut wegen "unvorhersehbarer" Umstände erneut erheblich verteuern würde. Eine unsorgfältige und sich immer verteuernde Planung ist aber auch ein Umstand, der für die Finanzierbarkeit des Vorhabens entscheidend sein kann. Den Beklagten ist daher auch zuzubilligen, daß sie für eine langjährige und belastende Finanzierung nicht die Klägerin als Partnerin ihres Bauvorhabens haben wollten, deren Zuverlässigkeit ihnen fraglich erscheinen konnte. Es ist nämlich allgemeinkundig, daß die Finanzierungen vieler Bauherren daran scheitern, daß sie zwar den vereinbarten Ausgangspreis finanziell aufbringen können, nicht aber die während der Bauarbeiten "unvorhergesehen" aufgetretenen Nach- und Zusatzaufträge. Die Zuverlässigkeit und Achtsamkeit des Bauunternehmers ist daher auch für die Finanzierung des Vorhabens ein entscheidendes Kriterium. Auch ist nicht zu vernachlässigen, daß die von den Beklagten erbetenen Aussagen der Klägerin über die Gesamtkosten des Bauvorhabens mehrfach nach oben korrigiert wurden. Selbst wenn die Klägerin grundsätzlich nicht zu einer Auskunftserteilung über die Gesamtkosten verpflichtet gewesen sein sollte, hätte sie - wenn sie schon Erklärungen abgab - aber auf Anfrage richtige Auskünfte erteilten müssen, zumal ihr bewußt sein mußte, daß diese Auskünfte über die Höhe der zu erwartenden Kosten für die Finanzierung der Beklagten maßgeblich sein könnten (BGH, a. a. O.).

Zudem ist zu beachten, daß die Beklagte zu 1. aufgrund ihrer Schwangerschaft (und der zwischenzeitlich stattgefundenen Entbindung) nunmehr nicht im zuvor geplanten Maße zur Finanzierung wird beitragen können.

Da das Bauvorhaben erst im September 2002 hätte begonnen werden sollen, ist auch die im März 2002 festgestellte Schwangerschaft der Beklagten zu 1. ein zum Rücktritt berechtigender Grund, denn es hätte den Beklagten freigestanden, auch noch nach Feststellung der Schwangerschaft vom Vertrag zurückzutreten. Die Entscheidung, daß die Beklagte zu 1. nach ihrer Entbindung nicht mehr arbeiten wird, hat die Klägerin aufgrund des vereinbarten freien Rücktrittsrechts hinzunehmen. Es kann daher dahinstehen, ob eine Kündigung oder Nichtverlängerung ihres Arbeitsverhältnisses zu Recht erfolgt ist. Die Beklagte zu 1. hätte auch ohne Verstoß gegen Treu und Glauben ihren Beruf wegen der Schwangerschaft aufgeben können. Die nachträglich festgestellte Schwangerschaft ist angesichts des nunmehr nicht zur Verfügung stehenden Einkommens der Beklagten zu 1. ein Umstand, der die geplante Finanzierung hinfällig macht und zum Rücktritt berechtigt. Der den Beklagten dabei zuzubilligende Beurteilungsspielraum verstößt nicht gegen Treu und Glauben. Selbst wenn die Beklagte zu 1. weiterhin Leistungen wie Arbeitslosengeld und Erziehungsgeld beziehen sollte, ist nicht zu verkennen, daß es sich hierbei zum einen um reduzierte Einkünfte und zum anderen um vorübergehende handelt. Es ist nicht vorwerfbar, daß die Beklagten eine Finanzierung, die sie in der Regel auf lange Jahre belastet, nicht von derart schlecht planbaren Umständen abhängig machen wollen.

Auch hier gilt, daß die Klägerin den Beklagten ein freies Rücktrittssrecht bei scheiternder Finanzierung eingeräumt hatte. Die Beklagten sind aus finanziellen Gründen zurückgetreten, die nachvollziehbar und sogar überzeugend sind, ohne daß es auf die konkreten Umstände ihrer Einkommensverhältnisse ankäme. Ein Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben oder auf nicht nachvollziehbaren Gründen beruhende Vertragsreue ist nicht ersichtlich.

Der vorliegende Sachverhalt weicht auch von den Fällen ab, auf welche die Klägerin offensichtlich abstellt. Wenn sich Auftragnehmer nach einem feststehenden Vertrag mit einer bestimmten Vertragssumme auf ein vertragliches Rücktrittsrecht wegen scheiternder Finanzierung berufen, obliegt es ihnen, im einzelnen darzulegen, warum die beabsichtigte und konkret planbare Finanzierung gescheitert ist. So liegt der Fall aber hier nicht. Aufgrund der immer wieder veränderten Planungen, des fehlenden Baugrundstücks und der fehlenden Finanzierung sind beide Parteien davon ausgegangen, daß es sich bei der vertraglichen Regelung vom 30.11.2001 um eine vorläufige Regelung handelt. Den damals bestehenden Unsicherheiten trägt das vereinbarte kostenfreie Rücktrittsrecht Rechnung. Diese Regelung band die Beklagten zumindest insofern an die Klägerin, daß ein grundloser Rücktritt von dem Vorhaben nicht mehr möglich war.

3.

Da die Beklagten wirksam ihr kostenfreies Rücktrittsrecht ausgeübt haben, steht der Klägerin auch kein Anspruch auf Ersatz der bislang aufgewendeten und nachgewiesenen Kosten etwa für Architektenleistungen in Höhe von 3.285,07 Euro zu. Die Parteien haben vereinbart, daß sich die Beklagten kostenfrei vom Vertrage lösen können, was der Klägerin die Berufung auf ihre in Punkt 13 der Vertragsbedingungen geregelten Schadensersatzansprüche verwehrt, weil die individuell vereinbarte Regelung den vorformulierten Vertragsbedingungen vorgeht.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Wertfestsetzung richtet sich nach den §§ 2, 3 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO; 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GKG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 04.12.2002 war dem Senat kein Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Ende der Entscheidung

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